Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_695/2010
Urteil vom 4. April 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Seiler, Donzallaz,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Errass.
Verfahrensbeteiligte
Gemeinde Hirzel, vertreten durch die Grundsteuerkommission, Bergstrasse 6, 8816 Hirzel,
Beschwerdeführerin,
gegen
X.________,
vertreten durch SwissInterTax AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Grundstückgewinnsteuer,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
2. Abteilung, vom 7. Juli 2010.
Sachverhalt:
A.
Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 7. Juli 2008 übertrug X.________ ihrem Ehemann, Y.________, die Hälfte ihres Grundstücks Kat. Nr. 3091 in der Gemeinde Hirzel zu Miteigentum. Sie selbst hatte das Grundstück mit Vertrag vom 6. März 2006 von ihren Eltern als Erbvorbezug erworben. Dabei hatte sie diesen Fr. 140'000.-- zu überweisen, die von ihrem Ehemann aufgebracht wurden. Auf dem Grundstück Kat. Nr. 3091 hatte X.________ in der Folge einen Neubau realisiert, an welchen Y.________ weitere Fr. 120'000.-- beisteuerte. Beim Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch Y.________ wurden seine Beiträge von insgesamt Fr. 260'000.-- getilgt, und zudem übernahm er von der aufhaftenden Grundpfandschuld einen Teilbetrag von Fr. 382'750.--.
B.
Die Ehegatten X.________ und Y.________ beantragten im Grundsteuerverfahren den Aufschub der Grundstückgewinnsteuer und legten die Zustimmungserklärung bei. Mit Verfügung vom 6. November 2008 veranlagte die Grundsteuerkommission Hirzel unter Ablehnung des Steueraufschubs einen Grundstückgewinn von Fr. 139'300.-- und eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 22'560.--. Die dagegen erhobene Einsprache der Ehegatten hiess die Grundsteuerkommission Hirzel am 30. Juni 2009 teilweise gut und reduzierte den steuerbaren Grundstückgewinn auf Fr. 106'877.80 unter Anrechnung zusätzlicher Aufwendungen. Die gestützt darauf geschuldete Grundstückgewinnsteuer betrug Fr. 16'060.--. Den hiergegen erhobenen Rekurs der Ehegatten hiess die Steuerrekurskommission III des Kantons Zürich mit Entscheid vom 2. Dezember 2009 gut und hob den Einsprachebeschluss der Grundsteuerkommission Hirzel unter Gewährung des Steueraufschubs auf. Dagegen hat die Gemeinde Hirzel erfolglos Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich geführt.
C.
Vor Bundesgericht beantragt die Gemeinde Hirzel, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2010 aufzuheben, die Grundstückgewinnsteuer gemäss Einsprachebeschluss auf Fr. 16'060.-- festzusetzen und eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie rügt eine Verletzung des Steuerharmonisierungsgesetzes (Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG).
D.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und die Beschwerdegegnerin beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, während das Kantonale Steueramt Zürich sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung deren Gutheissung beantragen.
Erwägungen:
1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 Abs. 1 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG in Verbindung mit Art. 73 StHG [SR 642.14]).
1.2 Die Gemeinde Hirzel bzw. deren Grundsteuerkommission ist zur Ergreifung dieses Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 StHG i.V.m. § 214 des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 [StG/ZH; LS 631.1] i.V.m. § 210 Abs. 1 StG/ZH; vgl. auch Urteil 2C_776/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2, in: ZStP 19 (2010), S. 271 ff., 273 f.). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten.
1.3 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).
