Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_327/2010
Urteil vom 1. November 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Haag.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Adriano Marti,
gegen
Untersuchungsamt Gossau, Sonnenstrasse 4a,
9201 Gossau,
Kreisgericht Wil, Haftrichter, Bahnhofstrasse 12,
9230 Flawil.
Gegenstand
Rechtsverweigerung (Untersuchungshaft),
Beschwerde gegen den Entscheid vom 18. August 2010 der Anklagekammer des Kantons St. Gallen.
Sachverhalt:
A.
X.________ wurde am 25. August 2009 festgenommen. Der Haftrichter ordnete den vorzeitigen stationären Massnahmenvollzug an. X.________ wird unter anderem vorgeworfen, sie habe gegenüber ihrem von ihr getrennt lebenden Ehemann wiederholt Todesdrohungen geäussert. In einem forensisch-psychiatrischen Gutachten wird ausgeführt, dass sie unter einer gemischten schizoaffektiven Störung leide, welche einen chronischen Verlauf ohne vollständige Remission zwischen den Akutphasen zeige. Die Gutachterin kam zum Schluss, dass einer Ausführungs- und Rückfallgefahr nur mit einer stationären Massnahme begegnet werden könne.
B.
Mit Urteil vom 8. Juli 2010 sprach das Kreisgericht Wil X.________ von den Vorwürfen der mehrfachen Drohung, der mehrfachen Sachbeschädigung, der mehrfachen versuchten Nötigung sowie des mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage frei. Es verneinte die Schuldfähigkeit der Angeklagten und ordnete gemäss Art. 19 Abs. 3 i.V.m. Art. 59 StGB eine stationäre psychiatrische Behandlung an. Über die von X.________ eingereichte Berufung hat das Kantonsgericht St. Gallen noch nicht entschieden.
C.
Mit Entscheid vom 12. Juli 2010 verlängerte der Haftrichter des Kreisgerichts Wil den vorzeitigen stationären Massnahmenvollzug bis zur Rechtskraft des Strafurteils des Kreisgerichts Wil bzw. bis 12. Oktober 2010. Gegen den Entscheid des Haftrichters erhob X.________ bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen Rechtsverweigerungsbeschwerde mit dem Antrag um Entlassung aus dem vorzeitigen Massnahmenvollzug. Die Anklagekammer wies die Beschwerde am 18. August 2010 ab, soweit darauf einzutreten war. Sie bejahte den hinreichenden Tatverdacht, die Ausführungs- und Fortsetzungsgefahr sowie die Verhältnismässigkeit des vorzeitigen Massnahmenvollzugs.
D.
Gegen diesen Entscheid der Anklagekammer hat X.________ beim Bundesgericht am 6. Oktober 2010 Beschwerde erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Entlassung aus der Haft bzw. dem vorzeitigen Massnahmenvollzug. Sie hält die Aufrechterhaltung der Haft bzw. der Massnahme für unverhältnismässig und verneint die Ausführungs- und Fortsetzungsgefahr.
Die Staatsanwaltschaft, der Haftrichter und die Anklagekammer haben auf eine Stellungnahme verzichtet. In einer weiteren Eingabe hält die Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde fest.
Erwägungen:
1.
Beim angefochtenen Entscheid der Anklagekammer handelt es sich um einen Entscheid in Strafsachen, welcher der Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG unterliegt. Die Beschwerde ist nach Art. 80 BGG zulässig. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Sie ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist einzutreten.
2.
Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV ) wegen der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des entsprechenden kantonalen Rechts frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 135 I 71 E. 2.5 S. 73 f.; 132 I 21 E. 3.2.3 S. 24; je mit Hinweisen).
3.
Gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO/SG verfügt der Haftrichter die Verhaftung des Angeschuldigten, der eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt ist, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Angeschuldigte die strafbare Tätigkeit fortsetzt (lit. c) oder wenn die Freiheit des Angeschuldigten mit Gefahr für andere verbunden ist, weil die Ausführung einer schweren Straftat zu befürchten ist (lit. d).
3.1 Die Todesdrohungen werden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie beantragte im Strafverfahren ausdrücklich eine Verurteilung. Der dringende Tatverdacht ist somit trotz des erstinstanzlichen Freispruchs, der auf der Beurteilung der Schuldfähigkeit durch das Kreisgericht beruht, nicht weiter zu prüfen.
