BGer 1C_22/2010
 
BGer 1C_22/2010 vom 06.10.2010
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 1/2}
1C_22/2010
Urteil vom 6. Oktober 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, Fonjallaz, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.
1. Verfahrensbeteiligte
VFSN Verein Flugschneise Süd - Nein,
2. Thomas Morf,
3. Jörg Gossweiler,
4. Daniel Kolb,
5. Yvonne Wewerka,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Hauser,
gegen
Kantonsrat des Kantons Zürich, Geschäftsleitung, Limmatquai 55, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Beschluss vom 30. November 2009 des Kantonsrats über den Gegenvorschlag von Stimmberechtigten zum Kantonsratsbeschluss vom 23. Februar 2009 über die Behördeninitiative betreffend Änderung des Gesetzes über den Flughafen Zürich vom 12. Juli 1999 (Keine
Neu- und Ausbauten von Pisten),
Beschwerde gegen den Beschluss vom 30. November 2009 des Kantonsrats Zürich.
Sachverhalt:
A.
Am 27. November 2006 reichten 42 Gemeinden des Kantons Zürich dem Kantonsrat eine Behördeninitiative betreffend die Änderung des kantonalen Gesetzes vom 12. Juli 1999 über den Flughafen Zürich (Flughafengesetz; LS 748.1) ein. Die Initiative sieht vor, das Flughafengesetz wie folgt zu ergänzen:
§ 1 Abs. 3 (neu)
Unter Vorbehalt zwingender Bestimmungen des Bundesrechts setzt sich der Staat - im Rahmen seiner Kompetenzen nach dem Raumplanungsrecht, aber auch im Rahmen seiner Stellung als Aktionär und Verwaltungsratsmitglied - dafür ein, dass Neubauten oder Ausbauten von Pisten unterbleiben.
Der Kantonsrat stimmte der Behördeninitiative am 23. Februar 2009 zu. Gegen diesen Beschluss wurde das Kantonsratsreferendum ergriffen. Zudem reichte der Verein "Flugschneise Süd - Nein" (im Folgenden: VFSN) ein Referendum mit Gegenvorschlag ein. Der Gegenvorschlag hat folgenden Wortlaut (hervorgehoben sind die inhaltlichen Änderungen gegenüber dem Beschluss des Kantonsrats vom 23. Februar 2009 bzw. gegenüber dem Flughafengesetz, wie es derzeit in Kraft ist):
§ 1 Abs. 2 (neu)
Unter Vorbehalt zwingender Bestimmungen des Bundesrechts setzt sich der Staat - im Rahmen seiner Kompetenzen nach dem Raumplanungsrecht, aber auch im Rahmen seiner Stellung als Aktionär und Verwaltungsratsmitglied - dafür ein, dass Neubauten oder Ausbauten von Pisten und neue Flugrouten (gegenüber Zustand 2000) über dicht besiedelten Gebieten unterbleiben. Schnellabrollwege sind Pistenausbauten gleichgestellt.
§ 10 (Änderung)
Die Gesellschaft stellt sicher, dass der Verwaltungsrat über folgende Geschäfte nur beschliessen kann, wenn ihnen die Vertretung des Staates im Verwaltungsrat zustimmt:
a. Gesuche an den Bund über Änderungen der Lage und Länge der Pisten;
b. Gesuche um Änderungen des Betriebsreglementes mit wesentlichen Auswirkungen auf die Fluglärmbelastung - insbesondere Änderungen der Nachtflugsperre von 7 Stunden oder neue Flugrouten über dicht besiedeltes Gebiet;
c. Massnahmen und Betriebsbeschränkungen, welche wegen der Überschreitung des Richtwerts oder wegen Erreichens von mehr als 320'000 Flugbewegungen notwendig werden.
