BGer 4A_296/2010 |
BGer 4A_296/2010 vom 25.08.2010 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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4A_296/2010
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Urteil vom 25. August 2010
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I. zivilrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
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Bundesrichter Corboz,
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Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
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Gerichtsschreiber Luczak.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Fleischmann,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Y.________,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Schadenersatz aus Vertragsverletzung; Haftpflicht,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer, vom 16. Februar 2010.
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Sachverhalt:
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A.
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Am 25. Februar 2000 erlitt Y.________ (Beschwerdegegner) einen Bruch des 4. Halswirbels mit kompletter Lähmung vom Nacken an abwärts (Tetraplegie) in der Folge eines Sprungs vom Startsockel an der Breitseite des zum Hotel "Minster" in Unterägeri gehörenden Schwimmbeckens. Dieses Hotel wird von X.________ (Beschwerdeführer) betrieben. Der Beschwerdegegner ist seit dem Unfall erwerbsunfähig und auf medizinische Hilfe angewiesen. Eine am 26. Januar 2004 eingereichte Teilklage des Beschwerdegegners führte zu einem rechtskräftig gewordenen abweisenden Urteil des Bezirksgerichts Schwyz betreffend den eingeklagten Ersatz für den bis zur Klageanhebung entstandenen Lohnausfall. Dem Beschwerdegegner wurde jedoch eine reduzierte Genugtuung von Fr. 17'280.-- zugesprochen.
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B.
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Gestützt auf dasselbe Unfallereignis erhob der Beschwerdegegner am 29. Juni 2007 erneut Teilklage beim Bezirksgericht Schwyz, mit welcher er Schadenersatz im Betrage von Fr. 2'247'080.-- für erlittenen Haushalts-, Betreuungs- und Mobilitätsschaden nebst Zins forderte. Er warf den Beschwerdeführern vor, in schuldhafter Verletzung von Haupt- und Nebenpflichten des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses, das sich auch auf die Benutzung des Hallenbades erstreckt habe, nicht für hinreichende Sicherheit der Anlage gesorgt zu haben. Die Beschwerdeführer hielten die Klage für verwirkt und erhoben die Verjährungseinrede. Das Bezirksgericht wies die Teilklage am 22. April 2009 ab mit der Begründung, es fehle an einer Vertragsverletzung sowie am Verschulden der Beschwerdeführer. Zudem stünde auch das grobe Selbstverschulden des Beschwerdegegners einer Haftung entgegen.
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C.
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Mit Beschluss vom 16. Februar 2010 hiess das Kantonsgericht Schwyz die vom Beschwerdegegner eingereichte Berufung teilweise gut. Es hob das Urteil des Bezirksgerichts auf und wies die Sache zur Beurteilung der Schadenersatzhöhe und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das erstinstanzliche Gericht zurück. Im Gegensatz zum Bezirksgericht bejahte das Kantonsgerichts einen Werkmangel bzw. eine Vertragsverletzung sowie den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem behauptetem Schaden. Es hielt zudem die Voraussetzungen einer vollständigen Haftungsbefreiung wegen Selbstverschuldens des Beschwerdegegners für nicht erfüllt. Das Bezirksgericht wurde angewiesen, die Selbstverschuldensquote nach Massgabe der konkreten Würdigung festzulegen und beim Umfang der Ersatzpflicht zu berücksichtigen.
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D.
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Die Beschwerdeführer haben den Beschluss des Kantonsgerichts mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten. Sie beantragen dem Bundesgericht, es sei festzustellen, dass sie für den Unfall des Beschwerdegegners vom 25. Februar 2000 nicht haften. Entsprechend sei die Berufung des Beschwerdegegners gegen das Urteil des Bezirksgerichts Schwyz vom 22. Mai 2009 abzuweisen und das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen. Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde "in materiellrechtlicher Hinsicht" und Gutheissung des angefochtenen Beschlusses. Die Vorinstanz stellt in ihrer Vernehmlassung den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen:
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1.
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Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 mit Hinweisen).
