BGer 4A_510/2011
 
BGer 4A_510/2011 vom 22.03.2012
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
4A_510/2011
Urteil vom 22. März 2012
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Kiss,
nebenamtlicher Bundesrichter Al. Brunner,
Gerichtsschreiberin Schreier.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Benno Wild, Beschwerdeführer,
gegen
1. Y.________,
2. Z.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alois Näf,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
unerlaubte Handlung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, III. Zivilkammer, vom 15. Juni 2011.
Sachverhalt:
A.
X.________ (Kläger und Beschwerdeführer) mit Wohnsitz in Deutschland macht gegen Y.________ und Z.________ (Beklagte und Beschwerdegegner) mit Wohnsitz in der Schweiz eine Forderung aus unerlaubter Handlung geltend.
Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, die Beklagten seien Drahtzieher und Profiteure eines Wirtschaftskriminalfalles mit mehr als 700 Geschädigten und einer angemeldeten Schadenssumme von rund Fr. 60 Mio. gewesen und dafür letztinstanzlich wegen gewerbsmässigen Betrugs und weiteren Vermögensdelikten zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Beklagten hätten u.a. hinter der A.________ AG gestanden, bei welcher er am 12. September 1996 über einen Vermittler namens B.________ einen Betrag von insgesamt DM 105'000.-- einbezahlt habe. Die A.________ AG habe über verschiedene Vermittler Gelder akquiriert, die in der Folge in einem Schneeballsystem verschwunden seien. Er fordere nun seinen Verlust von den Beklagten zurück.
B.
B.a Am 21. April 2009 erhob der Kläger beim Kreisgericht Rorschach Klage mit dem Begehren, es seien die Beklagten solidarisch zur Zahlung von EUR 53'685.65 zu verurteilen.
Mit Entscheid vom 14. Juli 2010 hiess das Kreisgericht Rorschach die Klage gut und verurteilte die Beklagten, dem Kläger unter solidarischer Haftbarkeit EUR 53'685.65 zu bezahlen.
B.b Gegen diesen Entscheid erhoben die Beklagten beim Kantonsgericht St. Gallen Berufung mit dem Begehren, das Urteil des Kreisgerichts Rorschach sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen.
Mit Entscheid vom 15. Juni 2011 hiess das Kantonsgericht St. Gallen die Berufung gut und wies die Klage ab.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. August 2011 beantragt der Kläger dem Bundesgericht, es seien die Beklagten zur Zahlung von EUR 53'685.65 zu verurteilen. Er beantragt zudem, der Beschwerde sei bezüglich Ziff. 4 des angefochtenen Entscheids, mit welcher er zur Zahlung einer Parteikostenentschädigung von Fr. 17'979.70 (erstinstanzliches Verfahren: Fr. 12'519.70; Berufungsverfahren: Fr. 5'460.--) verurteilt worden sei, die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Die Beschwerdegegner beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
D.
Mit Eingabe vom 20. Oktober 2011 ersuchen die Beschwerdegegner um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung für das bundesgerichtliche Verfahren und um Bestellung ihres Rechtsvertreters als amtlicher Anwalt.
E.
Mit Präsidialverfügung vom 31. Oktober 2011 wurde der Beschwerde hinsichtlich Ziff. 4 des angefochtenen Entscheids die aufschiebende Wirkung gewährt, soweit damit den Beschwerdegegnern eine Parteientschädigung von Fr. 12'519.70 für das erstinstanzliche Verfahren zugesprochen worden war.
F.
Am 14. November 2011 reichte der Beschwerdeführer eine kurze Replik ein. Mit Eingabe vom 1. Dezember 2011 machen die Beschwerdegegner geltend, diese Eingabe sei unzulässig und daher aus dem Recht zu weisen.
Erwägungen:
1.
