Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_403/2010
Urteil vom 31. Januar 2011
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Merkli,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Christof Wyss,
gegen
Swisscom AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Wipf,
Gemeinderat Wiesendangen, Gemeindeverwaltung, Postfach, 8542 Wiesendangen.
Gegenstand
Baubewilligung,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 30. Juni 2010
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
1. Abteilung, 1. Kammer.
Sachverhalt:
A.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2007 erteilte der Gemeinderat Wiesendangen der Swisscom AG die Bewilligung zum Bau einer Mobilfunkantenne (Basisstation UMTS). Diese misst 21 m und soll neben das Fernmeldegebäude an der Wannenstrasse auf der Parzelle Kat.-Nr. 2890 zu stehen kommen. Das Baugrundstück liegt in der Zone für öffentliche Bauten.
X.________ und die Schulpflege Wiesendangen erhoben gegen die Baubewilligung Rekurs an die Baurekurskommission IV des Kantons Zürich. Diese hiess die Rechtsmittel mit Entscheid vom 18. Juni 2009 teilweise gut und änderte den Beschluss des Gemeinderats in Bezug auf gewisse Abnahmemessungen. Im Übrigen wies sie die Rekurse ab. Eine von X.________ und der Schulpflege Wiesendangen gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. Juni 2010 ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 14. September 2010 beantragt X.________, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Angelegenheit sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Swisscom AG beantragt primär, gar nicht auf die Beschwerde einzutreten, und eventualiter, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Gemeinderat Wiesendangen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. In seiner Stellungnahme dazu hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen an seinen Anträgen und Rechtsauffassungen fest.
Mit Präsidialverfügung vom 7. Oktober 2010 hat das Bundesgericht der Beschwerde insofern die aufschiebende Wirkung beigelegt, als es zwar nicht den Bau, jedoch die Inbetriebnahme und die Sendetätigkeit der Antenne während des bundesgerichtlichen Verfahrens untersagte.
Erwägungen:
1.
Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage, welcher der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (Art. 82 ff. BGG). Der Beschwerdeführer wohnt unbestrittenermassen innerhalb des Perimeters, in dem die Strahlung noch 10 % des Anlagegrenzwerts beträgt. Er ist deshalb gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert ( Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ; BGE 128 II 168 E. 2 S. 169 ff. mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Verwaltungsgericht habe auf die Durchführung des beantragten Augenscheins verzichtet und sich stattdessen auf die Erkenntnisse der Baurekurskommission gestützt. Nun sei aber das Bauprojekt beim Augenschein der Baurekurskommission nicht korrekt ausgesteckt gewesen. Nach Schätzung des Beschwerdeführers sei die Aussteckung 6 m zu tief gewesen, nach Schätzung der Beschwerdegegnerin immerhin 3 m zu tief. Dieser Mangel sei insofern von Bedeutung, als die Vorinstanz in Erwägung 7.7 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, im Zeitpunkt des Augenscheins der Baurekurskommission seien die unteren zwei Drittel des Masts teilweise durch die zwischen dem Fernmeldegebäude und der Grundstücksgrenze zum Kindergarten stehende Baumgruppe verdeckt gewesen. Diese Feststellung wäre wohl bei korrekter Aussteckung anders ausgefallen. Zur korrekten Beurteilung der Einordnung und der Zonenkonformität wäre ein Augenschein notwendig gewesen.
2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat die Durchführung eines Augenscheins mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass ein solcher bereits am 18. März 2009 im Verfahren vor der Baurekurskommission stattgefunden habe. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse, aber auch die in den Akten befindlichen Fotografien und Pläne würden den Sachverhalt hinreichend erschliessen.
Bei der Prüfung der Frage, ob das Verwaltungsgericht verpflichtet war, einen Augenschein durchzuführen, ist dessen Kognition zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung der Einordnung kommt der kommunalen Baubehörde ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, den das Verwaltungsgericht (wie auch die Baurekurskommission) zu respektieren hatte (Urteil 1C_102/2010 vom 11. November 2010 E. 3.3 mit Hinweis). Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht als willkürlich, dass das Verwaltungsgericht die bereits in den Akten befindlichen Unterlagen als ausreichend ansah. Diese Unterlagen bestehen neben dem erwähnten Augenscheinsprotokoll aus diversen Projekts- und Ortsplänen sowie aus einer Anzahl von Fotografien und Fotomontagen, die es erlauben, die Wirkung der geplanten Antenne aus verschiedenen Perspektiven zu beurteilen. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass im angefochtenen Entscheid in Bezug auf die Aussage, die unteren zwei Drittel des Masts würden durch die bestehende Vegetation verdeckt, auf den Entscheid der Baurekurskommission verwiesen wurde. Vielmehr bezog sich das Verwaltungsgericht auf die in den Akten befindlichen Fotos (welche, wie erwähnt, auch Montagen enthalten). Dass diese in Bezug auf die erwähnte Aussage ein falsches Bild abgeben würden, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Schliesslich ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher dargelegt, weshalb sich der Sachverhalt zur Beurteilung der Zonenkonformität des Bauvorhabens nicht hinreichend aus den Akten ergeben sollte. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich deshalb als unbegründet.
