Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9F_8/2010
Urteil vom 12. August 2010
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Ulrich Bühler,
Gesuchsteller,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Gesuchsgegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_775/2009 vom 12. Februar 2010.
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1962, meldete sich am 4. Juni 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen verfügte die IV-Stelle des Kantons Bern am 23. Dezember 2003 die Abweisung des Leistungsbegehrens. Mit Einspracheentscheid vom 3. Juni 2005 bestätigte die IV-Stelle ihre Verfügung vom 23. Dezember 2004 insoweit, als darin ein Rentenanspruch des A.________ verneint wurde. Die hiegegen von A.________ eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 27. September 2005 ab; das Eidgenössische Versicherungsgericht, bei welchem A.________ in der Folge Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhob, wies die Sache zur zusätzlichen Abklärung an die IV-Stelle zurück (Urteil vom 16. April 2006). Nach Eingang weiterer Berichte verfügte die IV-Stelle am 10. März 2009 erneut die Abweisung des Rentenbegehrens. Auf Beschwerde des A.________ hin bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Bern diese Verfügung (Entscheid vom 27. Juli 2009). Das Bundesgericht wies die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ mit Urteil 9C_775/2009 vom 12. Februar 2010 ab.
B.
A.________ lässt am 23. Juni 2010 unter Bezugnahme auf ein ärztliches Zeugnis des Dr. med. N.________, Spezialarzt FMH für Hals-, Nasen und Ohrenkrankheiten, vom 30. April 2010, um Revision des Urteils 9C_775/2009 und Zusprechung einer Invalidenrente ersuchen; eventualiter seien die Akten an die IV-Stelle zurückzuweisen. Gleichzeitig beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
C.
Das Bundesgericht weist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügung vom 30. Juni 2010 ab.
D.
Ein am 8. Juli 2010 sinngemäss gestelltes Ausstandsbegehren gegen die an der Verfügung vom 30. Juni 2010 Mitwirkenden weist das Bundesgericht mit Verfügung vom 19. Juli 2010 ab.
Erwägungen:
1.
Gemäss Art. 61 BGG erwachsen Entscheide des Bundesgerichts am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. Das Bundesgericht kann darauf nicht zurückkommen, es sei denn, es werde einer der vom Gesetz abschliessend aufgezählten Revisionsgründe geltend gemacht und dargetan. Damit ist auch gesagt, dass mit dem Revisionsgesuch nicht erwirkt werden kann, dass das Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen bzw. deren rechtliche Würdigung nochmals überprüft, wie dies im Rahmen einer (nicht gegebenen) Beschwerde gegen sein Urteil möglich wäre.
2.
2.1 Der Gesuchsteller macht den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG geltend. Danach kann in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Revision verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. "Neu" sind Tatsachen, die sich bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt waren, aber zum Nachteil des Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind (Urteile 5F_9/2009 vom 2. Februar 2010 E. 3.1 und 8F_8/2009 vom 3. Dezember 2009, je mit Hinweisen).
2.2 Ob das Zeugnis des Dr. med. N.________, Spezialarzt FMH für Hals-, Nasen und Ohrenkrankheiten, vom 30. April 2010, sowie dessen Schreiben vom 27. Mai 2010 neue Beweismittel im Sinne des Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG sind, braucht nicht abschliessend geprüft zu werden. Wie nachfolgend gezeigt wird, sind darin keine neuen erheblichen Tatsachen dargetan.
2.2.1 Streitgegenstand im Hauptverfahren 9C_775/2009 bildete der Rentenanspruch des Versicherten und dabei insbesondere die Frage, ob das kantonale Gericht in bundesrechtskonformer Würdigung der medizinischen Akten gestützt auf das Gutachten des Instituts X.________, vom 29. April 2008, einen rentenbegründenden Gesundheitsschaden, namentlich eine nur ausnahmsweise invalidisierende posttraumatische Belastungsstörung, verneinte. Das Bundesgericht erwog, die Vorinstanz habe kein Bundesrecht verletzt, indem sie auf das Gutachten des Instituts X.________ abgestellt habe. Darin kamen die Gutachter unter anderem zum Schluss, die chronische Rhinopathie (bei Polysensibilisierung [ICD-10 J30.3] und Status nach Cochhektomie, Ethmoidektomie und Septumplastik [ICD-10 Z98.8] sowie nach Desensibilisierung) beeinflusse die Arbeitsfähigkeit nicht.
