Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_299/2011
Urteil vom 8. August 2011
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber V. Monn.
Verfahrensbeteiligte
X.________ (Mutter),
vertreten durch Frau Bernadette Gasche,
Beschwerdeführerin,
gegen
Z.________ (Vater),
vertreten durch Fürsprecher Michele Naef,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Besuchsrecht (Kindesschutz),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, vom 12. April 2011.
Sachverhalt:
A.
A.a X.________ und Z.________ (beide geb. 1963) heirateten im Jahr 1993. Sie sind die Eltern des Y.________ (geb. 2002). Nachdem die Parteien den gemeinsamen Haushalt im Oktober 2004 aufgehoben hatten, musste das Getrenntleben gerichtlich geregelt werden. Mit Urteil vom 25. November 2008 stellte der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli Y.________ unter die Obhut der Mutter und räumte dem Vater, soweit hier noch relevant, an jedem zweiten Wochenende von Freitagabend 19.00 Uhr bis Sonntagabend 19.00 Uhr ein Besuchsrecht sowie ein dreiwöchiges Ferienrecht ein. Zudem errichtete er eine Besuchsrechtsbeistandschaft. Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte den erstinstanzlichen Eheschutzentscheid in diesen Punkten (Entscheid vom 17. März 2009).
A.b Im Juli 2010 teilte die Mutter der Vormundschaftsbehörde A.________ mit, der Vater habe den Sohn geschlagen, weshalb sie ihn nicht dem Vater in die Ferien gebe. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs erliess die Vormundschaftsbehörde A.________ am 20. September 2010 zahlreiche Kindesschutzmassnahmen. Hinsichtlich des Besuchsrechts wies sie die Mutter an, dem Vater alle zwei Wochen, beginnend ab 24. September 2010, von Freitag, 19.00 Uhr, bis und mit Sonntag, 19.00 Uhr, das Besuchsrecht gegenüber seinem Sohn zu gewähren und sich für die Modalitäten den Anweisungen der Erziehungsbeiständin zu unterziehen.
A.c Dagegen führte die Mutter am 22. September 2010 Beschwerde beim Regierungsstatthalteramt Interlaken-Oberhasli und verlangte die Sistierung des Besuchsrechts. Mit Zwischenverfügung vom 5. November 2010 ordnete der Regierungsstatthalter ein begleitetes Besuchsrecht an; dieses blieb unangefochten. Im Rahmen einer Instruktionsverhandlung verfügte der Regierungsstatthalter in Abänderung seiner Verfügung vom 5. November 2010 ein unbegleitetes Besuchsrecht im bisherigen Rahmen (Zwischenverfügung vom 14. Januar 2011). Dagegen führte die Mutter am 25. Januar 2011 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern (Verfahren ZK 11 44).
A.d Am 4. März 2011 erteilte der Regierungsstatthalter von Interlaken-Oberhasli einen Auftrag zur Begutachtung des Sohnes Y.________, hob seine Zwischenverfügung vom 14. Januar 2011 auf und räumte dem Vater für die Dauer des Verfahrens an jedem zweiten Wochenende, jeweils von Freitag, 19.00 Uhr bis Sonntag, 19.00 Uhr, ein unbegleitetes Besuchsrecht ein, beginnend am 19. März 2011.
B.
Daraufhin gelangte die Mutter wiederum an das Obergericht des Kantons Bern, dem es beantragte, ein begleitetes Besuchsrecht festzulegen (Verfahren ZK 11 165). Das Obergericht behandelte die beiden hängigen Beschwerden gemeinsam. Weil der Regierungsstatthalter mit Verfügung vom 4. März 2011 seine Verfügung vom 14. Januar 2011 ausdrücklich aufgehoben hatte, erachtete das Obergericht die gegen letztere gerichtete Beschwerde als gegenstandslos und schrieb das Verfahren ZK 11 44 ab. Hingegen trat es auf die gegen die Verfügung vom 4. März 2011 gerichtete Beschwerde ein und wies sie kostenfällig ab (Entscheid vom 12. April 2011).
C.
Mit Eingabe vom 20. April 2011 erhebt X.________ (nachfolgend Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen, eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie beantragt, Z.________ (nachfolgend Beschwerdegegner) sei während der Dauer des Kindesschutzverfahrens ein begleitetes Besuchsrecht, jeweils am ersten Sonntag und am dritten Samstag des Monats, von 13.00 bis 17.00 Uhr, einzuräumen und die Beiständin mit der Umsetzung des begleiteten Besuchsrechts zu beauftragen; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
Das präsidierende Mitglied der II. zivilrechtlichen Abteilung hat das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen (Verfügung vom 11. Mai 2011).
