Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_94/2010
Urteil vom 23. April 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Keller.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Schwander,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 29. September 2009.
Sachverhalt:
A.
Am 9. Februar 2009 verurteilte die Bezirksgerichtliche Kommission Bischofszell X.________ wegen Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 40.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 600.--.
X.________ erhob gegen diesen Entscheid Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau. Dieses hiess die Berufung am 29. September 2009 teilweise gut und reduzierte die Sanktion auf eine bedingte Geldstrafe von 10 Tagessätzen à Fr. 40.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren und einer Busse von Fr. 600.--.
B.
X.________ führt gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei von einer Bestrafung abzusehen. Subeventualiter sei die Strafsache zur rechtsgenüglichen Begründung und Vornahme ergänzender Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
X.________ beantragt ferner die Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege und Verbeiständung.
C.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf überhaupt eingetreten werden könne. Die Vorinstanz beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer war seit dem 1. Mai 2001 bei der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau erfasst. Er hat am 10. Mai 2002 und am 20. August 2003 die Jahresabrechnungen 2001 und 2002 zu Handen der Ausgleichskasse eigenhändig unterzeichnet und damit bestätigt, als Arbeitgeber die Mitarbeiter A.________ von November bis Dezember 2001 und von Januar bis Juni 2002 sowie B.________ im Juli 2001 und von März bis Juni 2002 beschäftigt zu haben. Dabei hat der Beschwerdeführer aufgrund finanzieller Missstände die von den Löhnen abgezogenen AHV-Beiträge trotz Mahnung nicht überwiesen.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer erhebt die Verjährungseinrede. Die Vorinstanz habe festgestellt, dass für die AHV-Beiträge, bei denen die Mahnfrist vor dem 9. Februar 2002 geendet hat, die Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Sie habe daher den Betrag der angeblich zweckentfremdeten Beiträge von Fr. 4'670.35 auf Fr. 786.-- reduziert. Für das Jahr 2003 stehe gemäss Vorinstanz nicht rechtsgenüglich fest, ob und in welchem Umfang AHV-Beiträge vom Lohn abgezogen worden seien, ferner habe er am 23. Mai 2002 eine Zahlung von Fr. 1'836.35 geleistet. Der Beschwerdeführer schliesst hieraus, dass es sich bei den noch ausstehenden Beiträgen um solche handle, die 2001 fällig geworden und damit verjährt seien. Dem angefochtenen Entscheid könne im Übrigen nicht entnommen werden, welchen Zeitraum der angeblich noch zweckentfremdete Betrag von Fr. 786.-- betreffe.
2.2 Die Vorinstanz geht von zweckentfremdeten Arbeitnehmerbeiträgen des Beschwerdeführers im Umfang von Fr. 786.-- aus. Diesen Betrag entnimmt sie sinngemäss der Abrechnung der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau vom 10. Juni 2002 (act. 2 der Vorakten). Der Beschwerdeführer habe in seiner Abrechnungserklärung vom 11. November 2002 (unterzeichnet am 20. August 2003) die beitragspflichtigen Lohnsummen der Arbeitnehmer A.________ und B.________ bestätigt (act. 28 der Vorakten). Betreffend Verjährung sei das geltende Recht mit einer Verjährungsfrist von sieben Jahren milder, weil nach altem Recht die relative Verjährungsfrist von fünf Jahren durch jede Untersuchungshandlung unterbrochen werde und die absolute Verjährungsfrist maximal 7 ½ Jahre betrage. Die vor dem 9. Februar 2002 fälligen Beiträge seien nach neuem Recht verjährt. Mit Bezug auf das Abrechnungsjahr 2003 stehe nicht rechtsgenüglich fest, in welchem Umfang der Beschwerdeführer tatsächlich Arbeitnehmerbeiträge abgezogen und nicht der AHV weitergeleitet habe.
2.3 Gemäss Art. 87 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG; SR 831.10) wird mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft, sofern nicht ein mit einer höheren Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, wer als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Beiträge vom Lohn abzieht, sie indessen dem vorgesehenen Zwecke entfremdet. Die AHV-Beiträge werden nach Ablauf einer Zahlungsperiode von in der Regel einem Monat fällig und sind innert zehn Tagen zu zahlen (Art. 14 AHVG; Art. 34 Abs. 1 und 4 AHVV ); dem Säumigen ist im Mahnverfahren eine Nachfrist anzusetzen (Art. 34a Abs. 1 AHVV). Werden innert dieser Nachfrist die Beiträge nicht gezahlt oder die für die Abrechnung erforderlichen Angaben nicht gemacht, setzt die Ausgleichskasse die geschuldeten Beiträge nötigenfalls durch Veranlagungsverfügung fest (Art. 38 AHVV); sie kann dem sich in finanzieller Bedrängnis befindenden Säumigen unter gewissen Umständen Zahlungsaufschub gewähren (Art. 34b AHVV). Bezahlt der Säumige auf Mahnung hin nicht, wird die Beitragsforderung auf dem Betreibungsweg vollstreckt (Art. 15 AHVG). Die Bestrafung setzt die ordnungsgemässe Durchführung des Mahnverfahrens voraus (BGE 122 IV 270 E. 2 mit Hinweis).
