BGer 1C_36/2011 |
BGer 1C_36/2011 vom 08.02.2012 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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1C_36/2011
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Urteil vom 8. Februar 2012
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I. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Raselli, Merkli, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Haag.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Klaus Feger,
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gegen
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Einwohnergemeinde Muttenz, vertreten durch den Gemeinderat, Kirchplatz 3, Postfach 332, 4132 Muttenz,
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Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal, vertreten durch
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die Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons
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Basel-Landschaft, Rechtsabteilung, Rheinstrasse 29, Postfach, 4410 Liestal.
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Gegenstand
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Mutation zum Zonenreglement Siedlung 2008,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 25. August 2010
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des Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
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Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht.
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Sachverhalt:
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A.
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Am 9. Dezember 2008 beschloss die Einwohnergemeindeversammlung Muttenz die Mutation zum Zonenreglement 2008. Die dadurch geänderte Ziffer 9.2 des Zonenreglements Siedlung lautet:
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"9.2 Nutzungsarten in den G- und I-Zonen
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In den Gewerbe- und Industriezonen sind Elektrizitätserzeugungsanlagen, welche mit Erdöl, Erdgas oder Kohle betrieben werden, nicht zulässig. Der Gemeinderat kann bei der Baubewilligungsbehörde Ausnahmen davon beantragen, wenn die Abwärme genutzt wird und der Gesamtnutzungsgrad mindestens 85 % beträgt. Zulässig sind Abfallverwertungsanlagen und Notstromanlagen."
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Die öffentliche Planauflage fand vom 12. Januar - 11. Februar 2009 statt. Gegen die Planänderung erhob die X.________AG am 6. Februar 2009 Einsprache, welche der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft am 11. August 2009 abwies. Gleichzeitig genehmigte dieser die neue Ziff. 9.2 des Zonenreglements Siedlung.
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Die X.________AG, die als Grundeigentümerin in der auf dem Gemeindegebiet von Muttenz gelegenen Industriezone Schweizerhalle ein Projekt für ein Gaskombikraftwerk vorantrieb, gelangte mit Beschwerde an das Kantonsgericht Basel-Landschaft. Sie verlangte im Wesentlichen die Aufhebung von Ziff. 9.2 des Zonenreglements Siedlung. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 25. August 2010 ab.
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B.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. Januar 2011 an das Bundesgericht beantragt die X.________AG, das Urteil des Kantonsgerichts vom 25. August 2010 sei aufzuheben. Zudem seien der Genehmigungsbeschluss des Regierungsrats vom 11. August 2009 und der Beschluss der Gemeindeversammlung Muttenz vom 9. Dezember 2008 aufzuheben. Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung von Bundesrecht geltend. Sie geht unter anderem davon aus, dass die CO2-Gesetzgebung des Bundes abschliessend sei und kein Raum für planungsrechtliche Anordnungen der Gemeinde zur Reduktion der CO2-Emissionen bestehe.
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C.
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Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde. Die Gemeinde Muttenz beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Regierungsrat stellt den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt zum Schluss, dass die kommunale Zonenreglementsänderung der CO2-Gesetzgebung widerspreche, soweit sie aus Gründen des Klimaschutzes auf die Reduktion der CO2-Emissionen aus Gaskombikraftwerken abziele. In weiteren Eingaben halten die Verfahrensbeteiligten an ihren Standpunkten fest.
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Erwägungen:
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1.
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Der angefochtene Entscheid der letzten kantonalen Instanz betrifft die Revision eines Nutzungsplans im Sinne von Art. 14 ff. RPG (SR 700). Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG; BGE 135 II 22 E. 1.1). Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Entscheids und von der Planänderung betroffene Grundeigentümerin zur Beschwerdeführung berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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Unzulässig ist ihr Antrag, auch die Beschlüsse des Regierungsrats vom 11. August 2009 und der Gemeindeversammlung Muttenz vom 9. Dezember 2008 aufzuheben. Diese sind durch das Urteil des Kantonsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144 mit Hinweis). Falls sich die Beschwerde als begründet erweist, entscheidet das Bundesgericht in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an eine Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG).
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Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit im Rahmen der zulässigen Anträge einzutreten.
