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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_545/2010
Urteil vom 31. August 2010
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter von Werdt, Herrmann
Gerichtsschreiber V. Monn.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Vormundschaftsbehörde A.________.
Gegenstand
Gefährdungsmeldung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Kammer für Vormundschaftswesen als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde, vom 16. Juli 2010.
Sachverhalt:
A.
A.a Die Eheleute X.________ und Z.________ leben seit 2007 getrennt. Gemäss Eheschutzurteil des Gerichtspräsidiums Zofingen vom 29. November 2007 stehen die gemeinsamen Kinder R.________ (geb. 1995), S.________ (geb. 2000) und T.________ (geb. 2003) unter der Obhut der Mutter. Dem Vater steht ein Besuchsrecht zu. Zudem wurde eine Beistandschaft über die Kinder errichtet.
A.b Am 30. März 2010 übermittelte X.________ der Vormundschaftsbehörde A.________ eine Gefährdungsmeldung betreffend seinen sechsjährigen Sohn T.________. Dieser habe alleine und unbeaufsichtigt die Dorfstrasse überquert, obwohl er sich der von dieser Strasse ausgehenden Gefahren noch zu wenig bewusst sei, wegen einer kurz zuvor erfolgten Operation noch unter Medikamenteneinfluss gestanden habe und wegen Schielens nicht dreidimensional sehen könne. X.________ stellte folgenden Antrag:
"Um die Betreuungs-Kontinuität und insbesondere die altersgemässe Beaufsichtigung der Kinder zu gewährleisten, soll die Vormundschaftsbehörde die Kindsmutter verpflichten, sich immer an den Kindsvater zu wenden, falls sich von den ca. 100 Co-Erziehern aus ihrem familiären Freundeskreis niemand mehr finden lässt, der Zeit hat sie bei der Betreuung zu entlasten."
Mit Beschluss vom 12. April 2010 lehnte die Vormundschaftsbehörde diesen Antrag ab.
A.c Gegen diesen Beschluss führte X.________ Beschwerde beim Bezirksamt Zofingen als erstinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde. In diesem Rechtsmittelverfahren stellte er nebst einem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege folgenden Antrag:
"Der Gemeinderat hat seine Beschlüsse auf genannte Zeugenaussagen abzustützen anstatt wie üblich in begünstigender Weise nur Aussagen der beklagten Partei zu vernehmen und damit rechtliches Gehör zu verletzen."
Das Bezirksamt trat mit der Begründung nicht auf die Beschwerde ein, der Beschwerdeführer habe kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Entscheids, sondern beschwere sich nur über die Entscheidbegründung.
B.
X.________ gelangte daraufhin mit Beschwerde an die Kammer für Vormundschaftswesen des Obergerichts des Kantons Aargau als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde. Mit Entscheid vom 16. Juli 2010 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wies es wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab.
C.
Mit Eingabe vom 27. Juli 2010 wendet sich X.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er stellt ein Ausstandsbegehren gegen Oberrichter Y.________ und beantragt, sämtlichen erstinstanzlichen Anträgen sei stattzugeben, ihm sei für alle vorinstanzlichen Verfahren sowie für das Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und eine angemessene Parteikostenentschädigung zuzusprechen.
Der Beschwerdeführer ficht mit seiner Eingabe vom 27. Juli 2010 gleich zwei Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau vom 16. Juli 2010 an. Das zweite Urteil betrifft einen anderen Streitgegenstand und hat auch eine andere Prozessgeschichte. Deshalb hat das Bundesgericht zwei Verfahren eröffnet; das andere wird unter der Prozess-Nummer 5A_544/2010 geführt.
Es wurden die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
Die nach Ablauf der Beschwerdefrist vom Beschwerdeführer dem Bundesgericht zugestellten Unterlagen bleiben unberücksichtigt.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid einer vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde in einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit, sodass die Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 5, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).
1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 127 III 248 E. 2c S. 252 f.). Trotzdem obliegt es dem Beschwerdeführer, sich in seiner Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389 mit Hinweisen).
In der Begründung ist deshalb in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Genügt die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten.
Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, je mit Hinweisen). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 III 585 E. 4.1 S. 589, je mit Hinweisen). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
Mit Bezug auf den Sachverhalt kann einzig vorgebracht werden, er sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG), wobei "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich" gleichzusetzen ist (Botschaft, BBl 2001 4338; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252), oder er beruhe auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB). Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22).
Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht zumindest indirekt Willkür in der Sachverhaltsfeststellung vor, weil es sich bei der fraglichen Strasse, die der sechsjährige Sohn unbeaufsichtigt überquert hat, nicht einfach um eine Dorfstrasse, sondern um eine Kantonsstrasse handle. Eine solche könne man nicht als harmlosen Quartierweg verkaufen, das sei wohl ein "kantonaler Saisonwitz". Indes führt der Beschwerdeführer nicht aus, was sich in tatsächlicher Hinsicht aus seiner Feststellung ergeben müsste, bzw. inwiefern die Tatsache, dass es sich um eine Kantonsstrasse handelt, für den Ausgang des Verfahrens relevant ist, das heisst zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen. Auf diese Sachverhaltsrüge ist nicht einzutreten.
Der Beschwerdeführer beantragt, sämtlichen erstinstanzlichen Anträgen sei stattzugeben. Das Obergericht hat ausführlich dargelegt, weshalb die Vormundschaftsbehörde im konkreten Fall keine Kindesschutzmassnahmen treffen musste. Der Beschwerdeführer setzt sich indes nicht mit diesen Erwägungen auseinander. Seine Einwendungen, wonach die Mutter "neurotisch" und fremdgesteuert, der Beistand "coneurotisch" und die Vorinstanzen "parteiisch untätig" seien und das Ganze "an himmelschreienden unverantwortlichen Sarkasmus" grenze, stehen in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids und gehen in jedem Fall an der Sache vorbei. Daher kann auf diese Rüge nicht eingetreten werden.
Nicht einzutreten ist sodann auf die Vorwürfe der Verletzung des rechtlichen Gehörs, denn der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, in welchem Zusammenhang die angeblichen Unterlassungen zum angefochtenen Entscheid stehen bzw. wie sich der Beizug der fraglichen Unterlagen auf das Ergebnis ausgewirkt hätte.
Dasselbe Schicksal ereilt den Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die vorinstanzlichen Verfahren, denn der Beschwerdeführer setzt sich nicht mit der Erwägung des Obergerichts auseinander, wonach seine Beschwerde von vornherein aussichtslos gewesen sei.
2.
Der Beschwerdeführer stellt ein Ausstandsbegehren gegen Oberrichter Y.________. Der Sache nach rügt er eine Verletzung des Anspruchs auf einen verfassungsmässigen Richter (Art. 30 Abs. 1 BV). Oberrichter Y.________ präsidiert die Kammer für Vormundschaftswesen und hat am angefochtenen Entscheid mitgewirkt. Zusammengefasst begründet der Beschwerdeführer seinen Antrag damit, dass er bisher in jedem Verfahren unterlegen sei, in welchem Oberrichter Y.________ geurteilt habe. Dort, wo dieser nicht im Spruchkörper gewesen sei, habe er dagegen obsiegt. Oberrichter Y.________ sei offensichtlich voreingenommen.
Nach der in Art. 30 Abs. 1 BV und in Art. 6 Ziff. 1 EMRK enthaltenen Garantie des verfassungsmässigen Richters hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird (BGE 133 I 1 E. 5.2 S. 3). Der Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Verfahrensrecht zu beachten ist, verlangt rechtzeitiges Handeln. Daher sind Ausstandsbegehren sofort nach Entstehen oder Bekanntwerden des Ausstandsgrundes zu stellen, andernfalls der Anspruch auf Ablehnung verwirkt ist (BGE 121 I 225 E. 3 S. 229). Den allgemein gehaltenen Ausführungen des Beschwerdeführers ist nicht zu entnehmen, dass erst der angefochtene Entscheid einen Ausstandsgrund gesetzt hätte. Demzufolge ist das Begehren verspätet; darauf ist nicht einzutreten.
3.
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Der Beschwerdeführer unterliegt und wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde an das Bundesgericht von vornherein keine Chance auf Erfolg haben konnte (Art. 64 Abs. 1 BGG). Damit mangelt es an einer materiellen Anspruchsvoraussetzung, und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen. Der Vormundschaftsbehörde A.________, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Vormundschaftswesen als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. August 2010
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Hohl V. Monn