Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_45/2010
Urteil vom 9. September 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiberin Scherrer Reber.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Ettler,
gegen
Baudirektion des Kantons Zug, Aabachstrasse 5, Postfach 857, 6301 Zug.
Gegenstand
Umweltrecht (Lärmsanierung Stadtkerndurchfahrt),
Beschwerde gegen das Urteil vom 30. November 2009 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer.
Sachverhalt:
A.
Die Stadtkerndurchfahrt Zug, Casino-Bundesplatz, wurde in den letzten Jahren abschnittsweise baulich saniert. Im Jahr 2003 wurde die Sanierung der Bahnhofstrasse realisiert. 2004 folgte die Sanierung der Neugasse und im Jahr 2005 diejenige der Grabenstrasse. Im Zusammenhang mit diesen Sanierungen wurde die lärmtechnische Situation der Grabenstrasse (Abschnitt Casino-Kolinplatz) untersucht und in einem Lärmsanierungsprojekt dokumentiert. Die lärmtechnische Sanierung der Grabenstrasse soll gemäss dem vorliegenden technischen Bericht zum Lärmsanierungsprojekt erfolgen. Der Perimeter dieses Berichts umfasst alle Liegenschaften zwischen dem Knoten Casino und dem Kolinplatz, welche massgebliche Lärmbelastungen erfahren. Der Immissionsgrenzwert wird in 29 Gebäuden an der Grabenstrasse nicht eingehalten. Für diese Liegenschaften wurden Erleichterungen beantragt. Bei 19 Gebäuden wird der Alarmwert erreicht bzw. überschritten.
B.
X.________ ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1215 an der Grabenstrasse 11. Am 23. Oktober 2007 stellte ihm die Baudirektion des Kantons Zug einen Verfügungsentwurf für den Teilabschnitt 1, Ostseite, vom 28. September 2007 zu, welcher Sanierungserleichterungen im Sinn von Art. 14 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) zum Inhalt hatte. Gleichzeitig informierte sie den Adressaten, dass das Projekt für die Lärmsanierung Grabenstrasse, Abschnitt Kolinplatz-Casino, vom 26. Oktober bis 14. November 2007 beim Baudepartement der Stadt Zug sowie beim kantonalen Tiefbauamt öffentlich aufgelegt werde. Am 14. November 2007 erhob X.________ Einsprache gegen das Auflageprojekt. Er verlangte, es seien sämtliche möglichen Emissionsbegrenzungen zu ergreifen und insbesondere den Zuger Verkehrsbetrieben Auflagen zu machen für einen lärm- und erschütterungsarmen Betrieb ihrer Autobusse. Das Sanierungsprojekt habe auch die Erschütterungs- und Körperschallproblematik einzubeziehen. Entsprechende Messungen seien in den Liegenschaften im Sanierungsabschnitt vorzunehmen und in der Folge Emissionsbegrenzungen anzuordnen.
C.
Nach Durchführung eines Augenscheins mit Einigungsverhandlung gewährte die kantonale Baudirektion mit Verfügung vom 13. Januar 2009 für neun Liegenschaften im Abschnitt Grabenstrasse, Teilabschnitt 1 (Ostseite), Erleichterungen im Sinn von Art. 14 LSV. Tags darauf wies sie zudem die Einsprache von X.________ ab.
D.
X.________ gelangte gegen beide Verfügungen ans Verwaltungsgericht des Kantons Zug. Neben der Aufhebung der beiden Entscheide verlangte er die Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung und forderte u.a., die Vorinstanz sei anzuweisen, ein Gutachten nach Art. 108 Abs. 4 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) einzuholen, in welchem die Möglichkeiten für die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf der Hauptverkehrsachse Artherstrasse/Grabenstrasse, allenfalls beschränkt auf die Hauptverkehrszeiten, zu ermitteln seien. Weiter beantragte er, die Vorinstanz sei anzuweisen, zu prüfen, ob es möglich sei, die Busbuchten an der Artherstrasse/Grabenstrasse aufzuheben; sie solle mittels Verkehrsgutachten klären, ob Haltestellen auf der Fahrbahn errichtet werden könnten.
Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 30. November 2009 ab.
E.
