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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_398/2011
Urteil vom 25. Oktober 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Merz.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Urs Lienhard,
gegen
Amt für Migration und Integration
des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Kasernenstrasse 21, 5001 Aarau.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung
(Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG),
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 30. März 2011.
Erwägungen:
1.
1.1 Der brasilianische Staatsangehörige X.________ (geb. 1985) reiste Ende Mai 2006 in die Schweiz ein und erhielt eine Kurzaufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Heirat mit der Schweizer Bürgerin Y.________ (geb. 1980). Im Juni 2006 wurde ihre gemeinsame Tochter Z.________ geboren. Am 17. August 2006 heirateten die Eltern, worauf das Migrationsamt des Kantons Aargau X.________ eine Aufenthaltsbewilligung erteilte. Diese wurde letztmals bis zum 31. August 2009 verlängert. Infolge der Trennung der Eheleute verweigerte das Migrationsamt die weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Es forderte X.________ auf, die Schweiz spätestens 60 Tage nach Rechtskraft seines Entscheids zu verlassen. Die dagegen im Kanton erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos.
1.2 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Mai 2011 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das im Kanton zuletzt ergangene Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 30. März 2011 aufzuheben und seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Gleichzeitig sei festzustellen, dass er die Schweiz nicht zu verlassen habe.
1.3 Mit Blick auf das gleichzeitig mit Beschwerdeerhebung gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hat das Bundesgericht X.________ auf das Fehlen des Bedürftigkeitsnachweises hingewiesen. Da dieser innert angesetzter Frist nachgereicht wurde, verzichtete das Bundesgericht am 20. Juni 2011 auf die Einforderung eines Kostenvorschusses.
1.4 Im Rahmen der anschliessend eingeholten Vernehmlassungen stellen das kantonale Migrationsamt, das Rekursgericht im Ausländerrecht sowie das Bundesamt für Migration den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. X.________ hat sich innert eingeräumter Frist nicht mehr geäussert.
2.
Der Beschwerdeführer stützt sich für sein Begehren auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG (SR 142.20). Insoweit ist seine fristgerecht erhobene Beschwerde zulässig, da er eine Anspruchssituation nach dieser Bestimmung plausibel behauptet (s. E. 3.1 und 3.2 hienach) und ihm daher diesbezüglich der Ausschlussgrund nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG nicht entgegengehalten werden kann. Auf den Antrag, festzustellen, dass er die Schweiz nicht zu verlassen habe, ist hingegen nicht einzutreten. Will er sich damit gegen die Wegweisung zur Wehr setzen, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG ohnehin ausgeschlossen; für eine allfällige subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG macht er keine geeigneten Rügen geltend (vgl. Art. 116 i.V.m. 106 Abs. 2 BGG; s. zudem BGE 137 II 305 E. 1 S. 307; Urteil des Bundesgerichts 2D_67/2009 vom 4. Februar 2010). Falls sich das Feststellungsbegehren bloss auf die Aufenthaltsbewilligung beziehen sollte, kommt ihm neben dem Antrag auf Verlängerung der erwähnten Bewilligung keine eigenständige Bedeutung zu.
3.
3.1 Gemäss Art. 42 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von Schweizern Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch des Ehegatten gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG fort, wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen.
3.2 Die Eheleute leben spätestens seit Mai 2009 getrennt und die Ehe wurde mit Urteil vom 29. September 2010 - rechtskräftig seit dem 19. Oktober 2010 - geschieden. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei Vater der heute rund fünfjährigen Tochter Z.________, die bei der sorgeberechtigten Kindsmutter lebt. Ausserdem sei er überdurchschnittlich gut integriert. Andere Gründe ruft er nicht an.
3.3 Die Vorinstanz hat - für das Bundesgericht gemäss Art. 105 BGG verbindlich - festgestellt, der Beschwerdeführer habe sich zwar um Arbeitsstellen bemüht. Es sei ihm jedoch nicht gelungen, beruflich Fuss zu fassen. Er habe immer wieder von der Fürsorge unterstützt werden müssen. Zudem sei er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Insoweit ergebe sich kein erhöhtes Interesse an seinem Verbleib in der Schweiz. Dem ist beizupflichten.
