BGer 9C_602/2011 |
BGer 9C_602/2011 vom 24.10.2011 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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9C_602/2011 {T 0/2}
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Urteil vom 24. Oktober 2011
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Borella, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
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Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke.
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Verfahrensbeteiligte |
H.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Ergänzungsleistung zur AHV/IV
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(Berechnung des Leistungsanspruchs),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
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vom 13. Juli 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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Mit zwei Verfügungen vom 31. Januar 2011 setzte das Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau die monatlichen Ergänzungsleistungen für H.________ zu seiner Invalidenrente ab 1. November 2010 auf Fr. 1'564.- und ab 1. Januar 2011 auf Fr. 1'793.- fest. Dabei berücksichtigte sie für die Ehefrau von H.________, der 1972 geborenen thailändischen Staatsangehörigen G.________, ein jährliches hypothetisches Erwerbseinkommen von Fr. 18'720.- ab November 2010 und von Fr. 19'050.- ab 1. Januar 2011. Die hiegegen erhobene Einsprache wies das Amt für AHV und IV mit Einspracheentscheid vom 15. März 2011 ab.
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B.
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Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 13. Juli 2011 ab.
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C.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt H.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm Ergänzungsleistungen ohne Anrechnung eines hypothetischen Einkommens der Ehefrau zu berechnen und auszurichten.
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Erwägungen:
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1.
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Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
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2.
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Streitig und zu prüfen ist, ob der Ehegattin des Beschwerdeführers ab November 2010 die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zumutbar gewesen wäre und Verwaltung sowie kantonales Gericht bei der EL-Berechnung deswegen unter dem Titel des Verzichtseinkommens (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG) einen hypothetischen Lohn anrechnen durften.
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3.
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3.1 Unter dem Titel des Verzichtseinkommens (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG ) ist nach den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid ein hypothetisches Einkommen der Ehegattin eines Ergänzungsleistungs-Ansprechers anzurechnen (vgl. Art. 9 Abs. 2 ELG), sofern diese auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit - oder deren zumutbare Ausdehnung - verzichtet (BGE 117 V 287 E. 3b S. 291; AHI 2001 S. 133, Urteil P 18/99 vom 22. September 2000 E. 1b). Ob und allenfalls in welchem Umfang eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann, ist stets im konkreten Einzelfall zu prüfen, unter Berücksichtigung familienrechtlicher, namentlich der im Bereich des nachehelichen Unterhalts geltenden Grundsätze (BGE 117 V 287 E. 3c S. 292). Abzustellen ist somit auf das Alter, den Gesundheitszustand, die Sprachkenntnisse, die Ausbildung, die bisherige Tätigkeit, die konkrete Arbeitsmarktlage sowie gegebenenfalls auf die Dauer der Abwesenheit vom Berufsleben (BGE 134 V 53 E. 4.1 S. 61 mit Hinweisen). Bemüht sich die Ehegattin trotz (teilweiser) zumutbarerweise verwertbarer Arbeitsfähigkeit nicht um eine Stelle, verletzt sie dadurch die ihr obliegende Schadenminderungspflicht (Urteil 9C_539/2009 vom 9. Februar 2009 E. 4.1; Urteil 8C_589/2007 vom 14. April 2008 E. 6.1 und 6.2).
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3.2 Die Vorinstanz hat nicht offensichtlich unrichtig und damit für das Bundesgericht verbindlich (E. 1) festgestellt, dass die Ehefrau zwar über keinen Berufsabschluss verfügt, aber nachweislich alle Voraussetzungen mitbringt, um eine einfache und repetitive Tätigkeit auszuüben. Das Arbeitszeugnis der Stiftung X.________ vom 6. Juli 2010, wo sie von Februar bis Juni 2011 im Rahmen eines Einsatzprogramms der Arbeitslosenversicherung tätig war, bescheinigt ihr "sehr gute Leistungen" und sie wird darin künftigen Arbeitgebern bestens empfohlen. Dieses Arbeitszeugnis belegt, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers schnell in neue Aufgaben einarbeiten kann und über eine pflichtbewusste und selbstständige Arbeitsweise verfügt. Nachdem sie Deutschkurse absolviert hat, sind ihre Deutschkenntnisse ausreichend, um eine Hilfsarbeit auszuführen. Sodann lebt sie nicht erst seit kurzem, sondern seit über 10 Jahren in der Schweiz. Aus den Akten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass sie aus gesundheitlichen Gründen bei der Verwertbarkeit ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sein könnte. Sie hat auch keine Betreuungspflichten zugunsten unmündiger Kinder zu erfüllen.
