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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_42/2012
Urteil vom 25. April 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Uebersax.
1. Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Volkspartei des Kantons Bern,
2. Y.________,
3. X.________,
Beschwerdeführer, alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Jäger,
gegen
Z.________,
Beschwerdegegner,
Regierungsrat des Kantons Bern, Staatskanzlei, Postgasse 68, 3000 Bern 8.
Gegenstand
Revision; kantonale Abstimmung vom 13. Februar 2011,
Beschwerde gegen das Urteil vom 1. Dezember 2011 des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Am 19. November 2009 beschloss der Grosse Rat des Kantons Bern eine Änderung des Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge vom 12. März 1998 (BSFG; BSG 761.611). Inhaltlich bezweckt die auch als "ECOTAX-Vorlage" bezeichnete Gesetzesrevision, die Rahmenbedingungen für eine ökologischere Motorfahrzeugsteuer zu schaffen. Namentlich sollen besonders verbrauchs-, energie- und emissionseffiziente Fahrzeuge steuerlich begünstigt, ineffiziente hingegen mit einem Zuschlag belastet werden. Sodann soll durch eine moderate, generelle Senkung des Grundsteueransatzes dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Kanton Bern im gesamtschweizerischen Vergleich die höchsten Fahrzeugsteuern aufweist. Diese Gesetzesänderung hätte am 1. Januar 2011 in Kraft treten sollen.
A.a Am 16. April 2010 reichte ein von X.________ organisiertes "Komitee für eine gerechte Strassenverkehrssteuer im Kanton Bern" einen Volksvorschlag (konstruktives Referendum) gemäss Art. 63 Abs. 3 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (KV/BE; SR 131.212) ein, der unter Übernahme der Grundsätze der parlamentarischen Vorlage abweichende Vorschläge zu einzelnen Punkten vorsieht wie insbesondere eine stärkere generelle Steuersenkung, eine Halbierung der Gebühren für Garagenschilder, den Wegfall des Malus sowie eine modifizierte Regelung des Bonus.
A.b Der Grosse Rat erklärte den Volksvorschlag für gültig und unterbreitete ihn zusammen mit seiner eigenen Gesetzesvorlage am 13. Februar 2011 der Volksabstimmung. In dieser wurden, gemäss den entsprechenden Feststellungen des Regierungsrates vom 23. Februar 2011, sowohl die Vorlage des Grossen Rates (mit 172'427 Ja-Stimmen gegen 154'792 Nein-Stimmen) als auch der Volksvorschlag (mit 166'860 Ja-Stimmen gegen 164'325 Nein-Stimmen) angenommen. In der Stichfrage (vgl. Art. 63 Abs. 4 i.V.m. Art. 60 Abs. 2 KV/BE) erzielte der Volksvorschlag 165'977 Stimmen und die Vorlage des Grossen Rates 165'614 Stimmen; der Volksvorschlag obsiegte demnach mit einem Vorsprung von 363 Stimmen bzw. von 0,1 % (oder von einem Promille) aller Stimmen.
B.
B.a Gegen die Abstimmung gingen beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern zwei Beschwerden (mit Eingabe vom 21. Februar 2011 von Q.________ und mit solcher vom 2. März 2011 von Z.________) ein. Im Wesentlichen wurde dabei beantragt, aufgrund des äusserst knappen Abstimmungsresultats seien die abgegebenen Stimmzettel nachzuzählen. Mit Urteil vom 22. Juni 2011 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerden gut und ordnete die Nachzählung der kantonalen Volksabstimmung an. Dieses Urteil blieb unangefochten und wurde rechtskräftig.