Es wurden die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelinstanz entschieden (Art. 75 BGG) und ein Begehren der Beschwerdeführerin über den Erlass vorsorglicher Massnahmen (begleitetes Besuchsrecht) für die Dauer des Kindesschutzverfahrens abgewiesen hat. Der angefochtene Entscheid ist demnach ein Zwischenentscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 134 I 83 E. 3 S. 87).
Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007 E. 1.2). Dort geht es um die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Vater und Kind, mithin um eine nicht vermögensrechtliche Zivilsache, für welche die Beschwerde in Zivilsachen offensteht (Art. 72 Abs. 1 BGG). Damit ist auch gegen den angefochtenen Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen gegeben. Für die eventualiter erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde bleibt kein Platz.
1.2 Die Regelung des persönlichen Verkehrs während der Dauer eines Kindesschutzverfahrens gilt als vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG. Folglich kann in der Beschwerde einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Art. 95 und Art. 97 BGG und auch Art. 105 Abs. 2 BGG gelangen deshalb nicht zur Anwendung. Die hier gegebenen Verhältnisse entsprechen mithin denjenigen bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG). Wie dort (Art. 118 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 116 BGG) kommt eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen auch hier nur dann in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588).
1.3 Für alle Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das strenge Rügeprinzip. Die rechtssuchende Partei muss präzise angeben, welches verfassungsmässige Recht durch den angefochtenen kantonalen Entscheid verletzt wurde, und im Einzelnen darlegen, worin die Verletzung besteht (Rügeprinzip; BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 444). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.).
Wer sich auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) berufen will, kann sich daher nicht darauf beschränken, den vorinstanzlichen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Vielmehr ist anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzutun, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 117 Ia 10 E. 4b S. 12). Dies ist nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts der Fall, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur dann als willkürlich auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).
2.
Das Obergericht erwog im Wesentlichen, seit Jahren thematisiere die Beschwerdeführerin die angebliche Gewalt des Beschwerdegegners gegenüber dem Kind, ohne dass ein Übergriff jemals habe nachgewiesen werden können. Solches liesse sich jedoch weder aus einem medizinischen Bericht vom 9. Januar 2008 ableiten (die Rötungen und Blutunterlaufungen seien die Folge normaler kindlicher Aktivitäten; eine Fremdeinwirkung sei wenig wahrscheinlich), noch aus dem Gutachten des W.________ vom 10. April 2008 (die Fachärztin konnte keine Würgemale feststellen; das Kind habe die Frage, ob es von seinem Vater geschlagen worden sei, deutlich mit Nein beantwortet) oder einem Polizeibericht vom 14. November 2008 (entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin habe niemand gesehen, dass der Beschwerdegegner den Sohn ins Auto gezerrt habe, und niemand habe intervenieren müssen). Auch aus einem Schreiben der Vormundschaftsbehörde A.________ vom 28. Oktober 2010 (die Vorwürfe der Mutter seien mehrmals sorgfältig abgeklärt worden, und man gehe davon aus, dass der Vater das Kind nicht schlage), den Erklärungen der Beiständin anlässlich der Instruktionsverhandlung vom 22. Dezember 2010 (es gebe keine Anzeichen für Gewaltanwendung) oder dem aktuellsten Arztbericht vom 25. Januar 2011 gehe nichts dergleichen hervor. Generell sei der Eindruck entstanden, die Beschwerdeführerin versuche seit langem, den Beschwerdegegner in ein schlechtes Licht zu rücken, und suche nach Gründen, um ihm das Kind vorzuenthalten. Es bestünden grosse Zweifel, dass es während dem vor dem Regierungsstatthalter hängigen Verfahren - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - zu einem Übergriff des Beschwerdegegners gegenüber dem Kind gekommen sei. Die erneute psychiatrische Begutachtung bedeute nicht, dass dem Beschwerdegegner nur ein begleitetes Besuchsrecht eingeräumt werden dürfe. Im Gegenteil: Gerade für die Begutachtung erscheine es wichtig, dass das Besuchsrecht unbegleitet stattfinde. Schliesslich sei nicht zu erwarten, dass sich Eltern in einer Begutachtungssituation zu tätlichen Übergriffen gegenüber den begutachteten Kindern hinreissen liessen. Insgesamt bestünden keinerlei Gründe zur Annahme, dass das Kind beim Vater einer akuten Gefahr ausgesetzt sei.
3.
Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend, weil das Kind bisher noch nie angehört worden sei; diese Rüge ist wegen der formellen Natur des Gehörsanspruchs vorweg zu prüfen (BGE 121 I 230 E. 2a S. 232; 122 II 464 E. 4a S. 469).
Kinder sind im Hinblick auf den Erlass von Kindesschutzmassnahmen in geeigneter Weise durch das Gericht oder durch eine beauftragte Drittperson persönlich anzuhören, soweit nicht ihr Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen. Dies ergibt sich aus Art. 314 Ziff. 1 ZGB. Wenn das Kind - wie hier - aufgrund des Alters mit Bezug auf die zu beurteilende Rechtsfrage (noch) nicht urteilsfähig ist, dient die Anhörung ausschliesslich der Klärung des Sachverhalts. Daher kann eine unterlassene Anhörung in diesem Fall keine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen. Vielmehr wäre sie als willkürliche Sachverhaltsfeststellung zu rügen. Dies hat die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes getan (s. dazu E. 5). Auf die Gehörsrüge ist indes nicht einzutreten.
4.
Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht in verschiedener Hinsicht Willkür in der Sachverhaltsfeststellung und in der Beweiswürdigung vor. So sei es unzulässig, auf die im Gutachten des W.________ vom 10. April 2008 enthaltenen Feststellungen abzustellen. Dasselbe gelte für die Stellungnahme der Vormundschaftsbehörde vom 28. Oktober 2010, denn auch diese verweise auf das drei Jahre alte Gutachten. Ferner sei unzutreffend, dass sie nach Gründen suche, um dem Vater das Kind vorzuenthalten, zumal sie ausdrücklich mit einem begleiteten Besuchsrecht einverstanden sei und ein solches gefördert habe. Ausserdem kenne die Beiständin den Sohn kaum, weshalb es zumindest fraglich sei, inwiefern sie die Aussagen des Kindes gegenüber seiner Mutter auf den Wahrheitsgehalt qualifizieren könne.
Wohl gab das Obergericht die Vorgeschichte wieder. Es hatte aber erhebliche Zweifel, dass es während des vor dem Regierungsstatthalter hängigen Verfahrens zu einem Übergriff des Beschwerdegegners gegenüber seinem Kind gekommen sei. Mithin hat es - richtigerweise - die aktuelle Situation berücksichtigt; der Vorwurf, es sei auf veraltete Erkenntnisse abgestellt worden, ist falsch. Das Obergericht zog seine Schlussfolgerung einerseits aus der an der Instruktionsverhandlung gemachten Aussage der Beiständin, sie könne keine Anzeichen von Gewaltanwendung erkennen; diese Feststellung hat nichts mit der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Aussagen des Kindes zu tun. Andererseits berücksichtigte es den Arztbericht vom 25. Januar 2011, wonach beim Kind weder eine Beule noch eine Schürfung oder eine äusserlich sichtbare Verletzung festgestellt werden konnte. Insgesamt ist nicht ersichtlich, inwiefern das Obergericht mit diesen Erwägungen in Willkür verfallen sein sollte. Die Beschwerdeführerin setzt sich denn auch nicht mit diesen tatsächlichen Feststellungen auseinander, und mit den weitergehenden Ausführungen vermag sie keine Willkür in der Sachverhaltsfeststellung oder in der Beweiswürdigung darzutun. Was den Einwand betrifft, das Obergericht unterstelle der Beschwerdeführerin die Absicht, dem Beschwerdegegner das Kind vorzuenthalten, was offensichtlich nicht zutreffe, zumal sie ausdrücklich mit einem begleiteten Besuchsrecht einverstanden sei und ein solches gefördert habe, unterlässt es die Beschwerdeführerin aufzuzeigen, inwiefern eine Korrektur dieser Feststellung geeignet gewesen wäre, ein anderes Ergebnis herbeizuführen. Insgesamt erweist sich die Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung als unbegründet.
Auf die im gleichen Zusammenhang erhobene Rüge, Art. 8 ZGB sei verletzt worden, kann nicht eingetreten werden, denn die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Begründung steht in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit der angerufenen Bestimmung.
5.
Weiter macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend. Unter Hinweis auf Art. 314 Ziff. 1 ZGB vertritt sie die Auffassung, eine Befragung des Kindes sei bereits in diesem Stadium des Verfahrens unabdingbar gewesen.
Damit sind im Grunde genommen zwei Rechtsfragen aufgeworfen.
