Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_679/2011
Urteil vom 19. Dezember 2011
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Keller.
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Josef Ulrich,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden, Postfach 1561, 6060 Sarnen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, rechtliches Gehör,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Obwalden vom 6. September 2011.
Sachverhalt:
A.
Die Kantonspolizei Obwalden führte am 24. August 2008 auf der Brünigstrasse im Bereich Kreuzstrasse Sarnen/Kägiswil Geschwindigkeitskontrollen durch. Um 02.12 Uhr registrierte die Anlage den Personenwagen von X.________ mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h, wobei die signalisierte Höchstgeschwindigkeit in diesem Innerortsbereich 60 km/h betrug. In der anschliessenden polizeilichen Befragung gab X.________ zu, selbst gefahren zu sein, jedoch höchstens mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h.
B.
Das Verhöramt Obwalden erliess am 6. November 2008 einen Strafbefehl und sprach X.________ infolge Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit innerorts um 27 km/h der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 110.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 800.--.
X.________ erhob dagegen Einsprache. Das Verhöramt Obwalden beauftragte in der Folge das Bundesamt für Metrologie (METAS) mit der Begutachtung der Radarmessung. Aufgrund dieses Gutachtens erliess das Verhöramt Obwalden einen zweiten, identischen Strafbefehl, wobei es X.________ wegen Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit innerorts neu um 29 km/h schuldig sprach.
Auf Einsprache von X.________ hin verurteilte ihn das Kantonsgericht Obwalden am 24. Juni 2010 wegen grober Verkehrsregelverletzung infolge Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit innerorts um 29 km/h zu einer Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu Fr. 110.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 700.--.
Das Obergericht des Kantons Obwalden hiess die Appellation von X.________ am 6. September 2011 teilweise gut und bestrafte ihn lediglich mit einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 110.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 800.--.
C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Obwalden vom 6. September 2011 sei aufzuheben, und er sei nicht wegen grober Verkehrsregelverletzung zu verurteilen. Eventualiter sei das Verfahren zwecks Neubeurteilung oder zur Anhandnahme von Beweismassnahmen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Vorinstanz habe auf das Gutachten eines befangenen Sachverständigen abgestellt. Der METAS-Gutachter, A.________, sei befangen, weil er bereits das Eichzertifikat des Radargeräts wie auch den Prüfbericht erstellt habe. Er habe sich daher als Gutachter selber darüber zu äussern gehabt, ob das von ihm geeichte und geprüfte Gerät korrekt funktioniert habe. Das Gutachten hätte von einer unabhängigen Stelle erstellt werden müssen. Bei A.________ habe offensichtlich eine Interessenkollision bestanden. Es reiche schon der Anschein von Befangenheit, der von Amtes wegen zu beachten sei. Die Vorbefassung hinsichtlich Eichprotokoll und Prüfbericht genüge, um einen solchen Befangenheitsanschein zu erwecken. Die Vorinstanz hätte somit nicht auf dieses Gutachten abstellen dürfen (Beschwerde, S. 4 f.).
1.2 Die Vorinstanz erwägt, der Umstand, dass der Experte A.________ zu einem früheren Zeitpunkt das Eichprotokoll für die in Frage stehende Radarmessanlage ausgestellt habe, vermöge entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Zweifel an dessen Unparteilichkeit zu wecken. Da in der Schweiz nur eine begrenzte Anzahl Personen das nötige Fachwissen besässen, um solche Prüfungen und Gutachten zu erstellen, könne nicht für jeden Kontakt mit einem bestimmten Messgerät ein anderer Experte hinzugezogen werden. Auf das Gutachten könne abgestellt werden, und die festgestellte Geschwindigkeit sei als massgebend zu betrachten (angefochtenes Urteil, S. 6 f.).
1.3 Das vorliegend noch anwendbare Gesetz über die Gerichtsorganisation des Kantons Obwalden vom 22. September 1996 in der bis zum 31. Dezember 2010 in Kraft stehenden Fassung (Art. 453 Abs. 1 StPO) sieht in den Art. 14 Ausstandsgründe und in Art. 15 Ausschlussgründe unter anderem für Sachverständige vor.
Das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Ablehnungsbegehren gegenüber dem Sachverständigen A.________ ist unbegründet. A.________ nahm am 17. September 2005 die Installation des Radargeräts im Polizeifahrzeug zusammen mit seinem vorgesetzten Sektionschef (Sektion Hochfrequenz, EMV und Verkehr) ab (Doss. 1 act. 1/14 der Vorakten). Die (periodische) Eichung des Geräts erfolgte am 5. Juni 2008 und wurde vom METAS-Mitarbeiter B.________ durchgeführt, wobei A.________ das Eichzertifikat in seiner Funktion als Chef der Sektion Verkehr, Akustik und Vibration mitunterzeichnete (Doss. 1 act. 1/9 der Vorakten). Allein aufgrund dieser Beteiligung an der Installationsabnahme sowie an der Eichung der Anlage ist keine Befangenheit von A.________ erkennbar. Ein anderer Ablehnungsgrund liegt nicht vor und wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Sein Beweisantrag, einen Augenschein durchzuführen und Geschwindigkeitskontrollmessungen unter Verwendung verschiedener Winkel und Empfindlichkeitsstufen vorzunehmen, sei von der Vorinstanz ignoriert worden. Die Vorinstanz gehe mit keinem Wort auf den von ihm vorgebrachten Winkelfehler ein, obwohl gemäss Fachliteratur erhebliche Zweifel angebracht seien, ob der Radar wirklich korrekt eingestellt worden sei. Bei Messungen aus einem Fahrzeug müsse ein Fotowinkel von 16 Grad eingestellt werden. Aus dem Gutachten sei jedoch ersichtlich, dass der Fotowinkel 19 Grad betragen habe und der Radarstrahl unter einem Winkel von 22 Grad erfolgt sei. Der Radar sei daher nicht korrekt ausgerichtet gewesen und die Geschwindigkeitsmessung falsch durchgeführt worden (Beschwerde, S. 6 f.).
