BGer 9C_936/2011
 
BGer 9C_936/2011 vom 21.03.2012
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
9C_936/2011
Urteil vom 21. März 2012
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.
 
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,
gegen
K.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. November 2011.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2009 verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen in Berücksichtigung u.a. des Gutachtens des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 den Anspruch des 1953 geborenen K.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung.
B.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde des K.________ hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 9. November 2011 die angefochtene Verfügung auf und sprach dem Versicherten eine halbe Rente ab 1. Dezember 2007 zu, unter Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zur Festsetzung des Rentenbetrages.
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 9. November 2011 sei aufzuheben.
K.________ lässt beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zur Vervollständigung der Beweisgrundlage zurückzuweisen. Das kantonale Versicherungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz hat festgestellt, gemäss dem vollständig und nachvollziehbar begründeten Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 sei der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht in einer körperlich leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig. Davon ausgehend hat sie durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG) einen Invaliditätsgrad von 51 % ermittelt, was Anspruch auf eine halbe Rente gibt (Art. 28 Abs. 2 IVG).
2.
2.1 Im Gutachten des Instituts I.________ vom 10.Juni 2009 wurden folgende Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: 1. Leichte bis mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.0/32.1). 2. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.5). 3. Chronisches lumbovertrebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle (ICD-10 M 54.5). Wie die Beschwerde führende IV-Stelle richtig vorbringt, beurteilt sich bei einem solchen Krankheitsbild die Frage, inwieweit eine Arbeitsunfähigkeit aus medizinisch-psychiatrischer Sicht als invalidisierend im rechtlichen Sinne (Art. 4 Abs. 1 IVG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 ATSG) anzuerkennen ist, nach der mit BGE 130 V 352 begründeten Rechtsprechung (vgl. BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283 und SVR 2012 IV Nr. 1 S. 1, 9C_1040/2010 E. 3.4.1).
2.2 Der Beschwerdegegner rügt, die betreffende Rechtsprechung gehe von der Vermutung aus, dass eine somatoforme Schmerzstörung grundsätzlich überwindbar sei. Diese Normhypothese könne sich auf keine genügende fachliche Grundlage stützen. Im Urteil 9C_776/2010 vom 20. Dezember 2011 hat das Bundesgericht zum ähnlich lautenden Vorwurf Stellung genommen, die verwendeten Kriterien zur Beurteilung, ob und inwieweit ausnahmsweise von der Nichtüberwindbarkeit der subjektiv erlebten Schmerzen und der Unzumutbarkeit der Verwertung der verbliebenen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt auszugehen ist, seien wissenschaftlich nicht validiert. In E. 2.4 hat es u.a. Folgendes festgehalten:
Die kritisierte Praxis gibt den begutachtenden Fachpersonen und den Organen der Rechtsanwendung auf, die Arbeitsfähigkeit im Einzelfall mit Blick auf bestimmte Kriterien zu prüfen, um damit eine einheitliche und rechtsgleiche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten (BGE 135 V 201 E. 7.1.3 S. 213). Die Gesamtheit der ursprünglich als fachpsychiatrische Prognosekriterien formulierten Gesichtspunkte (vgl. BGE 135 V 201 E. 7.1.2 S. 212; Klaus Foerster, Begutachtung und Erwerbsfähigkeit bei Patienten mit psychogenen Störungen, SZS 1996 S. 486 ff., 498) ist zu einem rechtlichen Anforderungsprofil verselbstständigt worden. Mit diesem soll sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Feststellung eines rechtserheblichen Gesundheitsschadens und von dessen anrechenbaren Folgen für die