5.1 Nach der Praxis des Bundesgerichts gilt in sämtlichen Kinderbelangen die Untersuchungsmaxime. Danach ist das Sachgericht gehalten, von Amtes wegen alle Umstände zu erforschen und zu berücksichtigen, die entscheidrelevant sein könnten. Die Pflicht zur Feststellung des Sachverhaltes von Amtes wegen ist indes nicht unbegrenzt. Namentlich sind die Parteien von ihrer Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsabklärung nicht entbunden, und es bleibt in erster Linie ihre Sache, die rechtserheblichen Tatsachen und Beweismittel zu benennen (BGE 128 III 411 E. 3.2.1 S. 413 mit Hinweisen). Kann der massgebliche Sachverhalt abgeklärt werden, so erweist sich der Verzicht auf die Erhebung weiterer Beweismittel, selbst wenn diese ausdrücklich beantragt worden sind, nicht als bundesrechtswidrig und damit erst recht nicht als willkürlich (zum Verzicht auf die Einholung eines Gutachtens s. Urteil 5A_117/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 6.2, mit Hinweisen). Vorliegendenfalls hat das Obergericht den massgeblichen Sachverhalt willkürfrei festgestellt (s. dazu E. 4), so dass von einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes keine Rede sein kann.
5.2 Art. 314 Ziff. 1 ZGB schreibt für sämtliche Kindesschutzmassnahmen vor, dass vor deren Erlass das Kind in geeigneter Weise durch die vormundschaftliche Behörde oder durch eine beauftragte Drittperson persönlich anzuhören ist, soweit nicht sein Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen. Diese Bestimmung ist mit der ZGB-Revision von 1998/2000 neu geschaffen worden und verwirklicht die Vorgaben des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (KRK; SR 0.107). Die gesetzliche Regelung ist flexibel ausgestaltet und gewährleistet damit, dass die Anhörung stets in kindgerechter Form erfolgen kann (Botschaft, BBl 1996 I 1, S. 143 ff. Ziff. 234.101 und S. 165 Ziff. 244.43). Mit der Anhörung darf eine Delegation des Gerichts oder eine Drittperson betraut werden, soweit es das Kindeswohl gebietet, und eine - z.B. aus Gründen der Dringlichkeit - vorerst unterbliebene Anhörung kann in einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden (zum Ganzen: BGE 131 III 409 E. 4.4.2 S. 413).
Ist ein Kindesschutzverfahren hängig, besteht die Pflicht, ein Kind anzuhören, in der Regel nur einmal im Verfahren, zumal es gilt, eine Anhörung um der Anhörung willen zu vermeiden (BGE 133 III 553 E. 4 S. 554). Im vorliegenden Fall hat der Regierungsstatthalter die Erstellung eines kinderpsychiatrischen Gutachtens angeordnet, womit das Kind für die Zwecke des hängigen Kindesschutzverfahrens angehört werden soll. Sodann hat er das bisher geltende Besuchsrecht wieder in Kraft gesetzt. An sich befreit allein die Tatsache, dass ein Gutachten eingeholt wurde und das Kind im Rahmen dieser Begutachtung auch angehört wird, die zuständige Behörde nicht von ihrer Pflicht, das Kind selbst anzuhören (Urteil 5P.276/2005 vom 28. September 2005 E. 3.3). Dass der Regierungsstatthalter eine Anhörung von Y.________ von vornherein ausgeschlossen hätte, geht aus seiner Zwischenverfügung vom 4. März 2011 indessen nicht hervor. Entgegen dem, was die Beschwerdeführerin anzunehmen scheint, lässt sich dem angefochtenen Entscheid auch nicht entnehmen, das Obergericht erachte eine Anhörung als "nicht relevant". Wesentlich ist, dass das Verfahren auf Erlass von Kindesschutzmassnahmen noch gar nicht abgeschlossen ist und es sich beim angefochtenen Entscheid erst um einen Zwischenentscheid handelt (s. E. 1.1). Daraus folgt, dass das Kind Y.________ immer noch angehört werden kann, bevor im Kindesschutzverfahren der Endentscheid ergeht. Die Beschwerdeführerin tut nicht dar, weshalb ihr Sohn schon vor Erlass der Zwischenverfügung hätte angehört werden müssen und sich der Verzicht, das Kind bereits zu diesem Zeitpunkt anzuhören, auch im Ergebnis als willkürlich erwiese. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der massgebliche Sachverhalt gestützt auf eine aktuelle Aussage der Beiständin des Kindes und der Würdigung eines aktuellen Arztberichtes beurteilt werden konnte. Damit erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet.
6.
