BGer 2C_431/2011
 
BGer 2C_431/2011 vom 10.11.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_431/2011
Urteil vom 10. November 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Zähndler.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration.
Gegenstand
Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom 31. März 2011.
Erwägungen:
1.
Der 1975 geborene kroatische Staatsangehörige X.________ reiste erstmals im Juli 1992 mit einem Touristenvisum in die Schweiz ein. Aufgrund des Krieges im ehemaligen Jugoslawien durfte er anschliessend aus humanitären Gründen bis zum 31. Oktober 1997 in der Schweiz verbleiben. Im November 1997 meldete er sich nach Kroatien ab und verliess die Schweiz.
Am 13. Dezember 2002 heiratete er die Schweizerin Y.________, worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz erteilt und letztmals bis zum 31. Dezember 2008 verlängert wurde. Am 20. Januar 2009 wurde die Ehe mit Y.________ geschieden.
Am 15. Dezember 2008 ersuchte X.________ um eine weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Das Migrationsamt des Kantons Aargau, welches die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung befürwortete, unterbreitete das Gesuch von X.________ am 21. April 2009 zur Zustimmung dem Bundesamt für Migration (BFM). Mit Verfügung vom 13. Juli 2009 verweigerte dieses indes seine Zustimmung und wies X.________ aus der Schweiz weg. Das BFM begründete dies im Wesentlichen damit, dass X.________ bereits vor Ablauf von drei Jahren die eheliche Gemeinschaft mit seiner Schweizer Gattin aufgelöst habe.
Gegen die Verfügung des BFM beschwerte sich X.________ beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 31. März 2011 ab. Hiergegen führt X.________ mit Eingabe vom 23. Mai 2011 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht.
2.
Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen betreffend ausländerrechtliche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Nach Art. 42 Abs. 1 AuG hat der ausländische Ehegatte einer Schweizerin Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn er mit dieser zusammenwohnt. Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung fort, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG). Im vorliegenden Fall beruft sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf diese Bestimmungen und behauptet, dass die darin statuierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Dies bedarf näherer Prüfung. Ob dem Beschwerdeführer tatsächlich eine Bewilligung zu erteilen ist, bildet Gegenstand der nachfolgenden materiellen Beurteilung (vgl. Urteile 2C_460/2009 vom 4. November 2009 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 136 II 1; 2C_304/2009 vom 9. Dezember 2009 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 136 II 113). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist deshalb zulässig, wogegen auf die vom Beschwerdeführer ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten ist (Art. 113 BGG).
3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung zu erledigen und im Übrigen auf den angefochtenen Entscheid zu verweisen ist:
Massgeblicher Zeitpunkt für die retrospektive Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft i.S. von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG ist in der Regel die Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft: Ab diesem Moment kann sich die ausländische Person grundsätzlich nicht mehr auf ihre bisherigen Ansprüche gemäss Art. 42 Abs. 1 AuG stützen. Nicht relevant ist demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden hat (BGE 136 II 113 E. 3.2 in fine S. 117).
Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 23. Juni 2005 den bisherigen gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in A.________ aufgegeben und sich alleine bei der Gemeinde F.________ angemeldet hat. Ebenso hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Schweizer Ehegattin per 1. Dezember 2005 eine eigene Wohnung in Z.________ angemietet hat. Diese Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 BGG), zumal der Beschwerdeführer nichts vorbringt, was sie als offensichtlich unrichtig bzw. als geradezu willkürlich erscheinen lässt (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398). Bei dieser Sachlage ist der Schluss der Vorinstanz nicht zu beanstanden, dass die eheliche Gemeinschaft spätestens per 1. Dezember 2005 aufgelöst wurde, zumal der Beschwerdeführer keine wichtigen Gründe für getrennte Wohnorte (vgl. Art. 49 AuG) anführt und solche auch nicht ersichtlich sind: Im Gegenteil räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass er und seine Frau "vorerst beide für sich selbständig auf eigenen Beinen stehen" wollten (Rz. 12 der Beschwerde), was das erforderliche Fortbestehen der Familiengemeinschaft ausschliesst. Da die eheliche Gemeinschaft somit weniger als drei Jahre angedauert hat (13. Dezember 2002 bis 1. Dezember 2005), kommt dem Beschwerdeführer aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG von vornherein kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu. Ob eine erfolgreiche Integration besteht, muss nicht geprüft werden.
Unbehelflich ist es auch, wenn der Beschwerdeführer ins Feld führt, dass ihm das Migrationsamt des Kantons Aargau trotz Kenntnis der Aktenlage zweimal die Aufenthaltsbewilligung verlängert habe: Sofern er sich in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz von Treu und Glauben bzw. den darin enthaltenen Anspruch auf Vertrauensschutz beruft, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Anspruch nicht voraussetzungslos gilt. Vielmehr müsste der Beschwerdeführer u.a. darlegen, dass er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können. Solche Dispositionen sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen: Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand, dass er sich an einem Weiterbildungsprogramm seines Arbeitgebers beteiligt hat, reicht hierfür ebenso wenig aus wie seine Behauptung, "in privater Hinsicht seine Beziehungen und Freundschaften in der Schweiz weiter vertieft" zu haben.
Sodann kann im vorliegenden Fall auch von einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und des rechtlichen Gehörs keine Rede sein: Insbesondere wären die Vorinstanzen - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht verpflichtet gewesen, seine geschiedene Ehefrau erneut anzuhören: Diese wurde bereits am 19. Dezember 2006 durch die Stadtpolizei A.________ zur Sache befragt und ihre Auskünfte wurden in die Entscheidungsfindung miteinbezogen. Für eine erneute Einvernahme ist kein Anlass ersichtlich.
Ins Leere gehen die Rügen des Beschwerdeführers, soweit er die Achtung seines Privatlebens i.S. von Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 BV einfordert: Aus dem Anspruch auf Schutz des Privatlebens ergibt sich ein Recht auf Verbleib im Land nur unter besonderen Umständen. Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration genügen hierzu nicht; erforderlich sind vielmehr besonders intensive Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22). Solche qualifizierten Bindungen des Beschwerdeführers zur Schweiz sind jedenfalls nicht im blossen Umstand zu erblicken, dass er hier offenbar zur Zufriedenheit seines Arbeitgebers einer Berufstätigkeit nachgeht und sich weiterbildet.
Unerfindlich ist schliesslich, weshalb die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung unverhältnismässig sein soll: Der 36-jährige Beschwerdeführer ist in seiner Heimat geboren, aufgewachsen und hat - mit Ausnahme eines fünfjährigen humanitären Aufenthaltes in der Schweiz - bis zu seiner Einreise Ende 2002 soweit ersichtlich stets dort gelebt. Es ist daher ohne Weiteres davon auszugehen, dass er mit der Sprache und den soziokulturellen Verhältnissen in seiner Heimat bestens vertraut ist. Da er sowohl über eine Berufsausbildung als auch über Berufspraxis verfügt und an keinen gesundheitlichen Einschränkungen leidet, ist es ihm durchaus zuzumuten, sich in Kroatien zu reintegrieren. Dass die wirtschaftliche Lage dort möglicherweise weniger vorteilhaft ist, ändert daran nichts.
4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen. Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. November 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Zähndler