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2.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, Ziff. 9.2 des Zonenreglements Siedlung der Gemeinde Muttenz verstosse gegen den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 49 BV). Die Bestimmung missachte den abschliessenden Charakter der CO2-Gesetzgebung und stehe im Widerspruch zur Energie- und Stromversorgungsgesetzgebung des Bundes. Sie bewirke faktisch ein Verbot von Elektrizitätserzeugungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben würden. Der Bau solcher Anlagen mit dem geforderten Gesamtwirkungsgrad von 85 % sei heute technisch nicht möglich. Zudem liege nach der Formulierung der Vorschrift die Erteilung einer Baubewilligung im Ermessen der Behörden. Diese Beschränkung verletze die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 26 und 27 BV).
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3.
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3.1 Nach der energiepolitischen Zielbestimmung von Art. 89 Abs. 1 BV setzen sich Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ein für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch. Art. 89 Abs. 2 BV verleiht dem Bund den Auftrag zur Grundsatzgesetzgebung über die Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien und den sparsamen und rationellen Energieverbrauch. Nicht auf eine Grundsatzgesetzgebung beschränkt ist der Bund nach Art. 89 Abs. 3 Satz 1 BV in Bezug auf den Erlass von Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten. Für Massnahmen, die den Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen, sind vor allem die Kantone zuständig (Art. 89 Abs. 4 BV). Der Bund trägt in seiner Energiepolitik den Anstrengungen der Kantone und Gemeinden sowie der Wirtschaft Rechnung; er berücksichtigt die Verhältnisse in den einzelnen Landesgegenden und die wirtschaftliche Tragbarkeit (Art. 89 Abs. 5 BV). Mit dieser letztgenannten Bestimmung wird das nach Art. 42 Abs. 2 BV allgemein geltende Subsidiaritätsprinzip für den Bereich der Energiepolitik ausdrücklich wiederholt (RICCARDO JAGMETTI, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Energierecht, S. 40 Ziff. 1323). Eine umfassende Bundeskompetenz besteht für die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kernenergie (Art. 90 BV). Ebenfalls Sache des Bundes ist der Erlass von Vorschriften über den Transport und die Lieferung elektrischer Energie (Art. 91 Abs. 1 BV). Weiter erlässt der Bund die Gesetzgebung über den Umweltschutz, wobei für den Vollzug der Vorschriften die Kantone zuständig sind, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält (Art. 74 Abs. 1 und 3 BV). Den Kantonen obliegt die Raumplanung, mit welcher auch die vom Bund festgelegten Grundsätze umzusetzen sind (Art. 75 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 1-3 RPG).
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3.2 Die verfassungsrechtliche Kompetenzabgrenzung zwischen dem Bund und den Kantonen im Bereich der Energiepolitik wird in der Lehre als ausgesprochen komplex bezeichnet (ROLF H. WEBER/BRIGITTA KRATZ, Elektrizitätswirtschaftsrecht, 2005, S. 83 Rz. 100). Der Bund erliess aufgrund der erwähnten verfassungsrechtlichen Ordnung für die verschiedenen Regelungsbereiche zahlreiche Gesetze und Verordnungen (vgl. Übersichten bei WEBER/KRATZ, a.a.O., S. 88 ff. und JAGMETTI, 2005, a.a.O., S. 41 ff., die wegen des Erlasses neuer Gesetze nicht vollständig sind). Die Beschwerdeführerin beruft sich im Wesentlichen auf das Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz, SR 641.71), das Energiegesetz vom 26. Juni 1998 (EnG, SR 730), das Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG, SR 734.7), das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) sowie das Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700) und auf die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen. Die Anwendung dieser Erlasse muss im Rahmen der in der Bundesverfassung festgelegten Kompetenzordnung erfolgen.
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3.3 Zunächst ist unbestritten, dass für die Erteilung einer Bewilligung für Bau und Betrieb von fossil-thermischen Kraftwerken der Standortkanton zuständig ist (vgl. Art. 6 EnG). Davon geht auch der Bundesrat in der Botschaft zur Änderung des CO2-Gesetzes vom 29. Oktober 2008 (BBl 2008 8745) aus. Die Planung und Errichtung solcher Anlagen ist im Bundesrecht nicht umfassend geregelt. Soweit das Bundesrecht keine für die zuständigen Bau- und Planungsbehörden verbindlichen Vorschriften enthält, kommt das Planungs- und Baurecht der Kantone und Gemeinden zur Anwendung.
