BGer 8C_353/2011
 
BGer 8C_353/2011 vom 03.06.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
8C_353/2011
Urteil vom 3. Juni 2011
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
 
Verfahrensbeteiligte
Z.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick F. Wagner,
Beschwerdeführer,
gegen
SUVA, Abteilung Militärversicherung, Laupenstrasse 11, 3008 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Militärversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. März 2011.
Sachverhalt:
A.
Der 1982 geborene Z.________ ist gelernter Detailhandelsangestellter. Im März 2004 stürzte er während der Absolvierung der Rekrutenschule und zog sich dabei eine schräge, proximale Scaphoidfraktur ohne Dislokation im linken Handgelenk zu. Die Militärversicherung erbrachte Versicherungsleistungen. Auf Anfrage des Z.________ teilte ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Abteilung Militärversicherung (nachfolgend: SUVA-MV), am 7. September 2007 unter Hinweis auf die anlässlich der letzten Kontrolle im März 2007 festgestellte Beschwerdefreiheit bei reizlosem Handgelenk mit, der Fall gelte als abgeschlossen. Mit Schreiben vom 27. November 2007 und 29. Januar 2008 informierte Z.________ die SUVA-MV darüber, dass er im August 2005 in Eigeninitiative eine Umschulung begonnen habe, machte einen Taggeld- und/oder einen Umschulungsrentenanspruch geltend und verlangte die Übernahme der Umschulungskosten durch die Militärversicherung. Am 22. April 2008 verfügte die SUVA-MV eine Integritätsschadenrente, basierend auf einem Integritätsschaden von 2,5 %, und verneinte einen Anspruch auf Leistungen im Zusammenhang mit der Umschulung. Die von Z.________ gegen die Leistungsablehnung bezüglich Umschulung geführte Einsprache wies die SUVA-MV ab (Einspracheentscheid vom 21. Juni 2010).
B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau lehnte die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 17. März 2011).
C.
Z.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, die SUVA-MV sei zu verurteilen, ihm die gesetzlichen Leistungen ("Vergütung der Kosten seiner vom August 2005 bis Juli 2008 absolvierten Umschulung zum kaufmännischen Angestellten sowie Übernahme der damit zusammenhängenden Verdiensteinbusse durch Leistung von Taggeldern oder einer Umschulungsrente") auszurichten, und die Sache sei zu deren Berechnung an die Verwaltung zurückzuweisen; eventuell sei die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389 mit Hinweisen; Urteil 8C_934/2008 vom 17. März 2009 E. 1, nicht publ. in: BGE 135 V 194, aber in: SVR 2009 UV Nr. 35 S. 120). Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Umschulung hat. Demgegenüber wurde die am 22. April 2008 verfügte Integritätsschadenrente nicht angefochten.
3.
Gemäss Art. 37 Abs. 1 MVG hat der Versicherte Anspruch darauf, sich für eine neue Erwerbstätigkeit umschulen zu lassen, wenn dies infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesentlich verbessert werden kann. Die Militärversicherung übernimmt die Kosten der Umschulung, insbesondere die Kosten für Schulgelder, Lehrmittel, Berufsgeräte, Berufskleider, auswärtige Unterkunft und Verpflegung sowie die Reisekosten und die Verdiensteinbusse; die Verdiensteinbusse wird durch Taggeld oder eine Umschulungsrente entschädigt (Art. 37 Abs. 3 MVG).
4.
4.1 Es steht fest, dass aufgrund der unfallbedingten Gesundheitsschädigung an der adominanten linken Hand keine Tätigkeiten mehr zumutbar sind, welche mit erheblichen Kraftanstrengungen verbunden sind, und namentlich das Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm mit der linken Hand ungünstig ist. Das kantonale Gericht ist der Ansicht, selbst wenn davon ausgegangen werde, dass der Beschwerdeführer eine Beschäftigung im Detailhandel nicht mehr ausüben könne, liege keine Erwerbseinbusse oder zumindest kein Invaliditätsgrad in der Höhe von 20 % vor. Der Anspruch auf Kostenübernahme für eine Umschulung zum kaufmännischen Angestellten sei daher von der Beschwerdegegnerin zu Recht verneint worden.
