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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_345/2011
Urteil vom 17. November 2011
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys,
Gerichtsschreiber Näf.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Kettiger,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh., Rathaus, 9043 Trogen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unanständiges Benehmen (Art. 19 al. 2 Kant. Strafrecht/AR); Rechtsetzungskompetenz der Kantone (Art. 335 Abs. 1 StGB); Keine Strafe ohne Gesetz, Bestimmtheitsgebot; persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV); Rechtsirrtum; fehlendes Strafbedürfnis,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell A.Rh., 1. Abteilung, vom 17. Januar 2011.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. 1964) wanderte am Sonntag, den 11. Oktober 2009, bei schönem Wetter zwischen 15.40 und 16.00 Uhr nackt im Naherholungsgebiet Nieschberg bei Herisau/AR. Dabei ging er unter anderem an einer von einer Familie mit Kleinkindern besetzten Feuerstelle und an einem christlichen Rehabilitationszentrum für Drogenabhängige vorbei. Eine Passantin stellte ihn zur Rede und erstattete Strafanzeige.
B.
B.a Das Verhöramt Appenzell A.Rh. verurteilte X.________ mit Strafverfügung vom 23. November 2009 wegen unanständigen Benehmens im Sinne von Art. 19 des Gesetzes über das kantonale Strafrecht des Kantons Appenzell A.Rh. zu einer Busse von 100 Franken respektive zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse.
B.b Die Kantonsgerichtspräsidentin von Appenzell A.Rh. sprach X.________ mit Urteil vom 27. Mai 2010 frei.
B.c Das Obergericht von Appenzell A.Rh. verurteilte X.________ mit Entscheid vom 17. Januar 2011 in Gutheissung der Appellation der Staatsanwaltschaft wegen unanständigen Benehmens im Sinne von Art. 19 al. 2 des Gesetzes über das kantonale Strafrecht des Kantons Appenzell A.Rh. zu einer Busse von 100 Franken.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf des unanständigen Benehmens freizusprechen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
D.
Das Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh. hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh. hat sich nicht vernehmen lassen.
E.
Das Bundesgericht hat sein Urteil in einer öffentlichen Sitzung gefällt.
Erwägungen:
1.
1.1 Die erste Instanz erwog, dass das Schweizerische Strafgesetzbuch in seinem Fünften Titel (Art. 187 ff. StGB) die strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität abschliessend regelt. Der Fünfte Titel habe bis zur Revision des Sexualstrafrechts im Jahr 1991 einen Abschnitt betreffend "Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit" (Art. 203 ff. aStGB) enthalten. Gemäss Art. 203 aStGB ("Öffentliche unzüchtige Handlung") sei mit Gefängnis oder mit Busse bestraft worden, wer öffentlich eine unzüchtige Handlung beging. Die Rechtsprechung habe diese Bestimmung unter anderem auf das Nacktbaden in der Öffentlichkeit ohne sexuelle Absichten angewendet mit der Begründung, dass ein solches Verhalten geeignet sei, das durchschnittliche Sittlichkeitsempfinden zu verletzen. Der Bundesgesetzgeber habe bei der Revision des Sexualstrafrechts im Jahr 1991 die Strafbestimmung betreffend die "öffentliche unzüchtige Handlung" (Art. 203 aStGB) bewusst aufgehoben in der Überlegung, dass das Entblössen der Geschlechtsteile in der Öffentlichkeit ohne sexuelle Absichten nicht mehr strafbar sein soll. Bei dieser Nicht-Regelung handle es sich daher um ein qualifiziertes Schweigen des Bundesgesetzgebers. Deshalb dürfe ein Verhalten wie etwa das Nacktbaden oder das Nacktwandern, das vor der Revision des Sexualstrafrechts unter die strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit subsumiert worden sei, nun nicht nach kantonalem Übertretungsstrafrecht etwa als grobe Verletzung von Sitte und Anstand bestraft werden. Art. 19 Kant. Strafrecht/AR sei daher auf den Sachverhalt des Nacktwanderns nicht anwendbar. Aus diesem Grunde sprach die erste Instanz den Beschwerdeführer vom Vorwurf des unanständigen Benehmens im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR frei.
1.2 Die Vorinstanz ist ebenfalls der Auffassung, dass das Schweizerische Strafgesetzbuch in Art. 187 ff. StGB die Angriffe auf die sexuelle Integrität abschliessend regelt und daher insoweit für kantonales Übertretungsstrafrecht gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB kein Raum bleibt. Die Vorinstanz erwägt, seit der Revision des Sexualstrafrechts im Jahr 1991 und damit der Aufhebung des altrechtlichen Straftatbestands der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" (Art. 203 aStGB) sei die nicht sexuell motivierte Nacktheit im öffentlichen Raum unter Vorbehalt etwa von Art. 198 StGB betreffend sexuelle Belästigungen nicht mehr nach Bundesrecht strafbar. Bereits vor der Revision des Sexualstrafrechts hätten indessen im Bereich der öffentlichen Sittlichkeit bundesstrafrechtliche Regelungen (insbesondere Art. 203 aStGB) und kantonales Polizeirecht nebeneinander bestanden. Das Polizeigut der öffentlichen Sittlichkeit sei mit dem strafrechtlich geschützten Rechtsgut der Sittlichkeit nicht notwendig identisch und könne auch ein Verhalten erfassen, das zwar im StGB nicht mit Strafe bedroht werde, aber den üblichen Massstäben zulässigen Verhaltens in eindeutiger Weise widerspreche. Zwar sei der Begriff der öffentlichen Sittlichkeit mit der Revision des Sexualstrafrechts aus dem Diskurs des Bundesstrafrechts weitgehend ausgeschieden, doch könne kein Zweifel daran bestehen, dass die öffentliche Sittlichkeit als Polizeigut des kantonalen Rechts nach wie vor wirksam sei. Demnach sei den Kantonen im Zuge der Revision des Sexualstrafrechts die Kompetenz, die nicht sexuell motivierte Nacktheit mit Übertretungsstrafnormen zu sanktionieren, nicht genommen worden. Der kantonale Gesetzgeber sei daher gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB grundsätzlich befugt, das Nacktwandern zu sanktionieren. Die Vorinstanz erwägt im Weiteren, dass Art. 19 Kant. Strafrecht/AR das Legalitätsprinzip und das daraus abgeleitete Bestimmtheitsgebot nicht verletzt. Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Strafnorm seien im kantonalen Übertretungsstrafrecht angesichts der Geringfügigkeit der angedrohten Strafe und der Vielgestaltigkeit der unter das Polizeirecht fallenden Verhältnisse, die sich im Laufe der Zeit ständig veränderten, nicht allzu hoch. Die Vorinstanz erwägt im Weiteren, dass das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Nacktwandern im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR Sitte und Anstand grob verletzt. Mit Blick auf die in der Region geltenden Normen des Zusammenlebens gelangt die Vorinstanz zum Ergebnis, dass das Nacktsein in der Öffentlichkeit und das damit zusammenhängende Präsentieren der primären Geschlechtsorgane von der Bevölkerung nach wie vor als äusserst anstössig und als Tabubruch empfunden werde. Der Dritte werde durch den Nacktwanderer unfreiwillig mit dessen Nacktheit konfrontiert. Wer sich am Anblick eines Nacktwanderers störe, habe nur die Möglichkeit, diesen zu erdulden oder sich abzuwenden, was eine unnötige Einschränkung der persönlichen Freiheit bedeute. Die Begegnung mit einem Nacktwanderer möge für einige Menschen belustigend, für andere indifferent sein. Für eine Mehrzahl der Menschen sei sie aber abstossend und beklemmend oder eine Provokation, zumal beim Wandern aufgrund der allgemeinen Erfahrung schlechthin nicht mit nackten Menschen zu rechnen sei. Gerade auch im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Anspruch der Kinder und Jugendlichen auf besonderen Schutz (Art. 11 BV) sei es inakzeptabel, allenfalls sich auf Wanderwegen befindliche Kinder und Jugendliche unfreiwillig dem Anblick entblösster Geschlechtsteile auszusetzen. Berücksichtige man zudem, dass der ortskundige Beschwerdeführer seine Aktivität an einem sonnigen Sonntagnachmittag auf einem auch von Familien frequentierten Wanderweg in einem Naherholungsgebiet bei Herisau betrieben habe, so spreche dies für eine qualifizierte Rücksichtslosigkeit seines Verhaltens, weshalb von einer groben Verletzung von Sitte und Anstand im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR auszugehen sei. Ein Indiz für die allgemeine Ablehnung des Nacktwanderns durch die Bevölkerung des Kantons Appenzell A.Rh. sieht die Vorinstanz im Übrigen darin, dass die Bevölkerung des Nachbarkantons Appenzell I.Rh., die in dieser Beziehung eine ähnliche Mentalität besitze, im Frühjahr 2009 ausdrücklich das Nacktwandern unter Strafe gestellt hat. Die Vorinstanz verweist schliesslich auf ein Urteil der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 6. März 2006, welches die Nacktheit in der Öffentlichkeit als strafbaren Verstoss gegen Sitte und Anstand im Sinne von Art. 15 EGzStGB/BE qualifizierte.
Die Vorinstanz verneint einen Verbotsirrtum. Der Beschwerdeführer habe den wesentlichen Inhalt der öffentlichen Kontroverse über die Strafbarkeit des Nacktwanderns gekannt und auch als juristischer Laie wissen müssen, dass er sich mit dem Nacktwandern in einer juristischen Grauzone bewege. Die Vorinstanz lehnt schliesslich eine Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses ab, da das Verschulden des Beschwerdeführers im Quervergleich zu typischen, ebenfalls unter Art. 19 Kant. Strafrecht/AR fallenden Handlungen nicht gering sei.
1.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Fünfte Titel des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Art. 187 ff. StGB) die strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität abschliessend regle. Das schlichte Nackt-Sein in der Öffentlichkeit und damit auch das Nacktwandern sei danach nicht strafbar. Es liege insoweit ein qualifiziertes Schweigen des Bundesgesetzgebers vor. Die öffentliche Sittlichkeit werde durch das StGB seit der Teilrevision des Sexualstrafrechts im Jahr 1991 nicht mehr geschützt. Da die bundesstrafrechtliche Regelung insoweit abschliessend sei, seien die Kantone nicht kompetent, gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB das Nacktwandern zum Schutz von irgendwelchen Sittlichkeitsgefühlen in ihrem Übertretungsstrafrecht unter Strafe zu stellen. Eine kantonale Strafnorm, welche das Nacktwandern mit Busse bedroht, sei somit bundesrechtswidrig. Die öffentliche Sittlichkeit sei kein selbständiges Schutzgut des kantonalen Polizeistrafrechts. Das sittliche Empfinden der Bevölkerung könne rechtlichen Schutz nur geniessen, soweit dies zum Zweck des verträglichen Zusammenlebens in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft unerlässlich sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Menschen in der heutigen Gesellschaft nur beschränkt füreinander interessieren wollen und interessieren können. Die Grenze der zumutbaren zwischenmenschlichen Toleranz werde durch das Nacktwandern in unbewohnten Gebieten und am Siedlungsrand nicht überschritten, was aber zur Annahme einer Sittlichkeitsverletzung notwendig wäre. Durch das Nacktwandern werde allenfalls das menschliche Schamgefühl des Augenzeugen betroffen. Dieses allein bewirke, dass Menschen die Ansicht eines Nacktwanderers allenfalls als anstössig oder befremdlich empfänden. Das menschliche Schamgefühl werde indessen durch das StGB seit der Teilrevision des Sexualstrafrechts im Jahr 1991 und damit seit der Aufhebung unter anderem des Tatbestands der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" (Art. 203 aStGB) nur noch in klar umschriebenen Fällen einer gewissen Intensität geschützt, etwa durch die Straftatbestände des Exhibitionismus (Art. 194 StGB), der sexuellen Belästigung (Art. 198 StBG) und der unzulässigen Ausübung der Prostitution (Art. 199 StGB). Andere Verhaltensweisen, welche allenfalls das Schamgefühl verletzten, seien gemäss StGB nicht mehr strafbar und dürften, da das bundesrechtliche Sexualstrafrecht abschliessend sei, auch nicht nach kantonalem Übertretungsstrafrecht geahndet werden.
