Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_210/2010
Urteil vom 2. Juli 2010
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
Verfahrensbeteiligte
S.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Markus Schmid,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Taggeld; Arbeitsunfähigkeit),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 20. Januar 2010.
Sachverhalt:
A.
Der 1942 geborene S.________ war als kaufmännischer Angestellter in der Verwaltung der L.________ AG tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 31. Juli 2006 wurde er als Radfahrer von einem Lastwagen angefahren und zog sich dabei neben Quetschungen am ganzen Körper eine erstgradig offene Unterschenkel-Schaftfraktur rechts und eine drittgradige AC-Luxation links zu. Die SUVA erbrachte Versicherungsleistungen. Im Februar 2007 wurde S.________ ordentlich pensioniert. Anlässlich einer kreisärztlichen Untersuchung am 3. Oktober 2008 stellte Dr. med. W.________ eine verzögerte Konsolidierung der rechten Tibia fest. Die Beschwerden seien konsistent; die Tibia wieder normal, aber nicht extrem belastbar. Mit einem Abschluss werde noch zugewartet. In einer reinen Bürotätigkeit würde der Versicherte eine normale Leistung erbringen können. Er müsse allerdings die Gelegenheit zur Hochlagerung des rechten Beines und für kurze gehende Aktivitäten haben. Mit Verfügung vom 27. Januar 2009 teilte die SUVA S.________ mit, dass er in seiner angestammten Tätigkeit keine erhebliche Leistungseinbusse mehr habe und die Taggeldleistungen daher auf den 31. Oktober 2008 eingestellt würden. Die notwendige Heilbehandlung werde weiter erbracht. Ob Anspruch auf weiterhin Versicherungsleistungen bestünde, werde nach Abschluss der Heilbehandlung geprüft. Daran hielt die Unfallversicherung auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 26. Juni 2009).
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die dagegen geführte Beschwerde mit Entscheid vom 20. Januar 2010 ab.
C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, es seien ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides bis zum Abschluss der Heilbehandlung Taggeldleistungen nach Massgabe einer Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 % auszurichten.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann die Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ). Es kann daher auch eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz ergänzen, welche für die Anwendung des materiellen Bundesrechts von rechtserheblicher Bedeutung ist.
1.3 Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG sind Noven im letztinstanzlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig (vgl. zur Geltung dieses Grundsatzes im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung: BGE 135 V 194 E. 3.4 S. 199 f.). Die Voraussetzungen, unter denen die vom Beschwerdeführer neu eingereichten Unterlagen ausnahmsweise zulässig wären, sind vorliegend nicht erfüllt, so dass diese unbeachtet bleiben müssen.
2.
Die Rechtsgrundlagen für den streitigen Anspruch auf Taggelder der obligatorischen Unfallversicherung sind in den bisher ergangenen Entscheiden zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Der Beschwerdeführer bringt insbesondere vor, die Vorinstanz habe im angefochtenen Entscheid allein auf den Kreisarztbericht des Dr. med. W.________ vom 3. Oktober 2008 abgestellt. In jenem vom 7. November 2007 sei noch eine zumutbare Arbeitsfähigkeit von 2 mal 2 Stunden am Tag während fünf Arbeitstagen attestiert worden. Es sei nicht ersichtlich und im angefochtenen Entscheid auch nicht dargelegt worden, inwiefern sich sein Gesundheitszustand in diesem Zeitraum verbessert habe, sodass eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestehe. Im weiteren habe die Vorinstanz die im genannten Bericht des Dr. med. W.________ angeführte Einschränkung, wonach der Beschwerdeführer Gelegenheit zur Hochlagerung des rechten Beins haben müsse, falsch ausgelegt, indem sie nur von einem "gelegentlichen" Hochlagern ausgegangen sei. Richtigerweise habe er sein Bein ständig hoch zu lagern, was zu einer mindestens 20%igen Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit führe. Zudem habe das kantonale Gericht die Frage, ob die seit November 2009 exacerbierenden Beschwerden in der linken Schulter zu einer weiteren Beeinträchtigung in der Arbeitsfähigkeit führe, zu Unrecht unbeantwortet gelassen.
4.