Leistungsfähigkeit erfüllt sind (vgl. Thomas Gächter, Die Zumutbarkeit und der sozialversicherungsrechtliche Beweis, in: Was darf dem erkrankten oder verunfallten Menschen zugemutet werden?, Murer [Hrsg.], 2008, S. 253 f.). Dementsprechend schlagen sich Neuformulierungen von Kriterienkatalogen in der medizinischen Fachliteratur nicht unmittelbar in den für diese Gruppe von Leiden geschaffenen Beurteilungselementen nieder (Urteil 8C_420/2011 vom 26. September 2011 E. 2.4). Die einzelnen Kriterien orientieren sich zwar an medizinischen Erkenntnissen. Eine direkte Anbindung besteht aber nicht, weshalb sich die Frage der Validierung hier nicht stellt. Davon abgesehen bestehen in der Schweiz nur verfahrensmässige Leitlinien (der Schweizerischen Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie für die Begutachtung psychischer Störungen [Schweizerische Ärztezeitung, SAeZ 2004 S. 1048 ff.] sowie für die Begutachtung rheumatologischer Krankheiten und Unfallfolgen [der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie; SAeZ 2007 S. 736 ff.]), jedoch (noch) kein von involvierten Fachverbänden getragener, breit abgestützter materieller Grundkonsens in solchen Fragen, dies im Unterschied etwa zu Deutschland (vgl. Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften [AWMF], 2005-07, www.awmf. org; Jörg Jeger, Die Entwicklung der "Foerster-Kriterien" und ihre Übernahme in die bundesgerichtliche Rechtsprechung: Geschichte einer Evidenz, Jusletter vom 16. Mai 2011, Rz. 7 ff., 27 ff., 142 und 161).
Dem ist nichts beizufügen.
3.
3.1 Die fachärztlichen Stellungnahmen zum psychischen Gesundheitszustand und zu dem aus medizinischer Sicht (objektiv) vorhandenen Leistungspotenzial bilden unabdingbare Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls inwieweit einer versicherten Person unter Aufbringung allen guten Willens die Überwindung ihrer Schmerzen und die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft zumutbar ist oder nicht (BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355). Bei ihrer Einschätzung der psychischen Ressourcen des Exploranden oder der Explorandin, mit den Schmerzen umzugehen, haben die begutachtenden Ärzte notwendigerweise auch die massgebenden Kriterien zu beachten (BGE 135 V 201 E. 7.1.3 S. 213; 130 V 352 E. 2.2.4 S. 355), sich daran zu orientieren (Ulrich Meyer, Die Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeitsschätzung bei somatoformen Schmerzstörungen, in: Medizin und Sozialversicherung im Gespräch, 2006, S. 221). Insbesondere haben sie sich dazu zu äussern, ob eine psychische Komorbidität oder weitere Umstände gegeben sind, welche die Schmerzbewältigung behindern (SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71, I 683/06 E. 2.2). Nicht erforderlich ist, dass sich eine psychiatrische Expertise in jedem Fall über jedes einzelne der genannten Kriterien ausspricht; massgeblich ist eine Gesamtwürdigung der Situation (SVR 2005 IV Nr.6 S.21, I 457/02 E. 7.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 130 V 396).
Gestützt auf die fachärztliche Beurteilung haben die rechtsanwendenden Behörden als Rechtsfrage zu prüfen, ob eine festgestellte psychische Komorbidität hinreichend erheblich ist und ob einzelne oder mehrere der festgestellten weiteren Kriterien in genügender Intensität und Konstanz vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf eine im Hinblick auf eine erwerbliche Tätigkeit nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung zu erlauben (Urteil 9C_482/2010 vom 21. September 2010 E. 4.3). Die Prüfung schliesst die Beurteilung der Frage ein, inwiefern die ärztliche Einschätzung der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt (Urteil 9C_651/2009 vom 7. Mai 2010 E. 5.1; Urteil 9C_1040/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.4.1; vgl. auch Jörg Jeger, Tatfrage oder Rechtsfrage? Abgrenzungsprobleme zwischen Medizin und Recht bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in der Invalidenversicherung. Ein Diskussionsbeitrag aus der Sicht eines Mediziners [2. Teil], SZS 2011 S.580 ff.; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.2).