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3.4 Neben der bau- und planungsrechtlichen Zuständigkeit der Kantone besteht eine umfassende Zuständigkeit des Bundes für die Bewilligung der Stromübertragungsleitungen und des elektrischen Teils von Energieerzeugungsanlagen, da die elektrische Energie Gegenstand von Art. 91 Abs. 1 BV bildet (JAGMETTI, a.a.O., S. 732 Ziff. 6110). Der technisch gut abgegrenzte elektrische Teil einer Energieerzeugungsanlage umfasst grundsätzlich den Bereich ab Klemme Generator, bei Photovoltaikanlagen ab Solarpanel. Dieser Teil der Anlage untersteht dem Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz, EleG, SR 734), welches im Wesentlichen dem Schutz vor Gefahren beim Bau und Betrieb von elektrischen Anlagen dient. Soweit das Elektrizitätsgesetz für den elektrischen Teil der Anlage eine Bewilligungspflicht vorsieht, sind hierfür im Plangenehmigungsverfahren das Eidgenössische Starkstrominspektorat und bei fehlender Einigung das Bundesamt für Energie zuständig (Art. 16 Abs. 2 EleG). Die mit dem Bundesgesetz vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren (AS 1999 3071 3124; BBl 1998 2591) geänderten Bestimmungen über das Plangenehmigungsverfahren (Art. 16 ff. EleG) haben an den beschriebenen Zuständigkeiten von Bund und Kantonen nichts geändert, da sich die Zuständigkeiten des Bundes aus der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung ergeben. Somit sind für Anlagen der Elektrizitätsproduktion, soweit dafür keine explizite, durch die Verfassung eingeräumte Bundeszuständigkeit besteht, zwei Bewilligungen, eine kantonale für die Anlage an sich und eine Bundesbewilligung für den elektrischen Teil, erforderlich.
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Sollte für den Transport der fossilen Energiequelle zur Elektrizitätserzeugung zudem eine neue Rohrleitung erstellt werden müssen, so wäre dafür überdies ein Plangenehmigungsverfahren nach Art. 21 ff. des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1963 über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (Rohrleitungsgesetz, RLG, SR 746.1), notwendig. Zur Durchführung eines solches Verfahrens ist nach der Kompetenzordnung gemäss Art. 91 Abs. 2 BV der Bund zuständig.
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4.
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4.1 Im Rahmen der kantonalen Zuständigkeit zur Beurteilung der bau- und planungsrechtlichen Voraussetzungen eines Bauvorhabens (E. 3.3) ist der im RPG vorgesehene Stufenbau zu beachten. Dieser umfasst die Abstimmung grösserer Vorhaben im Rahmen der Richtplanung (Art. 6 ff. RPG; BGE 137 II 254 E. 3 S. 257 ff. mit Hinweisen; JAGMETTI, a.a.O., S. 180 f. Ziff. 2208) sowie das Vorliegen eines Nutzungsplans mit einer für die Realisierung des Vorhabens geeigneten Nutzungszone (Art. 14 ff. RPG) als Grundlage für die Erteilung einer Baubewilligung (Art. 22 RPG). Auch die CO2-Gesetzgebung setzt voraus, dass die baurechtliche Bewilligung im Rahmen der bestehenden ordentlichen Verfahren erteilt wird (vgl. Botschaft zur Änderung des CO2-Gesetzes vom 29. Oktober 2008, BBl 2008 8745).
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4.2 § 18 des kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998 (RBG/BL; SGS 400) schreibt vor, dass die Gemeinden die Zonenvorschriften erlassen und dabei in den Zonenreglementen Art und Mass der Nutzung bestimmen (§ 18 Abs. 3 RBG/BL). Die Gemeinde Muttenz bringt mit der umstrittenen Zonenvorschrift klar zum Ausdruck, dass in ihren Industrie- und Gewerbezonen Elektrizitätserzeugungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen (Erdöl, Erdgas oder Kohle) betrieben werden, unzulässig sind. Eine solche Vorschrift ist vor dem Hintergrund der Kompetenz der Gemeinde, im Rahmen der Zonenplanung Art und Mass der Nutzung zu bestimmen, grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Gemeinde ist es nicht verwehrt, im Rahmen der Nutzungsplanung bei überwiegendem öffentlichem Interesse bestimmte Anlagen unter Berücksichtigung des übergeordneten Rechts auszuschliessen oder auf die Ausscheidung bestimmter Zonen zu verzichten. So ist nach konstanter Rechtsprechung eine kommunale Zonenvorschrift, wonach Einkaufszentren und entsprechende Unternehmen in den Gewerbezonen untersagt sind, mit der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit vereinbar, sofern sie raumplanerisch bedingt ist, im Zielbereich von Art. 75 BV liegt und die Wirtschaftsfreiheit dadurch nicht völlig ihres Gehaltes entleert wird (vgl. BGE 110 Ia 167 mit Hinweisen).