Der Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, eine Strafnorm, welche das Nacktwandern unter Strafe stelle, und daraus folgend die Verurteilung wegen Nacktwanderns in Anwendung einer solchen Norm, sei ein Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit. Die Voraussetzungen hiefür seien jedoch nicht erfüllt. Die angewandte Strafnorm genüge sodann dem Legalitätsprinzip und dem Bestimmtheitsgebot nicht. Insbesondere sei sie hinsichtlich gewisser Formen schlichten Nackt-Seins, unter anderem des Nacktwanderns, klar zu unbestimmt. Das Nacktwandern sei nach dem heutigen Durchschnittsempfinden der Bevölkerung, die unter anderem durch Medien aller Art vielfach mit Nacktheit konfrontiert werde, keine grobe Verletzung von Sitte und Anstand. Das Nacktwandern könne nicht unanständig sein, weil es mit etwas Positivem, dem Sport, verbunden sei, und weil Nacktwanderer in der Regel in Bewegung seien und daher die Wahrnehmung durch Dritte sich gar nicht auf einen bestimmten Körperteil fixieren könne. Nackt wandernde Männer seien ebenso wenig anstössig wie mit entblössten Brüsten badende Frauen. Im Übrigen erhalte man den Eindruck, dass das Nacktwandern die Bevölkerung eher erheitere. Zudem sei es ohnehin unzulässig, auf ein Durchschnittsempfinden des Bürgers abzustellen, welches letztlich von der Mehrheit des urteilenden Gerichts definiert werde. Um die Einstellung der Bevölkerung zu ermitteln, müssten richtigerweise repräsentative Umfragen oder Volksabstimmungen durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer meint im Weiteren, der Tatbestand der groben Verletzung von Sitte und Anstand sei nur erfüllt, wenn der Nacktwanderer mit seiner Nacktheit bewusst andere Menschen konfrontiere, welche das Nacktwandern als grob unanständig erachteten beziehungsweise dadurch in ihrem Anstandsgefühl betroffen seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Anzeigeerstatterin habe ihn lediglich aus Distanz gesehen. Als sie ihn eingeholt habe, um ihn zur Rede zu stellen, sei er zumindest im Schambereich bereits bekleidet gewesen. Der Beschwerdeführer beruft sich im Weiteren auf Verbotsirrtum. Angesichts der Unbestimmtheit von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR habe er als juristischer Laie nicht ahnen können, dass sein Nacktwandern unter den Straftatbestand des unanständigen Benehmens fallen könnte, zumal der Kanton Appenzell I.Rh. das Nacktwandern beziehungsweise das Nackt-Sein in der Öffentlichkeit im Unterschied zum Kanton Appenzell A.Rh. explizit verbiete und mit Strafe bedrohe. Im Übrigen seien die Haltung der Behörden und die Praxis in den einzelnen Kantonen zum Inhalt der Polizeistrafnorm des "unanständigen Benehmens" kontrovers. Der Beschwerdeführer verlangt schliesslich eine Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses. Er habe sich - wie immer auf seinen Nacktwanderungen - redlich bemüht, nicht gesehen zu werden und sich rechtzeitig vor dem Betreten bewohnten Gebiets wieder zu bekleiden.
2.
Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts, einschliesslich kantonalen Strafrechts, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür. Es prüft hingegen frei, ob die von der Vorinstanz angewandte kantonale Strafnorm mit Bundesrecht vereinbar ist, ob mithin der Kanton bundesrechtlich, gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB, zum Erlass der Norm zuständig ist und ob diese dem Bestimmtheitsgebot genügt. Das Bundesgericht prüft ebenfalls mit freier Kognition, ob die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Nacktwanderns in Anwendung kantonalen Rechts das in der Beschwerde angerufene Grundrecht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) verletzt.
3.
Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozessrechts ist Sache des Bundes (Art. 123 Abs. 1 BV). Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist (Art. 335 Abs. 1 StGB).
3.1 Das inkriminierte Nacktwandern erfüllt unstreitig keinen Tatbestand des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB). Namentlich sind auch die Tatbestände des Exhibitionismus (Art. 194 StGB) und der sexuellen Belästigungen (Art. 198 StGB) nicht erfüllt. Denn der Beschwerdeführer wanderte, wovon mit der Vorinstanz auszugehen ist, nicht aus sexuellen Beweggründen mit entblösstem Geschlechtsteil, was aber eine Voraussetzung für die Anwendung von Art. 194 StGB wäre, und das Nacktwandern als solches ist keine sexuelle Handlung im Sinne von Art. 198 StGB. Das Nacktwandern ist ferner offensichtlich keine pornografische Vorführung gemäss Art. 197 StGB.
3.2 Der Fünfte Titel des Schweizerischen Strafgesetzbuches enthielt vor der Revision des Sexualstrafrechts durch das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991, in Kraft seit 1. Oktober 1992, unter dem 3. Abschnitt betreffend "Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit" den Tatbestand der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" (Art. 203 aStGB). Danach wurde mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer öffentlich eine unzüchtige Handlung beging. Als "unzüchtig" galt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, was den geschlechtlichen Anstand verletzt, indem es in nicht leichtzunehmender Weise gegen das Sittlichkeits- und Schamgefühl des normal empfindenden Menschen verstösst, der weder besonders empfindlich noch sittlich verdorben ist (BGE 117 IV 276 E. 3b, 457 E. 2b mit Hinweisen).
Art. 203 aStGB wurde im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts durch das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 aufgehoben. Die Botschaft des Bundesrates hält dazu fest, dass sich beim Tatbestand der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" die Grenze der Strafbarkeit nur schwer bestimmen liess, die Strafnorm Anlass zu einer weiten richterlichen Auslegung gab und der Strafrichter von der Pflicht befreit werden solle, in solchen Fällen den Sittenrichter spielen zu müssen. Die Botschaft verweist auf die Doktrin, wonach jedenfalls Handlungen ohne sexuelle Bedeutung entgegen der Rechtsprechung niemals unzüchtig sein könnten und im Übrigen der Massstab der durchschnittlichen sittlichen Anschauung ohnehin verfehlt sei (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Sittlichkeit und gegen die Familie] vom 26. Juni 1985, BBl 1985 II 1009 ff., S. 1079 f.). An die Stelle des aufgehobenen Tatbestands der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" sind die Tatbestände des "Exhibitionismus" und der "sexuellen Belästigungen" getreten, die allerdings im Unterschied zum aufgehobenen Tatbestand keine Öffentlichkeit voraussetzen (Botschaft, a.a.O., S. 1079 f., 1092 f.).
3.3
3.3.1 Soweit das Schweizerische Strafgesetzbuch die Angriffe auf ein Rechtsgut durch ein geschlossenes System von Normen abschliessend regelt, bleibt für kantonales Übertretungsstrafrecht kein Raum (BGE 129 IV 276 E. 2.1; 117 Ia 472 E. 2b, je mit Hinweisen). Art. 187 ff. StGB regeln die Angriffe auf die sexuelle Integrität abschliessend (TRECHSEL/LIEBER, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, Art. 335 StGB N. 9; ROLAND WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar, Strafrecht II, 2. Aufl. 2007, Art. 335 StGB N. 17; siehe auch BGE 81 IV 124).
