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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_398/2010
Urteil vom 16. Dezember 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Kirchhofer,
gegen
Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Gewaltdelikte, Molkenstrasse 15/17, Postfach,
8026 Zürich.
Gegenstand
Untersuchungshaft,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 28. Oktober 2010 des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichterin.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen Tötungsversuchs und Körperverletzung. Die Angeschuldigte wurde deswegen am 28. Juli 2010 in Untersuchungshaft versetzt. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2010 bewilligte die Haftrichterin des Bezirksgerichts Zürich (auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom 25. Oktober 2010 hin) die Haftfortsetzung bis zum 28. Januar 2011.
B.
Gegen die haftrichterliche Verfügung vom 28. Oktober 2010 gelangte die Angeschuldigte mit Beschwerde vom 29. November 2010 an das Bundesgericht. Sie beantragt neben der Aufhebung des angefochtenen Entscheides ihre sofortige Haftentlassung.
Die Staatsanwaltschaft und die kantonale Haftrichterin haben auf Stellungnahmen je ausdrücklich verzichtet.
Erwägungen:
1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.
2.
Nach zürcherischem Strafprozessrecht darf Untersuchungshaft nur angeordnet und fortgesetzt werden, wenn die angeschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ausserdem konkrete Anhaltspunkte für einen besonderen Haftgrund (namentlich Kollusions- oder Fluchtgefahr) vorliegen (§ 58 Abs. 1 StPO/ZH).
3.
Die Beschwerdeführerin bestreitet den dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens. Die Haftrichterin gehe von willkürlichen tatsächlichen Sachverhaltsannahmen aus. Ausserdem verletze der angefochtene Entscheid in diesem Zusammenhang die richterliche Begründungspflicht.
3.1 Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter hat das Bundesgericht bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachtes keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Macht eine angeschuldigte Person geltend, sie befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine strafbare Beteiligung dieser Person vorliegen, die Justizbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte (vgl. BGE 116 Ia 143 E. 3c S. 146). Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt hier nur wenig Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachtes bzw. zur Schuldfrage hat das Bundesgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen, noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen. Vorbehalten bleibt allenfalls die Abnahme eines liquiden Alibibeweises (vgl. BGE 124 I 208 E. 3 S. 210 mit Hinweisen).
Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen einer Haftbestätigung erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des kantonalen Prozessrechtes frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 135 I 71 E. 2.5 S. 73 f.).
3.2 Im angefochtenen Entscheid wird zur Begründung des dringenden Tatverdachtes auf den Haftfortsetzungsantrag der Staatsanwaltschaft vom 25. Oktober 2010 (sowie auf eine frühere haftrichterliche Verfügung vom 22. September 2010) verwiesen. Die kantonalen Behörden werfen der Beschwerdeführerin vor, sie habe am 25. Juli 2010 ihrem Lebensgefährten einen Messerstich in die rechte Brust versetzt und ihn dabei schwer verletzt. Der Stich habe das Herz des Opfers nur um wenige Millimeter verfehlt und seinen rechten Lungenflügel kollabieren lassen. Das Opfer habe sich deswegen in Lebensgefahr befunden. Die Angeschuldigte bestreite die ihr vorgeworfene Straftat. Zwar habe sie zugegeben, dass es damals zu einem heftigen Streit mit tätlichen Auseinandersetzungen zwischen ihr und ihrem damaligen Freund gekommen sei. Nach ihrer Darstellung habe sie ihn jedoch nicht mit einem Messer gestochen, sei er häufig alkoholisiert gewesen und müsse es sich um einen Unfall gehandelt haben.
3.2.1 Die Beschwerdeführerin habe zum Tatablauf Folgendes ausgesagt: Ihr damaliger Freund habe ihr im Verlaufe der tätlichen Auseinandersetzungen den Griff eines Taschenmessers hingehalten und ihr gesagt, sie solle ihn doch umbringen. Sie habe das Messer jedoch nicht behändigt. Ihr Freund sei rückwärts in sein Zimmer gegangen. Sie wisse nicht, ob er auf den Bauch oder den Rücken gefallen sei. Zwar habe sie im Korridor seinen Kopf gesehen, wisse aber nicht, ob sein Gesicht gegen den Boden oder gegen die Decke gerichtet war. Nachdem er wieder aufgestanden sei, habe er ihr gesagt, er habe ein "Loch". Sie nehme an, dass er sich mit seinem Messer selbst verletzt habe.