Ausserdem wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht Willkür in der Rechtsanwendung vor, indem es trotz Anhaltspunkten für eine Gefährdung des Kindeswohls ein unbegleitetes Besuchsrecht erlaube, ohne das Ergebnis des in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachtens abzuwarten. Aufgrund der vorliegenden Beweismittel könne das Obergericht nicht willkürfrei entscheiden, ob die Aussagen des Kindes auf einem autonomen Kindeswillen gründen oder ob es von ihr instrumentalisiert werde.
Soweit die Beschwerdeführerin davon ausgehen sollte, es bestehe eine gesetzliche Pflicht, das Besuchsrecht des einen Elternteils aufzuheben oder einzuschränken, sobald der andere Elternteil die Gefährdung des Kindeswohls behauptet und gestützt darauf ein Kindesschutzverfahren in die Wege geleitet wird, läge sie falsch. Vielmehr setzt die Anordnung von Kindesschutzmassnahmen im Sinne von Art. 307 ff. ZGB, worunter namentlich eine Einschränkung des Besuchsrechts zu subsumieren ist, die Gefährdung des Kindeswohls voraus ("Ist das Wohl des Kindes gefährdet ..." [Art. 307 Abs. 1 ZGB]). Dabei sind die für oder gegen eine Gefährdung des Kindeswohls sprechenden Umstände bzw. deren Nachweis eine (für das Bundesgericht verbindlich festgestellte, vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) Sachfrage, die durch entsprechende Feststellungen oder durch die allgemeine Lebenserfahrung beantwortet wird, wobei letzternfalls auch jene Tatsachen als vorhanden festgestellt sein müssen, die eine Anwendung von Erfahrungssätzen überhaupt erst ermöglichen. Rechtsfrage ist hingegen, ob auf der Basis dieser Umstände eine Gefährdung des Kindeswohls zu bejahen oder zu verneinen ist.
Was die Vergangenheit anbelangt, durfte das Obergericht willkürfrei daran zweifeln, dass es während des Verfahrens vor dem Regierungsstatthalter zu Übergriffen des Vaters gegenüber dem Sohn gekommen ist (s. dazu E. 4). Hinsichtlich der Zukunft erwog das Obergericht, es sei nicht zu erwarten, dass sich Eltern während einer Begutachtungssituation zu tätlichen Übergriffen gegenüber den begutachteten Kindern, welche zudem unter Beistandschaft stehen, hinreissen liessen; insgesamt sei das Kind beim Vater keiner akuten Gefährdung ausgesetzt.
Die Beschwerdeführerin trägt nichts vor, was die aus der allgemeinen Lebenserfahrung gezogene Schlussfolgerung tatsächlicher Natur, Übergriffe des Vaters auf das Kind seien gerade in einer Begutachtungssituation nicht zu erwarten, als willkürlich erscheinen liesse. Daraus folgt ohne weiteres, dass das Obergericht die Rechtsfrage, ob ein unbegleitetes Besuchsrecht das Kindeswohl gefährdet, willkürfrei (zum Prüfungsmassstab s. E. 1.2) verneinen durfte, und in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist, wenn es das väterliche Besuchsrecht während der Dauer des Kindesschutzverfahrens bzw. bis zum Vorliegen des in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht eingeschränkt hat.
Bei diesem Ergebnis ist der Rüge, das Obergericht habe sein Ermessen willkürlich angewendet, die Grundlage entzogen; darauf ist nicht einzutreten.
Schliesslich wendet die Beschwerdeführerin ein, der Regierungsstatthalter habe mit Verfügung vom 5. November 2010, die in Rechtskraft erwachsen sei, bereits einmal ein begleitetes Besuchsrecht angeordnet, und seither sei nichts geschehen, was ein Abweichen von diesem Beschluss rechtfertigen würde. Indessen wurde diese Anordnung ausdrücklich nicht aufgrund der Vorwürfe der Mutter getroffen; vielmehr ging es dem Regierungsstatthalter darum, "die Situation zu beruhigen, Ängste abzubauen sowie Hilfestellung und Chance für neues Vertrauen zu bieten". Folglich vermag die Beschwerdeführerin aus der Verfügung vom 5. November 2010 nichts zugunsten ihres Standpunktes abzuleiten.
7.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin unterliegt; sie ist kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Entschädigung ist hingegen nur für das Verfahren um die Gewährung der aufschiebenden Wirkung geschuldet, denn in der Hauptsache ist dem Beschwerdegegner kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner mit Fr. 500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. August 2011
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Hohl
Der Gerichtsschreiber: V. Monn