1.4 Die Beschwerdegegnerin hält vorab dafür, auf die Beschwerde könne nicht eingetreten werden, weil die Begründungsanforderungen nach Art. 42 BGG nicht erfüllt seien. Die Beschwerdeführerin setze sich mit der Frage, ob auf dem übertragenen Miteigentumsanteil effektiv ein Mehrwert gemäss Art. 206 ZGB angewachsen sei, nicht auseinander. Im Abtretungsvertrag vom 7. Juli 2008 wird indes nur festgestellt, dass Y.________ an den Grundstückserwerb den Betrag von Fr. 260'000.-- beigesteuert habe. Für diese investierten Eigenmittel stehe ihm "ein güterrechtlicher Anspruch gemäss Art. 206 Abs. 1 ZGB als Ersatzforderung im entsprechenden Betrag gegenüber der Ehefrau X.________ zu" (vgl. auch III. 2. dieses Vertrags). Von einem eigentlichen "Mehrwert", welcher zugleich abgegolten werden sollte, ist dort nicht die Rede. Deshalb musste sich auch die Beschwerdeführerin nicht mit dieser Frage näher auseinandersetzen. Von einer Verletzung der Begründungspflicht kann daher keine Rede sein.
2.
2.1 Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen nach Art. 12 Abs. 1 StHG von Bundesrechts wegen Gewinne, die sich bei Veräusserung eines Grundstückes des Privatvermögens oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie von Anteilen daran ergeben; der steuerbare Grundstückgewinn besteht aus der Differenz zwischen Erlös und Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen). Nach Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG wird freilich die Besteuerung aufgeschoben bei:
"Eigentumswechsel unter Ehegatten im Zusammenhang mit dem Güterrecht, sowie zur Abgeltung ausserordentlicher Beiträge eines Ehegatten an den Unterhalt der Familie (Art. 165 ZGB) und scheidungsrechtlicher Ansprüche, sofern beide Ehegatten einverstanden sind;"
Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG ist mit § 216 Abs. 3 lit. b StG/ZH praktisch identisch (Fehlen eines Kommas nach dem ersten Satzteil). Nach dem Kreisschreiben der zürcherischen Finanzdirektion vom 19. Juni 2001 über den Aufschub der Grundstückgewinnsteuer bei Handänderungen unter Ehegatten und die Befreiung von der Handänderungssteuer bei Handänderungen zwischen Ehegatten sowie zwischen Eltern und Nachkommen (in: StR 2001, S. 859 ff.) ist zwischen güter- und scheidungsrechtlichen Ansprüchen sowie ausserordentlichen Beiträgen im Sinne von Art. 165 ZGB zu unterscheiden. Bezüglich der erstgenannten Ansprüche wird ausgeführt (S. 859):
"Güterrechtliche Ansprüche entstehen bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung, also wenn ein Güterstand zufolge Tod, Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe, durch Vereinbarung eines anderen Güterstandes oder durch gesetzliche oder gerichtliche Anordnung der Gütertrennung aufgelöst wird. Ebenfalls unter den Begriff der "güterrechtlichen Ansprüche" nach § 216 Abs. 3 lit. b StG fällt der Anspruch auf Abgeltung von Mehrwertanteilen (Art. 206 ZGB), auch wenn er während der Ehe und ohne Änderung des Güterstandes fällig wird."
2.2 Vorliegend ist unbestritten, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils der Beschwerdegegnerin an ihren Ehemann nicht im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung bzw. einer Änderung des Güterstandes erfolgte. Nach dem Kreisschreiben wäre unter dieser Voraussetzung ein Steueraufschub nur möglich, wenn es um einen "Anspruch auf Abgeltung von Mehrwertanteilen (Art. 206 ZGB)" gegangen wäre. Da aber gar keine Mehrwerte abzugelten waren, sei - wie die Beschwerdeführerin moniert - Art. 206 ZGB gar nicht anwendbar, weshalb ein so begründeter Steueraufschub (auch) nicht gewährt werden könne. Nur wenn neben der privatrechtlichen Grundforderung, an welche Art. 206 ZGB anknüpfe, ein Mehrwert resultiere, sei Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG anwendbar.
