Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_120/2010
Urteil vom 16. Dezember 2010
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Errass.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Elmar Perler,
gegen
Konservatorium des Kantons Freiburg,
Route Louis-Braille 8, 1763 Granges-Paccot,
Direktion für Erziehung, Kultur und Sport, Spitalgasse 1, 1700 Freiburg.
Gegenstand
Nichterteilung eines Diploms,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom
1. Dezember 2009.
Sachverhalt:
A.
X.________ bestand nach vier Jahren Schule in der Berufsklasse der Musikhochschule des Konservatoriums Freiburg die Ausscheidungsprüfung im April 2008. Diese berechtigte ihn zur Abschlussprüfung, welche - als öffentlich vorgetragener Klaviervortrag - er am 26. Juni 2008 nicht bestand. Der Grund lag darin, dass er sich in einem Zustand eines offensichtlichen Unwohlseins und einer emotionalen Blockade befand. Die Prüfungskommission entschied danach, dass X.________ die Prüfung im Oktober 2008 unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholen könne. Am 13. Oktober 2008 bestand dieser das Examen, was ihm durch die Aushändigung des von der Kommission unterzeichneten Protokolls mitgeteilt wurde. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 wurde ihm bestätigt, dass er die Ausbildung zum Lehrdiplom erfolgreich bestanden habe.
B.
Der Direktor des Konservatoriums beantragte Ende November 2008 bei der für die Ausstellung der Diplome zuständigen Direktion für Erziehung, Kultur und Sport des Kantons Freiburg (nachfolgend: EKSD), X.________ kein Diplom auszustellen, da der Klaviervortrag nicht öffentlich erfolgt sei. In der Folge verweigerte diese am 2. März 2009 die Ausstellung des Diploms. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde war erfolglos.
C.
Vor Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 aufzuheben und die EKSD anzuweisen, dem Beschwerdeführer das Lehrdiplom innert einer Frist von 10 Tagen seit Eröffnung des Entscheides des Bundesgerichts auszustellen. Er macht im Wesentlichen eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach Art. 9 BV geltend. Mit separater Eingabe beantragt der Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege, die Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten sowie die Bestellung seines Rechtsvertreters zum amtlichen Rechtsbeistand. Sowohl das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, als auch die EKSD beantragen unter Verzicht auf eine Stellungnahme, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1 Nach Art. 83 lit. t BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung. Diese Ausschlussbestimmung zielt auf Prüfungsergebnisse im eigentlichen Sinn sowie auf alle Entscheide ab, die auf einer Bewertung der intellektuellen oder physischen Fähigkeiten eines Kandidaten beruhen (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231; 136 II 61 E. 1.1.1 S. 63; Urteil 2C_579/2010 vom 17. November 2010 E. 1.1), nicht aber auf andere Entscheide im Zusammenhang mit Prüfungen wie insbesondere solche organisatorischer Natur (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231, mit Hinweisen). Ob der Ausschlussgrund zur Anwendung kommt, hängt grundsätzlich vom Gegenstand des angefochtenen Entscheids, nicht vom Inhalt der erhobenen Rügen ab (Urteil 2C_577/2009 vom 6. Januar 2010 E. 1.1 mit Hinweisen). Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig, ist zu prüfen, ob Entscheide letzter kantonaler Instanzen mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde angefochten werden können. In diesem Fall muss der Beschwerdeführer vom angefochtenen Entscheid nicht nur besonders berührt und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung haben (Art. 89 Abs. 1 BGG), sondern ein rechtlich geschütztes Interesse daran (Art. 115 BGG). Mit der Verfassungsbeschwerde kann im Gegensatz zu Art. 95 ff. BGG zudem nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an, prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber nur auf Rechtsverletzungen hin, die vom Beschwerdeführer geltend gemacht werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Dabei gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, 396 E. 3.1 S. 399).
