Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_671/2010
Urteil vom 20. Januar 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Merz.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Plüss,
gegen
Migrationsamt Kanton Aargau,
Rechtsdienst, Kasernenstrasse 21, 5001 Aarau.
Gegenstand
Widerruf bzw. Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 29. Juni 2010.
Erwägungen:
1.
1.1 Der senegalesische Staatsangehörige X.________ (geb. 1970) heiratete am 5. November 2002 die Schweizer Bürgerin A.________ (geb. 1964), worauf ihm am 9. Dezember 2002 eine - letztmals bis zum 30. November 2008 verlängerte - Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Aargau erteilt wurde. Im September 2003 wurde der gemeinsame Sohn B.________ geboren.
1.2 Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs mit Schreiben vom 19. Februar 2008 widerrief das Migrationsamt des Kantons Aargau am 13. August 2008 die Aufenthaltsbewilligung von X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Es hielt insbesondere fest, dass dieser zu insgesamt 16 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei und seit Ende März 2004 nicht mehr in Familiengemeinschaft mit seiner Ehefrau und dem Sohn lebe. Die von X.________ gegen den Widerruf bzw. die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Kanton erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos.
1.3 Mit Beschwerde vom 30. August 2010 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das in dieser Sache im Kanton zuletzt ergangene Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau (im Folgenden: Rekursgericht) vom 29. Juni 2010 aufzuheben und die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
Das kantonale Migrationsamt, das Rekursgericht und - verspätet - das Bundesamt für Migration stellen den Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
2.
Die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers, die ursprünglich widerrufen wurde, ist seit dem 1. Dezember 2008 abgelaufen (vgl. Art. 61 Abs. 1 lit. c AuG [SR 142.20]), weshalb - wie bereits bei der Vorinstanz - einzig die Verweigerung der Bewilligungsverlängerung Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. Soweit der Beschwerdeführer vor Bundesgericht auch den Antrag stellt, die Bewilligung nicht zu widerrufen, ist darauf nicht einzutreten (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2D_125/2008 vom 7. November 2008 E. 2).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er und seine Ehefrau seien zwar nicht in der Lage, einen gemeinsamen Haushalt zu führen. Trotz getrennter Wohnsitze könnten sie die eheliche Gemeinschaft jedoch weiterführen, zumal sie nahe beieinander - in ca. 1,7 km Entfernung - wohnen würden. Demnach sei ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 49 AuG für eine Ausnahme vom Erfordernis des Zusammenwohnens nach Art. 42 Abs. 1 AuG gegeben.
3.2 Auch wenn eine Scheidung der Ehe für die Ehefrau nicht in Betracht kommt, schliesst diese die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft dennoch aus (vgl. die Antworten bzw. Stellungnahmen der Ehefrau vom 19. April und 22. Juni 2009). Angesichts der geringen Kontakte zwischen den Eheleuten, der fehlenden Bemühungen um die Wiederaufnahme der ehelichen Beziehung und der sechsjährigen Dauer ihrer Trennung geht die Vorinstanz in zutreffender Weise davon aus, dass die Familiengemeinschaft seit Jahren nicht mehr besteht und zudem keine wichtigen Gründe nach Art. 49 AuG für das Getrenntleben gegeben sind. Der Beschwerdeführer bringt nichts Geeignetes vor, das die Richtigkeit dieses Schlusses und der ihm zugrundeliegenden Feststellungen erschüttern würde (vgl. Art. 42 Abs. 2, Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 134 I 65 E. 1.3-1.5 S. 67 f.).
4.
4.1 Der Beschwerdeführer beruft sich auch auf Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG sowie auf Art. 8 EMRK. Er meint, es seien wichtige persönliche Gründe für seinen Verbleib gegeben. Dabei weist er vor allem darauf hin, dass er "bestens in der Schweiz integriert" sei und eine enge Beziehung zu seinem Sohn unterhalte.