Als letztmöglicher Überweisungszeitpunkt gilt derjenige Zeitpunkt, an dem die von der Ausgleichskasse im Mahnverfahren angesetzte Nachfrist endet (Art. 14 Abs. 4 AHVG; Art. 34a AHVV).
2.4 Eine allfällige Verurteilung wegen Zweckentfremdung der Arbeitnehmerbeiträge im Sinne von Art. 87 Abs. 3 AHVG ist nur möglich, wenn die Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten ist. Gemäss Art. 389 Abs. 1 StGB finden die Bestimmungen des neuen Rechts über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung auf Taten Anwendung, die vor dem 1. Oktober 2002 verübt wurden, wenn die Regelungen milder sind als das bisherige Recht. Die bis zum 30. September 2002 geltenden Verjährungsbestimmungen sehen bei einer Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen eine relative Verjährungsfrist von fünf Jahren und eine absolute Verjährungsfrist von 7 ½ Jahren vor (vgl. Art. 70 ff. aStGB). Das neue Verjährungsrecht legt die Verjährungsfrist auf sieben Jahre fest (Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB). In der Revision der Verfolgungsverjährung wurde auf Unterbrechung und Ruhen verzichtet (so aber noch Art. 72 aStGB in der bis zum 30. September 2002 geltenden Fassung).
2.5 Anders als unter dem geltenden Recht, wonach nach ergangenem erstinstanzlichen Urteil die Verjährung nicht mehr eintreten kann (Art. 97 Abs. 3 StGB), endete die Verfolgungsverjährung unter dem bis zum 30. September 2002 geltenden Verjährungsrecht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung mit der Ausfällung des in Rechtskraft erwachsenen letztinstanzlichen kantonalen Entscheids, durch den die Beschuldigten verurteilt werden (BGE 133 IV 112 E. 9.3.1 und 129 IV 305 E. 6.2.1). Das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG) am 1. Januar 2007 hat nicht zu einer verbesserten Rechtsstellung der beschuldigten Person in Form einer Änderung des bis zum 30. September 2002 geltenden Verjährungsrechts in dem Sinne geführt, dass die absolute Verjährung nunmehr erst mit Erlass des bundesgerichtlichen Urteils eintreten würde. Die Kognition des Bundesgerichts ist auch im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen vielmehr auf eine blosse Rechtskontrolle beschränkt. Das Bundesgericht überprüft mithin, ob die Vorinstanz das zum Zeitpunkt ihres Entscheids geltende Bundesrecht richtig angewendet hat. Die Rechtsprechung zum Lauf der altrechtlichen Verfolgungsverjährung im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde hat für das Verfahren der Beschwerde in Strafsachen weiterhin Bestand, auch wenn dieses Rechtsmittel nicht mehr einzig kassatorischer Natur ist (Urteil 6B_115/2008 vom 4. September 2008 E. 2.7.5, nicht publ. in BGE 135 IV 37 sowie Urteil 6B_406/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 2.1.3).
2.6
2.6.1 Die Vorinstanz wendet das neue Verjährungsrecht an. In Bezug auf die Verjährung gilt - wie die Vorinstanz zu Recht ausführt - der Grundsatz der "lex mitior" (Art. 2 Abs. 2 StGB) gleich dem materiellen Strafrecht ebenfalls (BGE 134 IV 297 E. 4.1 mit Hinweisen). Es stellt sich daher vorliegend die Frage, welches Recht das mildere ist. Nach geltendem Art. 97 Abs. 3 StGB endete der Lauf der siebenjährigen Verjährungsfrist mit Fällung des erstinstanzlichen Urteils am 9. Februar 2009, so dass die Verjährung für die vorliegend umstrittene Rechnung im Betrag von Fr. 786.--, datierend vom 10. Juni 2002 mit einer Nachfrist bis zum 3. September 2002 (act. 5 der Vorakten), nicht eingetreten ist, während die vor dem 9. Februar 2002 fälligen Beiträge verjährt sind. Dies betrifft die seitens der Ausgleichskasse bzw. im Mahnverfahren angesetzten Nachfristen für das Jahr 2001, die am 31. Juli 2001 und 5. November 2001 endeten.