§ 19 (Änderung)
1 Für Beschlüsse des Verwaltungsrates, welche Gesuche an den Bund über Änderungen der Lage und Länge der Pisten, Gesuche um Änderungen des Betriebsreglementes mit wesentlichen Auswirkungen auf die Fluglärmbelastung - insbesondere Änderungen der Nachtflugsperre von 7 Stunden oder neue Flugrouten über dicht besiedeltes Gebiet - Massnahmen und Betriebsbeschränkungen, welche wegen der Überschreitung des Richtwerts oder wegen Erreichens von mehr als 320'000 Flugbewegungen notwendig werden, betreffen, erteilt der Regierungsrat der Staatsvertretung im Verwaltungsrat Weisungen.
2 Weisungen betreffend die Zustimmung zu Gesuchen, Massnahmen und Betriebsbeschränkungen nach Abs. 1 genehmigt der Kantonsrat in der Form des referendumsfähigen Beschlusses.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragte dem Kantonsrat, die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags für ungültig zu erklären. Dabei stützte er sich auf ein Gutachten von Dr. Markus Rüssli, der zum Schluss gekommen war, dass die §§ 10 und 19 den Grundsatz der Einheit der Materie im weiteren Sinn verletzten und § 10 lit. c zudem undurchführbar sei. Am 30. November 2009 beschloss der Kantonsrat, die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags für ungültig zu erklären.
B.
Mit Stimmrechtsbeschwerde vom 15. Januar 2010 an das Bundesgericht beantragen der VFSN, Thomas Morf, Jörg Gossweiler, Daniel Kolb und Yvonne Wewerka, der Beschluss des Kantonsrats vom 30. November 2009 sei aufzuheben, soweit er die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags für ungültig erkläre. Der Gegenvorschlag sei den Stimmberechtigten vollständig zur Abstimmung zu unterbreiten.
Der Kantonsrat beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführer halten in ihrer Stellungnahme dazu im Wesentlichen an ihren Anträgen und Rechtsauffassungen fest. Mit Eingabe vom 17. Juni 2010 liess sich der Kantonsrat erneut vernehmen.
Mit Präsidialverfügung vom 22. Juli 2010 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung beigelegt.
Erwägungen:
1.
1.1 Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von politischen Rechten geltend gemacht werden. Dazu zählt die Rüge, ein Referendum mit Gegenvorschlag sei zu Unrecht für ungültig erklärt worden. Von der Beschwerde werden sowohl eidgenössische als auch kantonale und kommunale Stimmrechtssachen erfasst (Art. 88 Abs. 1 BGG).
1.2 Das Beschwerderecht steht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Die Beschwerdeführer 2 bis 5 sind unbestrittenermassen im Kanton Zürich stimmberechtigt und daher im Hinblick auf die Ungültigerklärung des Gegenvorschlags zur Beschwerde legitimiert. Ebenfalls als legitimiert gelten nach der Rechtsprechung die politischen Parteien, die im Gebiet des betreffenden Gemeinwesens tätig sind, sowie politische Vereinigungen, namentlich ad hoc gebildete, mit juristischer Persönlichkeit ausgestattete Initiativ- und Referendumskomitees (BGE 134 I 172 E. 1.3.1 S. 175; Urteil 1C_247/2008 vom 21. Januar 2009 E. 1.1, in: Pra 2009 Nr. 83 S. 564; je mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den VFSN gegeben. Er bezweckt nach seinen Statuten, Überflüge der südlichen Region des Flughafens Kloten durch zivile Flugzeuge zu verhindern und legt dar, die Erhebung des Referendums massgeblich mitgetragen zu haben.
1.3 Die Stimmrechtsbeschwerde steht nur gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide offen (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG). Gemäss Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG müssen die Kantone ein Rechtsmittel gegen behördliche Akte vorsehen, welche die politischen Rechte verletzen können. Vor dem Hintergrund von Art. 29a BV und der Zielsetzungen des Bundesgerichtsgesetzes hat das Bundesgericht entschieden, dass die Kantone als Rechtsmittelinstanz eine gerichtliche Behörde einsetzen müssen (BGE 134 I 199 E. 1.2 S. 201 mit Hinweisen). Allerdings nimmt Artikel 88 Abs. 2 Satz 2 BGG Akte des Parlaments und der Regierung ausdrücklich aus. Für diese Akte steht es den Kantonen daher frei, ein kantonales Rechtsmittel vorzusehen oder nicht.