4.2 Die Vorinstanz erkennt richtig, dass das Vorhandensein von in der Schweiz lebenden Kindern bei den erwähnten Bestimmungen eine wesentliche Rolle spielen kann (vgl. zu Art. 50 AuG: Botschaft vom 8. März 2002 zum AuG, BBl. 2002 S. 3754 Ziff. 1.3.7.6; Urteile des Bundesgerichts 2C_195/2010 vom 23. Juni 2010 E. 6.2 und 2C_635/2009 vom 26. März 2010 E. 5.3; zu Art. 8 EMRK: BGE 120 Ib 1 E. 3c S. 5, 22 E. 4 S. 25 f.; zum Schutz des Privatlebens BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286). Ihren Feststellungen zufolge wird die Betreuung des Sohnes überwiegend von der Kindsmutter wahrgenommen. Während ihrer berufsbedingten Abwesenheit sei das Kind in einer Kinderkrippe. Seiner Vaterrolle werde der Beschwerdeführer mit seinem 14-täglichen Besuchsrecht nur eingeschränkt gerecht. Laut Ehefrau sei er bereit, sich bei ihren gelegentlichen Arbeitseinsätzen am Wochenende "auch mal an einem Samstag oder Freitag" um seinen Sohn zu kümmern. Der Beschwerdeführer habe jedoch nicht dargelegt, inwiefern er effektiv eine intensive und über das normale Besuchsrecht hinaus gehende Beziehung zu seinem Sohn pflege. Deshalb könne er kein Verbleiberecht allein aus der Beziehung zum Kind ableiten.
Der Beschwerdeführer begnügt sich unter pauschalem Hinweis auf die Akten mit der blossen Behauptung, entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen sei von einer intensiven Beziehung zu seinem Sohn auszugehen. Im Übrigen erklärt er nur, er "könne" durch die örtliche Nähe seinen Beitrag bei der Ausübung der elterlichen Sorge leisten und das Kind betreuen. Dass er es auch tatsächlich in intensiver Weise tut, behauptet er hingegen selber nicht. Es ist weder von ihm dargelegt worden noch sonst wie ersichtlich, dass die Feststellungen der Vorinstanz unzutreffend seien (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ). Der Schluss der kantonalen Behörden hinsichtlich der Beziehung zum Kind ist daher nicht zu beanstanden (vgl. auch das erwähnte Urteil 2C_195/2010 E. 6).
4.3 Die Vorinstanz hält schliesslich fest, der Beschwerdeführer sei weder in beruflicher noch in sozialer Hinsicht überdurchschnittlich integriert. Mit Blick auf seine persönliche, namentlich sprachliche, kulturelle und gesundheitliche Situation geht sie auch davon aus, dass keine Probleme zur Wiedereingliederung in seiner Heimat bestehen. Selbst wenn sie seine Aufenthaltsdauer seit 2002 als lange bezeichnet und auch die Beziehung zum Kind berücksichtigt, kommt sie bei ihrer Gesamtbetrachtung zum Schluss, dass ein Anwesenheitsrecht weder nach Art. 8 EMRK noch gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG besteht.
Der Beschwerdeführer meint insoweit bloss, er habe immer hervorragende Arbeitszeugnisse erhalten und könne ohne Weiteres eine Anstellung annehmen, sobald seine Aufenthaltssituation in der Schweiz gesichert sei. Auch wenn dies zutreffen sollte, erweist sich der Schluss der Vorinstanzen als richtig, zumal der Beschwerdeführer zusätzlich den Erlöschens- bzw. Widerrufsgrund nach Art. 51 Abs. 2 lit. b und Art. 62 lit. b AuG (vgl. dazu BGE 135 II 377) erfüllt hat. Neben diversen geringfügigeren Straferkenntnissen, zuletzt vom 2. Dezember 2008, wurde er am 6. November 2007 zu 14 Monaten Freiheitsstrafe unbedingt verurteilt, unter anderem wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ein Teil der Straftaten hatte er nach den zweimaligen Verwarnungen des Migrationsamts vom Januar 2003 und Februar 2005 begangen. Da der Beschwerdeführer bei Einreise in die Schweiz bereits 31 Jahre alt war, kann entgegen seinen Behauptungen nicht von jugendlichem Leichtsinn und Jugendsünden die Rede sein. Sein deliktisches Verhalten widerlegt zudem seine Behauptung, bestens integriert zu sein.
5.
5.1 Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde als offensichtlich unbegründet im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ergänzend wird auf die umfassenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen.
5.2 Diesem Ausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 65 f. BGG). Er hat zwar unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung beantragt. Abgesehen davon, dass er entgegen der entsprechenden Aufforderung die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehefrau nie offen gelegt hat - obwohl die eheliche Gemeinschaft nach seinem Vorbringen nach wie vor Bestand haben soll -, erschien sein Rechtsbegehren auch als aussichtslos (Art. 64 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Januar 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zünd Merz