Am 25. Januar 2010 beantragt X.________ dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, das erwähnte Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die erste Instanz, eventualiter an die Vorinstanz, zurückzuweisen. Seine Anträge lauten wie im kantonalen Verfahren: Die erste Instanz, eventuell die Vorinstanz, sei anzuweisen, ein Gutachten nach Art. 108 Abs. 4 SSV einzuholen, in welchem die Möglichkeiten einer Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf der Hauptverkehrsachse Artherstrasse/Grabenstrasse, eventuell beschränkt auf die Hauptverkehrszeiten, zu ermitteln seien. Weiter stellt der Beschwerdeführer Antrag, die erste Instanz, eventualiter die Vorinstanz, sei anzuweisen, die Möglichkeiten für die Aufhebung der Busbuchten an der Artherstrasse/Grabenstrasse und die Errichtung von Haltestellen auf der Fahrbahn durch ein Verkehrsgutachten abklären zu lassen.
Die Baudirektion des Kantons Zug schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Desgleichen stellt das kantonale Verwaltungsgericht den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.
Das Bundesamt für Umwelt lässt sich ebenfalls zur Angelegenheit vernehmen und gelangt zum Schluss, die Geschwindigkeitsreduktion im Innerortsbereich sollte als mögliche Sanierungsmassnahme geprüft werden.
Im zweiten Schriftenwechsel halten die Beteiligten im Wesentlichen an ihren Anträgen und Begründungen fest.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts stützt sich in erster Linie auf Bundesverwaltungsrecht (eidgenössisches Lärmschutz- resp. Umweltrecht) und betrifft demzufolge eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Endentscheid i.S.v. Art. 90 BGG. Der Beschwerdeführer als Eigentümer einer Liegenschaft, für welche die kantonale Behörde Erleichterungen i.S.v. Art. 14 LSV gewährt hat, ist durch den abweisenden Entscheid der Vorinstanz in besonderem Masse berührt, zumal das Verwaltungsgericht die Rechtmässigkeit der Lärmsanierung bestätigt und die Notwendigkeit weiterer Abklärungen verneint hat. Entsprechend ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde legitimiert. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde unter Vorbehalt rechtsgenüglicher Rügen grundsätzlich einzutreten ist.
2.
Der Beschwerdeführer wirft dem Verwaltungsgericht vor, indem es auf die Einholung eines Verkehrsgutachtens im Sinn von Art. 108 SSV verzichtet habe, habe es den Sachverhalt in ergebnisrelevanter Weise ungenügend abgeklärt. Er erkennt in der Weigerung der Vorinstanz, weitere Erhebungen zu möglichen Geschwindigkeitsreduktionen vorzunehmen, eine Verletzung der lärmschutzrechtlichen Sanierungsvorschriften. Trotz der Möglichkeit, verhältnismässige Sanierungsmassnahmen zu ergreifen, seien Erleichterungen nach Art. 17 USG und Art. 14 LSV gewährt worden.
2.1 Die Grabenstrasse ist der Empfindlichkeitsstufe III gemäss LSV zugeteilt. Anlässlich der Lärmmessungen im Rahmen der baulichen Strassensanierung im Jahre 2005 ergaben sich für die Liegenschaft des Beschwerdeführers Werte von 67 dB(A) am Tag und von 61 dB(A) nachts. Tagsüber sind die Immissionsgrenzwerte an der Grabenstrasse 11 damit um 2 dB(A) und nachts um 6 dB(A) überschritten. Dies ist unbestritten.
Bestehende ortsfeste Anlagen, die wesentlich zur Überschreitung der Lärmimmissionsgrenzwerte beitragen, müssen saniert werden (Art. 16 Abs. 1 USG [SR 814.01]; Art. 13 Abs. 1 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 [LSV; SR 814.41]). Nach Art. 13 Abs. 2 LSV und Art. 11 Abs. 2 USG müssen diese Anlagen so weit saniert werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist. Ziel der Sanierung ist, zumindest eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte zu vermeiden. Die Vollzugsbehörde gewährt Erleichterungen, soweit die Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen oder Kosten verursachen würde oder überwiegende Interessen namentlich des Ortsbild-, Natur- und Landschaftsschutzes, der Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie der Gesamtverteidigung der Sanierung entgegenstehen (Art. 17 USG und Art. 14 Abs. 1 lit. a und b LSV ). Bei der Gewährung von Erleichterungen wird die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte in einer bestimmten Situation zugelassen. Es handelt sich um eine Ausnahmebewilligung, deren Erteilung nur in Sonderfällen erfolgen soll. Die Gewährung von Erleichterungen soll nach dem Willen des Gesetzgebers restriktiv gehandhabt werden (vgl. Schrade/Wiestner, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 2 und 14 zu Art. 17: Urteil 1C_496/2009 des Bundesgerichts vom 16. Juli 2010 E. 3.1).