3.2.2 Der Verletzte habe als Zeuge (u.a. anlässlich einer Konfrontationseinvernahme) im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll gegeben: Während des eskalierenden Streites habe die Angeschuldigte ein Messer, vermutlich ein Küchenmesser, behändigt. Sie habe das Messer in der rechten Hand gehalten und eine Stichbewegung von oben nach unten gemacht. Er habe den erlittenen Stich erst bemerkt, als er Blut festgestellt habe. Weder sei er auf den Boden gefallen, noch habe er sich mit dem Messer selbst verletzt. Die Angeschuldigte sei danach weggelaufen. Als Tatmotiv vermute er Eifersucht.
3.2.3 Die Staatsanwaltschaft legt dar, im Zimmer des mutmasslichen Opfers sei ein Messer sichergestellt worden, das ungefähr der Beschreibung des Opfers entspreche. Zwar seien DNA-Spuren der Angeschuldigten auf dem Messer festgestellt worden. Da keine Blutspuren darauf gefunden worden seien und die Angeschuldigte (als damalige Freundin des Opfers) "tatortberechtigt" gewesen sei, könne es jedoch nicht als erwiesen gelten, dass es sich dabei um die Tatwaffe gehandelt hätte. Ein Taschenmesser, wie es von der Angeschuldigten beschrieben worden sei, habe die Polizei bei der Hausdurchsuchung nicht gefunden.
3.2.4 Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft habe sich die Angeschuldigte anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 21. Oktober 2010 in diverse Widersprüche verstrickt, welche den Tatablauf bzw. ihre diesbezüglichen früheren Aussagen betrafen. Widersprüche bestünden zu den Fragen, um welche Art Messer es sich gehandelt habe, ob im Verlauf des Streits überhaupt ein Messer behändigt worden sei und wie ihr Freund angeblich hingefallen sei. ("Beim gegenseitigen Stossen oder beim Rückwärtsgehen? Auf Bauch oder Rücken gefallen? Ausgeglitten oder doch nicht?") Bei der Tatrekonstruktion anlässlich der Konfrontationseinvernahme habe sich ausserdem gezeigt, dass sich an der Unfallthese der Angeschuldigten in verschiedener Hinsicht objektive Zweifel aufdrängten. ("Winkelverhältnisse des Haltens der Tatwaffe beim angeblichen Sturz, Reaktion einer Person bei einem Sturz, vorhandene Verletzungen, Blutspuren".) Ein Motiv des mutmasslichen Opfers, die Angeschuldigte zu Unrecht einer schweren Straftat zu bezichtigen, sei nicht erkennbar.
3.2.5 Im angefochtenen Entscheid wird ergänzend erwogen, dass die Aussagen des mutmasslichen Opfers aufgrund des bisherigen Aktenstandes "grundsätzlich glaubhaft" erschienen. Demgegenüber habe sich die Angeschuldigte anlässlich der Konfrontationseinvernahme in diverse Widersprüche verstrickt. Angesichts der Verletzungen des Opferzeugen und der am Tatort angetroffenen Blutspuren wirkten ihre Schilderungen wenig überzeugend. Aufgrund der vorläufigen Beweisergebnisse bestehe gegen sie der dringende Tatverdacht "mindestens einer schweren Körperverletzung".