3.2 Ausführungsgefahr im Sinne von Art. 113 Abs. 1 lit. d StPO/SG besteht, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Freiheit des Angeschuldigten mit Gefahr für andere verbunden ist, weil die Ausführung einer schweren Straftat zu befürchten ist. Die Notwendigkeit, Angeschuldigte an der Begehung strafbarer Handlungen zu hindern, wird in Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich als Haftgrund anerkannt (BGE 133 I 270 E. 2.1 S. 275; 125 I 361 E. 4c S. 366; 123 I 268 E. 2c S. 270). Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung von Delikten sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen allerdings nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62 mit Hinweis). Bei der Annahme, dass die Angeschuldigte eine schwere Straftat begehen könnte, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Zurückhaltung geboten. Da Präventivhaft einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit darstellt, muss sie auf einer klaren gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Die Aufrechterhaltung von strafprozessualer Haft wegen Fortsetzungs- oder Ausführungsgefahr ist verhältnismässig, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr ungünstig und anderseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind. Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen dagegen nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen (BGE 133 I 270 E. 2.2 S. 276). Für die Annahme der Ausführungsgefahr ist hingegen nicht erforderlich, dass der Verdächtige konkrete Anstalten getroffen hat, um das befürchtete Verbrechen zu vollenden. Vielmehr genügt es, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Ausführung aufgrund einer Gesamtwertung der persönlichen Verhältnisse des Verdächtigen sowie der Umstände als sehr hoch erscheint (BGE 125 I 361 E. 5 S. 366 f.). Besonders bei drohenden schweren Gewaltverbrechen ist dabei auch dem psychischen Zustand des Verdächtigen bzw. seiner Unberechenbarkeit oder Aggressivität Rechnung zu tragen (vgl. BGE 123 I 268 E. 2e S. 271 f.). Schliesslich gilt auch bei der Präventivhaft - wie bei den übrigen Haftarten - dass sie nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden darf. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von der Anordnung oder Fortdauer der Haft abgesehen und an ihrer Stelle eine dieser Ersatzmassnahmen verfügt werden (vgl. zum Ganzen BGE 135 I 71 E. 2.3 S. 73; 133 I 270 E. 2.2 S. 276; je mit Hinweisen).
3.3 Ist ein Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht in Anwendung von Art. 59 Abs. 1 StGB eine stationäre Behandlung anordnen, wenn der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung im Zusammenhang steht (lit. a) und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung im Zusammenhang stehenden Taten begegnen (lit. b). Mit dieser Massnahme wird die Verhinderung oder Verminderung der Gefahr weiterer Delikte angestrebt. Demselben Ziel dient die Weiterführung des vorzeitigen Massnahmenvollzugs bei Ausführungs- oder Fortsetzungsgefahr.
3.4 Die Vorinstanz geht aufgrund der Akten und der Ausführungen in ihrem Urteil vom 9. Februar 2010 und im Entscheid des Haftrichters vom 12. Juli 2010 davon aus, dass ernsthafte Anhaltspunkte der Gefahr des Wiederstraffälligwerdens der Beschwerdeführerin bei einer Freilassung vorliegen. Diese Beurteilung wird mit dem (nicht rechtskräftigen) Urteil des Kreisgerichts Wil vom 8. Juli 2010, worin die Voraussetzungen für die Anordnung einer stationären Massnahme gemäss Art. 59 StGB bejaht werden, bestätigt. Aus diesem Urteil ergibt sich, dass sich die schizoaffektive Störung der Beschuldigten ohne medikamentöse Behandlung eher noch verschlechtern dürfte. Die Uneinsichtigkeit und Ablehnung der Einnahme von Medikamenten wird von den Ärzten als Ausdruck ihrer psychischen Erkrankung geschildert. Um die erforderliche Einsicht zu erreichen, sei eine medikamentöse Einstellung der Beschuldigten in einer stationären Einrichtung geeignet und notwendig. Nach den bisherigen Erfahrungen sei zu erwarten, dass die Beschuldigte in Freiheit in Bezug auf die Drohungen wiederum rückfällig würde. Primär seien leichtere Straftaten wie Tätlichkeiten oder Sachbeschädigungen zu erwarten. Es sei jedoch schwierig vorauszusehen, was passieren würde, wenn sie in einer solchen Situation zum Beispiel ein Messer zur Hand hätte. Aufgrund dieses Befunds hat das Kreisgericht im (nicht rechtskräftigen) Urteil vom 8. Juli 2010 die stationäre Behandlung angeordnet.
3.5 Die Vorinstanz hat im Wesentlichen aus denselben Gründen zu Recht die Voraussetzungen der Fortsetzungsgefahr und der Ausführungsgefahr bejaht. Auch nach der Beurteilung durch das erstinstanzliche Sachgericht ist davon auszugehen, dass von der Beschwerdeführerin eine erhebliche Gefährdung für Dritte ausgeht. Dies ergibt sich entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin auch aus neuesten Äusserungen der Ärztin, auf welche das Urteil des Kreisgerichts abgestützt ist. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Rechtsverweigerung und Willkür sind nicht stichhaltig. Die Vorinstanz durfte die erwähnten besonderen Haftgründe insbesondere unter Mitberücksichtigung der vom Sachrichter (nicht rechtskräftig) angeordneten stationären therapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB bejahen. Auch ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass es nicht Aufgabe des Haftrichters oder der Anklagekammer als Rechtsmittelinstanz sein kann, die Frage einer stationären Massnahmebedürftigkeit der Beschwerdeführerin im Detail unter Mitberücksichtigung ihrer sämtlichen Einwände zu beurteilen. Dies ist Aufgabe des Sachrichters.