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1.1 Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab, sondern stellt einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid dar (BGE 135 III 212 E. 1.2 S. 216, 329 E. 1.2 S. 331; je mit Hinweisen), der weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betrifft. Dagegen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn eine der folgenden alternativen Voraussetzungen erfüllt ist: Erstens, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Zweitens, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die letztgenannte Bestimmung berufen sich die Beschwerdeführer.
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1.2 Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292). Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer, detailliert darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.4.2 S. 633). Geht nicht bereits aus dem angefochtenen Urteil oder der Natur der Sache hervor, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, hat der Beschwerdeführer im Einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeit- oder kostenmässigen Umfang erforderlich sind. Zudem ist unter Aktenhinweisen darzulegen, dass die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt wurden (BGE 133 IV 288 E. 3.2; 118 II 91 E. 1a S. 92 mit Hinweis; Urteil 4A_48/2010 vom 9. Juli 2010 E. 1.3.2).
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1.3 Soweit im weiteren Verfahren wie hier der Umfang des Schadens aus einer körperlichen Schädigung festzustellen bleibt, ist zu beachten, dass der Invaliditätsschaden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts so weit wie möglich konkret zu berechnen ist (BGE 131 III 360 E. 5.1 S. 363; 117 II 609 E. 9 S. 624; 113 II 345 E. 1a S. 347). Dass der Nachweis der konkreten Verhältnisse und des daraus entstandenen Schadens oft umfassende Beweismassnahmen erfordert, entbindet den Beschwerdeführer nicht von der Begründungspflicht hinsichtlich der entsprechenden Eintretensvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG (vgl. BGE 118 II 91 E. 1c S. 92; Urteil 4A_48/2010 vom 9. Juli 2010 E. 1.3.3 mit Hinweisen).
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2.
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2.1 Die erste Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG, dass das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung der Beschwerdeführer teilen, einen verfahrensabschliessenden Endentscheid fällen könnte, ist erfüllt. Zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde führen die Beschwerdeführer aus, bei Nichteintreten auf die Beschwerde müssten die kantonalen Gerichte die Forderungen des Beschwerdegegners von über Fr. 2 Mio., welche unter Berufung auf mehrere Schadenstitel (Haushaltschaden, Betreuungsschaden, Mobilitätsschaden) geltend gemacht worden seien, detailliert prüfen. Dass diese Prüfung mit einem bedeutenden Zeit- und Kostenaufwand für ein weitläufiges Beweisverfahren verbunden wäre, sei offensichtlich. Fehle es an der Haftung, entfalle ein solches Beweisverfahren, und es könnte möglicherweise auch Regressklagen der Sozialversicherungen vorgebeugt werden.
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2.2 Mit diesen Vorbringen kommen die Beschwerdeführer den Begründungsanforderungen nicht nach. Weder aus der blossen Höhe der eingeklagten Forderung noch daraus, dass sich diese auf verschiedene Schadenskategorien verteilt, lässt sich ohne Weiteres ableiten, dass in tatsächlicher Hinsicht kosten- und zeitaufwändige Erhebungen notwendig sein werden. Dass sich die Schadensberechnung möglicherweise nicht einfach gestalten und komplizierte Rechnungen erfordern wird, bedeutet nicht, dass sich auch die zugrunde zu legenden Daten nur mit hohem Aufwand ermitteln lassen. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdegegners überhaupt umstritten sind. Da die Beschwerdeführer weder die im Einzelnen umstrittenen Umstände noch die dafür angebotenen oder auch nur die in Frage kommenden Beweismittel bezeichnen, zeigen sie nicht hinreichend auf und wird nicht ersichtlich, inwiefern durch einen die Klage abweisenden Entscheid ein weitläufiges Beweisverfahren mit bedeutendem Zeit- oder Kostenaufwand eingespart werden könnte. Die zweite Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG kann daher nicht als erfüllt betrachtet werden, weshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
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3.
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Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer solidarisch kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis). Der Beschwerdegegner hat zwar die Zusprechung einer solchen beantragt, aber nicht begründet, weshalb von der erwähnten Rechtsprechung abzuweichen ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
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3.
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Dem Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 25. August 2010
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Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
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Klett Luczak
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