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Nach Art. 1 Abs. 2 RPG sind mit Massnahmen der Raumplanung Bestrebungen zu unterstützen, die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Luft, Wasser, Wald und die Landschaft zu schützen (lit. a). Weiter sollen die räumlichen Voraussetzungen für die Wirtschaft geschaffen und erhalten, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben gefördert und eine ausreichende Versorgungsbasis des Landes gesichert werden (lit. b-d). Nach dem Planungsgrundsatz von Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG sollen Wohngebiete vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterungen möglichst verschont werden. Die Planungsziele und -grundsätze der Art. 1 und 3 RPG sind für die mit Planungsaufgaben betrauten Behörden aller Stufen verbindlich (BGE 112 Ia 65 E. 4 S. 68). Gestützt auf die genannten Anliegen der Raumplanung sind die Gemeinden grundsätzlich berechtigt, mit entsprechenden Zonenbestimmungen die Errichtung von Anlagen mit überdurchschnittlich hohem CO2-Ausstoss auszuschliessen. Eine Richtplanfestsetzung oder ein Sachplan, welche die Planungsautonomie der Gemeinde Muttenz in Bezug auf fossil-thermische Kraftwerke einschränken würden, besteht nicht.
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4.3 Die Bundesgesetzgebung sieht im Interesse einer sicheren Energieversorgung unter anderem die Errichtung fossil-thermischer Kraftwerke vor (Art. 5, 6 und 6a EnG, Art. 11b CO2-Gesetz). Für den Fall, dass die längerfristige Sicherung der Elektrizitätsversorgung der Schweiz als ungenügend erscheint, schaffen Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zeitgerecht die Voraussetzungen, dass möglichst im Inland Produktionskapazitäten bereitgestellt werden können (Art. 6a Abs. 1 EnG). Soweit der Bund auf die Festlegung der Standorte fossil-thermischer Kraftwerke Einfluss nehmen will, ist der Bundesrat dazu im Richtplanverfahren als Genehmigungsinstanz (Art. 11 RPG) sowie bei Uneinigkeit bei der Bereinigung der kantonalen Richtpläne als Entscheidinstanz befugt (Art. 12 Abs. 3 RPG). Die Richtpläne sind für die Behörden verbindlich (Art. 9 RPG). Ausserdem kann der Bund zur Erfüllung seiner raumwirksamen Aufgaben Konzepte und Sachpläne erlassen (Art. 13 RPG). Planungsanordnungen dieser Art sind nicht ersichtlich.
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5.
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Nach Auffassung der Beschwerdeführerin stellt die Regelung in der CO2-Gesetzgebung über den Gesamtwirkungsgrad von 62 Prozent eine abschliessende bundesrechtliche Vorschrift für die Errichtung des von ihr geplanten Gaskombikraftwerks dar. Die Gemeinde dürfe in ihren Zonenvorschriften keine strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung verlangen. Es ist somit zu prüfen, ob insbesondere das CO2-Gesetz der umstrittenen Zonenvorschrift entgegensteht.
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5.1 Mit dem Bundesbeschluss vom 23. März 2007 über die Kompensation der CO2-Emissionen von Gaskombikraftwerken wurden die Betreiber verpflichtet, die von diesen Kraftwerken verursachten CO2-Emissionen vollumfänglich zu kompensieren. Der Bundesbeschluss wurde von den neuen Art. 11a ff. des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz, SR 641.71, in Kraft seit 1. Januar 2011) abgelöst. Nach diesem Gesetz müssen die Betreiber von fossil-thermischen Kraftwerken die CO2-Emissionen vollumfänglich kompensieren (Art. 11b Abs. 1 lit. a CO2-Gesetz). Weiter ist bei Neuanlagen ein minimaler Gesamtwirkungsgrad von 62 Prozent zu gewährleisten (Art. 11b Abs. 1 lit. b CO2-Gesetz i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesrats vom 24. November 2010 über die Kompensation der CO2-Emissionen von fossil-thermischen Kraftwerken [CO2-Kompensationsverordnung, SR 641.713]). Anlagen, die diese Anforderungen erfüllen, werden von der CO2-Abgabe befreit (Art. 11a Abs. 1 CO2-Gesetz). Nach der am 23. Dezember 2011 von der Bundesversammlung beschlossenen Revision des CO2-Gesetzes soll die beschriebene Rechtslage der Kompensation bei fossil-thermischen Kraftwerken im Wesentlichen weitergeführt werden (vgl. Art. 22 ff. nCO2-Gesetz, BBl 2012 113).