4.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Verhältnismässigkeit des vorzeitigen stationären Massnahmenvollzugs.
4.1 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170, 270 E. 3.4.2 S. 281, je mit Hinweisen).
4.2 Bereits der Haftrichter hat unter Hinweis auf das Ergänzungsgutachten vom 22. Juni 2010 dargelegt, dass die Delinquenz der Beschwerdeführerin in engem Zusammenhang mit ihrer klinischen Symptomatik steht und dass nur die stationäre Massnahme geeignet ist, das Risiko einer erneuten Delinquenz zu mindern. Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre (Art. 59 Abs. 4 StGB). Auch gemäss dem (nicht rechtskräftigen) kreisgerichtlichen Urteil ist von einer Massnahmenbedürftigkeit auszugehen, welche im Rahmen einer stationären Behandlung zu therapieren ist. Die Anklagekammer führt zutreffend aus, dass unter den gegebenen Voraussetzungen von einer langen Dauer einer erforderlichen stationären Behandlung auszugehen ist. Die umstrittene Verlängerung des vorzeitigen stationären Massnahmenvollzugs erweist sich unter den gegebenen Umständen als verhältnismässig. Zudem sind keine milderen Ersatzmassnahmen ersichtlich. Die Verlängerung des streitigen vorzeitigen Massnahmenvollzugs erscheint notwendig, um der Gefahr von weiteren mit der psychischen Störung der Beschwerdeführerin im Zusammenhang stehenden Taten zu begegnen. Den dieser Argumentation widersprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden.
5.
Die Beschwerdeführerin beanstandet weiter, dass ihrem amtlichen Verteidiger im vorinstanzlichen Verfahren eine Entschädigung von lediglich Fr. 1'000.-- zugesprochen worden sei. Damit werde der Arbeitsaufwand von 20 Stunden nicht hinreichend entschädigt. Der von ihm geltend gemachte Aufwand sei mit Fr. 4'606.-- abzugelten.
5.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Anwendung der Art. 3 und 10 Abs. 2 der kantonalen Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten vom 22. April 1994 (sGS 963.75; HonO/SG). Nach Art. 10 Abs. 1 HonO/SG wird das Honorar des amtlichen Verteidigers grundsätzlich als Pauschale bemessen. In aussergewöhnlich aufwendigen Fällen kann das Honorar um höchstens die Hälfte erhöht oder ausnahmsweise nach Zeitaufwand bemessen werden (Abs. 2). Art. 3 HonO bestimmt, dass vom Honorar nach der Honorarordnung abgewichen werden kann, soweit es in einem krassen Missverhältnis zu den Bemühungen des Rechtsanwalts steht. Das Bundesgericht prüft die Anwendung dieser Bestimmungen des kantonalen Rechts auf Willkür hin.
5.2 Die Vorinstanz geht im Gegensatz zur Beschwerdeführerin davon aus, es sei kein besonderer Aufwand für das Verfahren vor der Anklagekammer erforderlich gewesen. Es sei im Wesentlichen um die Frage der Anordnung bzw. Weiterführung einer stationären Massnahme gegangen und damit um denselben Sachverhaltskomplex wie im Urteil des Kreisgerichts vom 8. Juli 2010. Somit lägen keine Umstände vor, die ein Abweichen vom Grundsatz der Pauschalentschädigung rechtfertigten. Der vom amtlichen Verteidiger in Rechnung gestellte Aufwand sei den konkreten Umständen nicht angemessen.
5.3 Die Ausführungen der Anklagekammer halten vor dem Willkürverbot (Art. 9 BV) stand. Die Frage der stationären Massnahme war bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Kreisgericht. Im Haftprüfungsverfahren ging es im Wesentlichen um dieselben Fragen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Anklagekammer den vom amtlichen Verteidiger in Rechnung gestellten Aufwand als den konkreten Umständen nicht angemessen erachtete.
6.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist.
Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Diesem Gesuch kann gestützt auf Art. 64 Abs. 1 BGG entsprochen werden. Die Beschwerdeführerin legt ihre Mittellosigkeit glaubhaft dar, und die Beschwerde war nicht von vornherein aussichtslos. Indessen erscheint der vom Vertreter der Beschwerdeführerin geltend gemachte Aufwand von Fr. 5'985.-- allein für das bundesgerichtliche Verfahren als überhöht. Der Rechtsvertreter ist für den gerechtfertigten Aufwand angemessen zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 6, 10 und 12 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht; SR 173.110.210.3).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
2.2 Rechtsanwalt Adriano Marti wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'500.-- entschädigt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Untersuchungsamt Gossau, dem Kreisgericht Wil sowie der Anklagekammer und der Strafkammer des Kantonsgerichts des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. November 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Haag