2.6.2 Nach altem Recht trat die absolute Verjährung unter Berücksichtigung allfälliger Unterbrechungshandlungen spätestens nach 7 ½ Jahren ein (Art. 72 Ziff. 2 aStGB), wobei die Verfolgungsverjährung unter dem bis zum 30. September 2002 geltenden Verjährungsrecht - wie obenstehend erwähnt - nach der mit der Ausfällung des in Rechtskraft erwachsenen letztinstanzlichen kantonalen Entscheids zu laufen aufhörte. Für die im Mahnverfahren angesetzten Nachfristen des Jahres 2001 trat damit am 1. Februar 2009 bzw. am 6. Mai 2009 die Verjährung ein. Im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils waren deshalb - wie nach neuem Recht - die vor dem 9. Februar 2002 fälligen Beiträge ebenfalls verjährt.
Der letztmögliche Überweisungstermin der Rechnung vom 10. Juni 2002 im Betrag von Fr. 786.-- war der 3. September 2002. Im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils am 29. September 2009 war die Verjährung (wie nach neuem Recht) noch nicht eingetreten. Für den Beschwerdeführer ist somit auch in Bezug auf diese Forderung das neue Verjährungsrecht nicht milder, weshalb im vorliegenden Verfahren das alte (bis 30. September 2002 geltende) Verjährungsrecht anzuwenden ist.
2.6.3 Im Ergebnis wirkt sich die Anwendung des alten Rechts gegenüber der vorinstanzlichen Lösung insofern aus, als im Falle einer Gutheissung der Beschwerde in Strafsachen der kantonale Entscheid aufgehoben und die Sache zur Fortsetzung der Strafverfolgung an die kantonale Instanz zurückgewiesen wird. Diesfalls nimmt (im Unterschied zum neuen Recht) die Verfolgungsverjährung ihren Fortgang und läuft der noch verbliebene Rest der Frist ab Eröffnung des bundesgerichtlichen Urteils weiter (BGE 129 IV 305 E. 6.2.1 mit Hinweisen).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 52 StGB, wonach von einer Strafe abzusehen ist, wenn Schuld und Tatfolgen gering sind. Der zweckentfremdete Betrag mache Fr. 786.-- aus und sei damit offensichtlich geringfügig. Die Vorinstanz habe indirekt auch anerkannt, dass ihm kein schwerwiegendes Verschulden vorgeworfen werden könne. Sie habe sich mit dem Antrag auf Strafbefreiung nicht auseinandergesetzt und damit Bundesrecht verletzt.
3.2 Gemäss Art. 52 StGB sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn Schuld und Tatfolgen geringfügig sind. Die Bestimmung erfasst relativ unbedeutende Verhaltensweisen, welche die Schwere und Härte einer Strafe nicht verdienen. Die Regelung von Art. 52 StGB ist zwingender Natur. Sind die Voraussetzungen erfüllt, muss die Behörde das Strafverfahren einstellen bzw. von einer Überweisung absehen. Stellt erst das Gericht die Voraussetzungen für das fehlende Strafbedürfnis fest, erfolgt nicht ein Freispruch, sondern ein Schuldspruch bei gleichzeitigem Strafverzicht (BGE 135 IV 130 E. 5.3.2 mit Hinweisen). Voraussetzung für die Strafbefreiung und Einstellung des Verfahrens gemäss Art. 52 StGB ist die Geringfügigkeit von Schuld und Tatfolgen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Würdigung des Verschuldens des Täters richtet sich nach den in Art. 47 StGB aufgeführten Strafzumessungskriterien. Der Begriff der Tatfolgen umfasst nicht nur den tatbestandsmässigen Erfolg, sondern sämtliche vom Täter verschuldeten Auswirkungen der Tat. Diese müssen stets gering sein (BGE 135 IV 130 E. 5.3.2 mit Hinweisen).