3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt weiter, der angefochtene Entscheid verletze Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451). In einer Entfernung von knapp 30 m vom geplanten Antennenstandort befinde sich eine unter Schutz gestellte Rosskastanie und in einer Entfernung von rund 40 m eine unter Schutz gestellte Feldahorngruppe. Der Schutzzweck bestehe in der Erhaltung der Einzelbäume und Baumbestände als belebende Akzente in der Landschaft. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz werde dieser Schutzzweck durch die Mobilfunkantenne wenn nicht beeinträchtigt, so doch zumindest gefährdet.
3.2 Die Erteilung einer Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage ist eine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 2 NHG, weshalb die zuständigen Behörden zur Schonung der in Art. 3 Abs. 1 NHG genannten Schutzobjekte verpflichtet sind (BGE 131 II 545 E. 2.2 S. 547 f. mit Hinweisen). Art. 3 NHG bestimmt, dass der Bund, seine Anstalten und Betriebe sowie die Kantone bei der Erfüllung von Bundesaufgaben dafür sorgen, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben (Abs. 1). Sie erfüllen diese Pflicht unter anderem, indem sie Konzessionen und Bewilligungen nur unter Bedingungen oder Auflagen erteilen oder aber verweigern (Abs. 2 lit. b). Diese Pflicht gilt unabhängig von der Bedeutung des Objekts im Sinne von Art. 4 NHG; eine Massnahme darf jedoch nicht weitergehen, als es der Schutz des Objekts und seiner Umgebung erfordert (Abs. 3).
Grundsätzlich beurteilt das Bundesgericht die sich in diesem Rahmen stellenden Rechtsfragen frei. Es auferlegt sich aber praxisgemäss Zurückhaltung, wenn örtliche Verhältnisse zu beurteilen sind, welche die Vorinstanzen besser kennen als das Bundesgericht (BGE 112 Ib 280 E. 8b S. 295 mit Hinweisen; 117 Ib 285 E. 4 S. 293). Dies ist auch auf dem Gebiet des Natur- und Heimatschutzes geboten, namentlich wenn es wie im vorliegenden Fall nicht um Objekte von nationaler, sondern von regionaler oder lokaler Bedeutung geht, deren Schutzwürdigkeit in erster Linie von den zuständigen kantonalen bzw. kommunalen Instanzen zu beurteilen ist (BGE 120 Ia 270 E. 3b S. 275; Urteil 1A.6/2005 vom 15. August 2005 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 131 II 545).
Die Vorinstanz führt aus, auf den Inventarblättern werde als Schutzziel das "Erhalten und Entwickeln als bedeutende Baugruppe/Baumgestalt auf öffentlichem Grund im Bereich künftiger Baugebiete" genannt. Diese Schutzziele würden durch die Erstellung der streitbetroffenen UMTS-Basisstation nicht geschmälert, befänden sich doch die geschützten Bäume knapp 30 bzw. 40 m vom Bauvorhaben entfernt und würden aufgrund dieser klaren räumlichen Trennung durch das Erstellen der projektierten UMTS-Basisstation nicht beeinträchtigt. Würden aber die Schutzziele durch ein Bauvorhaben nicht tangiert, so sei auch keine Interessenabwägung im Sinne von Art. 3 NHG erforderlich.
