Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_383/2011
Urteil vom 4. Januar 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Merkli,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Y.________, privater Verfahrensbeteiligter,
Untersuchungsamt St. Gallen, Schützengasse 1,
9001 St. Gallen.
Gegenstand
Strafverfahren; Nichtanhandnahme,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 8. Juni 2011 der Anklagekammer des Kantons St. Gallen.
Sachverhalt:
A.
Nach einer Auseinandersetzung am 8. März 2011 erhob X.________ (nachfolgend: Anzeiger) am 9. und 11. März 2011 Strafanzeigen gegen Y.________ (nachfolgend: Beanzeigter) und dessen Ehefrau (wegen Tätlichkeiten, Beschimpfung, falscher Anschuldigung, Nötigung usw.). Letztere erstatteten am 9. März 2011 (wegen des gleichen Vorfalls) ihrerseits Strafanzeige bei der Kantonspolizei Zürich (wegen einfacher Körperverletzung bzw. Tätlichkeiten) gegen den Anzeiger. Mit Nichtanhandnahmeverfügung vom 25. März 2011 trat das Untersuchungsamt St. Gallen auf die Strafanzeigen des Anzeigers nicht ein. Eine von diesem (gegen die Nichtanhandnahme des Verfahrens gegen den Beanzeigten) erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen am 8. Juni 2011 ab, soweit sie darauf eintrat.
B.
Gegen den Entscheid der Anklagekammer vom 8. Juni 2011 gelangte X.________ mit Beschwerde vom 23. Juli 2011 an das Bundesgericht. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
Die Anklagekammer hat am 10. August 2011 auf eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtet, während von den übrigen Verfahrensbeteiligten innert angesetzter Frist keine Stellungnahme eingegangen ist.
Erwägungen:
1.
Die streitige erstinstanzliche Verfügung datiert vom 25. März 2011, der angefochtene Beschwerdeentscheid vom 8. Juni 2011. Damit ist hier die am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Schweizerische StPO anwendbar (Art. 454 Abs. 1 StPO).
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.
2.
Die Beschwerde richtet sich zur Hauptsache gegen die von der Vorinstanz bestätigte Nichtanhandnahme des Strafverfahrens gegen den beanzeigten privaten Verfahrensbeteiligten. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann offenbleiben, ob die Laienbeschwerde ausreichend substanziierte Rügen enthält (vgl. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 95 BGG). Soweit auf sie eingetreten werden kann, ist sie abzuweisen.
3.
Eine Nichtanhandnahme wird verfügt, wenn aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind oder gesetzliche Strafverfolgungshindernisse bestehen (Art. 310 Abs. 1 StPO; zum Grundsatz "in dubio pro duriore" vgl. auch BGE 137 IV 219 E. 7 S. 226 f. mit Hinweisen).
3.1 Die Tatbestände der falschen Anschuldigung und der Nötigung, die der Beschwerdeführer dem Beanzeigten vorwirft, sind offensichtlich nicht erfüllt. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides verwiesen werden. Auch die Ansicht der Vorinstanz, hinsichtlich der beanzeigten Ehrverletzung (Beschimpfungen) liege klarerweise eine strafbefreiende Provokation seitens des Beschwerdeführers vor, hält vor dem Bundesrecht stand (vgl. Art. 177 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 310 Abs. 1 lit. c und Art. 8 Abs. 1 StPO). Im angefochtenen Entscheid wird erwogen, dass es zu gegenseitigen Handgreiflichkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beanzeigten gekommen sei. Durch eine polizeiliche photographische Dokumentation und ein ärztliches Gutachten vom 9. März 2011 sei erstellt, dass der Beanzeigte dabei verschiedene Verletzungen davongetragen habe, nämlich Schürfwunden am rechten und linken Unterarm sowie im Bereich der Stirn, einen Bluterguss an der linken Mittelhand sowie eine Prellung (Druckdolenz) am rechten Oberarm. Die Ehefrau des Beanzeigten habe eine Prellung am linken Oberarm erlitten; ausserdem sei das Innenfutter ihrer Jacke zerrissen worden. Nach Aussagen des Beanzeigten (und angesichts der genannten Beweismittel) seien diese Verletzungen auf mehrere Faustschläge des Beschwerdeführers gegen den Beanzeigten und dessen Ehefrau zurückzuführen. Der Beschwerdeführer sei bei der tätlichen Auseinandersetzung unverletzt geblieben. Als Reaktion darauf habe der Beanzeigte den Beschwerdeführer beschimpft.