1.2 Angefochten ist die Verweigerung der Ausstellung des Diploms. Die EKSD verweigerte dessen Ausfertigung damit, dass die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt sei. Nach Art. 46 der Verordnung vom 5. April 2005 über die Prüfungen am Konservatorium (PrVK; SGF 481.4.12; in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung) hat der Werkvortrag öffentlich zu erfolgen. Die Frage, ob es sich dabei um eine Bewertung der Fähigkeiten des Beschwerdeführers oder aber um einen Entscheid organisatorischer Natur handelt, kann vorliegend offengelassen werden: In jedem Fall kann auf die Beschwerde eingetreten werden, verfügt der Beschwerdeführer doch aufgrund der Bestimmungen der PrVK über ein rechtlich geschütztes Interesse (dazu BGE 136 I 229 E. 3.2 S. 235) und richtet sich das Rechtsmittel gegen einen Entscheid einer letzten kantonalen Instanz. Er rügt substantiiert die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten, was so wohl im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch der subsidiären Verfassungsbeschwerde zulässig ist.
2.
2.1 Die EKSD hat dem Beschwerdeführer das Diplom nach Art. 44 PrVK nicht erteilt (sekundäre Verfügung); in der Sache geht es allerdings nicht um das Diplom als solches, sondern um die dem Diplom zugrundeliegende Abschlussprüfung (primäre Verfügung). Da diese mit einem schweren Mangel behaftet sei, betrachtete sich die EKSD als berechtigt, den Prüfungsentscheid zu widerrufen. Als Aufsichtsbehörde des Konservatoriums kann sich die EKSD selbst der Sache annehmen (BGE 107 Ib 35 E. 4a S. 37; 100 Ia 94 E. 2 S. 97 f.; siehe auch BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983, S. 169) und damit die primäre Verfügung widerrufen.
2.2 Der Beschwerdeführer hat die Prüfung am 13. Oktober 2008 bestanden. Die Verfügung ist Mitte November in formelle Rechtskraft erwachsen; die EKSD hat diese erst anfangs März 2009 widerrufen. Der Verfügung kommt Rechtsbeständigkeit zu, weshalb formell rechtskräftige Verfügungen nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen einseitig aufgehoben oder zum Nachteil des Adressaten abgeändert werden dürfen (vgl. e contrario BGE 134 V 257 E. 2.2 [2. Abs.] S. 261; 121 II 273 E. 1a/aa S. 276 f.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 821, 995; PIERRE MOOR, Droit administratif, Volume II, deuxième édition, 2002, S. 323 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 283 f. [Rz. 8 f.]). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es deshalb nicht im Ermessen der Behörden, ob sie einen Entscheid widerrufen will.
2.3 Die PrVK und auch das Gesetz vom 23. Mai 1991 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SGF 150.1) enthalten weder Bestimmungen über den Widerruf von Prüfungsentscheiden noch über solche von Diplomen noch über den Widerruf in allgemeiner Weise. Es ist deshalb (vgl. BGE 127 II 306 E. 7a S. 313 f.) nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorzugehen, wonach eine materiell unrichtige Verfügung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden kann. Danach stehen sich das Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts (E. 2.4) und dasjenige am Vertrauensschutz gegenüber - dieses allerdings nur dann, wenn seine Voraussetzungen überhaupt erfüllt sind (E. 2.5). Die beiden Interessen sind anschliessend gegeneinander abzuwägen (E. 2.6). Eine Verfügung kann somit grundsätzlich nicht widerrufen werden, wenn das Interesse am Vertrauensschutz demjenigen an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts vorgeht: Dies trifft in der Regel dann zu, wenn durch die Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden oder die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in dem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat. Diese Regel gilt allerdings nicht absolut; auch in diesen drei Fällen kann ein Widerruf in Frage kommen, wenn er durch ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse geboten ist (BGE 127 II 307 E. 7a S. 313 f.; 121 II 273 E. 1a/aa S. 276; siehe etwa auch WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 168 ff.; MOOR, a.a.O., S. 326 ff., 332 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 220 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 287 ff.; PETER SALADIN, Wiedererwägung und Widerruf formell rechtskräftiger Verfügungen, Die Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Vergleich zur Praxis des Bundesgerichts in Lausanne, in: Sozialversicherungsrecht im Wandel, FS 75 Jahre Eidgenössisches Versicherungsgericht 1992, S. 113 ff.). In jedem Fall sind alle Aspekte des Einzelfalls einzubeziehen.