3.3.2 Daraus folgt jedoch nicht, dass ein Verhalten in der Öffentlichkeit, welches, wie etwa das nicht sexuell motivierte Entblössen des Intimbereichs im öffentlichen Raum, unter dem Geltungsbereich des früheren Sexualstrafrechts allenfalls gemäss Art. 203 aStGB als "öffentliche unzüchtige Handlung" bestraft worden wäre (siehe BGE 89 IV 129 mit Hinweisen), seit der Revision des Sexualstrafrechts und damit der Aufhebung von Art. 203 aStGB von Bundesrechts wegen nicht im kantonalen Übertretungsstrafrecht unter Strafe gestellt werden darf.
Unter dem Geltungsbereich des früheren Sexualstrafrechts unterschied die Rechtsprechung zwischen dem Polizeigut der öffentlichen Sittlichkeit und dem strafrechtlich geschützten Rechtsgut der Sittlichkeit, die nicht notwendig identisch seien (BGE 106 Ia 267 E. 3a mit Hinweis). Nicht sexuell motivierte Entblössungen in der Öffentlichkeit wurden von der Praxis je nach den Umständen nach kantonalem Übertretungsstrafrecht (Polizeistrafrecht) oder als "öffentliche unzüchtige Handlung" gemäss Art. 203 aStGB bestraft (siehe BGE 89 IV 129; 103 IV 167), je nachdem, ob die Entblössung lediglich Sitte und Anstand oder auch den geschlechtlichen Anstand verletzte. Demgegenüber wurde in der Lehre die Auffassung vertreten, dass Betätigungen ohne sexuelle Bedeutung und somit unter anderem nicht sexuell motivierte Entblössungen nie unzüchtig seien und daher im Falle ihrer Vornahme in der Öffentlichkeit nicht unter den Anwendungsbereich des Tatbestands der "öffentlichen unzüchtigen Handlung" (Art. 203 aStGB) fielen, sondern ausschliesslich eine Angelegenheit des kantonalen Polizeirechts seien (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 3. Aufl. 1984, § 27 N. 3, 6). Die Revision des Sexualstrafrechts trug dieser Kritik Rechnung. Die nicht sexuell motivierte Entblössung im öffentlichen Raum ist nicht nach StGB strafbar. An der Kompetenz der Kantone, solche Verhaltensweisen in ihrem Übertretungsstrafrecht gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB zum Schutz des Polizeiguts der "öffentlichen Sittlichkeit" beziehungsweise der "guten Sitten" respektive von "Sitte und Anstand" etc. unter Strafe zu stellen, hat sich dadurch nichts geändert. Die zitierte Botschaft des Bundesrates (BBl 1985 II 1009 ff.) enthält denn auch keinerlei Hinweise, die dafür sprechen könnten, dass die Kantone infolge der Revision des Sexualstrafrechts und der Aufhebung von Art. 203 aStGB betreffend die öffentliche unzüchtige Handlung nicht mehr befugt seien, in ihrem Übertretungsstrafrecht für Verletzung von Sitte und Anstand in der Öffentlichkeit Strafe anzudrohen, beziehungsweise dass infolge der Revision des Sexualstrafrechts die nicht sexuell motivierte Entblössung in der Öffentlichkeit nicht mehr als Verletzung von Sitte und Anstand im Sinne der Bestimmungen des kantonalen Übertretungsstrafrechts qualifiziert werden dürfe. Die Botschaft hält fest, als neue Überschrift vor Art. 187 ff. StGB werde der Titel "Strafbare Handlungen im Sexualbereich" vorgeschlagen, "um den etwas moralisierenden Begriff der Sittlichkeit, der mit dem Begriff der guten Sitten nicht gleichzusetzen ist, zu vermeiden" (BBl 1985 II 1009 ff., S. 1064). Somit ergibt sich auch aus der Botschaft, dass der Begriff der "Sittlichkeit" im Sinne des alten Sexualstrafrechts etwas anderes bezeichnet als der Terminus der "guten Sitten".
Die Bestrafung des Nacktwanderns im öffentlichen Raum in Anwendung von kantonalem Übertretungsstrafrecht verstösst daher nicht gegen Art. 335 Abs. 1 StGB.
3.4
3.4.1 Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass die öffentliche Sittlichkeit in der heutigen Zeit nicht mehr als selbständiges beziehungsweise legitimes Schutzgut des (kantonalen) Polizeirechts tauge. Zur Begründung beruft er sich auf eine Meinungsäusserung in der Lehre (PIERRE TSCHANNEN, "Öffentliche Sittlichkeit": Sozialnormen als polizeiliches Schutzgut? in: Mélanges en l'honneur de Pierre Moor, Théorie du droit - Droit administratif - Organisation du territoire, 2005, S. 553 ff.). Der Beschwerdeführer macht unter Zitierung des genannten Autors geltend, als Terminus des allgemeinen Polizeirechts sei die "öffentliche Sittlichkeit" im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht zu halten. Die "öffentliche Sittlichkeit" könne nur einen qualifizierten Ausschnitt aus den sozialethischen Regeln des Zusammenlebens abdecken, nämlich jenen, über dessen kollektive Beachtlichkeit ein ausreichend breiter Konses bestehe, der empirisch nachweisbar sei. Das sittliche Empfinden der Bevölkerung könne rechtlichen Schutz nur geniessen, soweit es zum Zweck eines verträglichen Zusammenlebens in einem pluralistischen Gemeinwesen unerlässlich sei. Die "öffentliche Sittlichkeit" sei ein Relikt aus der "guten Polizey", ein staatspaternalistischer Versuch, bürgerliche Sekundärtugenden amtlich zu erzwingen. Das Verwaltungsrecht des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates lasse dafür keinen Raum. Für das Polizeirecht könne nichts anderes gelten (Beschwerde S. 9 unter Hinweisen auf PIERRE TSCHANNEN, a.a.O., S. 553, 562, 567).