Die Beschwerdeführer haben gegen den angefochtenen Beschluss des Kantonsrats neben der Beschwerde an das Bundesgericht auch Stimmrechtsrekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich erhoben. In seinem Entscheid vom 10. Februar 2010 legte dieser in überzeugender Weise dar, dass nach dem anwendbaren kantonalen Recht der Beschluss weder beim Regierungsrat noch beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich angefochten werden könne. Folglich trat er auf den Rekurs nicht ein und sah auch davon ab, die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht zu überweisen. Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich somit um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid, was von keiner Seite bestritten wird.
1.4 Mit der Beschwerde wegen Verletzung politischer Rechte kann gemäss Art. 95 lit. a und d BGG namentlich die Verletzung von Bundesverfassungsrecht und von kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte geltend gemacht werden. Vor diesem Hintergrund sind die von den Beschwerdeführern vorgetragenen Rügen der Verletzung von Art. 34 Abs. 1 BV und von verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes des Kantons Zürich vom 1. September 2003 über die politischen Rechte (LS 161; im Folgenden: GPR) zulässig.
1.5 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1 Die Beschwerdeführer rügen, der Gegenvorschlag sei zu Unrecht als mit dem Grundsatz des hinreichenden Sachzusammenhangs nicht vereinbar erachtet worden. Indem der Kantonsrat den Gegenschlag für ungültig erklärte, habe er Art. 34 Abs. 1 BV und verschiedene Bestimmungen des kantonalen Rechts über das Referendum mit Gegenvorschlag verletzt (Art. 22, Art. 28, Art. 30, Art. 33 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a sowie Art. 35 KV; § 121, § 127 Abs. 1 und § 143c Abs. 3 GPR). Es sei nicht richtig, Gegenvorschläge von Stimmberechtigten strenger zu beurteilen als Gegenvorschläge des Kantonsrats zu Volksinitiativen. Zu berücksichtigen sei auch, dass ein Gegenvorschlag gerade dazu diene, eine echte Alternative vorzuschlagen.
2.2 Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet in allgemeiner Weise die politischen Rechte auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Die Bestimmung bedarf der gesetzlichen Konkretisierung und ist damit der kantonalen Differenzierung zugänglich (BGE 116 Ia 242 E. 3c S. 251 mit Hinweisen; Urteil 1C_11/2009 vom 3. Juni 2009 E. 3.1).
Gemäss Art. 35 KV können 3 000 Stimmberechtigte das Referendum ergreifen, indem sie zu einer Vorlage innert 60 Tagen nach ihrer amtlichen Veröffentlichung einen ausformulierten Gegenvorschlag einreichen. Dieses Volksrecht, das auch als konstruktives Referendum bezeichnet wird, stellt das "direktdemokratische Spiegelbild des parlamentarischen Gegenvorschlages zu einer Volksinitiative" dar (so YVO HANGARTER/ANDREAS KLEY, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2000, Rz. 2181 f.). Es muss deshalb ebenso wie ein parlamentarischer Gegenvorschlag den Grundsatz der Einheit der Materie wahren und einen hinreichenden Zusammenhang zur Vorlage aufweisen, wobei diese zweite Voraussetzung gewissermassen das Prinzip der Einheit der Materie in einem weiteren Sinn darstellt (BGE 113 Ia 46 E. 5a S. 54; 100 Ia 53 E. 6a S. 59; vgl. auch BGE 132 I 291 E. 4.1 S. 293 f.; je mit Hinweisen).