3.4 Laut Vorinstanz könne einzig die Beziehung zur Tochter für die Annahme eines Härtefalls sprechen. Sie verneint jedoch sowohl in affektiver als auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine besonders enge Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter. Dieser sei kaum seinen finanziellen Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen. Zudem habe er gemäss einem Urteil vom 12. November 2010 ein Besuchsrecht bloss an zwei Halbtagen pro Monat und ab der Einschulung an einem Wochenende pro Monat. Diesem Urteil zufolge ist zwar ein weitergehendes Besuchs- oder Ferienrecht in Absprache mit dem Beistand der Parteivereinbarung unterstellt. Der Beschwerdeführer habe jedoch nicht dargetan, dass er sich um ein grosszügigeres Besuchsrecht bemüht oder sonst wie sich für häufigere Kontakte eingesetzt oder solche gepflegt hätte.
Nach dem Dargelegten ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Vorliegen eines wichtigen persönlichen Grundes nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG verneint hat. Die blosse Ausübung des Besuchsrechts von zwei halben Tagen pro Monat ist nicht geeignet, eine besonders enge Beziehung zu seiner Tochter zu begründen, die seinen Verbleib in der Schweiz im Sinne der erwähnten Bestimmung "erforderlich" macht. Gerade wenn - wie hier - keine anderen wesentlichen Umstände zugunsten eines Verbleibs sprechen, ist zumindest zu verlangen, dass die Beziehung zum anwesenheitsberechtigten Kind über das übliche Besuchsrecht hinaus intensiv und damit vor allem kontinuierlich, spontan und reibungslos gepflegt wird (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_692/2011 vom 22. September 2011 E. 2.2.2; 2C_787/2010 vom 16. Juni 2011 E. 3.2 und 2C_195/2010 vom 23. Juni 2010 E. 6.4-6.6). Der Beschwerdeführer macht zwar vor Bundesgericht - unter Hinweis auf ein erstmals vorgelegtes, undatiertes Schreiben der Kindsmutter - geltend, er würde mehrmals in der Woche mit der Tochter telefonieren und diese geniesse die gemeinsamen Sonntage. Hierbei handelt es sich indes um ein Novum, das im bundesgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden kann (vgl. BGE 133 III 393 E. 3 S. 395; 133 IV 342 E. 2 S. 343 f.). Im Übrigen kann der Beschwerdeführer die telefonischen Kontakte auch vom Ausland aus aufrechterhalten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erübrigt sich schliesslich eine Interessenabwägung mit Blick auf die allfällige Erfüllung von Erlöschens- bzw. Widerrufsgründen nach Art. 51 Abs. 2 lit. b AuG, da schon kein Anspruch nach Art. 50 AuG entstanden ist, der wieder untergehen könnte.
Weitergehende Ansprüche ergeben sich angesichts des Fehlens besonders enger Beziehungen zum Kind schliesslich auch nicht aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 EMRK) und dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (UNO-KRK; SR 0.107), nach dessen Art. 3 das Wohl des Kindes zu berücksichtigen ist.
3.5 Die Beschwerde ist mithin als offensichtlich unbegründet abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Daher kann sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter ergänzendem Verweis auf den ausführlichen Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht behandelt werden.
4.
Diesem Ausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 65 f. BGG). Er hat zwar um unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 64 BGG ersucht. Dieses Gesuch ist indes abzuweisen, da seine Beschwerde dem Dargelegten zufolge - und wie schon die Vorinstanz in ihrem Entscheid bemerkt hat - aussichtslos erschien. Mit Blick auf seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse rechtfertigt sich jedoch, etwas geringere Gerichtskosten als üblich zu erheben. Parteientschädigungen werden nicht zugesprochen (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Oktober 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Merz