4.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen diese Betrachtungsweise nicht in Zweifel zu ziehen. Soweit er geltend macht, die Voraussetzungen zur Gewährung von Umschulungsleistungen nach Art. 37 Abs. 1 MVG sollten grosszügiger ausgelegt werden als nach Art. 17 Abs. 1 IVG, da die Militärversicherung nicht überschuldet sei und es keinen politischen Willen gebe, deren Leistungen durch eine restriktivere Praxis abzubauen oder die Wehrleute gleich "schlecht" zu behandeln wie die Personen, welche Leistungen der Invalidenversicherung beziehen wollen, kann ihm nicht gefolgt werden. Er verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf BGE 130 V 488. In diesem Urteil hat das damals zuständige Eidgenössische Versicherungsgericht festgehalten, dass die Rechtsprechung zu Art. 17 IVG in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung, wonach für den Anspruch auf Umschulung unter anderem vorausgesetzt ist, dass der dauernde invaliditätsbedingte Minderverdienst ungefähr 20 % beträgt, im Rahmen von Art. 37 Abs. 1 MVG analoge Anwendung findet. Diese Praxis gilt unter dem seit 1. Januar 2004 (4. IV-Revision) in Kraft stehenden Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 IVG und Art. 6 Abs. 1 IVV weiterhin, auch wenn in den abgeänderten Bestimmungen nur noch von einer Verbesserung (und nicht mehr von einer wesentlichen Verbesserung) der Erwerbsfähigkeit die Rede ist (SVR 2006 IV Nr. 15 S. 53 E. 2, I 18/05). Es ist nicht einzusehen, aus welchen Gründen in der Militärversicherung - im Gegensatz zur Invalidenversicherung - eine Lockerung der bisherigen Rechtsprechung zur verlangten Erheblichkeitsschwelle (vgl. immerhin SVR 2010 IV Nr. 52 S. 160 E. 4.5, 9C_125/2009) stattfinden soll, nachdem in Art. 37 Abs. 1 MVG unverändert eine wesentliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit vorausgesetzt wird.
Der Beschwerdeführer lässt ferner einwenden, ohne Umschulung zum kaufmännischen Angestellten könnte er heute bestenfalls als ungelernter Hilfsarbeiter in einer nicht manuellen Beschäftigung eingesetzt werden. Da solche Stellen kaum zu finden seien, wäre er aktuell arbeitslos oder schon ausgesteuert. Sein Einkommen wäre mit Sicherheit um 20 % tiefer als in seiner Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter. Für diese offensichtliche Erkenntnis brauche es keine Tabellen. Dieses Argument ist nicht stichhaltig. Das kantonale Gericht lässt offen, ob der Versicherte mit seinen Beschwerden an der linken Hand tatsächlich nicht mehr im Detailhandel arbeiten kann. Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, es seien lediglich noch einfache Hilfstätigkeiten zumutbar, resultiert nach den nicht zu beanstandenden Berechnungen der Vorinstanz eine Invalidität von höchstens 9 %, womit kein Umschulungsanspruch gegeben ist. Da dem Versicherten mit Blick auf das Handleiden auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt noch eine genügende Vielfalt von Beschäftigungsmöglichkeiten offensteht, und der in solchen Tätigkeiten zu erwartende Verdienst im Vergleich zum hypothetischen Valideneinkommen keine Erwerbseinbusse bzw. je nach Berechnungsart eine Erwerbseinbusse von weit unter 20 % ergibt, führt sein Einwand, er würde ohne Umschulung "mit Sicherheit" um 20 % weniger verdienen, ins Leere. Bei diesem Ergebnis erübrigen sich Weiterungen zur Frage, ob das Vorgehen des Beschwerdeführers korrekt war, als er im August 2005, ohne vorab die Beschwerdegegnerin zu informieren und ein Gesuch zu stellen, die Umschulung zum kaufmännischen Angestellten begonnen hatte.
5.
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG, ohne Durchführung eines Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung, erledigt.
6.
Die Gerichtskosten sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 3. Juni 2011
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Berger Götz