Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_345/2010
Urteil vom 14. Januar 2011
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiber Haag.
1. Verfahrensbeteiligte
A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
9. I.________,
10. J.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Swisscom Broadcast AG, Ostermundigenstrasse 99, 3050 Bern, Beschwerdegegnerin,
Munizipalgemeinde Fieschertal, 3984 Fieschertal,
Kantonale Baukommission Wallis,
Rue des Creusets 5, 1951 Sitten,
Staatsrat des Kantons Wallis, Place de la Planta,
1951 Sitten.
Gegenstand
Antenne für Richtfunk und digitales Fernsehen,
Beschwerde gegen das Urteil vom 18. Juni 2010 des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Die Swisscom Broadcast AG stellte am 20. April 2007 bei der Munizipalgemeinde Fieschertal ein Baugesuch für einen Richtfunkspiegel für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) auf der bestehenden Rundfunk-Basisstation sowie die Installation neuer Antennen für die Versorgung mit digitalem Fernsehen der SRG. Das Vorhaben sah zudem den Ersatz der bestehenden Kabine auf der Parzelle Nr. 745 ausserhalb der Bauzone vor. Das Gesuch wurde mit dem Grundversorgungsauftrag der SRG begründet. Der Standort Fieschertal sei für die Versorgung der umliegenden Gemeindegebiete mit "Digital Video Broadcasting Terrestrial" (DVB-T) notwendig. Das Baugesuch wurde im kantonalen Amtsblatt vom 27. April 2007 ausgeschrieben. Dagegen erhoben A.________ und verschiedene weitere Personen Einsprache. Die Gemeinde überwies die Akten der kantonalen Baukommission, welche die Baubewilligung am 21. August 2007 erteilte und die Einsprachen abwies, soweit sie darauf eintrat.
A.________ und die weiteren Einsprecher beschwerten sich gegen diese Verfügung der kantonalen Baukommission beim Staatsrat des Kantons Wallis. Der Staatsrat wies die Beschwerde am 2. April 2008 ab und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. A.________ und weitere Mitbeteiligte zogen diesen Entscheid an das Kantonsgericht Wallis weiter, welches die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Urteil vom 4. Juli 2008 abwies, soweit es darauf eintrat. Eine dagegen von A.________ und Mitbeteiligten erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hiess das Bundesgericht mit Urteil 1C_345/2008 vom 29. Januar 2009 gut, weil keine umfassende Interessenabwägung im Sinne von Art. 24 RPG (SR 700) erfolgt sei.
B.
Das Kantonsgericht wies die kantonale Baukommission mit Entscheid vom 20. Februar 2009 an, den Sachverhalt im Sinne des bundesgerichtlichen Urteils vom 29. Januar 2009 zu ergänzen und die erforderliche Interessenabwägung aufgrund der neuen Sachverhaltselemente vorzunehmen. Die kantonale Baukommission führte das entsprechende Verfahren unter Mitwirkung verschiedener kantonaler Dienstellen durch und erteilte am 2. Juni 2009 die Baubewilligung für die Errichtung der Antenne, der Richtfunkantenne für digitales Fernsehen SRG, eines Richtfunkspiegels für die SRG sowie die Ersatzkabine auf der Parzelle Nr. 745. Die kantonale Baukommission bejahte die Standortgebundenheit der Anlage. Die vom umstrittenen Antennenstandort aus mögliche Abdeckung könne bei einem Verzicht auf die Anlage nur durch den Bau mehrerer neuer Anlagen in der Bauzone erreicht werden. Es sei vertretbar, wenn für das Kabinenhäuschen 15,5 m2 Nichtbauland beansprucht werde.
Eine gegen diesen Entscheid eingereichte Verwaltungsbeschwerde wies der Staatsrat des Kantons Wallis am 10. Februar 2010 ab. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde vom Kantonsgericht mit Urteil vom 18. Juni 2010 abgewiesen.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Juli 2010 beantragen A.________ und die im Rubrum aufgeführten Mitbeteiligten, das Urteil des Kantonsgerichts vom 18. Juni 2010 sei aufzuheben, die Baubewilligung sei zu verweigern und der Sendebetrieb auf der Sendeanlage Fieschertal mittels den nachgerüsteten Sendern und Antennen sei unverzüglich einzustellen. Eventuell sei die Sache zur neuen Bearbeitung durch neutrale Fachleute zurückzuweisen.
D.
Die Swisscom und die kantonale Baukommission beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Kantonsgericht und der Staatsrat schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Mit einer weiteren Eingabe vom 22. September 2010 bringen die Beschwerdeführer vor, die Swisscom verfüge nicht über die für den Betrieb der Anlage erforderlichen Durchleitungsrechte. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) haben auf Äusserungen zur Beschwerde verzichtet. Die Beschwerdeführer halten an ihren Anträgen und Rechtsauffassungen fest.
E.
Mit Präsidialverfügung vom 6. September 2010 wurde ein Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen:
1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft eine Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG für eine Antennenanlage ausserhalb der Bauzone. Er unterliegt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG). Die Beschwerdeführer sind Eigentümer bzw. Mieter von Liegenschaften, welche sich innerhalb des praxisgemäss (BGE 128 II 168) berechneten Einspracheradius befinden. Sie sind als Adressaten des angefochtenen Entscheids vom umstrittenen Vorhaben besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Urteils des Kantonsgerichts (Art. 89 Abs. 1 BGG, BGE 133 II 249 E. 1.3 S. 252 f.).