Die Prinzipien der Einheit der Materie und des hinreichenden Sachzusammenhangs gelten von Bundesrechts wegen. Sie wurden unter der Herrschaft der alten Bundesverfassung aus dem Stimm- und Wahlrecht abgeleitet und sind heute durch Art. 34 Abs. 2 BV gewährleistet, welcher die freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe schützt. In Bezug auf das Referendum mit Gegenvorschlag können sie auch aus einer analogen Anwendung von Art. 28 Abs. 1 lit. a KV und § 121 GPR (zur Volksinitiative) sowie Art. 30 KV (zum Gegenvorschlag des Kantonsrats bei Volksinitiativen) hergeleitet werden (CHRISTIAN SCHUHMACHER, Initiative und Referendum in der Verfassung des Kantons Zürich, 2007, N. 18 und 26 zu Art. 35 KV). Seit dem 1. Januar 2010 verweist zudem § 143c Abs. 3 GPR für die Gültigkeit eines Referendums mit Gegenvorschlag ausdrücklich auf die Bestimmungen über Volksinitiativen, welche "sinngemäss" gelten sollen.
Aus der Anlage von Art. 34 Abs. 1 BV als konkretisierungsbedürftiger Norm folgt, dass es dem kantonalen Gesetzgeber grundsätzlich offen steht, strengere Beurteilungsvoraussetzungen bezüglich der Einheit der Materie und des hinreichenden Sachzusammenhangs zu wählen als sie aus der Rechtsprechung zu Art. 34 Abs. 2 BV hervorgehen (PATRIZIA EGLI, Die Einheit der Materie bei kantonalen Gesetzesvorlagen, ZBl 107/2006 S. 400; Etienne Grisel, Initiative et référendum populaires, 3. Aufl., 2004 Rz. 683-686; HANGARTNER/KLEY, a.a.O., Rz. 2482; CRISPIN HUGENSCHMIDT, Einheit der Materie - überholtes Kriterium zum Schutze des Stimmrechts?, 2001, S. 113; vgl. auch BGE 132 I 291 E. 4.1 S. 293 f. mit Hinweisen). Ein in diesem Sinne abweichendes Begriffsverständnis ist indessen nicht leichthin anzunehmen (BGE 130 I 185 E. 3 S. 195). Aus den zitierten Bestimmungen des kantonalen Rechts ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte (vgl. dazu auch SCHUHMACHER, a.a.O., N. 10 zu Art. 28 KV; BGE 129 I 366 E. 2.1 S. 369 f. mit Hinweisen). Die umstrittene Einhaltung des Grundsatzes des hinreichenden Sachzusammenhangs ist somit ausschliesslich vor dem Hintergrund von Art. 34 BV zu prüfen.
2.3 Der Grundsatz des hinreichenden Sachzusammenhangs gilt nach dem Gesagten einerseits für den parlamentarischen Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative und andererseits für das (historisch jüngere) Volksrecht des Referendums mit Gegenvorschlag (vgl. zur ersten Konstellation: BGE 113 Ia 46 E. 5 und 6 S. 53 ff.; 100 Ia 53 E. 6a S. 58 ff.; je mit Hinweisen; zur zweiten: Urteil 1C_103/2010 vom 26. August 2010 E. 4). Im Hinblick auf die übereinstimmende Zielsetzung - zu gewährleisten, dass der Stimmbürger seinen Willen frei und unverfälscht zum Ausdruck bringen kann - sind grundsätzlich die gleichen Gesichtspunkte massgebend. In diesem Sinne ist für das Referendum mit Gegenvorschlag eine enge Beziehung zwischen Vorschlag und Gegenvorschlag erforderlich, wobei ein Gegenvorschlag, der die gleiche Materie und den gleichen Zweck betrifft wie der Vorschlag, in der Realisierung der Anliegen leicht weiter gehen darf (BGE 113 Ia 46 E. 5b S. 55 mit Hinweis). Es ist indessen nicht zu verkennen, dass insofern ein gewisses Missbrauchspotential besteht, dem im Einzelfall Rechnung zu tragen ist (a.a.O., E. 5b S. 55 f.). Dies gilt akzentuiert in Fällen wie dem vorliegenden, wo es dem Kantonsparlament verwehrt ist, auf die von ihm verabschiedete Vorlage zurückzukommen (§ 143d Abs. 4 GPR). Sodann ist auch zu berücksichtigen, dass eine Volksinitiative gemäss Art. 24 lit. a KV von 6 000 Stimmberechtigten eingereicht werden muss, während für ein Referendum mit Gegenvorschlag gemäss Art. 35 Abs. 1 KV lediglich die Hälfte, nämlich die Unterschriften von 3 000 Stimmberechtigten, erforderlich ist. Damit die Voraussetzungen zur Einreichung einer Volksinitiative nicht unterlaufen werden, ist deshalb eine etwas strengere Handhabung der Voraussetzung des hinreichenden Sachzusammenhangs angezeigt als dies bei einem parlamentarischen Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative der Fall ist (zum Ganzen: Urteil 1C_103/2010 vom 26. August 2010 E. 4 mit Hinweisen).