2.2.2 In seinem Zeugnis vom 30. April 2010 führte Dr. med. N.________ aus, der Gesuchsteller leide an einer nicht heilbaren, chronischen Erkrankung im Bereich der Nasen- und Nasennebenhöhlen, wobei es sich um ein sogenanntes NARES-Syndrom (nicht allergische Rhinopathie und Eosinophiliesyndrom) handle. Auf entsprechende Frage des Rechtsvertreters des Versicherten hielt Dr. med. N._______ am 27. Mai 2010 fest, früher habe man von Nasenpolypen und chronischer Sinusitis gesprochen. Das NARES-Syndrom sei eine Unterart einer chronischen Sinusitis, wahrscheinlich bedingt durch eine genetische Disposition, weshalb eine Heilung nicht möglich sei. Das Syndrom löse in der Regel stärkere Beschwerden aus als eine Hausstaubmilbenallergie; eine (Teil-) Invalidisierung sei durchaus anzunehmen, zumal jedermann wisse, dass die Leistungsfähigkeit durch starken Schnupfen reduziert werde.
2.2.3 Die Atemschwierigkeiten bei Belastung wegen behinderter Nasenatmung waren zum Zeitpunkt der Begutachtung des Instituts X.________ vom 31. März 2008 bekannt, bereits damals mehrfach (operativ) behandelt worden und wurden im Gutachten vom 29. April 2008 berücksichtigt (E. 2.2.1 hievor). Selbst wenn aufgrund nachträglicher Untersuchungen nunmehr eine andere Ursache der Beschwerden (genetische Disposition) und demzufolge eine abweichende diagnostische Einordnung fest stünde, wäre das frühere Vorliegen dieser Diagnose nicht geeignet gewesen, die tatbeständlichen Grundlagen des angefochtenen Urteils vom 12. Februar 2010 zu verändern. Wie das Bundesgericht bereits in seiner Zwischenverfügung vom 30. Juni 2010 erwogen hat, kommt es für die Leistungsberechtigung in der Invalidenversicherung nicht auf die exakte Diagnose an, sondern einzig darauf, welche Auswirkungen eine Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit hat. Davon abgesehen, dass Dr. med. N.________ das NARES-Syndrom (lediglich) als Unterart der bereits früher diagnositizierten Sinusitis bezeichnete, ist weder der Umstand der Unheilbarkeit dieses Syndroms noch das Argument, die Beschwerden seien stärker als bei einer Hausstaubmilbenallergie geeignet, eine Revision zu begründen. Zum einen basierte die Beurteilung der Gutachter des Instituts X.________ nicht auf einer Heilbarkeit der Nasenbeschwerden, zum andern stand die (eindeutig nachgewiesene) Milbenallergie bereits im Jahre 1992 lediglich als Teilursache der Beschwerden fest (Bericht des Spitals Y.________ [Dr. med. B.________] vom 15. Juni 1992). Im Übrigen laufen die Ausführungen des Gesuchstellers auf eine Kritik an der Ermittlung des massgeblichen Sachverhalts und dessen rechtliche Würdigung im Urteil 9C_775/2009 hinaus, welche im Revisionsverfahren nicht zu hören ist.
3.
Das offensichtlich unbegründete Revisionsgesuch wird analog zum vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit summarischer Begründung und unter Verweis auf das Urteil 9C_775/2010 des Bundesgerichts vom 12. Februar 2010 (vgl. Art. 102 Abs. 1 und 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.
4.
Die Gerichtskosten werden dem Gesuchsteller als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Bundesgericht erkennt:
1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 12. August 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Meyer Bollinger Hammerle