B.b In der Folge beauftragte der Regierungsrat des Kantons Bern am 6. Juli 2011 die Staatskanzlei, die Stimmzettel der kantonalen Volksabstimmung vom 13. Februar 2011 am 26. und 27. August 2011 nachzuzählen. Daraufhin wurden der Staatskanzlei bis zum 10. August 2011 30 Gemeinden gemeldet, die ihre Stimmzettel in der Zwischenzeit vernichtet hatten. Diese Handlungen hatten stattgefunden, obwohl Art. 42 Abs. 3 der Verordnung über die politischen Rechte vom 10. Dezember 1980 des Kantons Bern (VPR; BGS 141.112) die Gemeinden verpflichtet, Stimmzettel für jede Kategorie gesondert verpackt und versiegelt an einem sicheren Ort bei der Gemeindeverwaltung aufzubewahren und sie erst nach der rechtskräftigen Erledigung allfälliger Beschwerden zu vernichten.
B.c Am 17. August 2011 stellte der Regierungsrat gestützt auf einen entsprechenden Vortrag der Staatskanzlei fest, dass insgesamt 18'095 Stimmzettel fehlten, was 5,46 % aller Stimmzettel entspricht. Eine Gemeinde fand ihre Stimmzettel offenbar später wieder, womit sich die Zahl der fehlbaren Gemeinden auf 29 bzw. das Manko auf 5,37 % aller Stimmzettel reduzierte.
B.d Im gleichen Beschluss vom 17. August 2011 stellte der Regierungsrat fest, dass eine ordnungsgemässe Nachzählung der Stimmzettel, wie das Verwaltungsgericht dies in seinem Urteil vom 22. Juni 2011 gefordert hatte, wegen der beachtlichen Anzahl vernichteter Stimmzettel nicht mehr möglich sei. Der Regierungsrat hob daher in Ziffer 5 seines Beschlusses die Anweisung an die Staatskanzlei zur Nachzählung der Stimmen auf und verfügte stattdessen in Ziffer 6 seines Beschlusses, dass die Volksabstimmung über die Teilrevision des Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge zu wiederholen sei, setzte in Ziffer 7 seines Beschlusses die Abstimmung über den Gesetzesentwurf mit Volksvorschlag auf den 11. März 2012 an und beauftragte die Staatskanzlei, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen. Dieser Beschluss wurde am 31. August 2011 mit Rechtsmittelbelehrung im Amtsblatt des Kantons Bern publiziert.
B.e Gegen diesen Beschluss sind beim Bundesgericht eine Stimmrechtsbeschwerde der Schweizerischen Volkspartei (SVP) des Kantons Bern, von Y.________ und X.________ (Verfahren 1C_418/2011) sowie eine zweite Beschwerde weiterer Stimmberechtigter aus dem Kanton Bern (Verfahren 1C_420/2011) hängig. Beantragt wird im Wesentlichen die Aufhebung der Ziffern 6 und 7 des angefochtenen Beschlusses; zudem sei der Regierungsrat anzuweisen, den Verzicht auf die Abstimmungswiederholung zu erklären und das Ergebnis der Volksabstimmung gemäss den entsprechenden Feststellungen des Regierungsrates vom 23. Februar 2011 zu erwahren. Über diese Beschwerden wird separat entschieden.
B.f Mit Beschluss vom 9. September 2010 revidierte der Grosse Rat des Kantons Bern das Datum des Inkrafttretens der Novelle des Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge ein erstes Mal und passte die in den Vorlagen enthaltenen Einführungsdaten wegen der erfolgten Zeitverzögerung so an, dass die Gesetzesänderung am 1. Januar 2012 hätte in Kraft treten können. Am 21. November 2011 setzte er das Inkrafttreten in einem weiteren entsprechenden Beschluss auf den 1. Januar 2013 an. Gegen diesen zweiten Beschluss ist ebenfalls eine Beschwerde beim Bundesgericht hängig (Verfahren 1C_16/2012), über die separat entschieden wird.
C.
C.a Am 29. September 2011 stellten die Schweizerische Volkspartei (SVP) des Kantons Bern, Y.________ und X.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern ein Gesuch um Revision des Urteils vom 22. Juni 2011, worin sie im Wesentlichen beantragten, aufgrund der nicht mehr vollständigen Stimmzettel sei auf eine Nachzählung zu verzichten und die Ergebnisse der Volksabstimmung vom 13. Februar 2011 seien zu bestätigen.