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege keine solche Ausnahmesituation vor. Aus seiner Sicht würde eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine geeignete Massnahme zur Lärmsanierung darstellen. Aufgrund der örtlichen Situation stünden keine geeigneteren oder ebenso geeigneten Massnahmen zur Verfügung, die mit geringeren Betriebseinschränkungen verbunden wären. Eine Geschwindigkeitsherabsetzung sei auch geeignet, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Zwar sei dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass auf dem fraglichen Strassenabschnitt momentan nur selten ununterbrochen mit Tempo 50 km/h gefahren werden könne. Lärmmässig würden aber nicht die Phasen nach Erreichen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ins Gewicht fallen, sondern vielmehr die lärmintensiveren Beschleunigungs- und Bremsphasen. Es liege in der Natur der Sache, dass es bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h öfter zu Beschleunigungen und Abbremsungen komme, die zudem lauter und länger anhaltend seien, als bei einer zulässigen Maximalgeschwindigkeit von 40 km/h oder 30 km/h. Mangels Verkehrsgutachten sei auch gar nicht erstellt, dass die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ausserhalb der verkehrsintensiven Stunden nur selten erreicht werde, wie die Vorinstanz nebenbei behaupte.
2.3 Die Gründe, welche eine Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit erforderlich machen können, werden in Art. 108 Abs. 2 SSV abschliessend aufgezählt: Eine Gefahr ist nur schwer oder nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben (lit. a); bestimmte Strassenbenützer bedürfen eines besonderen, nicht anders zu erreichenden Schutzes (lit. b); es kann auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert (lit. c) oder es kann eine im Sinne der Umweltschutzgesetzgebung übermässige Umweltbelastung (Lärm, Schadstoffe) vermindert werden (lit. d). Einschränkend sieht Art. 32 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG; SR 741.01) vor, dass die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur aufgrund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden darf. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen. Art. 108 Abs. 4 SSV nimmt darauf Bezug und präzisiert, dass vor der Festlegung von abweichenden Höchstgeschwindigkeiten durch ein Gutachten (Art. 32 Abs. 3 SVG) abgeklärt wird, ob die Massnahme nötig (Abs. 2), zweck- und verhältnismässig ist oder ob andere Massnahmen vorzuziehen sind. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Massnahme auf die Hauptverkehrszeiten beschränkt werden kann.
2.4 Das BAFU führt in seiner Stellungnahme zum hängigen Verfahren aus, Geschwindigkeitsreduktionen führten innerorts zu einer Verkehrsberuhigung und damit zu einer Verringerung der Lärmbelastung, wenn sie eine Verkehrsverlangsamung mit einem gleichmässigen Verkehrsfluss bewirkten, indem übermässige Brems- und Beschleunigungsmanöver verringert würden. Insofern stimmt es mit der Argumentation des Beschwerdeführers überein. Bei gleichmässigem Verkehrsfluss könnten nach Darstellung der eidgenössischen Fachstelle Geschwindigkeitsreduktionen von 50 km/h auf 30 km/h zusammen mit flankierenden Massnahmen wie beispielsweise Markierungen der Geschwindigkeit auf der Fahrbahn Pegelreduktionen von bis zu 3 dB(A) bewirken. Um das effektive Lärmminderungspotential im konkreten Fall beurteilen zu können, müsste das Szenario nach Meinung des BAFU mittels einer Verkehrsmodellierung unter Berücksichtigung der massgeblichen Parameter untersucht werden. Die Möglichkeit einer Lärmverminderung mittels Geschwindigkeitsreduktion könne aufgrund der vorliegenden Daten nicht ausgeschlossen werden. Die Herabsetzung der Geschwindigkeit im Innerortsbereich sollte deshalb als mögliche Sanierungsmassnahme geprüft werden. Der Hinweis der kantonalen Vorinstanzen auf teilweise auftretende Stausituationen zu Pendlerzeiten genügt dem BAFU nicht, um diese Massnahme generell als unwirksam zu betrachten, da die Stausituation am Tag nur teilweise und nachts vermutlich gar nicht aufträten.