3.2 In diesem Zusammenhang werden vom Beschwerdeführer keine offensichtlich unrichtigen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz dargetan (vgl. Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG ). Seine Bestreitungen, wonach er den 85-jährigen Beanzeigten und dessen Ehefrau lediglich "weggeschubst" haben will, sind unbehelflich. Das Gleiche gilt für die Vorbringen, sein Prozessgegner habe in früheren Ehrverletzungsverfahren (welche nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides bilden) Vergleiche abschliessen und Entschädigungen zahlen müssen, und die konnexe Strafuntersuchung gegen ihn, den Beschwerdeführer, sei noch hängig. Auch die Erwägungen der Vorinstanz, wonach versuchte Tätlichkeiten nicht strafbar sind (vgl. Art. 126 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 StGB), bzw. dass hier (falls überhaupt von vollendeten Tätlichkeiten ausgegangen werden könnte) jedenfalls straflose Retorsions- bzw. Abwehrhandlungen des Beanzeigten vorlägen, halten vor dem Bundesrecht stand.
4.
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich, die erstinstanzliche Kostenauflage verstosse "offensichtlich gegen bestehendes Recht" und gegen die Unschuldsvermutung; ausserdem erscheine sie willkürlich und rechtsmissbräuchlich. Seine finanzielle Bedürftigkeit sei ausgewiesen. Indem die Vorinstanz zunächst von einem Kostenvorschuss abgesehen habe, sei sein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung faktisch bewilligt worden.
Zwar werden in der Beschwerdeschrift keine konkreten Rechtsnormen genannt, gegen welche die Kostenauflage verstossen würde. Ob die Rüge insofern ausreichend substanziiert erscheint, kann jedoch erneut offen bleiben. Der blosse Umstand, dass die Vorinstanz einstweilen, nämlich bis zur (abschlägigen) Entscheidung über das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung, von der Erhebung eines Kostenvorschusses abgesehen hatte, begründete keinerlei Anspruch auf definitive Kostenbefreiung. Die Annahme der Aussichtslosigkeit der kantonalen Beschwerde wird im angefochtenen Entscheid nachvollziehbar begründet und erscheint nicht bundesrechtswidrig. Auch Art. 29 Abs 3 BV gewährleistet einen unentgeltlichen Rechtspflegeanspruch nur bei nicht zum Vornherein aussichtslosen Rechtsmitteln. Ebenso wenig verstösst die Kostenauflage an den unterliegenden Verursacher eines Beschwerdeverfahrens betreffend Nichtanhandnahme gegen die (in Art. 32 Abs. 1 BV verankerte) strafprozessuale Unschuldsvermutung.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Der Beschwerdeführer stellt sinngemäss ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung im Verfahren vor Bundesgericht. Zwar hatte die Vorinstanz die kantonale Beschwerde ohne Verletzung von Bundesrecht als zum Vornherein aussichtslos eingestuft und drängen sich ähnliche Bedenken bezüglich der Nichtaussichtslosigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht auf. Die finanzielle Bedürftigkeit des Gesuchstellers ist jedoch erstellt, und die Voraussetzungen von Art. 64 Abs. 1 BGG können noch knapp als erfüllt angesehen werden. Daher sind keine Gerichtskosten zu erheben.
Eine Parteientschädigung an den privaten Verfahrensbeteiligten ist nicht zuzusprechen, da sich dieser auf das Verfahren vor Bundesgericht nicht eingelassen hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Prozessführung gewährt, und es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Untersuchungsamt St. Gallen und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Januar 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Forster