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3.3 Wenn die Vorinstanz gestützt darauf erwogen hat, es sei nicht nur ausgewiesen, dass von einer vollen Arbeits- und Erwerbsfähigkeit der Ehegattin des Beschwerdeführers auszugehen sei, sondern keinerlei Gründe bestünden, welche gegen die Zumutbarkeit eines Arbeitspensums von 100% sprechen könnten, und das kantonale Gericht deshalb die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens der Ehefrau durch das Amt für AHV und IV bestätigt hat, so ist dies nicht zu beanstanden. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag keine Bundesrechtsverletzung darzutun.
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Soweit der Beschwerdeführer moniert, es sei kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren analog Art. 21 Abs. 4 ATSG durchgeführt worden, ist er darauf hinzuweisen, dass sich Art. 21 Abs. 4 ATSG auf die Widersetzlichkeit gegenüber einer zumutbaren Behandlung oder Eingliederungsmassnahmen sowie auf mangelnde Selbsteingliederung bezieht (BGE 133 V 511 E. 4.2 S. 512; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2009, N. 67 zu Art. 21 ATSG). Die Anrechnung von Verzichtseinkommen gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG beschlägt indes weder die Behandlung noch die Eingliederung, sondern ist ein Element der Ergänzungsleistungsbemessung, welche Leistungen ihrerseits die Deckung des Existenzbedarfs bezwecken (Art. 2 Abs. 1 ELG; Urteil 9C_717/2010 vom 26. Januar 2011). Einer Anlehnung von Art. 21 Abs. 4 ATSG auf die Ergänzungsleistungen fehlt somit ein jeglicher sachlicher Zusammenhang.
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Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers haben Verwaltung und Vorinstanz auch keine zu hohen Anforderungen an die Arbeitsbemühungen der Ehefrau des Beschwerdeführers gestellt. Wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat, handelt es sich bei den eingereichten Bewerbungsschreiben grösstenteils um wenig professionelle, verbesserungsfähige und zudem gleichlautende "Blindbewerbungen" (vgl. den Passus: "Gibt es bei dir eine freie Stelle in der Küche?"). Offensichtlich wurden damit die der Ehefrau des Beschwerdeführers zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und damit ihre Chancen auf dem freien Stellenmarkt nicht ausgeschöpft, weder hinsichtlich der Form und Qualität der Bewerbungsschreiben (wobei sie mit Unterstützung des Ehemannes oder des diesen betreuenden Sozialarbeiters jedenfalls bessere Bewerbungsschreiben hätte verfassen können) noch hinsichtlich des Feldes möglicher Arbeitsstellen, kommen doch - wie das kantonale Gericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - neben Tätigkeiten in einem Restaurant auch solche in der Produktion, Reini-gungsbranche oder der Landwirtschaft in Frage.
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Zusammenfassend ist deshalb nicht zu beanstanden, dass Verwaltung und Vorinstanz bei der EL-Berechnung für den Beschwerdeführer ein Erwerbseinkommen der Ehefrau berücksichtigt haben, zumal dabei nicht der gesamte Lohn gemäss Schweizerischer Lohnstrukturerhebung (LSE) aufgerechnet, sondern eine Reduktion um die Hälfte vorgenommen wurde, was angesichts der angenommenen vollen Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zwar nicht nachvollziehbar ist, vom kantonalen Gericht mit Blick auf das Ermessen der Verwaltung jedoch bewusst nicht korrigiert wurde.
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4.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 24. Oktober 2011
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied:
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Die Gerichtsschreiberin:
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Borella Helfenstein Franke
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