BGer 1C_284/2010
 
BGer 1C_284/2010 vom 29.10.2010
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
1C_284/2010
Urteil vom 29. Oktober 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, Raselli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Einwohnergemeinde Burgdorf, vertreten durch den Gemeinderat, Kirchbühl 19, Postfach 48, 3402 Burgdorf,
Regierungsstatthalteramt Emmental, Dorfstrasse 21, 3550 Langnau im Emmental.
Gegenstand
Informationszugang,
Beschwerde gegen das Urteil vom 30. April 2010
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Der Gemeinderat der Einwohnergemeinde Burgdorf erteilte im November 2006 dem Institut für Konfliktmanagement und Mythodrama (IKM) unter der Leitung von Prof. Dr. Allan Guggenbühl den Auftrag, eine Studie mit dem Titel "Gewalt in Burgdorf?" zu verfassen. Die Studie, die der Öffentlichkeit vorgestellt und auf der Website der Stadt Burgdorf veröffentlicht wurde, basiert im Wesentlichen auf 19 Interviews mit sogenannten Schlüsselpersonen, welche zuvor vom Gemeinderat bestimmt worden waren. Mit Eingabe vom 6. August 2007 stellte X.________ ein Gesuch um Einsicht in die Liste der Personen, die für die Interviews vorgesehen waren. Mit Verfügung vom 17. September 2007 verweigerte der Gemeinderat die Einsicht.
Dagegen erhob X.________ Beschwerde beim Regierungsstatthalteramt Burgdorf (heute: Regierungsstatthalteramt Emmental). Mit Entscheid vom 6. August 2008 wies dieses die Beschwerde ab. Dies geschah, nachdem die Einwohnergemeinde Burgdorf die Namen von neun interviewten Personen offengelegt hatte, die sich auf schriftliche Anfrage hin mit der öffentlichen Bekanntgabe ihres Namens einverstanden erklärt hatten.
Gegen den Entscheid des Regierungsstatthalteramts erhob X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beauftragte daraufhin Prof. Dr. Carolyn C. Morf mit der Erstellung eines Gutachtens zur Anonymität von interviewten Personen im Rahmen der qualitativen Sozialforschung. Sämtliche Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit, sich zum Gutachten zu äussern. Mit Urteil vom 30. April 2010 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Die Kosten des Verfahrens, zusammengesetzt aus einer Pauschalgebühr von Fr. 3'000.-- und den Kosten des Gutachtens von Fr. 5'649.--, wurden X.________ auferlegt.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 3. Juni 2010 an das Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei ihm Einsicht gemäss dem Gesuch vom 6. August 2007 zu gewähren. Eventuell seien von den ihm auferlegten Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens die Kosten des Gutachtens von Fr. 5'649.-- abzuziehen.
Das Regierungsstatthalteramt Emmental hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Einwohnergemeinde Burgdorf beantragt, dem Beschwerdeführer sei keine Einsicht in die Liste zu gewähren. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. In seiner Stellungnahme dazu hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen an seinen Anträgen und Rechtsauffassungen fest.
Erwägungen:
1.
1.1 Der angefochtene Entscheid geht auf ein Gesuch des Beschwerdeführers um Akteneinsicht gestützt auf das Gesetz des Kantons Bern vom 2. November 1993 über die Information der Bevölkerung (IG; BSG 107.1) zurück. Dabei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG). Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz, welcher das Verfahren abschliesst (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Gemäss Art. 17 Abs. 3 KV/BE (SR 131.212) und Art. 27 Abs. 1 Satz 1 IG hat jede Person ein Recht auf Einsicht in amtliche Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Da das Gesuch des Beschwerdeführers um Akteneinsicht abgelehnt wurde, ist er durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG; zur Publikation vorgesehenes Urteil 1C_522/2009 vom 19. Mai 2010 E. 1.1). Dieses Interesse ist insofern noch aktuell, als dem Beschwerdeführer in der Zwischenzeit lediglich die Namen von neun der interviewten Personen bekanntgegeben wurden. Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.
2.