3.2 Im Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 wurde in der Gesamtbeurteilung festgehalten, aus psychiatrischer Sicht wirke sich die leichte bis mittelgradige depressive Episode sowie die anhaltende somatoforme Schmerzstörung auf die Arbeitsfähigkeit aus. In einer aus orthopädischer Sicht adaptierten Tätigkeit resultiere bei ganztägigem Einsatz aufgrund des erhöhten Pausenbedarfs eine Leistungseinbusse von 30 %. Der psychiatrische Gutachter führte in seinem Teilgutachten u.a. aus, der Explorand leide hauptsächlich unter seinen Schmerzen. Eine schwere psychische Störung liege nicht vor. Er erhalte im Rahmen der ambulanten psychiatrischen Behandlung auch keine antidepressive Medikation, was gegen eine deutliche Depression spreche. Hinweise auf unbewusste Konflikte seien nicht vorhanden; ein primärer Krankheitsgewinn sei somit nicht gegeben. Der Explorand habe kaum mehr Kontakte zu seinen Kollegen; innerhalb der Familie bestehe durchaus eine gute Beziehungssituation, wenn auch die Beziehung zur Ehefrau wiederholt angespannt sei. Es bestünden psychosoziale und emotionale Belastungen, die deutlich ausgeprägt seien und sich durch den dadurch hervorgerufenen unangenehmen Affekt auch in den Schmerzen ausdrückten. Die psychosozialen Belastungen nach dem Verlust der Arbeitsstelle seien primär krankheitsfremd, verstärkten die psychischen Störungen, führten aber auch zu regressiven Tendenzen, was bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt werden müsse.
Entgegen den Vorbringen des Beschwerdegegners trifft somit nicht zu, der psychiatrische Gutachter des Instituts I.________ habe sich nicht zu den "Förster-Kriterien" geäussert. Die Kritik, es sei eine aus fachlicher Sicht unzulässige Anmassung, wenn die IV-Stelle aus der (rudimentären) Beurteilung des Psychiaters ableiten wolle, die Depression sei lediglich eine Begleiterscheinung (vgl. dazu E. 4.2.1 hinten), ist unbegründet.
3.3 Die Vorinstanz hat keine Tatsachenfeststellungen zu den massgebenden Kriterien getroffen, an Hand derer sich der invalidisierende Charakter der gesundheitlichen Beeinträchtigung (leichte bis mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronisches lumbovertrebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle; vorne E. 2.1) beurteilt, und diese auch nicht geprüft (rechtlich gewürdigt). Das verletzt Bundesrecht. Es kann offenbleiben, ob darin (auch) eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) zu erblicken ist, wie die IV-Stelle rügt, oder der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV sowie Art. 61 lit. h ATSG und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG) abgeleiteten Begründungspflicht. Es war der IV-Stelle ohne weiteres möglich, die vorinstanzliche Erkenntnis sachgerecht anzufechten (Urteil 9C_121/2011 vom 31. März 2011 E. 1 mit Hinweisen), und die Sache ist spruchreif.
4.
Nach Auffassung der IV-Stelle sind die Kriterien gemäss BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 f. nicht in einer Weise gegeben, dass dem psychischen Leiden die Arbeitsfähigkeit einschränkende invalidisierende Wirkung beizumessen wäre. Insbesondere gelte eine leichte bis mittelgradige depressive Episode grundsätzlich nicht als von der somatoformen Schmerzstörung unterscheidbare psychische Komorbidität. Dies treffe auch im konkreten Fall zu, zumal aus der Beschreibung der Symptome und der psychischen Vorgänge im Gutachten des Instituts I.________ deutlich hervorgehe, dass das Schmerzerleben dominiere und das Beschwerdebild in nicht unerheblichem Masse von invaliditätsfremden psychosozialen Faktoren mitbestimmt und aufrechterhalten werde.