Vorab ist der Antrag der Beschwerdegegner zu behandeln, die Replik sei aus dem Recht zu weisen. Die Beschwerdegegner bringen dazu vor, vor Bundesgericht finde in der Regel nur ein Schriftenwechsel statt. Entsprechend sei auch vorliegend kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet worden, was die Replik des Beschwerdeführers unzulässig mache.
Dem Antrag ist nicht stattzugeben. Das Bundesgericht hielt mit Verfügung vom 28. Oktober 2011 fest, ein zweiter Schriftenwechsel werde nicht angeordnet. Allfällige Bemerkungen hätten bis zum 14. November 2011 zu erfolgen. Diese Möglichkeit zur Einreichung von Bemerkungen dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.1; 133 I 98 E. 2.2 S. 99). Die Angabe eines Datums, bis zu welchem Bemerkungen eingereicht werden können, stellt insofern keine Fristansetzung dar, sondern konkretisiert lediglich die Rechtsprechung, wonach unaufgeforderte Bemerkungen umgehend einzureichen sind (BGE 133 I 98 E. 2.2 S. 100, 100 E. 4.8; 132 I 42 E. 3.3.4; vgl. auch Urteil 4A_332/2011 vom 21. November 2011 E. 1). Der Beschwerdeführer war demnach befugt, weitere Bemerkungen einzureichen, was er rechtzeitig tat. Es besteht somit kein Grund, die Replik aus dem Recht zu weisen.
Was die Berücksichtigung ihres Inhalts anbelangt, ist Folgendes festzuhalten: Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist vollständig begründet einzureichen (Art. 42 Abs. 1 BGG). Kommt es zu einem zweiten Schriftenwechsel, darf der Beschwerdeführer die Replik nicht dazu verwenden, seine Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern (vgl. BGE 132 I 42 E. 3.3.4; 131 I 291 E. 3.5; 125 I 71 E. 1d/aa, je mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer dies missachtet, können seine Ausführungen nicht berücksichtigt werden.
2.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 436 E. 1, 101 E. 1).
Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 75 i.V.m. Art. 72 BGG), die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers sind im kantonalen Verfahren nicht geschützt worden (Art. 76 Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die Beschwerde ist somit unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.
3.
3.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Zu beachten ist, dass im vorliegenden Verfahren, das eine vermögensrechtliche Sache betrifft, nicht gerügt werden kann, das nach Art. 133 Abs. 2 IPRG anwendbare deutsche Recht sei nicht richtig angewendet worden (vgl. Art. 96 lit. b BGG; Urteil 4A_498/2011 vom 22. Dezember 2011 E. 1.1). Nach deutschem Recht richten sich unbestrittenermassen insbesondere die Beweislast und das Recht auf Beweis (vgl. BGE 115 II 300 E. 3 S. 303; Urteil 4A_469/2010 vom 1. Dezember 2010 E. 2.1), nach der lex fori insbesondere die Beweiswürdigung (Urteile 4A_469/2010 vom 1. Dezember 2010 E. 2.1; 5P.479/2002 vom 14. April 2003 E. 4.1).
3.2 Diese Grundsätze verkennt der Beschwerdeführer, wenn er gerügte Rechtsverletzungen im Wesentlichen durch blosses Aneinanderreihen von Bestimmungen begründet, welche die Vorinstanz verletzt haben soll. Den Begründungsanforderungen genügt auch nicht, die eigene Sichtweise darzulegen, ohne dabei auf die Ausführungen der Vorinstanz einzugehen. Auf solche Rügen ist nicht einzutreten.
Der Beschwerdeführer rügt zudem über weite Strecken Verletzungen des deutschen Rechts. Auf diese Rügen kann nicht eingetreten werden.
4.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe es in willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt, den Zeugen B.________ einzuvernehmen. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen sei in Frage gestellt worden, ohne dass sich die Vorinstanz ein persönliches Bild von ihm gemacht hätte. Die Annahme, der Vermittler B.________ sei ein potenzieller Täter, sei nicht nur aktenwidrig, sondern geradezu willkürlich ehrenrührig für B.________.