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5.2 Da die Änderung des CO2-Gesetzes erst nach der hier umstrittenen Änderung des Zonenreglements erfolgte, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob vorliegend der Bundesbeschluss vom 23. März 2007 oder die am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Bestimmungen des CO2-Gesetzes anwendbar sind. Das Bundesgericht hat in konstanter Rechtsprechung entschieden, dass Änderungen umweltrechtlicher Erlasse um der öffentlichen Ordnung willen auf alle noch nicht (letztinstanzlich) abgeschlossenen Verfahren anzuwenden seien (BGE 125 II 591 E. 5e/aa S. 598; 123 II 325 E. 4c/cc S. 331; 120 Ib 233 E. 3a; 112 Ib 39 E. 1c S. 42; je mit Hinweisen). Das CO2-Gesetz wurde gestützt auf Art. 74 BV (Umweltschutz) und Art. 89 BV (Energiepolitik) erlassen. Es dient primär dem umweltrechtlichen Ziel der CO2-Verminderung und darüber hinaus einer sicheren Versorgung mit Elektrizität, weshalb es in Anwendung der zitierten Praxis gerechtfertigt ist, im vorliegenden Verfahren die Bestimmungen des geltenden CO2-Gesetzes anzuwenden.
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5.3 Die Tragweite der Art. 11a ff. des CO2-Gesetzes ist auf der Grundlage der in E. 3.1 hiervor dargelegten Kompetenzordnung zu beurteilen.
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5.3.1 Die CO2-Gesetzgebung dient primär der Verminderung der CO2-Emissionen (Art. 1 CO2-Gesetz) und regelt im Wesentlichen die CO2-Abgabe (Lenkungsabgabe). Für fossil-thermische Kraftwerke enthält Art. 11a ff. CO2-Gesetz eine Ausnahme von der Abgabepflicht. Die Abgabebefreiung ist an die Voraussetzungen geknüpft, dass die verursachten CO2-Emissionen vollumfänglich kompensiert und die Kraftwerke nach dem aktuellen Stand der Technik betrieben werden sowie einen vom Bundesrat festzusetzenden minimalen Gesamtwirkungsgrad erreichen (Art. 11b Abs. 1 CO2-Gesetz). Nur wenn sich die Kraftwerk-Betreiber gegenüber dem Bund verpflichtet haben, diese Voraussetzungen zu erfüllen, dürfen fossil-thermische Kraftwerke erstellt und betrieben werden (Art. 11b Abs. 1 CO2-Gesetz). Damit dürfen die Kantone fossil-thermische Kraftwerke nur bewilligen, wenn die bundesrechtlichen Voraussetzungen für die Abgabebefreiung erfüllt sind (vgl. Botschaft zur Änderung des CO2-Gesetzes vom 29. Oktober 2008, BBl 2008 8745).
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Die Regelung, wonach nur für abgabebefreite Kraftwerke eine Baubewilligung erteilt werden darf, stellt keine Verpflichtung für die Kantone dar, sämtliche Anlagen zu bewilligen, welche die Voraussetzungen der CO2-Gesetzgebung erfüllen. Die Kantone sind namentlich aufgrund ihrer Raumplanungskompetenzen weiterhin zuständig, die im Bundesrecht nicht abschliessend geordneten Anforderungen an eine Baute zu regeln und zu beurteilen (E. 3.3 und 4.2 hiervor). So sind die Kantone in der Lage, namentlich auch Gesichtspunkte des vorsorglichen Umweltschutzes (Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG) sowie andere Aspekte der Siedlungsentwicklung zu berücksichtigen (vgl. BGE 124 II 272 E. 4c/ee; 123 I 175 E. 3f S. 189 ff.). Weitere Bewilligungsanforderungen ergeben sich unter anderem aus Art. 22 RPG und aus dem kantonalen Bau- und Planungsrecht. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, das CO2-Gesetz verbiete den Kantonen und Gemeinden generell den Erlass planerischer Anordnungen über fossil-thermische Kraftwerke, kann somit nicht zugestimmt werden.