C.b Mit Urteil vom 1. Dezember 2011 trat das Verwaltungsgericht auf das Gesuch nicht ein. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die erhobene Kritik richte sich nicht gegen das angefochtene verwaltungsgerichtliche Urteil, sondern gegen die vom Regierungsrat angeordnete Wiederholung der Volksabstimmung. Den entsprechenden Regierungsratsbeschluss könnten die Gesuchsteller aber selbständig beim Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anfechten, weshalb sie kein aktuelles praktisches Interesse an einer Revision des Verwaltungsgerichtsurteils hätten.
D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Januar 2012 an das Bundesgericht beantragen die Schweizerische Volkspartei (SVP) des Kantons Bern, Y.________ und X.________, das Revisionsurteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2011 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an dieses zurückzuweisen. Gerügt wird eine Verletzung der Legitimationsvorschriften des kantonalen Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21) und des bernischen Gesetzes vom 5. Mai 1980 über die politischen Rechte (GPR; BSG 141.1) in einer Angelegenheit betreffend die politische Stimmberechtigung, weil das Verwaltungsgericht auf das bei ihm eingereichte Revisionsgesuch der Beschwerdeführer mangels Legitimation zu Unrecht nicht eingetreten sei. Die aufgeworfenen Rechtsfragen könnten sich jederzeit wieder stellen, weshalb das Revisionsgesuch auch trotz allenfalls fehlenden praktischen Interesses hätte behandelt werden müssen. Zugleich würden dadurch Art. 111 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 3 BGG verletzt, weil die Beschwerdebefugnis vor der kantonalen Instanz nicht enger umschrieben werden dürfe als vor Bundesgericht. Sodann laufe der Nichteintretensentscheid auf eine formelle Rechtsverweigerung hinaus und verstosse gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, womit er Art. 5 Abs. 3 sowie Art. 9 und 29 BV verletze.
E.
Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern schliessen in ihren Stellungnahmen vom 29. bzw. 22. Februar 2012 auf Abweisung der Beschwerde. Der am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beteiligte Z.________ hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen.
F.
Der Regierungsrat äusserte sich am 27. März 2012 unter grundsätzlichem Festhalten an seinem Standpunkt nochmals zur Eingabe des Verwaltungsgerichts.
G.
Am 11. Januar 2012 beschloss der Regierungsrat des Kantons Bern mit Blick auf die hängigen Beschwerden, die Abstimmung vom 11. März 2012 abzusetzen, worüber die Öffentlichkeit entsprechend informiert wurde.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerdeführer weisen in der Begründung ihrer Beschwerde darauf hin, je nach Ausgang des Parallelverfahrens 1C_418/2011 könne die vorliegende Beschwerde gegenstandslos und damit das Verfahren als erledigt abgeschrieben werden. Es stelle sich daher die Frage der allfälligen Sistierung des vorliegenden Verfahrens bis zum Entscheid im fraglichen Parallelverfahren. Die Beschwerdeführer verzichten jedoch ausdrücklich auf einen Sistierungsantrag und überlassen es dem Bundesgericht, darüber zu befinden. Da beide Beschwerden spruchreif sind, rechtfertigt sich eine Sistierung von Amtes wegen indessen nicht.
2.
2.1 Die Beschwerdeführer erheben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wollen diese jedoch wenigstens teilweise unter die besonderen Bestimmungen der Stimmrechtsbeschwerde stellen. Nach Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts gegenüber kantonal letztinstanzlichen Endentscheiden (vgl. Art. 86 und 90 BGG). Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von politischen Rechten beim Bundesgericht geltend gemacht werden. Von der Beschwerde werden sowohl eidgenössische als auch kantonale und kommunale Stimmrechtssachen erfasst (Art. 88 Abs. 1 BGG). Zwischen den beiden Beschwerdearten bestehen gewisse Unterschiede, insbesondere bei der Legitimation, die für Stimmrechtsbeschwerden grundsätzlich weiter gefasst ist als bei der gewöhnlichen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (vgl. Art. 89 Abs. 3 BGG), sowie bei den Beschwerdegründen (vgl. Art. 95 lit. d BGG). Soweit sich die Beschwerdeführer auf die einschlägigen Bestimmungen über die politischen Rechte berufen, gelten im vorliegenden Fall denn auch die grosszügigeren Verfahrensregeln der Stimmrechtsbeschwerde. Mit Blick darauf sind insofern wegen des anwendbaren Grundsatzes der Einheit des Verfahrens gemäss Art. 111 BGG auch die bernischen Bestimmungen der Verwaltungsrechtspflege in diesem weiteren Sinne auszulegen.