4.1 Der Beschwerdegegner bringt in formeller Hinsicht vor, der Einwand, es sei von einer vollen Arbeitsfähigkeit gestützt auf die "Überwindungspraxis des Bundesgerichts" auszugehen, sei neu und hätte schon längst vorgebracht werden können. Er beschlage eine Tatfrage, nämlich die gutachterliche Einschätzung der somatoformen Schmerzstörung und der Komorbidität. Es handle sich um eine neue Tatsache, die vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden könne (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der Einwand sei auch ein unzulässiges neues Begehren (Art. 99 Abs. 2 BGG). Er habe sich im vorinstanzlichen Verfahren damit nicht auseinandersetzen müssen und dazu auch keine weiteren medizinischen Unterlagen einholen oder beantragen können. Eine Gutheissung der Beschwerde würde Treu und Gauben sowie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen und ihm den Instanzenzug verkürzen.
4.1.1 Diese Argumentation verkennt, dass die Arbeitsfähigkeit als Faktor der Invaliditätsbemessung ein Rechtsbegriff ist, der nicht notwendigerweise der fachärztlich festgelegten Arbeitsfähigkeit entsprechen muss (vorne E. 3.1). Sein Inhalt kann wie die das Rechtsvehältnis "Rente der Invalidenversicherung" bestimmenden Elemente bzw. Teilaspekte (Umfang des Anspruchs, Höhe und Beginn der Leistung) von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen erst mit dem Endentscheid in Rechtskraft erwachsen (BGE 125 V 413 E. 2b-d S. 416 ff.). Die IV-Stelle durfte somit (erstmals) in diesem Verfahren die Frage aufwerfen und zur Diskussion stellen, ob und inwieweit die Arbeitsfähigkeit von 70 % gemäss Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 als invalidisierend im rechtlichen Sinne (Art. 4 Abs. 1 IVG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 ATSG) anzuerkennen ist. Damit machte sie weder eine neue Tatsache geltend (Art. 99 Abs. 1 BGG) noch stellte sie ein neues Rechtsbegehren (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 136 V 362 E. 3.3 bis E. 4.2 S. 364 ff.).
4.1.2 Im Weitern würde ein Entscheid im Sinne der Beschwerde führenden IV-Stelle weder auf neuen tatsächlichen oder rechtlichen Grundlagen beruhen noch mit einer Begründung versehen, mit welcher der Beschwerdegegner, und zwar schon im vorinstanzlichen Verfahren, nicht rechnen musste (vgl. Pra 2007 Nr. 94 S. 636, 4P.134/2006 E. 6 mit Hinweisen; BGE 122 V 34 E. 2c S. 37). Mit der Möglichkeit, sich zu allen Vorbringen in der Beschwerde zu äussern, ist seinem Gehörsanspruch Genüge getan (BGE 136 V 362 E. 4.3 S. 367). Schliesslich liegt auch keine Verletzung der Garantie des zweifachen Instanzenzuges vor, da die Vorinstanz alle den Anspruch auf eine Invalidenrente als solchen und den Umfang des Anspruchs bestimmenden Elemente beurteilt hat (ZAK 1991 S. 364, H 147/89 E.8 [nicht publ. in: BGE 117 V 131]).
4.2
4.2.1 In materieller Hinsicht bringt der Beschwerdegegner unter Hinweis auf die Urteile 9C_980/2010 vom 20. Juni 2011 und 8C_958/2010 vom 25. Februar 2011 richtig vor, dass auch eine leichte bis mittelschwere depressive Episode als psychische Komorbidität die Leistungsfähigkeit einschränken könne. Diese Präjudizien sind jedoch vorliegend nicht einschlägig. 9C_980/2010 war kein Anwendungsfall der Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 352. Zudem war nach nicht offensichtlich unrichtiger Feststellung der damaligen Vorinstanz von einer mittelgradigen depressiven Störung und nicht bloss von einer solchen Episode auszugehen (E. 5.3). Im Urteil 8C_958/2010 E. 6.2.2.1 wurde festgehalten, dass nach der Rechtsprechung mittelgradige depressive Episoden grundsätzlich keine von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbare andauernde Depression im Sinne eines verselbstständigten Gesundheitsschadens darstellen, die es der betroffenen Person verunmöglichten, die Folgen der Schmerzstörung zu überwinden (vgl. Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E.4.2.2.1 mit Hinweisen). Im Unterschied zum vorliegenden Fall (vorne E. 3.2) sodann unterzog sich dort die versicherte Person einer regelmässigen antidepressiven Medikation, was für die Annahme eines nicht unerheblichen graduellen Schweregrades des psychischen Leidens entscheidend war.
