BGer 2C_135/2011
 
BGer 2C_135/2011 vom 08.08.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_135/2011
Urteil vom 8. August 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Zähndler.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Affentranger,
gegen
Amt für Migration des Kantons Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 4. Januar 2011.
Erwägungen:
1.
Der 1985 geborene kosovarische Staatsangehörige X.________ reiste 1994 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein. Im Jahr 1997 erhielt er hier die Niederlassungsbewilligung.
Während seines Aufenthaltes in der Schweiz wurde X.________ in erheblichem Ausmass straffällig: In den Jahren 2001 bis 2010 wurde er insgesamt über 40 mal gerichtlich verurteilt, oftmals wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruches, aber auch wegen Raubes, Betruges, Veruntreuung, Hehlerei, Tätlichkeiten, verbotenem Waffentragen sowie wegen zahlreichen Strassenverkehrs- und Betreibungsdelikten. Besonders ins Gewicht fällt dabei das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 30. Mai 2007, mit welchem X.________ wegen mehrfachen Raubes und Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt wurde. Gegen X.________ bestehen zudem Betreibungen und Verlustscheine in beträchtlicher Höhe.
Nachdem es X.________ mit Verfügung vom 14. Mai 2004 bereits verwarnt und ihm schwerwiegende fremdenpolizeiliche Massnahmen angedroht hatte, widerrief das kantonale Migrationsamt am 26. August 2009 dessen Niederlassungsbewilligung. Die hiergegen gerichteten Beschwerden von X.________ wurden vom Justiz- und Sicherheitsdepartement (Entscheid vom 28. Januar 2010) sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (Urteil vom 4. Januar 2011) abgewiesen.
2.
Die von X.________ beim Bundesgericht eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Januar 2011 ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung zu erledigen ist:
2.1 Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als "längerfristig" gilt jede Freiheitsstrafe, deren Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Dieses Erfordernis ist hier offensichtlich erfüllt.
2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch nicht, dass er durch sein Verhalten diesen Widerrufsgrund gesetzt hat. Im Wesentlichen beruft er sich einzig darauf, dass ein Bewilligungswiderruf unverhältnismässig sei. Die erhobene Rüge geht jedoch ins Leere: Richtig ist wohl, dass ein Widerruf der Bewilligung aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss. Dies hat das Verwaltungsgericht aber nicht verkannt, sondern es hat die hier massgeblichen öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Beschwerdeführers und dessen private Interessen an einem Verbleib in der Schweiz in sachgerechter Weise gewürdigt und es für zumutbar erachtet, dass der Beschwerdeführer in seine Heimat zurückkehrt.
2.3 Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden: Die Vielzahl der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und die lange Dauer seiner Delinquenz lässt auf ein ganz erhebliches Verschulden und auf eine inakzeptable Geringschätzung der schweizerischen Rechtsordnung schliessen. Da er sich weder von jugendstrafrechtlichen Sanktionen noch von diversen Geld- und Freiheitsstrafen oder einer fremdenpolizeilichen Verwarnung von der Verübung weiterer Delikte abhalten liess, sondern seine kriminellen Handlungen im Gegenteil immer gravierender wurden, entsteht vom Beschwerdeführer der Eindruck eines unverbesserlichen Gewohnheitsdelinquenten, bei welchem sämtliche in einem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Sanktionen wirkungslos sind. Bei dieser Sachlage dufte die Vorinstanz den im Streit liegenden Bewilligungswiderruf - trotz der auch von ihr anerkannten Schwierigkeiten des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Kosovo - bestätigen, ohne hierdurch Bundesrecht zu verletzen.
2.4 Die dagegen vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht: Insbesondere kann dem Beschwerdeführer insoweit nicht gefolgt werden, als er behauptet, sich seit seiner Entlassung aus dem Strafvollzug im November 2009 gebessert zu haben und nicht mehr deliktisch tätig zu sein: Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, delinquierte der Beschwerdeführer gleich nach der Haftentlassung erneut und wiederholt, was zu weiteren Verurteilungen führte. Zwar trifft es zu, dass es sich dabei nicht um schwerwiegende Straftaten handelte; dennoch lässt der Umstand, dass es dem Beschwerdeführer offensichtlich nicht gelingt, sich auch nur für kurze Zeit vollumfänglich an die hier geltenden Gesetze und Regeln zu halten, seine gegenteiligen Beteuerungen als unglaubhaft erscheinen. Soweit der Beschwerdeführer ferner die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz als unvollständig oder unzutreffend bezeichnet, sind seine Ausführungen nicht zu hören: Voraussetzung einer Sachverhaltsrüge ist, dass die Behebung des behaupteten Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Dies ist hier nicht der Fall: Angesichts des Ausmasses der Delinquenz des Beschwerdeführers erscheint es namentlich nicht als massgeblich, ob die Vorinstanz statt von einem unbefristeten nur von einem befristeten gegenwärtigen Arbeitsverhältnis ausgegangen ist, ob sie das Arbeitszeugnis eines früheren Arbeitgebers in ihren Erwägungen ausdrücklich erwähnt hat oder ob sie berücksichtigte, dass der Beschwerdeführer als Folge einer nun bestehenden Lohnpfändung mittlerweile einen Teil seiner Schulden begleichen kann. Gänzlich unbedeutend für den Ausgang des Verfahrens ist schliesslich der Einwand, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer eine Verkehrstherapie absolviert habe und nun wieder zur theoretischen Führerprüfung zugelassen sei.
2.5 Soweit sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinen Vorbringen auch das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens anruft, kann seiner Rüge ebenfalls nicht gefolgt werden: Auf den Schutz seines Familienlebens kann sich der längst erwachsene, ledige Beschwerdeführer nicht berufen, zumal er das Bestehen eines aussergewöhnlich engen Verhältnisses zu seinen Geschwistern und zu seinen Eltern zwar pauschal behauptet, nicht jedoch hinreichend substantiiert. Aus dem Anspruch auf Schutz des Privatlebens ergibt sich ein Recht auf Verbleib im Land nur unter besonderen Umständen. Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration genügen hierzu nicht; erforderlich sind vielmehr besonders intensive Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22). Ob solche qualifizierten Bindungen des Beschwerdeführers zur Schweiz existieren, erscheint aufgrund seines kriminellen und asozialen Verhaltens als sehr fraglich. Die Frage kann jedoch offen bleiben, zumal der in Art. 8 Ziff. 1 EMRK statuierte Anspruch jedenfalls nicht absolut gilt: Vielmehr darf nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut eingegriffen werden, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung sowie die Verhinderung von strafbaren Handlungen notwendig ist. Gleich wie die bundesgerichtliche Praxis zu Art. 63 AuG verlangt die Konvention in diesem Zusammenhang eine Abwägung der sich gegenüberstehenden privaten Interessen an der Aufrechterhaltung der Bewilligung und den öffentlichen Interessen an deren Widerruf, wobei die massgeblichen Kriterien nahezu identisch sind. Daraus folgt, dass eine Massnahme, die sich - wie im vorliegenden Fall - im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis als verhältnismässig erweist, grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK standhält.
3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen. Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. August 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zünd Zähndler