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5.3.2 Der minimale Gesamtwirkungsgrad, den ein fossil-thermisches Kraftwerk einhalten muss, beträgt nach Art. 2 Abs. 1 der CO2-Kompensationsverordnung 62 Prozent (s. E. 5.1 hiervor). In der Botschaft zur Änderung des CO2-Gesetzes vom 29. Oktober 2008 (BBl 2008 8745) führt der Bundesrat aus, die Vorgabe eines zu erreichenden Gesamtwirkungsgrads zwinge die Kraftwerke dazu, wesentliche Teile der entstehenden Abwärme zu nutzen. Unter Gesamtwirkungsgrad (auch Brennstoffausnutzungsgrad genannt) sei der maximale Wirkungsgrad eines neu erbauten Kraftwerks im Volllastbetrieb unter normalen Bedingungen gemeint. Beim Prozess der Stromerzeugung entstehe nicht nur Elektrizität, sondern auch Wärme. Gaskombikraftwerke nutzten diese Wärme bereits, indem sie der Gasturbine eine Dampfturbine nachlagerten. Diese Optimierung erkläre den für die fossil-thermische Stromerzeugung relativ hohen technisch möglichen Wirkungsgrad von 58 Prozent. Eine Wärmeauskopplung, die beispielsweise eine Industrieanlage mit Dampf oder Wärme versorge, könne den Gesamtwirkungsgrad der Anlage bis zu einem gewissen Grad weiter verbessern, obgleich sich der Wirkungsgrad für die Stromproduktion verringere (BBl 2008 8750 f.).
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5.3.3 Im zweiten Satz der umstrittenen Zonenbestimmung wird festgelegt, dass der Gemeinderat bei der (kantonalen) Baubewilligungsbehörde Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot fossil-thermischer Energieerzeugungsanlagen beantragen könne, wenn die Abwärme genutzt wird und der Gesamtnutzungsgrad mindestens 85 % beträgt. Das BAFU legt dar, dass zur Erreichung eines Gesamtwirkungsgrads von 85 % im Verhältnis zur Stromproduktion viel Wärme ausgekoppelt und genutzt werden müsste. Der Verlust von hochwertigem Strom auf Kosten von niederwertiger Wärme würde dazu führen, dass ein solches Kraftwerk kaum wirtschaftlich betrieben werden könnte.
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Gegen diese Ausführungen des BAFU bringt die Gemeinde Muttenz vor, die Frage, ob ein Kraftwerk zum heutigen Zeitpunkt wirtschaftlich betrieben werden könne, müsse nicht im Zusammenhang mit der Zonenplanung geklärt werden. Dass ein wirtschaftlicher Betrieb eines Gaskombikraftwerks am vorgesehenen Standort nicht möglich sei, könne nicht dazu führen, die kommunale Nutzungsplanung auf diesen Einzelfall und dessen wirtschaftlichen Bedürfnisse anzupassen. Die Gemeinde würde die Abgabe und Nutzung der überschüssigen Wärme sehr begrüssen. Es wäre falsch, die Zonenvorschrift aufgrund der aktuellen Einschätzung durch eine Reduktion des Gesamtwirkungsgrads zu korrigieren und damit die Anforderungen an eine umwelt- und ressourcenschonende Politik zu missachten.
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5.4 Die Festlegung eines Gesamtwirkungsgrads von 85 % in der kommunalen Zonenbestimmung verstösst nach Auffassung der Beschwerdeführerin gegen die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Die Einschränkung von Grundrechten ist nach Art. 36 BV zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, durch ein öffentliches Interesse oder den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und verhältnismässig ist.