2.1
2.1.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in einem Schreiben vom 15. September 2009 an die Vorinstanz aufgezeigt, inwiefern das Gutachten von Prof. Morf mangelhaft sei. Die Vorinstanz habe sich mit dieser Kritik nur ungenügend befasst. Darin liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
2.1.2 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen).
2.1.3 Das Verwaltungsgericht gab die seiner Ansicht nach wesentlichen Punkte des besagten Gutachtens wieder und fügte an, dieses sei nachvollziehbar und vermöge zu überzeugen. Damit hat es, wenn auch sehr kurz, festgehalten, weshalb auf das Gutachten abgestellt werden könne. Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerdeschrift nicht dar, mit welchen seiner Kritikpunkte sich das Verwaltungsgericht nicht bzw. nicht hinreichend auseinandergesetzt hat (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Insoweit als sich seine Rüge als hinreichend begründet erweist, ist es auch der Entscheid der Vorinstanz. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist deshalb zu verneinen.
2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, das Verwaltungsgericht habe die Beschwerde mit einer neuen Begründung abgewiesen. Während zuvor nur überwiegende private Interessen bzw. der Schutz des guten Glaubens zur Diskussion gestanden hätten, habe das Verwaltungsgericht seinen Entscheid mit überwiegenden öffentlichen Interessen begründet. Eine derartige Motivsubstitution sei zwar zulässig. Da er damit aber nicht habe rechnen müssen, wäre zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich gewesen, ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu geben.
2.2.2 Aus dem rechtlichen Gehör fliesst ein Anspruch der beteiligten Parteien, vorgängig angehört zu werden, wenn eine Behörde ihren Entscheid mit einer Norm zu begründen beabsichtigt, der im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurde, auf die sich die Parteien nicht berufen haben und mit deren Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (BGE 131 V 9 E. 5.4.1 S. 26 mit Hinweis).
2.2.3 Gemäss Art. 27 ff. IG können entweder überwiegende private oder öffentliche Interessen der Einsicht in amtliche Akten entgegenstehen. Die Vorinstanz stützte sich bei ihren Ausführungen zum überwiegenden öffentlichen Interesse im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Morf. Dieses setzte sich ausführlich mit den möglichen Auswirkungen einer Bekanntgabe der Identität von interviewten Personen auf die wissenschaftliche Forschung auseinander. Diese Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt eines überwiegenden öffentlichen Interesses in Betracht zu ziehen, stand damit durchaus im Raum. Der Beschwerdeführer erhielt Gelegenheit, sich zum Gutachten zu äussern und machte auch davon Gebrauch. Zudem ging er schon in seiner Beschwerdeschrift an das Verwaltungsgericht auf die Frage entgegenstehender öffentlicher Interessen ein, wenn auch nur in allgemeiner Weise. Vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe ihren Entscheid mit einer Rechtsnorm begründet, mit deren Erheblichkeit der Beschwerdeführer nicht habe rechnen können. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erweist sich damit als unbegründet.
2.3
2.3.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Einwohnergemeinde Burgdorf und das Regierungsstatthalteramt seien fälschlicherweise davon ausgegangen, den interviewten Personen sei Vertraulichkeit zugesichert worden. Er habe dies im vorinstanzlichen Verfahren kritisiert, doch sei das Verwaltungsgericht nicht darauf eingegangen. Dadurch habe es seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
2.3.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Soweit ein Beschwerdeführer die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen beanstandet und eine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend ist, kann er nur geltend machen, die Feststellungen seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Vorbehalten bleibt die Sachverhaltsberichtigung von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; je mit Hinweis).