2.2 Die Beschwerdeführer haben vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen, sind als das Verwaltungsgericht um Revision Ersuchende durch den angefochtenen Nichteintretensentscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Sie sind schon daher zur Beschwerde berechtigt (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Das gilt auch für die Beschwerdeführerin 1 als politische Partei, welche die Voraussetzungen des Verbandsbeschwerderechts erfüllt (vgl. zur so genannten "egoistischen Verbandsbeschwerde" BGE 136 II 539 E. 1.1 S. 542 mit Hinweisen). In Stimmrechtssachen steht überdies das Beschwerderecht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Ein besonderes (rechtliches) Interesse in der Sache selbst ist nicht erforderlich (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.3 S. 176). Die Beschwerdeführer 2 und 3 sind als im Kanton Bern Stimmberechtigte zur Beschwerde legitimiert. Aber auch die Beschwerdeführerin 1 als politische Partei, die als juristische Person organisiert ist, verfügt über die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.1 S. 175 mit Hinweisen).
2.3 Gemäss Art. 95 lit. a BGG kann mit der Beschwerde an das Bundesgericht die Verletzung von Bundesrecht und in Stimmrechtssachen nach Art. 95 lit. d BGG zusätzlich diejenige der kantonalen verfassungsmässigen Rechte sowie der kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und derjenigen über Volkswahlen und -abstimmungen gerügt werden. Diese Rügen prüft das Bundesgericht frei (vgl. BGE 129 I 185 E. 2 S. 190; 123 I 175 E. 2d/aa S. 178; je mit Hinweisen).
2.4 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer legen insbesondere nicht rechtsgenüglich dar, inwiefern der angefochtene Entscheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 5 Abs. 3 sowie Art. 9 BV verstossen sollte, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht einzugehen ist.
3.
3.1 Nach Art. 95 lit. b VRPG kann ein rechtskräftiger Entscheid einer Verwaltungsjustizbehörde auf Gesuch hin abgeändert oder aufgehoben werden, wenn die um Revision ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht anrufen konnte, unter Ausschluss derjenigen, die nach dem fraglichen, inzwischen rechtskräftigen Entscheid entstanden sind.
3.2 Dass einige Gemeinden die Stimmzettel vernichtet hatten, wurde tatsächlich erst nach dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 22. Juni 2011 bekannt. Nicht erstellt ist, ob die Stimmzettel schon vor oder erst nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vernichtet wurden. Zwar ist zu vermuten, dass dies schon vorher stattgefunden hat, der genaue Zeitpunkt müsste aber, soweit dies massgeblich sein sollte, so oder so in einem allfälligen Revisionsverfahren geklärt werden. Kein Hindernis für eine Revision bildet die Kann-Formel in Art 95 VRPG, stellt diese doch die Revision nicht ins Belieben der zuständigen Justizbehörde (MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997, N. 1 zu Art. 95 VRPG).
3.3 Den Beschwerdeführern kann nicht vorgeworfen werden, sie hätten das (erste) verwaltungsgerichtliche Urteil vom 22. Juni 2011 direkt beim Bundesgericht anfechten müssen und nicht auf das Revisionsverfahren ausweichen dürfen, was theoretisch im Zeitpunkt, als die Vernichtung der Stimmzettel erstmals bekannt wurde (5. August 2011), noch kurzzeitig möglich gewesen wäre. Ohnehin fraglich erscheint, wann die Anfechtungsfrist für die Beschwerdeführer, die nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beteiligt waren, zu laufen begonnen hätte; fraglich ist auch, ob die Legitimation in einem so weiten Sinne anzuerkennen wäre, weil es sich um einen Stimmrechtsfall handelt. Auf solche Fragen wies bereits die Vorinstanz hin, konnte sie aber aufgrund ihrer Begründung offen lassen.