3.4.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers gehen an der Sache vorbei. Es mag zutreffen, dass Einschränkungen und Verbote durch polizeiliche Realakte und durch Verfügungen der Verwaltung einzig unter Berufung auf die "öffentliche Sittlichkeit" problematisch sein können. Daraus leitet der zitierte Autor die Forderung ab, die "öffentliche Sittlichkeit" aus dem verwaltungsrechtlichen Begriffsrepertoire zu tilgen und Sozialnormen, die das Gemeinwesen amtlich geschützt sehen will, durch explizite Verhaltensvorschriften gesetzlich, d.h. rechtssatzmässig, zu verankern, was genügen müsse (PIERRE TSCHANNEN, a.a.O., S. 567, 568). Letzteres ist hier gegeben. Vorliegend geht es nicht darum, ob ein bestimmtes Verhalten allein unter Berufung auf die "öffentliche Sittlichkeit" als Teilgehalt der "öffentlichen Ordnung" durch Erlass einer Verfügung oder durch einen polizeilichen Realakt verboten werden darf, ob mit andern Worten das hiefür allenfalls erforderliche öffentliche Interesse allein damit begründet werden kann, dass das zu verbietende Verhalten gegen die "öffentliche Sittlichkeit" verstosse. Vorliegend geht es um etwas anderes, nämlich um die Auslegung und Anwendung einer vom hiefür zuständigen Gesetzgeber erlassenen Strafbestimmung, mithin eines Rechtssatzes, wonach bestraft wird, wer öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt. Eine solche Bestimmung ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht deshalb unzulässig und nicht anzuwenden, weil die "öffentliche Sittlichkeit" kein selbständiges beziehungsweise legitimes polizeiliches Schutzgut mehr ist. Dem Gesetzgeber ist es grundsätzlich unbenommen, eine solche Strafbestimmung zu erlassen. Der Richter seinerseits hat - unter Vorbehalt des Grundrechtsschutzes - nicht zu prüfen, ob die Strafbestimmung als solche beziehungsweise ihre Anwendung im konkreten Einzelfall im öffentlichen Interesse liege und ob sich dieses mit dem Schutzgut der "öffentlichen Sittlichkeit" begründen liesse. Er hat auch nicht zu prüfen, ob das in der Strafbestimmung zum Ausdruck gebrachte Verbot und die Ausfällung einer Strafe im Falle von dessen Missachtung generell beziehungsweise im konkreten Einzelfall für ein verträgliches Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft unerlässlich sei. Mit den Fragen des öffentlichen Interesses und dessen Begründung hat sich der Strafrichter - im Rahmen seiner Kognition - nur zu befassen, soweit er allenfalls prüfen muss, ob durch die Strafbestimmung beziehungsweise ihre Anwendung im konkreten Einzelfall Grundrechte eingeschränkt werden, was gemäss Art. 36 Abs. 2 BV entweder durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein muss.
4.
4.1 Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt (Art. 1 StGB). Der Grundsatz der Legalität ("nulla poena sine lege") ist ebenfalls in Art. 7 EMRK ausdrücklich verankert. Er ergibt sich auch aus Art. 5 Abs. 1, Art. 9 und Art. 164 Abs. 1 lit. c BV (BGE 129 IV 276 E. 1.1.1 mit Hinweisen). Der Grundsatz ist verletzt, wenn jemand wegen eines Verhaltens strafrechtlich verfolgt wird, das im Gesetz überhaupt nicht als strafbar bezeichnet wird; wenn das Gericht ein Verhalten unter eine Strafnorm subsumiert, unter welche es auch bei weitestgehender Auslegung der Bestimmung nach den massgebenden Grundsätzen nicht subsumiert werden kann; oder wenn jemand in Anwendung einer Strafbestimmung verfolgt wird, die rechtlich keinen Bestand hat. Der Grundsatz gilt für das gesamte Strafrecht, mithin auch für das kantonale Übertretungsstrafrecht (BGE 118 Ia 137 E. 1c; 112 Ia 107 E. 3a, je mit Hinweisen; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, Art. 1 StGB N. 1). Er schliesst eine extensive Auslegung des Gesetzes zu Lasten des Beschuldigten nicht aus (BGE 137 IV 99 E. 1.2; 127 IV 198 E. 3b; 103 IV 129 E. 3a, je mit Hinweisen).
Aus dem Grundsatz der Legalität wird das Bestimmtheitsgebot abgeleitet ("nulla poena sine lege certa"). Eine Strafnorm muss hinreichend bestimmt sein. Welche Anforderungen daran zu stellen sind, hängt unter anderem von der Komplexität der Regelungsmaterie und der angedrohten Strafe ab (POPP/LEVANTE, Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, Art. 1 StGB N. 32, mit Hinweisen). Das Gesetz muss so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann (BGE 119 IV 242 E. 1c; 117 Ia 472 E. 3e, je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte darf das Gebot nach Bestimmtheit rechtlicher Normen indessen nicht in absoluter Weise verstanden werden. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verzichten, allgemeine und mehr oder minder vage Begriffe zu verwenden, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden muss. Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Er hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidung, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und sachgerechten Entscheidung ab (BGE 132 I 49 E. 6.2; 128 I 327 E. 4.2, je mit Hinweisen; Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. Februar 1998 in Sachen Larissis Dimitrios c. Grèce, Recueil CourEDH 1998-I S. 362).
4.2 Das Gesetz des Kantons Appenzell A.Rh. über das kantonale Strafrecht (bGS 311; Kant. Strafrecht/AR) stellt nicht ausdrücklich das Nacktwandern oder das Nackt-Sein in der Öffentlichkeit unter Strafe. Es droht in Art. 19 Kant. Strafrecht/AR für "unanständiges Benehmen" Busse an. Nach Art. 19 al. 1 Kant. Strafrecht/AR ist strafbar, wer sich in angetrunkenem oder berauschtem Zustand öffentlich ungebührlich aufführt. Gemäss Art. 19 al. 2 Kant. Strafrecht/AR wird bestraft, wer "in anderer Weise öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt".
Gleichartige oder ähnliche Strafbestimmungen betreffend Verletzung von Sitte und Anstand sind auch in Übertretungsstrafgesetzen beziehungsweise Einführungsgesetzen anderer Kantone enthalten. Bestraft wird etwa, "wer sich öffentlich ein unanständiges Benehmen zuschulden kommen lässt" (Art. 12 lit. b des bernischen Gesetzes über das kantonale Strafrecht); "wer sich öffentlich ein unanständiges, Sitte und Anstand verletzendes Benehmen zuschulden kommen lässt" (§ 23 Abs. 2 erste Hälfte des solothurnischen Gesetzes über das kantonale Strafrecht); "wer sich öffentlich ein Sitte und Anstand verletzendes Benehmen zuschulden kommen lässt" (Art. 10 des Glarner Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Strafgesetzbuches); "wer sich öffentlich in einer Sitte und Anstand grob verletzenden Weise aufführt" (§ 18 Abs. 2 des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Luzern); "wer durch sein Benehmen in der Öffentlichkeit Sitte und Anstand grob verletzt" (§ 18 Abs. 2 des Schwyzer Gesetzes über das kantonale Strafrecht, ebenso Art. 6 Ziff. 2 des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Nidwalden).