2.3.3 Das Verwaltungsgericht hielt fest, aufgrund der geltenden berufsethischen Richtlinien in der Sozialforschung sei zu vermuten, dass den betroffenen Personen Vertraulichkeit zugesichert worden sei. Die Frage sei indes nicht entscheidend und könne deshalb offen gelassen werden. Andernorts im Urteil, im Zusammenhang mit der Frage, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse der Bekanntgabe entgegenstehe, führte es dagegen aus, dass bei einer Bekanntgabe die Gefahr bestehe, für künftige Studien keine Teilnehmer oder keine validen Aussagen mehr gewinnen zu können. Daraus erhellt, dass es im Resultat doch davon ausging, Vertraulichkeit sei zugesichert worden. Wie weit diese Zusicherung ging, ergibt sich aus dem Entscheid des Regierungsstatthalteramts. Darin wird auf ein E-Mail von Prof. Guggenbühl verwiesen, wonach die Vertraulichkeit der Informationen den meisten Personen ganz wichtig gewesen sei. Man sei bereit gewesen, sich einer Aussenperson zu öffnen, unter der Voraussetzung, dass die Angaben und Meinungen nicht politisch gedeutet oder gar missbraucht würden. Daraus schloss das Regierungsstatthalteramt, es sei davon auszugehen, dass den Betroffenen zumindest die Vertraulichkeit ihrer Angaben zugesichert worden sei. Diese Feststellung, welche nach dem Gesagten zumindest implizite auch in das Urteil des Verwaltungsgerichts Eingang fand, ist weder offensichtlich willkürlich noch beruht sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG. Daran ändert nichts, dass das betreffende E-Mail nicht direkt ausgedruckt, sondern sein Inhalt in einem den Akten beigelegten Memorandum wiedergegeben wurde.
Ob das Verwaltungsgericht seine implizite Annahme, die Vertraulichkeit sei im beschriebenen Umfang zugesichert worden, hinreichend begründet hat, kann offen bleiben, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt.
3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Verweigerung der Bekanntgabe der Namen verletze Art. 17 Abs. 3 KV/BE. Er stellt in Frage, ob überhaupt eine hinreichende gesetzliche Grundlage für den Eingriff in dieses Grundrecht bestehe. Die von der Vorinstanz angeführte Forschungsfreiheit figuriere nämlich nicht in Art. 29 Abs. 1 IG, wo - wenn auch nicht abschliessend - die überwiegenden öffentlichen Interessen aufgezählt würden. Bei seinem Ansinnen gehe es ihm darum zu überprüfen, wie die interviewten Personen ausgewählt worden seien. Überhaupt stelle es eine Verletzung von wissenschaftlichen Standards dar, wenn der Auftraggeber dem Forschungsteam vorschreibe, welche Personen zu befragen seien. Die fragliche Studie sei denn auch gar keine wissenschaftliche Arbeit, was sowohl Prof. Guggenbühl wie auch die Einwohnergemeinde Burgdorf wiederholt bestätigt hätten. Auch Prof. Morf habe in ihrem Gutachten Mängel festgestellt. Zudem habe er ohnehin nicht ein Gesuch um Einsicht in Forschungsunterlagen gestellt, sondern um Einsicht in die Vorgaben des Auftraggebers. Negative Konsequenzen für die Teilnehmer der Untersuchung könnten nur eintreten, wenn bekannt würde, wer welche Aussagen gemacht hat. Die blosse Bekanntgabe der Namen sei dagegen wohl nicht problematisch. Aus diesem Grund sei auch das Vorliegen von überwiegenden privaten Interessen zu verneinen.
3.2
3.2.1 Gemäss Art. 95 lit. c BGG kann mit der Beschwerde an das Bundesgericht die Verletzung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind verfassungsmässige Rechte Verfassungsbestimmungen, die dem Bürger einen Schutzbereich gegen staatliche Eingriffe sichern sollen oder welche, obwohl vorwiegend im öffentlichen Interesse erlassen, daneben auch noch individuelle Interessen schützen. Das Rechtsschutzbedürfnis und die Justiziabilität sind bei der Bestimmung der verfassungsmässigen Rechte von vorrangiger Bedeutung (vgl. im Einzelnen zur Publikation vorgesehenes Urteil 1C_491/2009 vom 2. Juni 2010 E. 2.2; BGE 131 I 366 E. 2.2 S. 367 f.; je mit Hinweisen).