2.3 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Grundforderung, welche die unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung von Art. 206 ZGB bildet, in der überwiegenden Zivilrechtsliteratur keineswegs völlig losgelöst vom Mehrwertausgleich gesehen wird (vgl. Peter Locher, Steuerliche Behandlung vermögenswerter Leistungen unter Ehegatten nach neuem Eherecht, in: BTJP 1987, 1988, S. 225 ff., insbesondere S. 236 und die in FN. 36 angegebene Literatur; vgl. auch Heinz Hausheer/Regina Aebi-Müller, in: Honsell/Vogt/Geiser [Hrsg.], Zivilgesetzbuch, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 206). Entscheidend ist nur, dass es sich um eine Leistung handelt, ohne dass eine Gegenleistung vereinbart wird oder eine Schenkung beabsichtigt ist (vgl. BGE 131 III 252 E. 3.2 S. 255). Solche typisch familienrechtlichen "Hilfeleistungen" fallen in den Anwendungsbereich von Art. 206 ZGB, und zwar Grundforderung wie auch Mehrwertausgleich. Wenn daher in der öffentlichen Urkunde vom 7. Juli 2008 ausgeführt wird, für die investierten Eigenmittel stehe Y.________ "ein güterrechtlicher Anspruch gemäss Art. 206 Abs. 1 ZGB als Ersatzforderung im entsprechenden Betrag gegenüber der Ehefrau X.________ zu", ist diese Aussage durchaus korrekt.
2.4 Im Übrigen erweist sich das zitierte Kreisschreiben als zu restriktiv. Denn Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG spricht nicht von "güterrechtlichen Ansprüchen", sondern von "Eigentumswechsel unter Ehegatten im Zusammenhang mit dem Güterrecht" ("transfert de propriété entre époux en rapport avec le régime matrimonial", "trapasso della proprietà tra coniugi in connessione con il regime matrimoniale") und verwendet damit eine unpräzise Umschreibung. Dies ist auch nicht weiter erstaunlich, bildet doch diese Steueraufschubnorm ein wenig reflektiertes Nebenprodukt der Revision des Scheidungsrechts (Peter Locher, Grundstückgewinnsteueraufschub beim Handwechsel von Grundstücken unter Ehegatten, in: Privatrecht im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Wandel und ethischer Verantwortung, Festschrift für Heinz Hausheer zum 65. Geburtstag [FS Hausherr], 2002, S. 377 ff.). Nachdem die Beschwerdegegnerin beim Erwerb und Neubau ihres Grundstücks vom Ehemann unentgeltlich finanziell unterstützt worden war, und sie diesen für seine "Hilfeleistung" mit dem hälftigen Miteigentumsanteil abfinden wollte, lag durchaus ein "Eigentumswechsel unter Ehegatten im Zusammenhang mit dem Güterrecht" vor. Selbst wenn sich diese Abfindung nicht auf Art. 206 ZGB abstützen liesse, ist die vorliegende Handänderung unter Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG bzw. § 216 Abs. 3 lit. b StG/ZH zu subsumieren. Der Umstand, dass hier weder eine Auflösung der Ehe noch ein Güterstandwechsel vorliegt, spielt nach dem Gesetz keine Rolle (a.M. Bernhard Zwahlen, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht [I/1], Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl. 2002, N. 64 zu Art. 12 StHG; Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Hans Ulrich Meuter, Kommentar zum harmonisierten Züricher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, Rz. 199 zu § 216 StG ZH; beide ohne Begründung). Ausschlaggebend ist die ratio legis, wonach eine "vernünftige Bereinigung der finanziellen Verhältnisse" (der Partner) nicht durch steuerliche Zugriffe erschwert werden soll (vgl. Locher, FS Hausheer, a.a.O., S. 378). Zudem steht die vorliegende "Bereinigung des Güterrechts" mittels Grundstückshandänderung entsprechend Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG offensichtlich in güterrechtlichem Zusammenhang. Dass die Beschwerdegegnerin mit ihrem Vorgehen rechtsmissbräuchliche Ziele verfolgt hat, behauptet die Beschwerdeführerin zu Recht nicht; Hinweise dazu sind auch keine ersichtlich.
Nachdem die Zustimmungserklärung der Ehegatten nach Art. 12 Abs. 3 lit. b StHG bzw. § 216 Abs. 3 lit. b StG/ZH vorliegt, steht der Gewährung des Steueraufschubs nichts im Wege.
3.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin, die Vermögensinteressen verfolgt, aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Diese hat der Beschwerdegegnerin zudem eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und dem Kantonalen Steueramt Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. April 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zünd Errass