Selbst wenn mit dem Beschwerdegegner eine psychische Komorbidität bejaht wird, fehlt es aufgrund der Feststellungen im psychiatrischen Teilgutachten des Instituts I.________ an der notwendigen Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer der diagnostizierten leichten bis mittelschweren depressiven Episode (BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 unten), die den Schluss auf eine im Hinblick auf eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung erlaubte (vorne E. 3.1). Danach liegt keine schwere psychische Störung vor. Insbesondere das Fehlen einer antidepressiven Medikation spricht gegen eine deutliche Depression. Gegen eine rechtliche relevante psychische Komorbidität sprechen auch die vom psychiatrischen Gutachter erwähnten psychosozialen und emotionalen Belastungen, die deutlich ausgeprägt seien, sich durch den dadurch hervorgerufenen unangenehmen Affekt auch in den Schmerzen ausdrückten und die psychischen Störungen verstärken würden (vorne E. 3.2; BGE 127 V 294 E. 5a S. 299). Der nach Erlass der vorinstanzlich angefochtenen Verfügung vom 27. Oktober 2009 verfasste Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009 ändert nichts daran.
4.2.2 Weiter macht der Beschwerdegegner geltend, aus den Akten, u.a. aus der gesamten Kranken- und Arbeitsgeschichte sowie aus den Berichten der Klinik Y.________ ergebe sich, dass die weiteren Kriterien (sozialer Rückzug, primärer Krankheitsgewinn, chronische körperliche Begleiterkrankung, Scheitern der konsequent durchgeführten Behandlungen) hinreichend gehäuft und ausgeprägt erfüllt seien. Dabei belässt er es indessen, ohne zu den einzelnen Kriterien nähere Ausführungen zu machen. Insbesondere äussert er sich nicht zu den Vorbringen der Beschwerde führenden IV-Stelle, weshalb die Kriterien nicht in einer Weise gegeben sind, um insgesamt den rechtlichen Schluss auf eine invalidisierende Gesundheitsschädigung zu gestatten.
4.2.2.1 Die IV-Stelle bringt richtig vor, dass gemäss dem Gutachten des Instituts I.________ zwar ein gewisser sozialer Rückzug ersichtlich, die Beziehungssituation innerhalb der Familie (Ehefrau, im selben Haushalt lebende erwachsene Töchter, andere Kinder und deren Familien) jedoch gut ist. Somit liegt kein Rückzug in allen Belangen des Lebens vor. Sodann verneinte der psychiatrische Gutachter einen primären Krankheitsgewinn. Weiter kann in Bezug auf das chronische lumbovertebrale Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle nicht von einer chronischen körperlichen Begleiterkrankung mit mehrjährigem Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission gesprochen werden, wie die IV-Stelle unter Hinweis auf die Urteile 9C_111/2008 vom 27. Januar 2009 E. 3.2 und 8C_195/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 7.3 festhält. Schliesslich empfahl der psychiatrische Gutachter des Instituts I.________ die Fortführung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung unter Intensivierung der antidepressiven Therapie. Gemäss Hauptgutachten könnte, eine gute Medikamenten-Compliance vorausgesetzt, von der Verordnung eines sedierenden und schmerzdistanzierenden Antidepressivums eine Verbesserung der Situation bringen. Daraus folgert die IV-Stelle, auch das Kriterium des Scheiterns einer konsequent durchgeführten ambulanten oder stationären Behandlung sei nicht (hinreichend) erfüllt. Dieser Schluss ist zutreffend, zumal wenn berücksichtigt wird, dass solche psychische Störungen grundsätzlich therapeutisch angehbar sind (Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 4.2.2.1 in fine). Aus dem Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009 ergibt sich nichts anderes.