Art. 19 al. 2 Kant. Strafrecht/AR, wonach bestraft wird, wer öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt, ist mit Rücksicht auf die gemäss der vorstehend zitierten Rechtsprechung massgebenden Kriterien hinreichend bestimmt. Aus der Norm ergibt sich klar und unmissverständlich, dass die grobe Verletzung von Sitte und Anstand in der Öffentlichkeit strafbar ist. Eine andere Frage ist, ob das inkriminierte Verhalten überhaupt Sitte und Anstand verletzt und ob eine allfällige Verletzung grob ist.
5.
5.1 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die Auslegung und Anwendung von kantonalen Gesetzesbestimmungen, unter Vorbehalt von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen (siehe Art. 95 BGG), nicht frei, sondern nur mit einer auf Willkür beschränkten Kognition. Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4; 136 I 316 E. 2.2.2, je mit Hinweisen).
Zu prüfen ist, ob die Auffassung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe durch das inkriminierte Nacktwandern öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt, willkürlich, also schlechterdings unhaltbar ist.
5.2 "Anstand" bezeichnet "die Form des zwischenmenschlichen Verhaltens, die als der Würde des Menschen entsprechend angesehen wird. Ihre Beachtung und Einhaltung wird von einer Gesellschaft meist nachdrücklich gefordert; wer 'den Anstand verletzt', setzt sich der Gefahr aus, belächelt oder mit Sanktionen bedroht zu werden" (MEYERS ENZYKLOPÄDISCHES LEXIKON, zum Begriff "Anstand"). Unter "Sitte" versteht man "die in einer Gesellschaft oder Teilgesellschaft vorhandenen und angewendeten Regeln des Sozialverhaltens, sofern diese nicht durch Gesetze festgelegt, sondern durch alltägliche Anwendung verankert sind, die sich durch den Verweis auf Traditionen, Kultur, Brauch, moralische oder religiöse Vorstellungen rechtfertigt" (BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, zum Begriff "Sitte"). Die beiden Begriffe, deren Bedeutungsinhalt teilweise übereinstimmt, werden häufig gemeinsam in der Wendung "Sitte und Anstand" gebraucht. Diese bezeichnen nicht dasselbe wie die "Sittlichkeit" im Sinne des früheren Sexualstrafrechts, sondern gehen darüber hinaus.
5.3 Ob ein Verhalten Sitte und Anstand verletzt und ob diese Verletzung als grob erscheint, beurteilt sich nicht nach dem Eindruck des besonders unsensiblen oder des besonders empfindsamen, sondern nach der Einschätzung des durchschnittlich empfindenden Menschen. Darüber muss der Richter entscheiden. Es kommt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht in Betracht, die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass ein bestimmtes Verhalten unter welchen Voraussetzungen Sitte und Anstand verletzt, durch sog. repräsentative Umfragen zu klären. Die Anschauungen darüber, ob und in welchem Ausmass ein bestimmtes Verhalten als Sitte und Anstand verletzend empfunden wird, kann von Region zu Region verschieden sein.
5.4
5.4.1 Das Nacktwandern unterscheidet sich wesentlich etwa vom Baden, Sonnenbaden sowie von der Ausübung von Sport und Spiel im Zustand der Nacktheit auf einem begrenzten Gelände. Das Nacktwandern ist hierzulande und fast überall anderswo heute und seit jeher völlig unüblich und ungewöhnlich. Der Mensch, der unterwegs ist, trägt wenigstens ein Kleidungsstück, welches den Intimbereich bedeckt. Nacktwandern widerspricht klar den Sitten und Gebräuchen, Gepflogenheiten und Konventionen. Es ist, auch gemessen an der traditionellen sog. Freikörperkultur, eine deutliche Grenzüberschreitung und ein Tabubruch. Bezeichnend ist, dass selbst in der heutigen Gesellschaft, die nach der Meinung des Beschwerdeführers freizügig und unter dem Einfluss von Medien aller Art an Nacktheit gewohnt ist, fast kein Mensch nackt wandert.
5.4.2 Unerheblich ist, dass der Beschwerdeführer sein Wandern als sportliche Betätigung in der Natur begreift und Sport seines Erachtens etwas Positives ist. Dies legt nicht den Schluss nahe, dass das Nacktwandern nicht Sitte und Anstand grob verletze. Dem Beschwerdeführer ist es unbenommen, wenigstens mit einer kurzen Hose bekleidet zu wandern oder, wenn er sich dadurch zu beengt fühlen sollte, beispielsweise in einem Gelände für Freikörperkultur Sport zu treiben.
5.4.3 Es ist davon auszugehen, dass die Menschen im Falle einer Begegnung mit einem Nacktwanderer ganz unterschiedlich reagieren. Die konkrete Reaktion im Einzelfall lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, wie das Nacktwandern unter dem Gesichtspunkt von Sitte und Anstand grundsätzlich und prinzipiell eingeschätzt wird. Massstab für die Beurteilung kann insoweit auch nicht die Haltung der vielen Gleichgültigen sein. Dass ein Verhalten hingenommen wird, weil - wie der Beschwerdeführer konstatiert - die Menschen in der heutigen Gesellschaft sich nur beschränkt füreinander interessieren, bedeutet noch nicht, dass es nicht Sitte und Anstand grob verletzt.
5.4.4 In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Volk des Kantons Appenzell I.Rh., welches nach der vom Beschwerdeführer nicht angefochtenen Einschätzung der Vorinstanz eine ähnliche Mentalität besitzt wie die Bevölkerung des Kantons Appenzell A.Rh., durch Landsgemeindebeschluss vom 26. April 2009 Art. 15 des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Appenzell I.Rh. (UeStG/AI) unter anderem im Hinblick auf eine zu schaffende Strafnorm betreffend das Nacktwandern dahingehend ergänzt hat, dass auch mit Busse bestraft wird, wer sich "öffentlich ein anstössiges, Sitte oder Anstand verletzendes Verhalten zuschulden kommen lässt". Gestützt auf diese Bestimmung sowie auf den durch den Landsgemeindebeschluss neu eingefügten Art. 4 Abs. 2 UeStG/AI, wonach der Grosse Rat für geringfügige Übertretungen eine Liste mit festen Bussen erlassen kann, hat der Grosse Rat des Kantons Appenzell I.Rh. am 15. Juni 2009 die Verordnung über die Ordnungsbussen samt Anhang erlassen, dessen Ziff. 1.10 eine Busse von Fr. 200.-- androht für "Nacktes Aufhalten in der Öffentlichkeit (Art. 15 UeStG)".