2.5 Das Verwaltungsgericht hält demgegenüber weitere Erhebungen für unnötig. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren erschwinglichen Massnahmen an der Quelle geeignet wären, eine Lärmreduktion zu bewirken. Indes verkennt diese Argumentation, dass es im jetzigen Zeitpunkt noch nicht darum geht, verbindliche Massnahmen anzuordnen; zuerst ist abzuklären, ob eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu wirksamen Lärmreduktionen beitragen könnte. In einem nächsten Schritt wird zu beurteilen sein, ob eine Temporeduktion in Würdigung der gesamten konkreten Umstände auch verhältnismässig wäre. Ohne hinreichende Kenntnis über die Auswirkungen einer Geschwindigkeitsherabsetzung sinngemäss überwiegende Interessen an der Gewährung von Erleichterungen zu bejahen, widerspricht Art. 14 Abs. 1 LSV (dazu auch das Urteil des Bundesgerichts 1C_496/2009 vom 16. Juli 2010 E. 3.5).
Daran ändert auch nichts, dass es sich beim fraglichen Strassenabschnitt um eine Hauptstrasse handelt. Zwar sind im Grundsatz Tempo-30-Zonen nur auf Nebenstrassen mit möglichst gleichartigem Charakter zulässig (Art. 2a Abs. 5 SSV). Ausnahmsweise und bei besonderen örtlichen Gegebenheiten kann aber auch ein Hauptstrassenabschnitt in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden, namentlich in einem Ortszentrum oder in einem Altstadtgebiet (Art. 2a Abs. 6 SSV). Art. 108 Abs. 5 SSV nennt sodann für jede Strassenkategorie die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten. Innerorts sind unter anderem Tempo-30-Zonen zulässig (Art. 108 Abs. 5 lit. e SSV). Einzelheiten zu den Anforderungen hat das UVEK in der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen geregelt (vgl. zum Ganzen Urteil 1C_206/2008 des Bundesgerichts vom 9. Oktober 2008 E. 2.1). Das Bundesgericht hat denn auch jüngst im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 1C_17/2010 vom 8. September 2010 in E. 2.2 f. festgehalten, dass Tempo-30-Zonen unter den Voraussetzungen von Art. 108 Abs. 2 SSV (siehe E. 2.3 hiervor) auch auf Hauptstrassen grundsätzlich zulässig sind. Weitere Erhebungen zur Möglichkeit einer Geschwindigkeitsherabsetzung können darum nicht von vornherein mit dem Hinweis auf den Hauptstrassencharakter der Grabenstrasse verweigert werden.
2.6 Nicht zu überzeugen vermögen die Einwände der Baudirektion, insbesondere soweit sie sich auf den Leitfaden Strassenlärm des BAFU und des Bundesamts für Strassen (ASTRA) stützen. Es ist den kantonalen Behörden nicht vorzuwerfen, wenn sie sich grundsätzlich an diese Publikation halten. Richtlinien kommt zwar keine Gesetzeskraft zu, sie sind nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts in der Regel aber Ausdruck des Wissens und der Erfahrung bewährter Fachstellen und in diesem Sinn beachtlich (BGE 118 lb 614 E. 4b S. 618; Urteil 1A.148/2005 des Bundesgerichts vom 20. Dezember 2005 E. 3.6, in: ZBl 107/2006 S. 609). Die Baudirektion übersieht jedoch, dass der Leitfaden in Ziff. 4.7 ausdrücklich festhält, dass der Ersteller eines Lärmschutzprojekts in der Regel betriebliche Massnahmen wie Geschwindigkeitsreduktionen prüft. Auch Ziff. 4.10 nennt unter dem Titel "verkehrsberuhigende Massnahmen" die Geschwindigkeitsreduktion (Leitfaden Strassenlärm, Vollzugshilfe für die Sanierung. Stand: Dezember 2006). Der Bundesrat hat in seinem Bericht über den Stand und die Perspektiven der Lärmbekämpfung in der Schweiz vom 26. Oktober 2005 denn auch darauf hingewiesen, dass örtlich betriebliche Einschränkungen von lauten Fahrzeugen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen zur Anwendung gelangen können. Zudem können aus seiner Sicht Informationskampagnen zur Verkehrsberuhigung und zum schonenden Fahrverhalten sowie die Förderung des öffentlichen Verkehrs und des Langsamverkehrs ebenfalls einen Beitrag zur Lärmreduktion leisten (BBl 2005 6589 ff., 6594 f.).