4.2.2.2 Ergänzend zu den Vorbringen der IV-Stelle ist zu beachten, dass im Gutachten des Instituts I.________ festgestellt wurde, der Explorand halte sich aus gesundheitlichen Gründen für überhaupt nicht mehr arbeitsfähig. Ursache dafür seien u.a. die fehlende Motivation, sich beruflich wieder einzugliedern und die bei ungenügenden Deutschkenntnissen und allgemeinem tiefen Bildungsniveau zu erwartenden Schwierigkeiten, eine Anstellung in einer adaptierten Tätigkeit zu erhalten. Weiter wurden erhebliche Diskrepanzen und Inkonsistenzen bei der Anamneseerhebung und in der orthopädischen Untersuchung erwähnt. Der Explorand habe ein demonstrativ wirkendes Schmerzgebaren gezeigt. Sämtliche Untersuchungsschritte seien von repetitiven Klagen über lumbale Schmerzen begleitet gewesen, und zwar auch bei der Prüfung der Schultern-. Ellenbogen-, Hand-, Hüft-, Knie- und Hüftgelenke. Bei der fokussierten Untersuchung sei die Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten schmerzhaft eingeschränkt gewesen, ausserhalb jedoch unbehindert. Insbesondere seien unter Ablenkung die Halswirbelsäule und die Kopfrotation frei beweglich gewesen. Sodann halte sich der Explorand zwar für arbeitsunfähig; er sei jedoch in der Lage, mehrmals in der Woche mit dem Auto vom Wohnort zur Behandlung zu fahren, was eine Konzentrationsfähigkeit und Sitzdauer von mindestens einer halben Stunde am Stück voraussetze. Auch habe beobachtet werden können, wie der Explorand in flüssigem Wechselschritt ohne Benützung des Handlaufs treppauf gegangen sei, nachdem er vor der internistischen Untersuchung in Begleitung beim Treppabgehen sehr langsam gegangen sei und sich wiederholt mit beiden Händen am linken Handlauf festgehalten habe. Diese Diskrepanzen zwischen den geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten sprechen gegen das Vorliegen eines invalidisierenden Gesundheitsschadens (BGE 131 V 49 E. 2.1 S. 51; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.1). Der Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009, der auch Stellung nimmt zum Gutachten des Instituts I.________, äussert sich nicht zu diesen Diskrepanzen und Inkonsistenzen, was schon deshalb dessen Beweiswert mindert. Abgesehen davon ergeben sich daraus keine Aspekte, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben wären und zumindest Anlass für ergänzende Abklärungen geben könnten (Urteile 8C_642/2011 vom 14. Februar 2012 E. 5.2 und 9C_468/2009 vom 9. September 2009 E. 3.3.1, je mit Hinweisen).
4.3 Mit der IV-Stelle ist somit festzustellen, dass in rechtlicher Hinsicht kein Raum für die Annahme einer psychisch bedingten (teilweisen) Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht. Bei uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit in körperlich leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeiten ergibt sich bei im Übrigen gleichen unveränderten Berechnungsfaktoren aufgrund der vorinstanzlichen Invaliditätsbemessung ein Invaliditätsgrad von 30 % ([Fr. 70'140.- - Fr. 48'786.60]/Fr. 70'140.- x 100 %; zum Runden BGE 130 V 121), was für den Anspruch auf Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG). Selbst ein höheres Valideneinkommen von Fr. 70'729.- und ein maximaler Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75 von 25 % beim Invalideneinkommen führte zu keinem anderen Ergebnis. Die Beschwerde ist somit begründet.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. November 2011 aufgehoben.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. März 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Fessler