Art. 17 Abs. 3 KV/BE sieht vor, dass jede Person ein Recht auf Einsicht in amtliche Akten hat, soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Die Bestimmung findet sich im Grundrechtskatalog der Berner Kantonsverfassung und bildet Teil der in Art. 17 KV/BE gewährleisteten Meinungs- und Informationsfreiheit. Anspruchsberechtigt ist "jede Person", woraus folgt, dass der Schutz individueller Interessen bezweckt wird. Der Anspruch ist schliesslich direkt anwendbar, auch wenn er in Art. 29 IG weiter konkretisiert wird. Art. 17 Abs. 3 KV/BE weist damit alle Merkmale eines kantonalen verfassungsmässigen Rechts im Sinne von Art. 95 lit. c BGG auf. Das Bundesgericht überprüft seine Anwendung deshalb mit freier Kognition.
3.2.2 Dem in Art. 17 Abs. 3 KV/BE verankerten Recht auf Einsicht in amtliche Akten sind seine Schranken inhärent, denn die Bestimmung behält überwiegende öffentliche oder private Interessen ausdrücklich vor. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, Art. 29 IG stelle möglicherweise keine hinreichende gesetzliche Grundlage für eine Grundrechtseinschränkung dar, stösst damit von vornherein ins Leere. Immerhin geben die in dieser Bestimmung aufgeführten Gründe gegen eine Bekanntgabe einen Anhaltspunkt für die Gewichtung der tangierten Interessen. Aus der Aufzählung ist zu schliessen, dass es sich dabei um gewichtige Gründe handeln muss:
1 Überwiegende öffentliche Interessen liegen insbesondere vor, wenn
a) durch die vorzeitige Bekanntgabe von internen Arbeitspapieren, Anträgen, Entwürfen und dergleichen die Entscheidfindung wesentlich beeinträchtigt würde;
b) der Bevölkerung auf andere Weise Schaden zugefügt würde, namentlich durch die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit;
c) bei der Behörde ein unverhältnismässiger Aufwand entstehen würde.
2 Als überwiegende private Interessen gelten insbesondere
a) der Schutz des persönlichen Geheimbereichs;
b) der Persönlichkeitsschutz in nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs- und Justizverfahren, ausser die Akteneinsicht rechtfertige sich nach den Bestimmungen von Artikel 24 oder ergebe sich aus den Bestimmungen der Prozessgesetze;
c) das Geschäftsgeheimnis oder das Berufsgeheimnis.
3 Diese Ausnahmebestimmungen beziehen sich nur auf den schutzwürdigen Teil eines Dokuments oder einer Auskunft und gelten nur solange, als das überwiegende Interesse an der Geheimhaltung besteht.
3.2.3 Dass die umstrittene Liste unter den Begriff der "amtlichen Akten" im Sinne von Art. 17 Abs. 3 KV/BE und Art. 27 Abs. 1 IG fällt, mithin ein Dokument darstellt, in welchem die amtliche Tätigkeit ihren Niederschlag gefunden hat, ist zu Recht nicht umstritten. Umstritten und fraglich ist dagegen, ob die Einsicht wegen überwiegender Interessen verweigert werden durfte. Während das Regierungsstatthalteramt im Wesentlichen mit dem Datenschutz und dem Vertrauen der beteiligten Personen in die Vertraulichkeit ihrer Angaben argumentierte, liess das Verwaltungsgericht offen, ob überwiegende private Interessen bestehen. Stattdessen ging es davon aus, dass es im Falle einer Bekanntgabe künftig schwierig werden könnte, ähnliche Studien durchzuführen und dass deshalb ein überwiegendes öffentliches Interesse die Geheimhaltung gebiete.
Da auch das vom Verwaltungsgericht ins Feld geführte Interesse an unbeeinträchtigter wissenschaftlicher Forschung letztlich auf das private Interesse am Schutz der Daten der Teilnehmenden zurückgeführt werden kann, ist vorliegend zuerst Letzteres zu untersuchen.