2.4 Die Beschwerdeführer machen geltend, das Ziel des Gegenvorschlags stimme mit jenem der kantonsrätlichen Vorlage überein. Es bestehe darin, den Fluglärm zu bekämpfen und dem starken Wachstum des Flugverkehrs entgegenzuwirken. Durch die Erwähnung von neuen Flugrouten und Schnellabrollwegen in § 1 Abs. 2 des Gegenvorschlags solle sichergestellt werden, dass nicht einfach die bestehenden Pisten intensiver bewirtschaftet werden, denn dies würde der genannten Zielsetzung zuwiderlaufen. Durch die vorgeschlagenen Änderungen von §§ 10 und 19 Flughafengesetz würden wirksame Instrumente zur Verfügung gestellt, um den Fluglärm und die Intensivierung des Flugverkehrs effektiv bekämpfen zu können.
Der Kantonsrat argumentiert, die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags zielten darauf ab, die vom Volk beschlossenen Eckwerte (Nachtruhe von mindestens sieben Stunden) und den Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) einzuhalten. Damit gehe der Gegenvorschlag bezüglich seines Regelungsgegenstands deutlich über die Vorlage des Kantonsrats hinaus. Diese betreffe einzig die Frage des Pistenausbaus und -neubaus bzw. die damit verbundene Kapazitätserweiterung. Der Gegenvorschlag knüpfe in Tat und Wahrheit an eine frühere Änderung von § 3 Flughafengesetz an. In den von jener Revision erfassten Bereichen (Einsatz des Kantons für eine siebenstündige Nachtflugsperre, Marschhalt und neue Lagebeurteilung bei Erreichen von 320 000 Flugbewegungen pro Jahr, Einführung des ZFI und Massnahmen bei Überschreitung des Richtwerts) solle nun der Schutz der Bevölkerung verstärkt werden, indem Regierungsrat-, Kantonsrat und Stimmberechtigten ein grösseres Mitspracherecht eingeräumt werde. Damit stelle der Gegenvorschlag eine Alternative zu jener Revision dar, wohingegen zur aktuellen Vorlage des Kantonsrats kein bzw. höchstens ein loser Sachzusammenhang bestehe.
2.5
2.5.1 Vorliegend ist ausschliesslich zu beurteilen, ob der Gegenvorschlag in einem hinreichenden Zusammenhang zur Behördenvorlage steht. Nicht von Bedeutung ist, ob der Gegenvorschlag im Sinne der Ausführungen des Kantonsrats auch eine Alternative zu einer früher beschlossenen Gesetzesrevision darstellt.
2.5.2 Die Behördeninitiative, auf welche die Vorlage des Kantonsrats zurückgeht, wurde diesem mit einer Begründung versehen eingereicht. Daraus geht insbesondere hervor, dass der Planungssicherheit grosse Bedeutung beigemessen wird und dass mit der Initiative der Zunahme des Flugverkehrs und des Fluglärms entgegengewirkt werden soll. Gleichzeitig gesteht die Initiative laut den Initianten dem Flughafen ein weiteres Wachstum in Bezug auf die Flugbewegungen zu und soll damit wirtschaftsfreundlich sein.