5.4.5 Die Vorinstanz wendet das kantonale Recht nicht willkürlich an, indem sie das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Nacktwandern unter Berücksichtigung der im Kanton Appenzell A.Rh. herrschenden Mentalität und Anschauung, deren Würdigung das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung prüft (vgl. BGE 106 Ia 267 E. 3b), als grobe Verletzung von Sitte und Anstand im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR wertet.
5.5
5.5.1 Ergänzend ist im Übrigen klarzustellen, dass die Bewertung des Nacktwanderns unter dem Gesichtspunkt von Sitte und Anstand nicht massgeblich davon abhängen kann, wie gross oder wie klein die Wahrscheinlichkeit der Begegnung mit einem Nacktwanderer ist. Wer im öffentlichen Raum - wo auch immer - auf einen Nacktwanderer trifft, kann daran mit Grund Anstoss nehmen, zumal er nicht zuverlässig wissen kann, von welchen Motiven der Nacktwanderer letztlich dazu getrieben wird, mit entblösstem Intimbereich aufzutreten.
5.5.2 Wohl ist davon auszugehen, dass das Nacktwandern in einer belebten Innenstadt schwerer wiegt als das Nacktwandern in einer abgelegenen Gegend abseits von Wanderwegen. Dies betrifft indessen lediglich das Mass des Verschuldens. Beim Nacktwandern in der Abgeschiedenheit kommt, soweit sich überhaupt ein Anzeigeerstatter findet, allenfalls eine Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses in Betracht. Im Übrigen liesse sich ohnehin nicht hinreichend zuverlässig bestimmen, bei welchen örtlichen Gegebenheiten und übrigen konkreten Umständen im Einzelnen das Nacktwandern willkürfrei noch als Verletzung beziehungsweise als grobe Verletzung von Sitte und Anstand qualifiziert werden könnte und bei welchen Gegebenheiten ein Schuldspruch willkürlich wäre.
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.
6.
Die Tatbestandsvariante der groben Verletzung von Sitte und Anstand im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR umschreibt ein schlichtes Tätigkeitsdelikt. Strafbar ist ein Verhalten, das Sitte und Anstand grob verletzt, d.h. ein in diesem Sinne qualifiziertes Benehmen. Zur Erfüllung des Tatbestands ist es nicht erforderlich, dass der Nacktwanderer einem Menschen begegnet, welcher durch die Erscheinung des nackten Wanderers in seinem Anstandsgefühl verletzt wird. Daher ist es rechtlich unerheblich, dass die Anzeigeerstatterin den Beschwerdeführer, wie dieser behauptet, allenfalls nur aus einer gewissen Entfernung nackt sah, und dass er, als sie ihn eingeholt hatte, um ihn zur Rede zu stellen, gemäss seiner Behauptung zumindest im Intimbereich bereits angekleidet war. Die Rügen des Beschwerdeführers betreffend unrichtige Tatsachenfeststellung und Verweigerung des rechtlichen Gehörs gehen an der Sache vorbei.
7.
Gemäss Art. 10 Abs. 2 BV hat jeder Mensch das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. Art. 36 BV umschreibt die Voraussetzungen für Einschränkungen von Grundrechten. Diese bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr (Abs. 1). Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Abs. 2). Sie müssen verhältnismässig sein (Abs. 3). Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar (Abs. 4).
7.1 Das Grundrecht auf persönliche Freiheit umfasst neben den in Art. 10 Abs. 2 BV ausdrücklich genannten Rechten auch das Recht auf Selbstbestimmung und auf individuelle Lebensgestaltung sowie den Schutz der elementaren Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung (BGE 133 I 110 E. 5.2 mit Hinweisen; RAINER J. SCHWEIZER, Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 10 BV N. 5, 25 ff.). Das Grundrecht enthält jedoch keine allgemeine Handlungsfreiheit, auf die sich der Einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen kann. Die persönliche Freiheit schützt nicht vor jeglichem physischen oder psychischen Missbehagen (BGE 127 I 6 E. 5a mit Hinweisen).
7.2 Das Recht auf individuelle Lebensgestaltung beinhaltet auch die Freiheit in der Auswahl der Bekleidung etwa nach den Gesichtspunkten der Ästhetik und der Praktikabilität. Ob sich daraus auch ein Recht ergibt, im öffentlichen Raum auf das Tragen von Kleidern zu verzichten und somit nackt, d.h. mit entblösstem Intimbereich, zu wandern, ist fraglich, kann hier jedoch dahingestellt bleiben.
Das Grundrecht auf persönliche Freiheit wird dadurch, dass der Mensch beim Wandern im öffentlichen Raum sich wenigstens im Intimbereich zu bekleiden hat, höchstens geringfügig eingeschränkt. Daher sind an die Voraussetzungen für die Einschränkung keine hohen Anforderungen zu stellen. Das Verbot des Nacktwanderns im öffentlichen Raum findet in Art. 19 Kant. Strafrecht/AR eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Das Verbot liegt schon mit Rücksicht auf die nachvollziehbare Empörung über das Nacktwandern in Teilen der Bevölkerung und die daher möglichen Zwistigkeiten sowie zwecks Verhinderung von Auswüchsen im öffentlichen Interesse. Das Verbot des Nacktwanderns unter Androhung einer Busse im Zuwiderhandlungsfall ist auch insoweit, als es für abgelegene Gegenden des Kantons mit entsprechend geringem Risiko einer Begegnung gilt, verhältnismässig, da das Gebot, sich wenigstens im Intimbereich zu bekleiden, nur eine minimale Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellt, die Begegnung mit einem Nacktwanderer auch in einer abgelegenen Gegend mit Grund Anstoss erregen kann und für sportliche Betätigungen in nacktem Zustand beispielsweise in Anlagen für Freikörperkultur Möglichkeiten bestehen.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Busse von Fr. 100.-- wegen Nacktwanderns in Anwendung kantonalen Rechts verletzt das Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht.
7.3 Inwiefern andere Grundrechte verletzt seien oder die Bestrafung wegen Nacktwanderns in Anwendung kantonalen Rechts sonst wie gegen die BV oder gegen die EMRK verstosse, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist nicht ersichtlich. Eine Übertretungsstrafnorm darf nicht nur erlassen und angewendet werden, wenn dies für ein erträgliches Zusammenleben in der Gesellschaft unerlässlich ist. Der Gesetzgeber kann im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens auch für Bagatellen Strafe androhen.