3.3 Die Einwände der Beschwerdeführerin lassen den dargelegten dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens nicht dahinfallen. Zwar zählt sie (in nicht näher erläuterten Stichworten) angebliche Widersprüche in den Aussagen des mutmasslichen Opfers auf ("Spüren des Stichs, Sehen und Erkennen der Tatwaffe, Sehen der Stichbewegung, genereller Ablauf"). Diese appellatorischen Vorbringen lassen die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Entscheides zur Frage des dringenden Tatverdachtes (bzw. zur grundsätzlichen Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen) jedoch nicht als willkürlich erscheinen. Analoges gilt für ihre beiläufigen Hinweise auf eine Alkoholisierung des Verletzten oder auf mögliche Belastungsmotive ("Ins-Gefängnis-Bringen der Beschwerdeführerin, Profitschlagen aus Vorfall"). Zu ihrem eigenen Aussageverhalten bringt die Beschwerdeführerin vor, es bestünden lediglich Widersprüche zur Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft; ansonsten habe sie, die Beschwerdeführerin, "immer konsequent gleich" und durchaus realistisch, widerspruchsfrei und plausibel ausgesagt. Dabei setzt sie sich aber mit den gegenteiligen Darlegungen der Staatsanwaltschaft (dazu oben, E. 3.2.1-3.2.4) nicht auseinander. Die in diesem Zusammenhang erhobene Willkürrüge ist unbegründet, soweit sie überhaupt ausreichend substanziiert erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG).
3.4 In diesem Zusammengang rügt die Beschwerdeführerin auch noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). In ihren Erwägungen gehe die Haftrichterin auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Aussageverhalten des mutmasslichen Opfers nicht ein; stattdessen begnüge sie sich mit dem pauschalen Hinweis, die Zeugenaussagen des Opfers erschienen grundsätzlich glaubwürdig. Analoges gelte für die Würdigung der eigenen Beweisaussagen der Beschwerdeführerin, bei denen die Haftrichterin von "nicht genannten Widersprüchen" und mangelnder Überzeugungskraft ausgehe.
Der Vorwurf der Verletzung der richterlichen Motivationspflicht erweist sich als unbegründet. Was die teilweise widersprüchlichen Aussagen der Beschwerdeführerin und die erheblich davon abweichende Sachdarstellung des Zeugen betrifft, durfte die Haftrichterin auf die ausführliche Stellungnahme der Staatsanwaltschaft in deren Haftfortsetzungsantrag vom 25. Oktober 2010 verweisen. Die Haftrichterin war von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, auf alle Vorbringen, welche die vorläufigen Beweisergebnisse betreffen, ausdrücklich und im Einzelnen einzugehen (vgl. BGE 133 I 270 E. 3.1 S. 277, E. 3.5.1 S. 283; 129 I 232 E. 3.2 S. 236; 123 I 31 E. 2c S. 34; je mit Hinweisen). Dies umso weniger, als im Haftprüfungsverfahren grundsätzlich keine detaillierte und abschliessende Beweiswürdigung zu erfolgen hat. Die Darlegung eines konkreten dringenden Tatverdachtes genügt (dazu oben, E. 3.1-3.3). Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern die Begründung des angefochtenen Entscheides es der Beschwerdeführerin praktisch verunmöglicht hätte, den Rechtsweg ans Bundesgericht wirksam zu beschreiten.
4.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine unverhältnismässige Haftdauer. Sie befinde sich seit über vier Monaten in Untersuchungshaft; mit einer Verurteilung habe sie nicht zu rechnen.
4.1 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170 f., 270 E. 3.4.2 S. 281; 126 I 172 E. 5e S. 178; je mit Hinweisen).
4.2 Im Falle einer Anklageerhebung und gerichtlichen Verurteilung wegen Tötungsversuchs oder schwerer Körperverletzung hat die Beschwerdeführerin mit einer empfindlichen freiheitsentziehenden Sanktion zu rechnen. Die bisherige Haftdauer von knapp fünf Monaten ist noch nicht in grosse zeitliche Nähe einer solchen möglichen Sanktion gerückt. Ebenso wenig kann der Auffassung der Beschwerdeführerin gefolgt werden, eine allfällige Verurteilung erscheine "schon jetzt" als unwahrscheinlich (vgl. dazu oben, E. 3.2-3.3).
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Die Beschwerdeführerin stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Sie ist amtlich verteidigt und befindet sich seit einigen Monaten in strafprozessualer Haft. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (und insbesondere die finanzielle Bedürftigkeit der Gesuchstellerin ausreichend dargelegt erscheint), kann dem Ersuchen stattgegeben werden (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen:
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.
2.2 Dem Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Stefan Kirchhofer, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichterin, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Dezember 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Forster