4.1 Nach ständiger Rechtsprechung beurteilt das Sozialversicherungsgericht die Gesetzmässigkeit der Verwaltungsverfügungen in der Regel nach dem Sachverhalt, der zur Zeit des Verfügungserlasses gegeben war (BGE 121 V 366 E. 1b mit Hinweisen). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 366 E. 1b mit Hinweis). Ausnahmsweise kann das Gericht aus prozessökonomischen Gründen auch die Verhältnisse nach Erlass der Verfügung in die richterliche Beurteilung miteinbeziehen und zu deren Rechtswirkungen über den Verfügungszeitpunkt hinaus verbindlich Stellung beziehen, mithin den das Prozessthema bildenden Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht ausdehnen. Eine solche Ausdehnung des richterlichen Beurteilungszeitraums ist indessen - analog zu den Voraussetzungen einer sachlichen Ausdehnung des Verfahrens auf eine ausserhalb des durch die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisses liegende spruchreife Frage (BGE 122 V 36 E. 2a mit Hinweisen; zum Begriff des Anfechtungsgegenstandes vgl. BGE 125 V 414 E. 1a, 119 Ib 36 E. 1b, je mit Hinweisen) - nur zulässig, wenn der nach Erlass der Verfügung eingetretene, zu einer neuen rechtlichen Beurteilung der Streitsache ab jenem Zeitpunkt führende Sachverhalt hinreichend genau abgeklärt ist und die Verfahrensrechte der Parteien, insbesondere deren Anspruch auf rechtliches Gehör, respektiert worden sind (BGE 130 V 138 E.2.1 S. 140 mit Hinweisen).
4.2 In der Beschwerde wird ausgeführt, bei der Exacerbation der Schulterbeschwerden handle es sich nicht um einen Rückfall, sondern um eine Verschlechterung im Rahmen des Grundfalles, da seit dem Unfall durchgehend sogenannte Brückensymptome im Bereich der verletzten Schulter bestanden hätten. Diese Frage ist vorliegend hingegen gar nicht umstritten. Auch die SUVA geht davon aus, dass die Heilbehandlung seit dem Unfall noch nicht abgeschlossen ist und der "Grundfall" weiterhin läuft, der gesundheitliche Endzustand also noch nicht eingetreten ist. Vorliegend ist einzig zu entscheiden, ob es dem Beschwerdeführer ab 1. November 2008 aus medizinischer Sicht - hypothetisch - zumutbar gewesen wäre, seine angestammte kaufmännische Tätigkeit in der Administration eines Pharmaunternehmens wieder in vollem Umfang aufzunehmen. Das kantonale Gericht hat daher zu Recht die ab November 2009 - und damit ein Jahr nach dem hier zu beurteilenden Zeitpunkt - eingetretene mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes an der Schulter nicht in ihren Entscheid miteinbezogen. Wie in Erwägung 4.1 dargelegt, stellt der Erlass des Einspracheentscheides den zeitlichen Endpunkt des zu beurteilenden Sachverhalts dar. Die Vorinstanz hatte damit einzig mitzuberücksichtigen, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse vom November 2008 bis Ende Juni 2009 in entscheidendem Masse verändert haben. Das bringt hingegen auch der Beschwerdeführer selbst nicht vor. Für eine ausnahmsweise Ausdehnung des Streitgegenstandes besteht vorliegend umso weniger Anlass, als es der Heilungsphase nach einem Unfall, in welchem eben Taggelder als vorübergehende Leistungen ausgerichtet werden, immanent ist, dass gesundheitlich wechselnde Verhältnisse herrschen, auf welche kurzfristig reagiert werden kann. Dass das kantonale Gericht den Prüfungsumfang nicht auf Sachverhaltselemente, die erst nach Erlass des Einspracheentscheides eingetreten sind, ausgedehnt hat, ist daher nicht nur nicht rechtsfehlerhaft, sondern war vielmehr geboten.
5.
Zu prüfen ist daher einzig, ob die SUVA zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Verletzungen am rechten Bein ab November 2008 voll arbeitsfähig war.
Im Bericht vom 26. September 2006 schilderte der Beschwerdeführer seine berufliche Tätigkeit wie folgt: "Ich bin tätig in der Verwaltung Controlling in der Rohstoffherstellung Desinfektion, d.h. ich arbeite den ganzen Tag am Computer, Telefon". Diese Art von Tätigkeit bietet im Hinblick auf die einzunehmende Position eine grosse Flexibilität. Der Versicherte kann demnach je nach Bedarf sitzend mit hoch gelagertem Bein oder an einem Stehpult arbeiten. Dass das Bein nicht ständig hoch gelagert werden muss ergibt sich sodann auch aus dem Bericht des Dr. med. F.________ vom Spital X.________ vom 2. April 2009. Der Patient gebe an, meist schmerzfrei zu sein und Schmerzen erst nach mehreren Stunden Skifahren zu verspüren. Auch sei der Gang stock- und hinkfrei. Dies steht im Gegensatz zum Zustand im November 2007, als der Beschwerdeführer sein rechtes Bein beim Gehen noch mit einem Amerikanerstock entlasten musste. Demnach steht fest, dass einer vollen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit ab Anfang November 2008 nichts entgegensteht. Die Beschwerde erweist sich mithin als unbegründet.
6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 2. Juli 2010
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Schüpfer