3.4 Selbst wenn die Möglichkeit eines allfälligen Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht offen stünde, schliesst dies die Zuständigkeit des Regierungsrates, die Wiederholung der Abstimmung anzuordnen, nicht von vornherein aus, falls von einer eigenständigen Kompetenz desselben dazu auszugehen ist, in welchem Fall sich die Zuständigkeiten überschneiden können (vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 5 zu Art. 95 VRPG). Gemäss Art. 18 Abs. 2 GPR stellt der Regierungsrat aufgrund eines Berichts der Staatskanzlei die Ergebnisse kantonaler Abstimmungen fest (Erwahrung). Nach Art. 67 GPR übt der Regierungsrat die Oberaufsicht über die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen und Wahlen aus (Abs. 1), und er erlässt die zum Vollzug des Gesetzes über die politischen Rechte erforderlichen Verordnungen und Weisungen, setzt die Abstimmungs- und Wahltage fest und erwahrt die Ergebnisse der Abstimmungen und Wahlen, soweit hierfür nicht andere Behörden zuständig sind (Abs. 2). Der Regierungsrat verfügt mithin über eine selbständige Zuständigkeit für die Ansetzung von Abstimmungen und die Anerkennung der sich daraus ergebenden Resultate. Ihm kommt damit auch eine konkrete Verantwortung für die korrekte Ermittlung des wahren Volkswillens zu.
3.5 Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. Juni 2011 ausgeführt hat, schliesst Art. 93 Abs. 2 GPR die Beschwerde an das Verwaltungsgericht gegen Akte (Handlungen und Beschlüsse) des Grossen Rates und des Regierungsrates betreffend kantonale Abstimmungen und Wahlen aus, was mit Art. 88 Abs. 2 BGG grundsätzlich vereinbar ist. Dazu zählt an sich auch der Erwahrungsbeschluss. Die Ermittlung der Ergebnisse von kantonalen Abstimmungen mündet jedoch grundsätzlich immer in einen Erwahrungsbeschluss des Regierungsrates. Nach Art. 93 Abs. 1 GPR entscheidet das Verwaltungsgericht über Abstimmungsbeschwerden, mit denen die Ergebnisse einer kantonalen Abstimmung angefochten werden. Das Verwaltungsgericht erachtet daher entsprechende Beschwerden als zulässig und bejahte im vorliegenden Fall gestützt darauf seine eigene Zuständigkeit, ohne sich freilich ausdrücklich zu den damit verknüpften rechtlichen Auswirkungen auf den Erwahrungsbeschluss zu äussern.