2.4 Damit ein Schüler zur Abschlussprüfung für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit. a PrVK zugelassen wird, hat er verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: neben dem Besuch des Unterrichts während 8 Semestern muss er die im Lehrplan festgelegte Theorieprüfung (Art. 40 Abs. 2 lit. b PrVK) und die obligatorischen Zusatzprüfungen (Art. 40 Abs. 2 lit. d PrVK) sowie die Ausscheidungsprüfung (Art. 40 Abs. 2 lit. c PrVK), welche in einem etwa 30-45 minütigen Vortrag besteht (Art. 39 PrVK), bestanden haben. Für das Lehrdiplom sind zudem zusätzlich verschiedene Praktika zu absolvieren, und eine Diplomarbeit in Pädagogik muss angenommen werden (Art. 47 PrVK). Den Abschluss der gesamten vierjährigen Ausbildung bildet schliesslich die Abschlussprüfung, welche in einem Vortrag von Werken aus allen Epochen und Stilen besteht und 30-45 Minuten dauert (Art. 41 PrVK). Diese hat nach Art. 46 PrVK vor Publikum zu erfolgen.
Die Abschlussprüfung, welche der Beschwerdeführer bestanden hat, erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und widersprach somit den rechtlichen Vorgaben. Die Verfügung vom 13. Oktober 2008 ist demnach ursprünglich fehlerhaft. Nachfolgend ist nunmehr zu prüfen, inwiefern sich der Beschwerdeführer auf den Vertrauensschutz berufen kann.
2.5
2.5.1 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens u.a. - wie im vorliegenden Fall - in eine Verfügung (WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 181; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 632; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 162). Vorausgesetzt ist indes weiter, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann (BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; 129 I 161 E. 4.1 S. 170; je mit weiteren Hinweisen; PIERRE MOOR, Droit administratif, Volume I, deuxième édition, 1994, S. 431 f.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 161 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, S. 140 ff.; PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse [...], 2003, Rz. 12 ad art. 9 Cst., S. 97 f.).
2.5.2 Die Vorinstanz und die EKSD werfen dem Beschwerdeführer fehlenden guten Glauben vor. Er hätte zumindest aufgrund der ersten Prüfung, welche öffentlich war, erkennen müssen, dass die Abschlussprüfung nur vor Publikum durchzuführen gewesen sei. Der Beschwerdeführer weist demgegenüber darauf hin, dass die Prüfungskommission ihm und nicht er dieser vorgeschlagen habe, dass er seine Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablegen könne.
Die zu beachtende Sorgfaltspflicht hat sich hier nach den Kenntnissen und Fähigkeiten eines Musikschülers und nicht eines Juristen zu richten (vgl. dazu BGE 132 II 21 E. 6 S. 35 ff.; 129 II 361 E. 7.2 i.f. S. 382; WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 94 ff., 158). Ein Konsultieren der Verordnung kann deshalb nicht verlangt werden. Schüler dürfen sich auf die Aussagen der Prüfungsexperten und der -kommission grundsätzlich verlassen. Immerhin wäre naheliegend, aus der nicht bestandenen Prüfung abzuleiten, die zu wiederholende Prüfung habe ebenfalls vor Publikum zu erfolgen.