3.3 Als privates Interesse fällt vorliegend jenes Interesse in Betracht, welches die Personen, die auf der fraglichen Liste aufgeführt sind, an der Geheimhaltung dieser Tatsache haben. Es geht mithin um den Schutz der Privatsphäre (Art. 8 EMRK, Art. 13 BV, Art. 18 KV/BE). Die betreffenden Personen waren gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid vom Gemeinderat bestimmt worden, also noch bevor Prof. Guggenbühl und seine Mitarbeiter eine Zusicherung der Vertraulichkeit überhaupt abgeben konnten. Trotzdem darf die vom Gemeinderat zusammengestellte Liste nicht einfach losgelöst von den Angaben der interviewten Personen betrachtet werden. Wenn der Beschwerdeführer argumentiert, er habe nicht ein Gesuch um Einsicht in Forschungsunterlagen gestellt, sondern um Einsicht in die Vorgaben des Auftraggebers, so verkennt er, dass das Publikmachen der Teilnehmenden im Zusammenhang mit dem bereits veröffentlichten Bericht negative Konsequenzen für die Betroffenen haben könnte.
Zur Bewertung dieser negativen Konsequenzen ist zweierlei von Bedeutung. Zum einen haben nach dem bereits Ausgeführten die Vorinstanzen nicht festgestellt, dass sich die Zusicherung der Vertraulichkeit auch auf die Namen der Teilnehmenden bezog. Selbst wenn dies der Fall wäre, so bliebe im Übrigen dadurch eine Interessenabwägung dennoch stets erforderlich, könnte doch sonst das in Art. 17 Abs. 3 KV/BE enthaltene Recht auf Information generell ausgehebelt werden. Zum anderen lassen sich im Bericht "Gewalt in Burgdorf?" weder wörtliche Zitate finden noch konkrete Beobachtungen, welche allenfalls einzelnen Personen zugeordnet werden könnten, wenn einmal bekannt ist, wer befragt worden war. Die Feststellungen im Bericht sind durchwegs sehr allgemein gehalten. So wird etwa geschrieben, dass sich etliche Interviewpartner besorgt über die Verwahrlosung des öffentlichen Raums geäussert hätten, oder, dass sich zwei interviewte Personen nicht wirklich auf eine Diskussion eingelassen, sondern mit ideologischen Floskeln geantwortet hätten. Meist wird aber nicht einmal klar, ob sich die Ausführungen auf die Angaben aus den Interviews stützen oder aus anderen Quellen bzw. aus eigenen Beobachtungen der Redaktoren des Berichts stammen. Ein konkreter Erfahrungsbericht liegt lediglich hinsichtlich einer "Erkundungstour" durch eine Gruppe junger Erwachsener vor, welche von zwei weissen und einem dunkelhäutigen Schweizer unternommen wurde und welche den Besuch von als problematisch geltenden Orten beinhaltete. Aus dem Aufbau des Berichts geht indessen hervor, dass es sich dabei nicht um dieselben Personen handelt, welche an den Interviews teilnahmen.
Vor diesem Hintergrund ist das einer Bekanntgabe entgegenstehende private Interesse als gering einzustufen. Es besteht lediglich in der Geheimhaltung der Tatsache, auf einer Liste von Personen aufgeführt worden zu sein, welche der Gemeinderat von Burgdorf für einen Bericht über die Gewaltproblematik in Burgdorf zusammengestellt und von welcher sich ein Grossteil zu einem Interview bereit erklärt hatte. Dem gegenüber steht das Interesse daran zu wissen, auf welche Quellen sich der Bericht stützt. Dieses Interesse erscheint umso gewichtiger, als die Quellen von einer politischen Behörde definiert wurden und der Bericht möglicherweise in Zukunft als Grundlage für konkrete Massnahmen dienen wird. Insgesamt ergibt sich deshalb, dass der Bekanntgabe keine überwiegenden privaten Interessen entgegenstehen.