3.6 Grundsätzlich stand es mithin in der Kompetenz des Regierungsrates, unabhängig von einem Revisionsverfahren, wenn auch durchaus auf der Grundlage des rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Urteils bzw. in logischer Fortsetzung desselben, eine Abstimmungswiederholung anzuordnen. Im Übrigen kann ein Erwahrungsentscheid auch in Wiedererwägung gezogen werden und es besteht unter Umständen sogar ein Anspruch darauf (vgl. BGE 113 Ia 146). Im vorliegenden Fall wurde der ursprüngliche Erwahrungsbeschluss vom 23. Februar 2011 als Feststellung des Abstimmungsergebnisses (vgl. Art. 18 Abs. 2 GRP) zwar weder vom Regierungsrat noch vom Verwaltungsgericht formell aufgehoben, er verlor aber spätestens mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 22. Juni 2011 jegliche Rechtswirkung, die über die Feststellung des damals ermittelten reinen Stimmenverhältnisses hinausging. Immerhin hatte das Verwaltungsgericht die beiden bei ihm eingereichten Beschwerden ausdrücklich gutgeheissen, wobei in einer Beschwerde nebst dem Begehren auf Nachzählung der Antrag gestellt worden war, "die Abstimmung ... sei aufzuheben", womit nur der Erwahrungsbeschluss bzw. die darin enthaltene Feststellung des Stimmenverhältnisses gemeint sein konnte. Ob das Verwaltungsgericht oder allenfalls der Regierungsrat den Erwahrungsbeschluss formell hätte aufheben müssen, kann hier jedoch offen bleiben. So oder so war es dem Regierungsrat inhaltlich nicht verwehrt, selbständig im Sinne des verwaltungsgerichtlichen Urteils einen Weg zu finden, um die Ermittlung des wahren Volkswillens sicherzustellen, der nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht mit dem ausgezählten und damals vom Regierungsrat entsprechend erwahrten Stimmenverhältnis übereinstimmen muss. Aus eigener Kompetenz in Angelegenheiten der Durchführung und Organisation von Wahlen und Abstimmungen oblag es dem Regierungsrat auch ohne ausdrückliche spezifische gesetzliche Grundlage für eine Abstimmungswiederholung, für die vorliegende Konstellation eine geeignete Lösung zu suchen. Der Regierungsrat war daher auch nicht verpflichtet, anstelle eigenen Handelns selbst ein Revisionsgesuch beim Verwaltungsgericht einzureichen.
3.7 Indem der Regierungsrat selbständig tätig wurde und die Wiederholung der Abstimmung anordnete, handelte er demnach aus eigener Kompetenz. Dies ist mit der verfassungsrechtlichen Garantie der politischen Rechte und der freien Willensbildung (vgl. Art. 34 Abs. 2 BV) vereinbar und verletzt auch nicht das bernische Gesetzesrecht in Angelegenheiten der politischen Rechte.
4.
4.1 Der angefochtene Entscheid verstösst überdies nicht gegen die bernischen Bestimmungen über die Verwaltungsrechtspflege. Eine freie Überprüfung derselben als kantonale Normen entfällt ohnehin (vgl. Art. 95 BGG), und deren willkürliche Auslegung und Anwendung machen die Beschwerdeführer nicht geltend, weshalb darauf nicht einzugehen ist (vgl. E. 2.4). Zu prüfen ist hingegen, ob wegen zu enger Auslegung der kantonalen Verfahrensbestimmungen der Grundsatz der Einheit des Verfahrens gemäss Art. 111 Abs. 1 BGG, insbesondere in Verbindung mit Art. 89 Abs. 3 BGG, verletzt ist.
4.2 Zwar ist ein besonderes (rechtliches) Interesse in der Sache selbst in Stimmrechtssachen nicht erforderlich (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.3 S. 176) und sind die Beschwerdeführer zur Erhebung einer Stimmrechtsbeschwerde grundsätzlich berechtigt (vgl. E. 2.2). Damit waren sie es auch vor der Vorinstanz, was sich auf die Legitimation zur Stellung eines Revisionsgesuchs auswirken konnte. Den Beschwerdeführern stand es aber offen, den regierungsrätlichen Entscheid anzufechten, die Abstimmung zu wiederholen, was sie im Übrigen ja auch getan haben. Damit konnten sie ihre Rechte in jenem Verfahren grundsätzlich wahrnehmen.