Die Motive der Behördeninitiative - bei zu wahrender Planungssicherheit der Zunahme des Flugverkehrs und des Fluglärms entgegenzuwirken - prägten augenscheinlich auch den Gegenvorschlag der Stimmberechtigten. Indessen zielt der Gegenvorschlag darauf ab, die Ziele konsequenter und weitergehend zu verwirklichen. Zu diesem Zweck ist in § 1 Abs. 2 des Gegenvorschlags vorgesehen, dass sich der Staat Zürich nicht nur gegen Neu- und Ausbauten von Pisten einsetzt, sondern auch gegen neue Flugrouten über dicht besiedeltem Gebiet. Weiter sollen Schnellabrollwege Pistenausbauten gleichgestellt werden. Bei den Schnellabrollwegen handelt es sich gemäss dem Antrag des Regierungsrats an den Kantonsrat vom 12. August 2009 um Verbindungen zwischen den Pisten und dem Vorfeld, die es einem landenden Flugzeug ermöglichen, die Piste rasch zu verlassen, sodass sie anderen Flugzeugen zur Verfügung steht. Auch diese Bestimmung richtet sich gegen eine intensivere Nutzung des Flughafens.
2.5.3 Während sich die Vorlage darauf beschränkt, den Staat Zürich dazu anzuhalten, sich für das beschriebene Ziel einzusetzen, will der Gegenvorschlag mit einer Revision der §§ 10 und 19 des Flughafengesetzes die verfahrensrechtlichen Grundlagen für eine effektive Zielerreichung legen. Aus diesem Grund werden einerseits die in § 10 enthaltenen sogenannten Veto-Tatbestände erweitert. Diese betreffen jene Geschäfte, bei welchen die Vertretung des Staats im Verwaltungsrat zuzustimmen hat. Andererseits werden die in § 19 Abs. 1 erwähnten Beschlüsse ergänzt, für welche der Regierungsrat dem Staatsvertreter im Verwaltungsrat Weisungen erteilt, wobei nach § 19 Abs. 2 des Gegenvorschlags für sämtliche Weisungen im Sinne von Abs. 1 die Genehmigung durch den Kantonsrat in der Form eines referendumsfähigen Beschlusses vorgesehen ist.
2.5.4 Das Ziel, welches sowohl die Vorlage des Kantonsrats wie auch der Gegenvorschlag verfolgen, ist eng gefasst. Im Kern geht es darum, der Zunahme des Flugverkehrs und des Fluglärms entgegenzuwirken, welche durch den Betrieb des Flughafens Zürich verursacht werden. Der Gegenvorschlag geht in Bezug auf die Zielverwirklichung leicht weiter, indem er neben dem Pistenbau auch Flugrouten und Schnellabrollwege erfasst. Dies wurde vom Kantonsrat zu Recht nicht beanstandet, zumal gemäss der Rechtsprechung der Gegenvorschlag in der Realisierung der Anliegen leicht weiter gehen darf (E. 2.3 hiervor).
Dieselbe Überlegung gilt jedoch auch in Bezug auf die §§ 10 und 19 Flughafengesetz. Diese Bestimmungen konkretisieren bereits heute, welcher Mittel sich der Staat bedienen kann, um dem in § 1 Flughafengesetz definierten Auftrag nachzukommen. Im Wesentlichen geht es um eine Ausweitung des Mitspracherechts der Staatsvertretung im Verwaltungsrat, des Regierungsrats, des Kantonsrats und letztlich des Stimmvolks. Während die in der Vorlage enthaltene Frage des Pistenbaus in den §§ 10 und 19 bereits erwähnt wird ("Gesuche an den Bund über Änderungen der Lage und Länge der Pisten"), ergänzt der Gegenvorschlag deren Anwendungsbereich um weitere Elemente. Es handelt sich dabei zum einen um die Klarstellung, dass zu den bereits erfassten Gesuchen um Änderung des Betriebsreglements mit wesentlichen Auswirkungen auf die Fluglärmbelastung insbesondere Änderungen der Nachtflugsperre von sieben Stunden oder neue Flugrouten über dicht besiedeltem Gebiet gehören. Zum anderen werden neu Massnahmen und Betriebsbeschränkungen erwähnt, welche wegen der Überschreitung des Richtwerts oder wegen Erreichens von mehr als 320 000 Flugbewegungen notwendig werden. Allesamt beziehen sich diese Elemente auf den Betrieb des Flughafens Zürich und ermöglichen es dem Staat, der Zunahme des Flugverkehrs und des Fluglärms entgegenzuwirken. Sie erscheinen zudem als folgerichtige Ergänzung von § 1 Flughafengesetz. Insgesamt wahrt der Gegenvorschlag deshalb nicht nur die Einheit der Materie - was vorliegend nicht umstritten ist -, sondern steht auch in einem hinreichenden Zusammenhang zur Vorlage des Kantonsrats.