1.2 Mit Eingabe vom 22. September 2010 teilen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit, die Swisscom verfüge nicht über die für den Betrieb der Anlage erforderlichen Durchleitungsrechte. Mit diesem Vorbringen wird eine neue Tatsache behauptet. Solche neue Vorbringen sind nach Art. 99 Abs. 1 BGG nur zulässig, soweit der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weshalb auf das neue Vorbringen nicht weiter einzugehen ist. Im Übrigen legen die Beschwerdeführer nicht konkret dar, inwiefern die umstrittene Anlage auf die erwähnten Durchleitungsrechte angewiesen ist und welchem Zweck diese dienen sollen. Damit genügt die Eingabe vom 22. September 2010 auch den Anforderungen an die Beschwerdebegründung im Sinne von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht.
1.3 Im Übrigen sind die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt. Auf die Beschwerde ist unter dem Vorbehalt hinreichend begründeter Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG) einzutreten.
2.
Die Beschwerdeführer beanstanden, das Kantonsgericht habe die Standortgebundenheit der umstrittenen Anlage nicht oder nur ungenügend geklärt, es habe sich auf Parteibehauptungen statt auf Expertenmeinungen gestützt und den Beschwerdeführern das rechtliche Gehör weitgehend verweigert.
2.1 Nach Art. 24 RPG können nicht zonenkonforme Bauten und Anlagen und deren Zweckänderungen ausserhalb der Bauzonen bewilligt werden, wenn ihr Zweck einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Das Kantonsgericht hat die umstrittene Antenne unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Mobilfunkantennen als standortgebunden im Sinne von Art. 24 lit. a RPG bezeichnet. Mobilfunkantennen können nach der Rechtsprechung ausnahmsweise auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen sein, wenn eine Deckungs- oder Kapazitätslücke aus funktechnischen Gründen mit einem oder mehreren Standorten innerhalb der Bauzonen nicht in genügender Weise beseitigt werden kann bzw. es bei einem Standort innerhalb der Bauzonen zu einer nicht vertretbaren Störung der in anderen Funkzellen des Netzes verwendeten Frequenzen kommen würde. Nicht ausreichend sind dagegen wirtschaftliche Vorteile des gewählten Standorts (z.B. geringere Landerwerbskosten; voraussichtlich geringere Zahl von Einsprachen) oder zivilrechtliche Gründe für die Standortwahl, wie z.B. die Weigerung von Eigentümern, einer Mobilfunkantenne auf ihren Grundstücken innerhalb der Bauzonen zuzustimmen (BGE 133 II 321 E. 4.3.3 S. 325 f.; 409 E. 4.2 S. 417; je mit Hinweisen).
2.2 Das Kantonsgericht überprüfte als Alternativen zur umstrittenen Antenne verschiedene Standorte, welche von der Beschwerdegegnerin aus verschiedenen Gründen nicht weiter verfolgt wurden. Zu den möglichen Standorten "oberhalb Lax", "oberhalb Bellwald" und "Martina" nimmt die Vorinstanz eingehend Stellung. Sie legt dar, dass mit dem umstrittenen Standort "FIES" in Fieschertal fast das ganze Einzugsgebiet Fieschertal flächendeckend mit einem guten Signal versorgt werden könne, während bei den anderen Standorten Versorgungslücken drohten, welche nur mit weiteren zusätzlichen Anlagen zu schliessen seien. Bei diesen Aussagen stützt sich das Kantonsgericht nicht nur auf die Angaben der Swisscom, sondern auch auf die Ergebnisse der Prüfung durch die zuständigen kantonalen Fachbehörden. Weiter hat es sich mit den von den Beschwerdeführern als unlesbar kritisierten Abdeckungskarten auseinandergesetzt und die Versorgung aufgrund dieser Unterlagen beurteilt. Diese in den Akten liegenden Karten sind entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer hinreichend lesbar, sodass sie als Grundlage der vom Kantonsgericht vorgenommenen Beurteilung dienen können. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Gehörsverweigerung geht fehl. Die Vorinstanz hat die zur Verfügung stehenden Alternativen umfassend geprüft und ist zutreffend zum Schluss gelangt, dass die bei den anderen Standorten drohenden Versorgungslücken mit dem hier umstrittenen Standort weitestgehend vermieden werden können. Der Kritik der Beschwerdeführer an diesem Ergebnis kann nicht gefolgt werden. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG ist mit dem Bundesrecht vereinbar.
3.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Swisscom, die nicht anwaltlich vertreten ist, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. in BGE 133 II 321 nicht publizierte E. 5; Urteile des Bundesgerichts 1A.86/2003 vom 15. Dezember 2003 E. 6.2; 1A.92/2003 vom 15. Dezember 2003 E. 7.2; 1A.18/2004 vom 15. März 2005 E. 7.2). Den beteiligten Behörden, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen, ist ebenfalls keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Munizipalgemeinde Fieschertal, der kantonalen Baukommission Wallis, dem Staatsrat des Kantons Wallis, dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Januar 2011
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Fonjallaz Haag