4.3 Wohl trifft es zu, dass die Beschwerdeführer in keinem Verfahren mehr ihren Standpunkt einbringen konnten, anstelle der Abstimmungswiederholung sei auf die Erwahrung des ursprünglichen Stimmenverhältnisses zurückzukommen. Für den Regierungsrat war aufgrund des Verwaltungsgerichtsurteils vom 22. Juni 2011 rechtskräftig und damit verbindlich entschieden, dass die Vermutung bestand, die Ermittlung des Volkswillens könne aufgrund des äusserst knappen Stimmenverhältnisses unzutreffend sein, weshalb dieses zu verifizieren sei. Nachdem das Verwaltungsgericht in diesem Sinne im vorliegenden Fall geurteilt hatte, das festgestellte Abstimmungsergebnis sei als solches ohne weitere Kontrolle nicht gültig, konnte der Regierungsrat nicht mehr darauf abstellen. Die Beschwerdeführer hatten aber kein aktuelles praktisches Interesse mehr an der Revision des entsprechenden Entscheids des Verwaltungsgerichts, weil der Regierungsrat inzwischen aus eigener Kompetenz bereits die Wahlwiederholung angeordnet hatte. Daran hätte auch ein Revisionsurteil des Verwaltungsgerichts nichts mehr zu ändern vermocht.
4.4 Der vorliegende Fall, in der es um eine Abstimmung und deren Auswirkungen geht, unterscheidet sich insofern grundsätzlich von einem üblichen verwaltungsrechtlichen individuell-konkreten Streitfall, wo Einiges dafür spricht, bei Vorliegen eines gerichtlichen Urteils sowie eines Revisionsgrundes dem Revisionsprozess regelmässig den Vorrang vor anderen behördlichen Verfahren zu geben. Überschneidungen der Zuständigkeiten erscheinen allerdings auch bei derartigen Konstellationen, insbesondere bei Dauersachverhalten, nicht gänzlich ausgeschlossen (vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 5 zu Art. 95 VRPG). Überdies kann die nachträgliche Entwicklung selbst in solchen Fällen zum Wegfall des praktischen Interesses an einem Revisionsurteil führen.
4.5 Die Beschwerdeführer machen geltend, trotz allenfalls fehlenden praktischen Interesses hätte ihr Revisionsgesuch behandelt werden müssen, weil sich die aufgeworfenen Rechtsfragen jederzeit wieder stellen könnten.
4.5.1 Sie berufen sich dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses zu verzichten ist, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 137 I 23 E. 1.3.1 S. 25 mit Hinweisen).
4.5.2 In der Sache mag es zwar zutreffen, dass sich die aufgeworfenen Rechtsfragen theoretisch wieder stellen könnten. Erstens ist aber anzunehmen, dass die bernischen Gemeinden aufgrund der Erfahrungen des vorliegenden Falles künftig die Stimmzettel nicht mehr sofort vernichten, sondern das Ende allfälliger Beschwerdefristen bzw. -verfahren abwarten werden, was eine Wiederholung der gleichen Sachlage relativ unwahrscheinlich erscheinen lässt. Zweitens ist nicht ersichtlich, weshalb es selbst im Falle, dass sich die Ausgangslage wiederholen würde, nicht rechtzeitig zu einem Rechtsmittelentscheid kommen sollte, bei dem auch berücksichtigt werden könnte, dass Stimmzettel nachträglich vernichtet worden wären. Die kantonalen Behörden dürften diese Möglichkeit künftig ebenfalls im Auge behalten und vor Anordnung einer allfälligen Nachzählung prüfen, ob alle Stimmzettel tatsächlich noch vorhanden sind. Schliesslich trug der angefochtene Entscheid, auch wenn er in seiner Begründung nicht in allen Teilen durch Verständlichkeit überzeugt, dazu bei, die Situation nicht durch widersprüchliche bzw. gegenläufige Entscheide verschiedener Behörden noch zusätzlich zu verschärfen, wie sich das durch eine materielle Behandlung des Revisionsgesuchs hätte ergeben können. Nur schon dies überwiegt allfällige öffentliche Interessen an der Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen wegen deren eventueller grundsätzlicher Bedeutung.
4.6 Damit verletzt der angefochtene Entscheid weder das einschlägige Verfahrensrecht im Sinne des Grundsatzes der Einheit des Verfahrens (Art. 111 Abs. 1 BGG) noch läuft er auf eine formelle Rechtsverweigerung nach Art. 29 BV hinaus.
5.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang werden die unterliegenden Beschwerdeführer unter Solidarhaft kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5, Art. 65 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Regierungsrat des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. April 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Uebersax