3.
3.1 Der Kantonsrat vertritt in seiner Vernehmlassung die Auffassung, § 10 lit. c des Gegenvorschlags verstosse gegen übergeordnetes Recht und sei deshalb für ungültig zu erklären (Art. 28 Abs. 1 lit. b KV/ZH). § 10 befinde sich unter dem Titel II des Flughafengesetzes über die "Voraussetzungen für die Verselbständigung" und sei vor dem Hintergrund der im Jahre 1999 erfolgten Privatisierung zu sehen. Die heutige Flughafen Zürich AG sei eine gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft nach Art. 762 OR und sei durch einen Zusammenschluss zwischen der früheren Flughafen-Immobilien-Gesellschaft und der damaligen (zu privatisierenden) kantonalen Flughafendirektion entstanden. Anlässlich des Zusammenschlusses sei zwischen der Flughafen-Immobilien-Gesellschaft und dem Kanton Zürich ein Fusionsvertrag geschlossen worden. In diesem seien die heute in § 10 Flughafengesetz aufgeführten Veto-Tatbestände zugunsten des Kantons vertraglich abgesichert worden. Ohne Zustimmung der Flughafen Zürich AG bzw. ohne Änderung des Organisationsreglements der Gesellschaft oder allenfalls der Statuten - wofür es einer Zweidrittel-Mehrheit im Verwaltungsrat bzw. im Aktionariat bedürfe, über welche der Kanton nicht verfüge - könnten die Veto-Tatbestände nicht erweitert werden. Nach vollzogener Verselbständigung könne die Flughafen Zürich AG als Subjekt des Bundesprivatrechts nicht in dieser Weise vom Kanton verpflichtet werden. Andernfalls würde gegen das Aktienrecht verstossen.
3.2 Die Beschwerdeführer räumen ein, dass der kantonale Gesetzgeber die in § 10 lit. c des Gegenvorschlags vorgesehenen Beschlussmodalitäten der Flughafen Zürich AG nicht direkt vorschreiben darf. Er könne aber durch die Ausübung seiner Aktionärsrechte und die Erteilung von Weisungen an die von ihm abgeordneten Verwaltungsräte darauf hinwirken. Dabei könne er auch mit anderen Aktionären zusammenarbeiten. Ob dies gelingen werde, sei genauso ungewiss wie bei den Verpflichtungen des Staats gemäss § 1 Abs. 2 und § 3 Flughafengesetz. Im Übrigen gehe der Wortlaut des Gegenvorschlags zu § 10 lit. c von der geltenden Fassung dieser Bestimmung aus. Auch diese sei entgegen ihrem Wortlaut nicht als direkte Vorschrift an die Gesellschaft zu verstehen gewesen, sondern als Pflicht der staatlichen Behörden, bei der Übertragung des Flughafens auf die damals bereits bestehende Aktiengesellschaft ihre privatrechtlichen Befugnisse entsprechend auszuüben.