4.1 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 135 V 2 E. 1.3; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; 134 I 140 E. 5.4 S. 148; je mit Hinweisen). Die den Willkürvorwurf begründenden Elemente sind in der Beschwerdeschrift im Einzelnen aufzuzeigen.
Zu beachten ist, dass dem Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zusteht (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1). Kommt das Sachgericht in antizipierter Beweiswürdigung zum Schluss, ein angebotenes Beweismittel sei beweisuntauglich oder vermöge die bereits gewonnene Überzeugung zum Sachverhalt von vornherein nicht zu erschüttern, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die antizipierte Beweiswürdigung willkürlich und damit offensichtlich unhaltbar ist, namentlich wenn sie eine prozessuale Vorschrift oder einen unumstrittenen Grundsatz des Beweisrechts krass verletzt oder sonstwie in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 132 III 209 E. 2.1; 131 I 153 E. 3 S. 157, 217 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1; 124 I 208 E. 4a).
4.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, als einziges Beweismittel für den behaupteten Geldfluss und insbesondere die Weiterleitung der Mittel an die A.________ AG verbleibe die beantragte Zeugenbefragung von B.________, nachdem sich aus den anderen eingereichten Beweismitteln nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers ableiten lasse. B.________ habe ein erhebliches eigenes Interesse daran zu behaupten, er habe die Mittel an die A.________ AG weitergeleitet, da er ansonsten riskieren würde, selbst vom Beschwerdeführer belangt zu werden. Er entlaste sich durch eine entsprechende Aussage auch moralisch. Einer Aussage im Sinne des Beschwerdeführers käme unter diesen Umständen nur ein sehr beschränkter Beweiswert zu, weshalb auf sie zum Vornherein nur in Verbindung mit weiteren in die gleiche Richtung weisenden Indizien abgestellt werden könnte. Solche Indizien mit objektivem Beweiswert lägen indessen nicht vor.
4.3 Mit dieser Argumentation der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer kaum auseinander, sondern beschränkt sich hauptsächlich auf die Darlegung seiner eigenen Sichtweise. Ob der Beschwerdeführer damit den Begründungsanforderungen genügt, kann offen bleiben, da die Rüge ohnehin unbegründet ist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Zeuge B.________ ein persönliches Interesse daran hat, in jedem Falle im Sinne des Beschwerdeführers auszusagen. Die Vorinstanz hat damit nicht unterstellt, dass sich der Zeuge B.________ an strafrechtlich relevanten Handlungen beteiligt hätte. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass die Aussage des Zeugen B.________ für sich alleine angesichts der Umstände nicht ausreichen würde, um den Beweis dafür zu erbringen, dass Vermögen des Beschwerdeführers an die A.________ AG geflossen sei. So wies die Vorinstanz darauf hin, dass insbesondere keine Quittung über den Geldfluss bestehe und die eingereichten Dokumente nicht geeignet seien, einen solchen zu beweisen. Bei dieser Beweislage ist die Vorinstanz nicht in Willkür verfallen, indem sie die Einvernahme des Zeugen B.________ in antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt hat. Die Rüge erweist sich damit als unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist.
5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).
Das Gesuch der Beschwerdegegner um unentgeltliche Rechtspflege wird damit in Bezug auf die Gerichtskosten gegenstandslos. Dies gilt indessen nicht in Bezug auf die unentgeltliche Verbeiständung, da dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegner im Fall seiner Bestellung als amtlicher Vertreter bei Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar bezahlt werden müsste (Art. 64 Abs. 2 BGG; BGE 122 I 322 E. 3). Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG), ist das Gesuch daher insoweit gutzuheissen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Gesuch der Beschwerdegegner um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist, und es wird ihnen Rechtsanwalt Alois Näf als amtlicher Vertreter bestellt.
2.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung wird Rechtsanwalt Alois Näf als amtlichem Vertreter der Beschwerdegegner aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 3'500.-- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen,
III. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. März 2012
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Die Gerichtsschreiberin: Schreier