Allerdings wurden die Schüler verschiedentlich nicht verordnungskonform geprüft: So ist der Direktor entgegen Art. 37 Abs. 1 und 2 PrVK seit Jahren nicht mehr Mitglied und Präsident der Prüfungskommission. Zudem waren mehrere Prüfungsverfahren anders abgelaufen als vorgeschrieben, und die Prüfungskommission war oftmals nicht den Vorgaben der Verordnung gemäss zusammengesetzt gewesen. Es musste daher für den Beschwerdeführer nicht aussergewöhnlich erscheinen und im Rahmen des Zulässigen liegen, als die Prüfungskommission ihm den Vorschlag unterbreitete, die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu wiederholen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist auch das Verhalten der Prüfungskommission zu berücksichtigen (vgl. BGE 132 II 21 E. 6.2 i.i. S. 36). Es wäre primär an ihr gewesen, die Verordnung zu konsultieren (vgl. WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 110) und den Widerspruch zum vorgeschlagenen Vorgehen zu erkennen (siehe dazu Urteil vom 1. Juni 1983, in: ZBl 1984, S. 127 ff., 129 E. 4b., 130 E. 5a i.f.; dazu auch BEATRICE WEBER-DÜRLER, Neuere Entwicklungen des Vertrauensschutzes, ZBl 2002, 281 ff., 297). Hätte der Direktor entsprechend den rechtlichen Vorgaben in der Prüfungskommission Einsitz genommen, hätte er überdies bereits vor dem Ablegen der Prüfung korrigierend eingreifen können.
2.5.3 Der Beschwerdeführer hat sodann im Vertrauen auf die von der Behörde gesetzte Vertrauensgrundlage Dispositionen getroffen. So hat er aufgrund seiner Prüfungsbestätigung eine Stelle als Klavierlehrer erhalten. Weiter ist zu berücksichtigen, dass er auf den gleichen Zeitpunkt eine öffentliche Prüfung hätte verlangen können, wenn er von der ungültigen Vertrauensgrundlage gewusst hätte. Im Rahmen seiner Ausbildung zum Lehrdiplom hat er öffentliche Werkvorträge gehalten und auch erfolgreich bestanden. Es wird nicht behauptet, dass er einem öffentlichen Vortrag ausweichen wollte, und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er beim zweiten Versuch der Abschlussprüfung hätte scheitern sollen. Indem er aufgrund des Vorschlags der Prüfungskommission sich auf die Prüfung vorbereitete, diese absolvierte und nicht statt dessen auf einem öffentlichen Vortrag bestand, hat er nicht rückgängig zu machende Dispositionen getroffen.
2.6 Im Folgenden sind nunmehr das Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts (Legalitätsprinzip) und dasjenige an der Wahrung der Rechtssicherheit (Vertrauensschutz) zunächst zu gewichten (E. 2.6.1 u. 2.6.2) und alsdann gegeneinander abzuwägen (E. 2.6.3).
2.6.1 Die Abschlussprüfung ist nicht vor Publikum erfolgt und steht somit im Widerspruch zu den rechtlichen Vorgaben. Um das Gewicht des Interesses an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts zu bestimmen, ist indes die Prüfung in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Wie ausgeführt (oben E. 2.4) bildet die Abschlussprüfung lediglich den Abschluss der gesamten vierjährigen Ausbildung; für das Lehrdiplom (Studiengang I; Art. 36 lit. a PrVK) werden neben den Voraussetzungen, welche alle Studiengänge betreffen (Art. 39 und 40 PrVK), vor allem der Abschluss verschiedener Praktika und die Annahme einer Pädagogikdiplomarbeit verlangt. Die Abschlussprüfung muss zwar nach Art. 46 PrVK vor Publikum erfolgen, was auch für das Lehrdiplom gilt; doch kommt dem öffentlichen Vortrag nicht bei allen Studiengängen das gleiche Gewicht zu, da das dahinter stehende Interesse unterschiedlich ist: Dass für das Konzertdiplom und für das Solistendiplom (Studiengang II; Art. 36 lit. b PrVK) sowie für das höhere Studienzertifikat für Chorleitung oder für das höhere Studienzertifikat für Blasorchester (Studiengang IV; Art. 36 lit. d PrVK) der Vortrag vor Publikum wesentlich ist, ist offensichtlich. Die diesen Prüfungen zugrundeliegenden Tätigkeiten werden grundsätzlich nur vor Publikum ausgeübt. Für das Lehrdiplom trifft dies nicht zu, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist. Die Fähigkeiten, über welche ein Klavierlehrer verfügen muss, bestehen vor allem darin, das technische Können sowie das Verstehen der Musikstücke zu vermitteln - mithin pädagogische Fähigkeiten, die nach Art. 47 PrVK als besondere Voraussetzung für das Lehrdiplom verlangt werden. Das Vortragen von Werken vor Publikum ist demgegenüber weniger bedeutsam. Der Verordnungsgeber ist sich dieser Abstufung bewusst gewesen, weshalb er für das (allerdings weniger gewichtige) Lehrdiplom für Musik- und Gesangsunterricht an Orientierungsschulen und Mittelschulen (Studiengang III; Art. 36 lit. c PrVK) auf eine öffentlich durchgeführte Abschlussprüfung verzichtete (Art. 46 PrVK).