3.4 Gemäss dem angefochtenen Entscheid steht das öffentliche Interesse am Schutz der Forschung einer Bekanntgabe entgegen. Die Anonymität bzw. Vertraulichkeit nicht zu gewährleisten, würde laut der Vorinstanz die Gefahr bergen, in einer vergleichbaren Studie künftig keine Teilnehmenden oder keine validen Aussagen mehr gewinnen zu können. Ohne entsprechenden Schutz der Forschung wäre es den Gemeinwesen künftig verwehrt, Sozialstudien in Auftrag zu geben und ihr politisches Handeln darauf abzustützen.
Die Vorinstanz übersieht, dass von einem Vertrauensbruch gegenüber den Teilnehmenden nur in Bezug auf die tatsächlich zugesicherte Vertraulichkeit gesprochen werden kann. Vorliegend betrifft dies den Inhalt der Aussagen, nicht aber die Tatsache der Teilnahme an der Studie an sich. Dieser Umstand wird auch im Gutachten von Prof. Morf, das von der Vorinstanz in Auftrag gegeben wurde und auf das der angefochtene Entscheid in diesem Punkt abstellt, übersehen. In jenem Gutachten wird wohl deshalb insoweit losgelöst von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls allgemein die Wichtigkeit der Vertraulichkeit und der Anonymität betont. Weiter fällt auf, dass der Bericht "Gewalt in Burgdorf?" gar nicht mit dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit auftritt. So enthält er, abgesehen von der Angabe, dass Interviews und eine Erkundungstour durchgeführt worden seien, keinerlei Hinweise auf eine wissenschaftliche Methodik. Insbesondere lässt sich die Angemessenheit der Stichprobenzusammensetzung nicht überprüfen. Prof. Morf weist diesbezüglich zwar darauf hin, dass diesem Mangel auch mit einer Bekanntgabe der Namen der interviewten Personen nicht beizukommen sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Liste doch wertvolle Hinweise auf die Qualität der Grundlage des Berichts geben dürfte.
Letztlich scheint nicht die Frage entscheidend, ob der Bericht wissenschaftlichen Kriterien genügt, sondern, dass gegenüber den Teilnehmenden von vornherein gar nicht von einem Vertrauensbruch gesprochen werden kann. Eine Gefährdung der erfolgreichen Durchführung künftiger Sozialstudien ist deshalb nicht zu erwarten. Unter diesen Umständen besteht kein öffentliches Interesse, dass jenem an der Bekanntgabe der betreffenden Personen vorgeht.
4.
Es ergibt sich, dass die Rüge der Verletzung von Art. 17 Abs. 3 KV/BE begründet und der angefochtene Entscheid deshalb aufzuheben ist. Dem Beschwerdeführer ist in die Liste der Personen, welche der Gemeinderat zur Durchführung der Studie "Gewalt in Burgdorf?" zusammengestellt hat, Einsicht zu gewähren. Die Angelegenheit wird an das Verwaltungsgericht zu neuem Entscheid im Kostenpunkt zurückgewiesen. Die Behandlung der Rüge, welche der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinem Eventualantrag zur Kostentragung im vorinstanzlichen Verfahren vorgetragen hat, erübrigt sich.
Gerichtskosten sind bei diesem Verfahrensausgang nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Beschwerdeführer trat als Anwalt in eigener Sache auf. Die Komplexität der Angelegenheit und der gerechtfertigte Arbeitsaufwand übersteigen dabei nicht den Rahmen dessen, was dem Einzelnen zur Besorgung seiner persönlichen Angelegenheiten zugemutet werden kann. Es ist ihm deshalb keine Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 129 II 297 E. 5 S. 304; 129 V 113 E. 4.1 S. 116; 125 II 518 E. 5b S. 519 f.; Urteil 1C_436/2009 vom 3. Februar 2010 E. 5.3; je mit Hinweisen).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 30. April 2010 wird aufgehoben. Dem Beschwerdeführer ist in die Liste der Personen, welche der Gemeinderat Burgdorf zur Durchführung der Studie "Gewalt in Burgdorf?" zusammengestellt hat, Einsicht zu gewähren.
Die Angelegenheit wird an das Verwaltungsgericht zu neuem Entscheid im Kostenpunkt zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Burgdorf, dem Regierungsstatthalteramt Emmental und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Oktober 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Dold