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Mit dem im Bundesrecht festgelegten minimalen Gesamtwirkungsgrad von 62 Prozent wird zum Ausdruck gebracht, dass an der Förderung von Anlagen, die diesen Grad erreichen, ein öffentliches Interesse besteht. Andere von der Gemeinde und vom Kanton dargelegte raumplanerische Interessen können gegen die Zulässigkeit fossil-thermischer Kraftwerke an einem bestimmten Standort oder in einer bestimmten Nutzungszone sprechen. Die verschiedenen Interessen sind im Nutzungsplanungsverfahren im Rahmen einer Interessenabwägung zu gewichten. Dabei kann sich unter dem Vorbehalt übergeordneter planerischer Festlegungen (s. E. 4.3) ergeben, dass ein fossil-thermisches Kraftwerk in einer bestimmten Nutzungszone nicht zugelassen werden kann, weil überwiegende raumplanerische Interessen dagegen sprechen (s. E. 4.2). Indessen geht es unter den Gesichtspunkten des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit bei der Einschränkung der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit nicht an, dass in einer kommunalen Nutzungsvorschrift die Ansiedlung von neuen fossil-thermischen Kraftwerken erwogen wird, die kaum wirtschaftlich betrieben werden könnten. Eine solche Bestimmung liegt nicht im öffentlichen Interesse und erscheint im Hinblick auf das Ziel einer geordneten Siedlungsentwicklung und sicheren Energieversorgung weder geeignet noch erforderlich. Sie widerspricht damit auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (BGE 135 I 176 E. 8.1 S. 186; 126 I 219 E. 2c S. 222; mit Hinweisen). Der 2. Satz der umstrittenen Zonenbestimmung ist somit mit den Art. 26 und 27 BV nicht vereinbar.
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An dieser Beurteilung ändern auch die Einwände der Gemeinde (E. 5.3.3) nichts. Die mit der CO2-Gesetzgebung zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Interessen an fossil-thermischen Kraftwerken mit einem bestimmten Gesamtwirkungsgrad sind auch von den Gemeinden zu beachten. Sie können ihre Nutzungsplanung daran ausrichten und bei überwiegenden raumplanerischen Interessen einen Ausschluss solcher Anlagen beschliessen. Soweit im Übrigen ein öffentliches Interesse an Anlagen besteht, die primär Wärme produzieren (Art. 1a Abs. 2 lit. b CO2-Gesetz), ist die Gemeinde im Rahmen ihrer Nutzungsplanung ebenfalls den in der CO2-Gesetzgebung zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Interessen verpflichtet.
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6.
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Die Beschwerde erweist sich in Bezug auf den 2. Satz der umstrittenen Zonenbestimmung als begründet. Die Beschwerdeführerin beanstandet die ganze Bestimmung als verfassungswidrig. Darin kann ihr insoweit nicht zugestimmt werden, als die Gemeinden grundsätzlich berechtigt sind, zur Erfüllung wichtiger Anliegen der Raumplanung die Errichtung von Anlagen mit überdurchschnittlich hohem CO2-Ausstoss mit entsprechenden Zonenbestimmungen auszuschliessen (E. 4.2 und 5.3.1 hiervor). Die Aufhebung nur des 2. Satzes der umstrittenen Zonenbestimmung wäre indessen nicht sachgerecht, da nicht feststeht, dass die Gemeinde den (bundesrechtlich möglichen) vollständigen Ausschluss der genannten fossil-thermischen Kraftwerke ohne die Ausnahme im 2. Satz erlassen wollte. Es ist somit gerechtfertigt, in Anwendung von Art. 107 Abs. 2 BGG die ganze umstrittene Zonenvorschrift aufzuheben. Es steht der Gemeinde frei, eine neue Zonenvorschrift auflegen, die den Erwägungen des vorliegenden Urteils Rechnung trägt (vgl. auch E. 4.2 hiervor).
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7.
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Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, und die Ziff. 1 und 2 des angefochtenen Entscheids des Kantonsgerichts sind aufzuheben. Zudem ist die von der Einwohnergemeindeversammlung Muttenz am 9. Dezember 2008 beschlossene Ziffer 9.2 ihres Zonenreglements Siedlung aufzuheben.
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Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Einwohnergemeinde Muttenz hat der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 BGG). Der Entscheid des Kantonsgerichts, die kantonalen Parteikosten wettzuschlagen, wird bestätigt (Art. 68 Abs. 5 BGG), da der Kritik der Beschwerdeführerin an der umstrittenen Zonenvorschrift nicht in vollem Umfang gefolgt werden kann.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Ziff. 1 und 2 des Urteils des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 25. August 2010 werden aufgehoben. Ziffer 9.2 des Zonenreglements Siedlung gemäss dem Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung Muttenz vom 9. Dezember 2008 wird aufgehoben.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Die Einwohnergemeinde Muttenz hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
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4.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Einwohnergemeinde Muttenz, dem Regierungsrat und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. Februar 2012
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Haag
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