2.6.2 Bei der Gewichtung des Vertrauensinteresses ist grundsätzlich von der erfolgten Vertrauensbetätigung auszugehen (vgl. oben E. 2.5.3), im vorliegenden Fall also von der Unterlassung, im Jahre 2008 eine Prüfung vor Publikum zu verlangen. Das Gewicht wird dabei vor allem durch den Nachteil bestimmt, der dem Beschwerdeführer im Falle des Vertrauensbruchs droht (WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 120). In einem solchen Fall hätte er die Prüfung oder mehrere Prüfungen mit allen dadurch verbundenen Unannehmlichkeiten nachzuholen, allenfalls sich wieder für einen Studiengang, welcher nach der Rechtsänderung nicht mehr in Freiburg möglich ist (vgl. dazu den geänderten Art. 1 und die aufgehobenen Art. 36-51 PrVK in der Fassung ab 1.9.2009), einzuschreiben sowie finanzielle Verluste durch den Studiengang und dem Ausbleiben eines Verdienstes hinzunehmen. Allenfalls müsste der Beschwerdeführer sogar auf eine Fortsetzung und einen Abschluss des Studiengangs verzichten, weshalb die vierjährige Ausbildung viel von ihrem Nutzen verlöre.
2.6.3 Das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer rechtmässigen Prüfung vor Publikum ist entsprechend den Ausführungen gering, während das Vertrauensinteresse relativ gewichtig ist. Mit einer Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird die ratio legis für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit. a PrVK nicht stark tangiert, sind doch dafür vor allem die pädagogischen Fähigkeiten ausschlaggebend. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Prüfungskommission selbst den Beschwerdeführer veranlasst hat, die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten, womit sie auch für eine gesteigerte Vertrauenslage verantwortlich ist. Angesichts dieses Umstandes ist das Interesse an der Rechtssicherheit der Verfügung vom 13. Oktober 2008 aufgrund der Vertrauensgrundlage, des guten Glaubens und der Vertrauensbetätigung höher zu gewichten als die Einhaltung des objektiven Rechts. Insofern ist der Staat an die von ihm geschaffene Vertrauensgrundlage gebunden; die ursprüngliche Verfügung ist rechtens und darf nicht widerrufen werden.
3.
3.1 Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Das Urteil des Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 ist deshalb aufzuheben und der Entscheid der Prüfungskommission vom 13. Oktober 2008 zu bestätigen. Der Beschwerdeführer hat nach Art. 44 PrVK Anspruch auf das Diplom.
3.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Freiburg den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. Das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, wird über die kantonale Kosten- und Entschädigungsregelung neu zu befinden haben (Art. 67 e contrario und 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 aufgehoben, der Entscheid der Prüfungskommission vom 13. Oktober 2008 bestätigt und die EKSD angewiesen, dem Beschwerdeführer das Diplom zu erteilen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Freiburg hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolge des kantonalen Verfahrens wird die Sache an das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Dezember 2010
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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