BGer 9C_264/2011
 
BGer 9C_264/2011 vom 24.08.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
9C_264/2011
Urteil vom 24. August 2011
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
Verfahrensbeteiligte
M.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. Januar 2011.
In Erwägung,
dass M.________ sich im Juni 2006 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete und ihm die IV-Stelle Zug nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 18. Januar 2010 eine vom 1. Januar bis 30. November 2007 befristete ganze Invalidenrente zusprach, hingegen einen weiteren Anspruch bei einem Invaliditätsgrad von 27 % verneinte,
dass das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Beschwerde des M.________ mit Entscheid vom 27. Januar 2011 abwies,
dass M.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen lässt, unter Aufhebung des Entscheids vom 27. Januar 2011 sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihm auch über den 30. November 2007 hinaus eine Rente auf der Basis von 100 % zuzusprechen, eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen, ferner sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren,
dass die Vorinstanz gestützt auf das Gutachten der MEDAS vom 15. September 2008 eine ab 27. August 2007 um maximal 10 % eingeschränkte Arbeitsfähigkeit in einer dem Rückenleiden angepassten Tätigkeit festgestellt hat,
dass durch Medizinische Abklärungsstellen (MEDAS; vgl. Art. 59 Abs. 3 IVG) erstellte Gutachten grundsätzlich den Anforderungen an Unabhängigkeit, Verfahrensfairness und Waffengleichheit genügen (BGE 9C_243/2010 vom 28. Juni 2011 E. 2.1-2.3; 136 V 376 E. 4 S. 377 ff.), weiter die Zugehörigkeit des MEDAS-Leiters zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft nicht auf dessen Voreingenommenheit schliessen lässt (Urteil 8C_327/2009 vom 12. Juni 2009 E. 2.1) und ausserdem weder aus dem Urteil 8C_644/2010 vom 17. Dezember 2010 noch dem Kreisschreiben über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI; Rz. 2075.1) ein Anspruch auf Begutachtung durch eine bestimmte MEDAS hervorgeht,
dass sich die MEDAS-Experten mit abweichenden ärztlichen Auffassungen nachvollziehbar auseinandersetzten und auch das psychiatrische Teilgutachten, selbst wenn die Diagnose der Panikstörung nicht zuträfe, in Bezug auf Anamnese, Befunderhebung und Folgerung betreffend Arbeitsfähigkeit einleuchtet, weshalb das interdisziplinäre MEDAS-Gutachten den materiellen Anforderungen an die Beweiskraft (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genügt,
dass daran nichts ändert, dass der - entsprechend qualifizierte - rheumatologische Gutachter nachträglich ein internistisches Teilgutachten erstellte, durfte und sollte doch dessen gesamter fachärztlicher Sachverstand bereits in die interdisziplinäre Beurteilung einfliessen, und dass der vom Versicherten beauftragte Dr. med. S.________, Facharzt für physikalische Medizin und Rehabilitation, die Arbeitsfähigkeitsschätzung kritisierte, zumal dies u.a. auf internistischen und psychiatrischen Aspekten beruhte (vgl. BGE 125 V 351 E. 3c S. 354),
dass das kantonale Gericht eine öffentliche Verhandlung durchgeführt und dabei den Parteien Gelegenheit zum Vortrag gegeben hat und der vorinstanzliche Verzicht auf die Abnahme weiterer Beweismittel (Partei- und Zeugenbefragung, Obergutachten) in pflichtgemässer antizipierender Beweiswürdigung (vgl. BGE 131 I 153 E. 3 S. 157; 122 V 157 E. 1d S. 162) erfolgt ist, was keine Verletzung von Verfahrensgarantien nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK oder Art. 29 BV darstellt,
dass daher die vorinstanzliche Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung betreffend die Arbeitsfähigkeit (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.2 und 3.3 S. 397 ff.; SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164, 9C_204/2009 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 135 V 254; Urteil 9C_81/2011 vom 28. März 2011 E. 3.2) nicht auf einer Rechtsverletzung beruhen oder offensichtlich unrichtig sind, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG),
dass das Finden einer zumutbaren Stelle - grundsätzlich in jedem Wirtschaftszweig - nicht zum Vornherein als ausgeschlossen erscheint (Urteil 9C_723/2010 vom 25. November 2010 E. 2.5 mit Hinweisen), weshalb die Vorinstanz für die Bestimmung des Invalideneinkommens zu Recht auf den Totalwert der Tabelle TA1 der schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2006 abgestellt hat,
dass das kantonale Gericht vom Tabellenlohn einen Abzug von 10 % (vgl. BGE 129 V 472 E. 4.3.2 S. 481; 126 V 75 E. 5 S. 78 ff.) vorgenommen hat, was nicht als rechtsfehlerhaft bezeichnet werden kann (vgl. zur Kognition des Bundesgerichts BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399 in fine),
dass die Vorinstanz die Invaliditätsbemessung zu Recht - unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung seit 2006 - für das Jahr 2007 vorgenommen (BGE 128 V 174 E. 4a S. 175; 129 V 222 E. 4.2 S. 223 f.) und daher auch das Valideneinkommen für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) festgesetzt hat,
dass die Invaliditätsbemessung im Übrigen nicht angefochten wird und bei einem resultierenden Invaliditätsgrad von 31 % kein Rentenanspruch besteht (Art. 28 IVG),
dass die Beschwerde unbegründet ist und der Beschwerdeführer entsprechend dem Verfahrensausgang grundsätzlich die Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1 BGG),
dass jedoch seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen werden kann (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202), er indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen wird, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist,
erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
4.
Rechtsanwalt Philip Stolkin wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 24. August 2011
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Die Gerichtsschreiberin: Dormann