3.3
3.3.1 § 10 Flughafengesetz in der derzeit gültigen Fassung sieht vor, dass die Gesellschaft sicherstellt, dass ohne Zustimmung der Vertretung des Staats im Verwaltungsrat keine Gesuche an den Bund über Änderungen der Lage und Länge der Pisten und Gesuche um Änderungen des Betriebsreglements mit wesentlichen Auswirkungen auf die Fluglärmbelastung beschlossen werden können. Die Bestimmung findet sich im Titel II des Gesetzes, welcher die "Voraussetzungen für die Verselbständigung" enthält. Sie wurde nach den unbestrittenen Darlegungen des Kantonsrats anlässlich jener Verselbständigung umgesetzt. Welche Wirkung der Vorschrift heute, das heisst nach vollzogener Gründung der Flughafen Zürich AG, zukommt, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Zu beurteilen ist lediglich, ob die Erweiterung der sogenannten Veto-Tatbestände gegen übergeordnetes Recht verstösst (Art. 28 Abs. 1 lit. b KV/ZH). Umstritten ist dies ausschliesslich in Bezug auf lit. c von § 10 Flughafengesetz, während die Ergänzung von lit. b nach offenbar einhelliger Auffassung der Verfahrensbeteiligten lediglich eine sprachliche Präzisierung ohne inhaltliche Änderung der Rechtslage darstellt. Ob die umstrittene Bestimmung zulässig ist, bestimmt sich nach ihrer Bedeutung und ist abhängig von der Rechtsform der Flughafen Zürich AG.
3.3.2 Trotz eigener kantonalgesetzlicher Grundlage ist die Flughafen Zürich AG keine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Dies folgt einerseits aus dem Hinweis auf Art. 762 OR in § 2 Abs. 1 Flughafengesetz, andererseits aus dem Fehlen der Voraussetzungen, welche Art. 763 Abs. 1 OR für das Errichten kantonalrechtlicher spezialgesetzlicher Aktiengesellschaften vorsieht. Die Flughafen Zürich AG ist vielmehr eine gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft gemäss Art. 762 OR. Als solche unterliegt sie den Bestimmungen von Art. 620 ff. OR; sie ist eine Gesellschaft des Bundesprivatrechts (FRANZISKA BUOB, Aktiengesellschaften mit staatlicher Beteiligung, 2008, S. 17). Daraus folgt, dass § 10 lit. c des Gegenvorschlags nicht gegen zwingende aktienrechtliche Bestimmungen verstossen darf (Art. 122 Abs. 1 BV, Art. 5 Abs. 1 ZGB e contrario).
3.3.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich § 10 Flughafengesetz an den Kanton und damit gar nicht direkt an die Gesellschaft richtet. Dies wird aus einem Vergleich mit § 1 Flughafengesetz deutlich. Während diese Bestimmung schon nach ihrem Wortlaut den Kanton zum Adressaten hat ("der Staat fördert ..."), spricht § 10 nämlich klarerweise direkt die Gesellschaft an ("die Gesellschaft stellt sicher, dass ...").
Das Aktienrecht enthält keine Grundlage, welche es der Körperschaft des öffentlichen Rechts erlauben würde, über die in Art. 762 Abs. 1 OR vorgesehene Entsendung eines Vertreters in den Verwaltungsrat oder in die Revisionsstelle hinaus die Gesellschaft zur Einführung eines Vetorechts des Entsendeten zu verpflichten. Vielmehr sieht Art. 762 Abs. 3 OR vor, dass die abgeordneten Mitglieder des Verwaltungsrats (bzw. der Revisionsstelle) die gleichen Rechte und Pflichten haben wie die von der Generalversammlung gewählten (vgl. auch Art. 713 OR zur Beschlussfassung im Verwaltungsrat). § 10 lit. c des Gegenvorschlags verstösst somit gegen übergeordnetes Recht und wurde vom Kantonsrat zu Recht für ungültig erklärt (Art. 28 Abs. 1 lit. b KV/ZH).
4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der Kantonsrat die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags, mit Ausnahme von § 10 lit. c, zu Unrecht für ungültig erklärt hat. Die Beschwerde ist deshalb teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid im genannten Umfang aufzuheben.
Gerichtskosten sind bei diesem Verfahrensausgang nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den im Wesentlichen obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern eine reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Beschluss des Kantonsrats vom 30. November 2009 wird insoweit aufgehoben, als er die §§ 10 und 19 des Gegenvorschlags von Stimmberechtigten, mit Ausnahme von § 10 lit. c, für ungültig erklärt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Kantonsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Oktober 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Dold