Diese Auffassung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Verordnung vom 25. Juni 1987 der Politischen Gemeinde Wiesendangen über den Natur- und Landschaftsschutz (Schutzverordnung) sieht unter dem Titel "Schutzziele" vor, dass bei Einzelbäumen und Baumbeständen der Schutzzweck in der Erhaltung als belebende Akzente in der Landschaft bestehe (Ziff. 2.6 Schutzverordnung). Als Schutzanordnung werden das Beseitigen der Einzelbäume und Baumgruppen sowie alle Massnahmen, die die Schutzobjekte zerstören, schädigen, beeinträchtigen oder sonst wie das Schutzziel gefährden können, verboten (Ziff. 3.3 Schutzverordnung). Es ist nicht zu beanstanden, vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks nur dann von einer Beeinträchtigung oder Gefährdung auszugehen, wenn der räumliche Bezug sehr eng ist. Ob angesichts des Abstands von knapp 30 m in Bezug auf die Rosskastanie allenfalls von einer marginalen Beeinträchtigung gesprochen werden könnte, kann offen bleiben. Jedenfalls überwiegt das Interesse an einer leistungsfähigen Mobilfunkversorgung. Die Nachfrage nach Mobilfunkdiensten erfordert den Bau von Mobilfunkantennen, welche die Dächer überragen müssen, um ihre Funktion zu erfüllen (vgl. dazu etwa Urteil 1C_118/2010 vom 20. Oktober 2010 E. 6.4 mit Hinweis). Die Rüge der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 NHG erweist sich deshalb als unbegründet.
4.
4.1 Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, der angefochtene Entscheid verletze Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG (SR 700), weil das Bauvorhaben nicht zonenkonform sei. Gemäss § 60 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (Planungs- und Baugesetz; LS 700.1) könnten einer Zone für öffentliche Bauten Grundstücke zugewiesen werden, die von ihren Eigentümern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt würden. Ein öffentliches Interesse an einer qualitativ hochstehenden Versorgung mit Mobilfunkdiensten lasse sich aber aus dem geltenden Fernmelderecht nicht ableiten. Es handle sich also bei der Mobilfunkversorgung auch nicht um eine öffentliche Aufgabe. Dies gelte umso mehr, als der mit den Mobilfunkkonzessionen geforderte Abdeckungsgrad schon längst erreicht sei und als die projektierte UMTS-Basisstation weit mehr als nur das Baugebiet von Wiesendangen abdecke.
4.2 Die Vorinstanz führt diesbezüglich aus, die Mobiltelefonie stehe in einem engen Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies gelte unabhängig davon, ob der in den Mobilfunkkonzessionen vorgeschriebene Abdeckungsgrad bereits erreicht sei. Zudem sei wegen des Umstands, dass die Abdeckung wohl teilweise über das Baugebiet hinausreiche, nicht die Zonenkonformität zu verneinen.
4.3 Mobilfunkantennen sind als Infrastrukturbauten in Bauzonen zulässig, wenn ein Bezug zu den Zonenflächen besteht, auf welchen sie erstellt werden sollen (Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG). Sie sind in diesem Sinne in der Bauzone grundsätzlich zonenkonform, soweit sie im Wesentlichen der Abdeckung derselben dienen (BGE 133 II 321 E. 4.3.1 und 4.3.2 S. 324 f. mit Hinweisen, 353 E. 4.2 S. 360; Urteil 1C_378/2008 vom 27. Januar 2009 E. 4.2). Nicht erforderlich ist somit zum einen, dass die Mobilfunkantenne einzig dem Bauzonenteil dient, in welchem sie errichtet werden soll. Zum andern ist zulässig, dass ein Teil der betreffenden Funkzelle das Nichtbaugebiet erfasst (Urteil 1C_106/2010 vom 19. Oktober 2010 E. 4.4.1). Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz deckt die Mobilfunkantenne neben der Zone für öffentliche Bauten auch die Wohnzone ab, in welche die Zone für öffentliche Bauten eingebettet ist. Teilweise würden wohl auch gewisse Bereiche ausserhalb der Bauzone erfasst, was primär im zellenförmigen Aufbau des Mobilfunknetzes begründet liege. Nach den dargelegten Kriterien beurteilt erweist sich die Voraussetzung der Zonenkonformität unter diesen Umständen als erfüllt.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt die Versorgung mit Mobilfunkdiensten zudem sehr wohl im öffentlichen Interesse (siehe E. 3.2 hiervor). Schliesslich ist ein Bedürfnisnachweis bei der Errichtung von Mobilfunkantennen innerhalb der Bauzone nicht erforderlich (Urteil 1A.162/2004 vom 3. Mai 2005 E. 4 mit Hinweisen). Es ist somit unmassgeblich, ob der von den Mobilfunkkonzessionen geforderte Abdeckungsgrad schon erreicht ist.
Die Vorinstanz verletzte somit kein Bundesrecht, wenn sie die Zonenkonformität im vorliegenden Fall bejahte. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich damit als unbegründet.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Diesem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat der obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin eine dem Aufwand entsprechende Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Wiesendangen und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Januar 2011
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Fonjallaz Dold