Unbehelflich ist die Bezugnahme auf das Fallbeispiel Starrkirch-Wil im Anhang 6 der Richtlinie. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargetan, dass die Verhältnisse beim Sanierungsprojekt Starrkirch-Wil und dem heute zu beurteilenden Fall deckungsgleich wären. Zudem wird auch in diesem Projekt einleitend erklärt, dass im Rahmen des Vorprojekts die möglichen Sanierungen untersucht wurden. Im Vordergrund standen u.a. Geschwindigkeitsbegrenzungen als betriebliche Massnahmen (S. 2 unten des Sanierungsprojekts). Diese wurden dann aus "übergeordneten Gründen" nicht gewählt (S. 3). Der Beschwerdeführer gibt zu bedenken, dass im solothurnischen Fallbeispiel Lärmschutzwände erstellt wurden, weshalb Temporeduktionen unnötig gewesen seien. Aus welchem Grund davon abgesehen wurde, kann letztlich dahingestellt bleiben, da die Zuger Behörden daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten können. Im vorliegenden Fall wurde diese mögliche Sanierungsmassnahme von vornherein gar nicht erst geprüft. Auch die Baudirektion stellt in ihrer Vernehmlassung einzig Mutmassungen über die etwaigen Auswirkungen einer Temporeduktion an, die aber nicht durch konkrete Abklärungen belegt werden. Erstmals vor Bundesgericht macht sie geltend, im Rahmen des Vorprojekts seien Untersuchungen zur Geschwindigkeit gemacht worden. Es fragt sich, ob sie damit überhaupt zu hören ist, gab doch nicht erst der Entscheid des Verwaltungsgerichts Anlass, sich zu dieser Problematik zu äussern (vgl. Art. 99 BGG). Und selbst wenn im Bereich der Stadtkerndurchfahrt in Zug Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt wurden, gesteht die Baudirektion doch zu, dass solche auf der Grabenstrasse nicht stattgefunden haben. Die gesamten Ausführungen der Baudirektion nehmen eine antizipierte Würdigung der Verhältnismässigkeit allfälliger Temporeduktionen vorweg, welche im jetzigen Zeitpunkt noch nicht angezeigt ist. Um Klarheit über die Behauptungen beider Seiten zu schaffen, sind weitere Abklärungen im Sinne der Anregungen durch das BAFU nötig. Das Vorgehen der kantonalen Behörden lässt ausser Acht, dass Erleichterungen nach Art. 14 LSV nur im Ausnahmefall gewährt werden sollen.
3.
Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer mit seiner Forderung, die Bushaltestellen auf die Fahrbahn zu verlegen und mit der in diesem Zusammenhang erhobenen Rüge, das Verwaltungsgericht habe sein rechtliches Gehör verletzt. Die Vorinstanz hat sich mit diesem Anliegen sehr wohl auseinandergesetzt und aufgezeigt, dass dieses bei den Haltestellen Casino (beide Richtungen), Kolinplatz (stadteinwärts) und Mänibach (stadtauswärts) bereits realisiert sei. Die vom Beschwerdeführer angeregte Pförtnerfunktion durch haltende Busse sei damit weitgehend eingerichtet. Dieser möchte zusätzlich ein Überholverbot durchsetzen. Damit und mit einer vollständigen Aufhebung der Busbuchten würde aber dem vom Beschwerdeführer angeprangerten lärmintensiveren Stop- and Go-Verkehr gerade Vorschub geleistet, was das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung ans Bundesgericht ebenfalls zu Recht einwendet. Weiter hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, welche gesetzliche Grundlage durch das angeblich ungenügende Fahrvermögen der Buschauffeure verletzt werden soll. Diese Vorbringen sind nicht stichhaltig.
4.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. In Anwendung von Art. 107 Abs. 2 BGG ist die Sache an die Baudirektion des Kantons Zug zurückzuweisen. Diese wird im Sinne der Erwägungen zu prüfen haben, wie sich die verlangte Geschwindigkeitsreduktion entlang der Hauptverkehrsachse Artherstrasse/Grabenstrasse auswirken würde und ob diese Auswirkungen die Gewährung von Sanierungserleichterungen an der Grabenstrasse rechtfertigen.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zug hat dem Beschwerdeführer jedoch sowohl für das kantonale als auch für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 2 und 5 BGG ). Da die Beschwerde im Hauptantrag gutgeheissen wird, rechtfertigt es sich, dass der Beschwerdeführer für das kantonale Verfahren keine Gerichtskosten zu tragen hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 30. November 2009 aufgehoben. Die Angelegenheit wird im Sinne der Erwägungen an die Baudirektion des Kantons Zug zurückgewiesen.
2.
Gerichtskosten werden keine erhoben.
3.
Der Kanton Zug hat den Beschwerdeführer für das kantonale und das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Baudirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, sowie dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. September 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Féraud Scherrer Reber