3.3 Art. 52 StGB erfasst auch Fälle, bei denen im Zeitpunkt der Untersuchung oder der gerichtlichen Beurteilung ein Strafbedürfnis nicht mehr besteht. Dies ergibt sich daraus, dass für die Würdigung des Verschuldens nicht ausschliesslich die in Art. 47 Abs. 2 StGB aufgeführten konkretisierenden Umstände zu berücksichtigen sind. In die Entscheidung über die Geringfügigkeit der Schuld fliessen vielmehr sämtliche relevanten Strafzumessungskomponenten, mithin auch die Täterkomponenten wie das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse oder das Nachtatverhalten, mit ein. Berücksichtigt werden können auch eine durch überlange Verfahrensdauer bewirkte Verletzung des Beschleunigungsgebots und schuldunabhängige Strafmilderungsgründe, wie das Verstreichen verhältnismässig langer Zeit seit der Tat (BGE 135 IV 130 E. 5.4 mit Hinweisen). Gestützt auf Art. 52 StGB kann das Bundesgericht eine Verletzung des Beschleunigungsgebots von Amtes wegen prüfen (Art. 106 Abs. 1 BGG).
3.4
3.4.1 Der Zeitraum von vier Jahren und drei Monaten zwischen Anzeigeerstattung und Anklageerhebung stellt eine überlange Verfahrensdauer dar und verletzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts das Beschleunigungsgebot (siehe hierzu die Übersicht im Urteil 6B_440/2008 vom 11. November 2008 E. 6.1). So wurde eine Verletzung des Beschleunigungsgebots etwa bejaht bei einer Dauer von vier Jahren zwischen dem Erlass der Überweisungsverfügung und der Erhebung der Anklage (Urteil 6P.128/2001 vom 18. Dezember 2001).
Nach der langen Dauer zwischen Anzeigeerstattung und Anklageerhebung im vorliegenden Fall sowie nach mehr als sieben Jahren zwischen der Deliktsbegehung und der Verurteilung durch die Vorinstanz tritt das Strafbedürfnis stark in den Hintergrund und erweist sich das Verschulden des Beschwerdeführers als gering.
3.4.2 Die im Rahmen von Art. 52 StGB zu prüfenden Tatfolgen erweisen sich ebenfalls als gering. Der Deliktsbetrag kann, wie die Vorinstanz zu Recht festhält, als geringfügig betrachtet werden. Von den ursprünglich angeklagten Fr. 4'607.35 sind vorliegend noch Fr. 786.-- zu beurteilen. Das alleinige Abstellen auf den Deliktsbetrag bildet die Tatfolgen und damit die objektive Schwere des Delikts allerdings nicht vollständig ab, zumal der geringe Vermögenswert gemäss Art. 172ter StGB bei Art. 52 StGB keine Anwendung findet (DUPUIS et al., CP - Code pénal I, Art. 52 N. 5). Zu betrachten sind, wie oben erwähnt, vielmehr sämtliche vom Täter verschuldeten Auswirkungen der Tat. Diese sind hier minim, handelt es sich doch um einen geringfügigen Betrag, der dem schweizerischen AHV-Ausgleichsfonds nicht zugeflossen ist. Weder entstanden physische oder psychische Beeinträchtigungen natürlicher Personen, Sachschaden oder massgebliche Wiederbeschaffungskosten (vgl. diese Beispiele bei FRANZ RIKLIN, Basler Kommentar StGB I, 2. Aufl. 2007, Art. 52 N. 13), noch sind irgendwelchen weiteren Auswirkungen auf Dritte ersichtlich.
3.4.3 Neben dem geringen Verschulden des Beschwerdeführers sind daher auch die Tatfolgen als gering zu betrachten, so dass Art. 52 StGB im zu beurteilenden Fall Anwendung findet. Indem die Vorinstanz Art. 52 StGB nicht berücksichtigt hat, verletzt sie Bundesrecht.
3.5 Einen weiteren Aufhebungsgrund liefert darüber hinaus Art. 48 lit. e StGB, den die Vorinstanz ebenfalls nicht berücksichtigt. Gemäss dieser Bestimmung mildert das Gericht die Strafe, wenn das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohlverhalten hat. Dieser Strafmilderungsgrund stellt einen Konnex zwischen Zeitablauf und fehlendem Strafbedürfnis her. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 64 zweitletzter Absatz aStGB, welcher materiell mit Art. 48 lit. e StGB übereinstimmt, hat eine Strafmilderung zu erfolgen, wenn zwei Drittel der Verjährungsfrist verstrichen sind (BGE 132 IV 1 E. 6.2). Da dies vorliegend der Fall ist, verletzt die Vorinstanz auch insofern Bundesrecht, als sie diesem Strafmilderungsgrund im Rahmen der Strafzumessung nicht Rechnung trägt.
4.
Zusammenfassend verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, indem sie Art. 52 StGB sowie Art. 48 lit. e StGB nicht anwendet. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf die übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers ist bei dieser Sachlage nicht einzugehen.
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BGG). Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Infolge Obsiegens wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 29. September 2009 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3000.-- auszurichten.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. April 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Favre Keller