2.2 Die Argumentation des Beschwerdeführers geht an der Sache vorbei. Das METAS-Gutachten hält fest, dass der Radarmesswinkel 22.08° betrug, wobei ein Wert von 22° (massgeblicher Nennwinkel) anzustreben ist. Wird das Radargerät abweichend zum Nennwinkel aufgestellt, entsteht ein Messfehler, der sich bei Werten unter 22° zuungunsten, bei Werten über 22° zugunsten des Betroffenen auswirkt (METAS-Gutachten, S. 3 f.). Der Beschwerdeführer stellt den vorliegend ermittelten Radarmesswinkel von 22.08° nicht in Frage. Wie das METAS-Gutachten (S. 4) festhält, wird bei der Eichung des Radargeräts überprüft, ob bei paralleler Ausrichtung des polizeilichen Messfahrzeugs ein Messwinkel des Radars von 22° erzielt wird. Der vom Beschwerdeführer beanstandete Fotowinkel spielt hingegen lediglich zur Ermittlung des tatsächlichen Radarmesswinkels eine Rolle. Da dieser jedoch unbestrittenermassen korrekt war, ist auf die Rüge des Beschwerdeführers nicht weiter einzugehen.
3.
3.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei die Vorinstanz in Willkür verfallen, indem sie erhebliche Beweise - wie etwa die vorgeschlagene Kontrollmessung - übersehen habe und die Schlüsse des Gutachters kritiklos übernehme. Die Vorinstanz habe zudem willkürlich ausser Acht gelassen, dass der Messstandpunkt aufgrund eines Plakates im Hintergrund äusserst ungünstig gewählt worden sei, weil dieses Plakat zu allfälligen Reflexionen führen könne. Die Vorinstanz hätte an der Messung zweifeln müssen und habe willkürlich nicht beachtet, dass ein falscher Empfindlichkeitsmodus des Radars eingestellt worden sei. Da sein Auto zwei bis drei Meter am Radar vorbeigefahren sei, hätte gemäss Fachliteratur die Reichweite des Gerätes nah statt mittel eingestellt werden müssen (Beschwerde, S. 7 ff.).
3.2 Die Vorinstanz führt aus, das Gutachten sei ausführlich und überzeugend begründet. Der Gutachter schliesse eine Doppelknickstrahlenreflexion ausdrücklich aus. Bei einer solchen Reflexion ergäbe sich eine doppelt so hohe wie die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit. Da der Beschwerdeführer eingeräumt habe, zu schnell gefahren zu sein, könne eine solche Reflexion ausgeschlossen werden. Hätte eine Reflexionsmessung stattgefunden, wäre der Beschwerdeführer lediglich ca. 45 km/h gefahren. Hinweise auf Falschmessungen lägen nicht vor (angefochtenes Urteil, S. 6).
3.3 Der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind, leitet sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ab (BGE 129 II 396 E. 2.1; 120 Ib 379 E. 3b; je mit Hinweisen). Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht darauf verzichtet, beantragte Beweise abzunehmen, weil es auf Grund der bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, seine Überzeugung würde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 129 II 396 E. 2.1; 124 I 49 E. 3a, 241 E. 2; je mit Hinweisen).
3.4 Der Entscheid der Vorinstanz, auf eine Kontrollmessfahrt zu verzichten, ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, dass eine solche Kontrollmessung zu einem anderen Beweisergebnis geführt hätte. Das METAS-Gutachten kommt denn auch zum Schluss, dass eine solche Messung keine zuverlässige Aussage erlaubt, ob der Radar im Tatzeitpunkt korrekt funktioniert hat (METAS-Gutachten, S. 9). Die Vorinstanz weist nach, dass keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Radarmessung der vom Beschwerdeführer gefahrenen Geschwindigkeit bestehen. Ihre Ausführungen sind überzeugend, weshalb auf diese verwiesen werden kann (Art. 109 Abs. 3 BGG). Da ein falsch eingestellter Empfindlichkeitsmodus lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Falschmessung erhöht, gemäss Vorinstanz jedoch keine Hinweise auf eine Falschmessung vorliegen und eine solche vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert geltend gemacht wird, kann die von ihm aufgeworfene Frage, ob der Empfindlichkeitsmodus des Radargeräts vorliegend richtig eingestellt worden ist, offen bleiben.
3.5 Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Obwalden schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. Dezember 2011
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Keller