8.
8.1 Wer bei der Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält, handelt nicht schuldhaft. War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe (Art. 21 StGB). Gemäss Art. 2 Kant. Strafrecht/AR finden die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches unter Vorbehalt abweichender Vorschriften kantonaler Erlasse auf die nach kantonalem Recht strafbaren Handlungen sinngemäss Anwendung. Da im kantonalen Recht abweichende Vorschriften fehlen, ist Art. 21 StGB betreffend den Irrtum über die Rechtswidrigkeit auch bei der Straftat des "unanständigen Benehmens" im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR anwendbar.
8.2 Der Beschwerdeführer macht zur Begründung des von ihm behaupteten Rechtsirrtums geltend, dass das Nacktwandern gemäss dem hier massgebenden Übertretungsstrafrecht des Kantons Appenzell A.Rh. im Unterschied zum Recht des Kantons Appenzell I.Rh. nicht ausdrücklich mit Strafe bedroht werde und dass nach der Auffassung der sankt-gallischen Behörden das Nacktwandern im Kanton St. Gallen nicht strafbar sei.
Auf das Wissen um die Strafbarkeit kommt es indessen nicht an (BGE 128 IV 201 E. 2; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, Art. 21 StGB N. 4). Ein Rechtsirrtum liegt nicht schon vor, wenn der Täter sein Verhalten irrtümlich für straflos hält, sondern nur, wenn er nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält. Inwiefern dies der Fall ist, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist nicht ersichtlich. Das Fehlen einer Strafbestimmung, die ausdrücklich auch das Nacktwandern mit Strafe bedroht, lässt sich im Übrigen aus verschiedenen Gründen erklären, etwa damit, dass das Nacktwandern im Zeitpunkt der inkriminierten Tat noch neu war oder dass der zuständige Gesetzgeber die bestehenden Gesetzesbestimmungen als ausreichend auch für eine Bestrafung des Nacktwanderns erachtet oder dass er die Androhung von Strafe als nicht opportun beziehungsweise zweckmässig respektive erforderlich einschätzt, etwa weil die Zahl der Nacktwanderer sehr klein und daher das Risiko, einen Nacktwanderer anzutreffen oder auch nur in der Ferne zu erblicken, äusserst gering ist. Ein Sitte und Anstand grob verletzendes Verhalten ist im Kanton Appenzell A.Rh. rechtswidrig, weil es durch eine Strafnorm, Art. 19 Kant. Strafrecht/AR, verboten wird. Ein allfälliger Irrtum des Beschwerdeführers, dass er durch das inkriminierte Nacktwandern nicht im Sinne von Art. 19 Kant. Strafrecht/AR Sitte und Anstand grob verletzt habe, ist lediglich ein Subsumtionsirrtum (vgl. zu diesem Irrtum BGE 112 IV 132 E. 4b; n.p. E. 5 von BGE 128 IV 170), der rechtlich unerheblich ist.
8.3 Für die Frage des Verbotsirrtums des Beschwerdeführers ist ohne Bedeutung und daher im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, ob das Nacktwandern im Kanton St. Gallen nach dem sankt-gallischen Recht strafbar ist.
9.
Die zuständige Behörde sieht von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn Schuld und Tatfolgen gering sind (Art. 52 StGB). Diese Bestimmung gilt auch für die Übertretungen im Sinne des Schweizerischen Strafgesetzbuches, wie sich aus Art. 104 und Art. 105 StGB ergibt. Sie gilt ebenfalls für die Übertretungen im Sinne des Übertretungsstrafrechts des Kantons Appenzell A.Rh., was aus Art. 2 Kant. Strafrecht/AR folgt. Dass solche Übertretungen an sich Bagatelldelikte sind, schliesst eine Strafbefreiung nicht aus. Voraussetzung für eine Strafbefreiung mangels Strafbedürfnisses ist aber, dass die inkriminierte Tat in Bezug auf Schuld und Tatfolgen deutlich weniger schwer wiegt als der typische Regelfall des tatbestandsmässigen Verhaltens (BGE 135 IV 130 E. 5.3.3 mit Hinweisen).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer war nicht in einem Gelände unterwegs, wo die Begegnung mit anderen Menschen unwahrscheinlich war, sondern er wanderte nackt an einem Sonntagnachmittag, bei schönem Wetter, auf einem Wanderweg in einem Naherholungsgebiet in der Nähe von Herisau, wo mit andern Menschen, auch Familien mit Kindern, stets gerechnet werden musste, und er spazierte nackt tatsächlich an einer Familie mit kleinen Kindern vorbei. Das Nacktwandern löst bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung Empörung aus. Eine Strafbefreiung in Anwendung von Art. 52 StGB lässt sich weder unter spezial- noch unter generalpräventiven Gesichtspunkten rechtfertigen.
10.
Zusammenfassend ergibt sich somit Folgendes. Die Kantone sind gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB befugt, das Nacktwandern im öffentlichen Raum unter Strafe zu stellen (E. 3 hievor). Eine Norm, welche demjenigen Strafe androht, der "öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt", ist hinreichend bestimmt (E. 4 hievor). Das Nacktwandern im öffentlichen Raum kann ohne Rücksicht auf die örtlichen Gegebenheiten und die übrigen Umstände willkürfrei als grobe Verletzung von Sitte und Anstand qualifiziert werden (E. 5 hievor). Die Erfüllung des Tatbestands der groben Verletzung von Sitte und Anstand setzt nicht voraus, dass der Nacktwanderer auf einen Menschen trifft, der dadurch in seinem Anstandsgefühl verletzt wird (E. 6 hievor). Die Verurteilung zu einer Busse wegen Nacktwanderns verletzt das Grundrecht der persönlichen Freiheit nicht (E. 7 hievor). Ein Verbotsirrtum lag nicht vor (E. 8 hievor). Die Voraussetzungen für eine Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses sind nicht erfüllt (E. 9 hievor).
Die Beschwerde ist in sämtlichen Punkten unbegründet.
11.
Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Seine Bedürftigkeit ist ausgewiesen. Die Beschwerde war nicht von vornherein aussichtslos. Das Gesuch ist daher gutzuheissen. Somit sind keine Kosten zu erheben und ist dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Daniel Kettiger, Bern, eine Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse zu zahlen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird gutgeheissen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Daniel Kettiger, Bern, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh. und dem Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh., 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. November 2011
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Näf