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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_846/2011
Urteil vom 15. Mai 2012
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Scartazzini.
Verfahrensbeteiligte
M.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Yves Blöchlinger,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 19. September 2011.
Sachverhalt:
A.
Die 1960 geborene M.________ war seit Oktober 1994 und bis März 2007 als nebenamtliche Hauswartin und ab 1. September 2000 bis 20. April 2007 als Putzfrau und Haushalthilfe tätig. Am 29. Januar 2008 meldete sie sich wegen eines Krebsleidens bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Mit Verfügung vom 26. Januar 2009 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich der Versicherten bei einem Invaliditätsgrad von 67 % eine Dreiviertelsrente ab April 2008 zu. Im Rahmen einer am 25. März 2009 eingeleiteten Rentenrevision hob die IV-Stelle die bisherige Rente mit Verfügung vom 7. Juni 2010 ab Ende Juli 2010 auf.
B.
Dagegen liess die Versicherte Beschwerde erheben und beantragen, es sei ihr weiterhin eine ganze Invalidenrente zu gewähren. Eventuell sei sie einer unabhängigen und umfassenden interdisziplinären medizinischen Begutachtung zu unterziehen. Mit Entscheid vom 19. September 2011 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde insofern teilweise gut, als festgestellt wurde, die Beschwerdeführerin habe ab 1. August 2010 Anspruch auf eine Viertelsrente.
C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr unter Kosten- und Entschädigungsfolgen eine ganze Invalidenrente zuzusprechen.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
2.1 Streitig und zu prüfen sind die Herabsetzung der bisher ausgerichteten Dreiviertelsrente auf eine Viertelsrente und der geltend gemachte Anspruch auf eine ganze Rente. Die Beschwerdeführerin beanstandet namentlich die von der IV-Stelle und der Vorinstanz bei der Invaliditätsbemessung angewandte gemischte Methode und macht geltend, bei der Berechnung des Invaliditätsgrades müsse allein auf Einschränkungen im Erwerbsbereich abgestellt werden.
2.2 Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung einschlägigen rechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt. Dies betrifft insbesondere auch die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zur Beurteilung der Statusfrage und damit zur anwendbaren Invaliditätsbemessungsmethode (bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode; Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 133 V 477 E. 6.3 S. 486 f. mit Hinweisen, S. 504 E. 3.3 S. 507 f.; 130 V 393 E. 3.3 S. 395 f.; 125 V 146 E. 2c S. 150 mit Hinweisen). Ebenfalls zutreffend hat die Vorinstanz festgehalten, dass die gemischte Methode eine möglichst wirklichkeitsgerechte Bemessung des Invaliditätsgrades bezweckt und dass sie auch Anwendung findet, wenn der versicherten Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit zumutbar wäre, sie aber trotzdem eine solche nicht ausüben würde (BGE 133 V 504 E. 3.3 in fine S. 508; vgl. auch BGE 133 V 477 E. 6.3 S. 486 f.). Diese Situation entspricht den nach der Rechtsprechung zu berücksichtigenden gesamten Umständen, welche mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse zu beantworten ist (in BGE 130 V 396 nicht publizierte E. 3.3, 125 V 146 E. 2c S. 150 mit Hinweisen).
3.
3.1 Nach den Erwägungen im kantonalen Entscheid ist nicht zu beanstanden, dass die IV-Stelle die Beschwerdeführerin als zu 55 % im Erwerbsbereich und zu 45 % im Haushaltsbereich tätig qualifiziert hat. Dabei stützt sich die Vorinstanz namentlich darauf, dass die Versicherte gemäss Auszug aus ihrem individuellen Konto (IK) vor der Geburt ihrer Kinder, in den Jahren 1983 bis 1988, jährliche Einkommen zwischen Fr. 7'030.- und Fr. 23'788.- erzielt hatte, wobei es sich dabei klarerweise nicht um Löhne für ein Vollzeitpensum gehandelt habe, dass sie im August 1989 einen Sohn und im September 1990 eine Tochter zur Welt gebracht hatte und dass sie anschliessend bis Oktober 1994 nicht mehr erwerbstätig war. Daraus schliesst das kantonale Gericht, es könne davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin auch vor der Geburt ihrer Kinder ein Teilzeitpensum im ähnlichen Rahmen wie im Zeitpunkt des Eintritts des Gesundheitsschadens ausübte. Angesichts dessen vermöge nicht zu überzeugen, dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall ab Ende des Jahres 2006 ein Vollzeitpensum ausgeübt hätte, zumal es ihr angesichts des Alters der Kinder auch möglich gewesen wäre, ihr Pensum früher zu erhöhen.
3.2 Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, die von der Vorinstanz zur Berechnung des Invaliditätsgrades angewandte gemischte Methode beruhe auf einem offensichtlich unrichtig und willkürlich festgestellten Sachverhalt, wobei die Anwendung der gemischten Methode gegen Bundes- und Völkerrecht verstosse. Sie macht geltend, einerseits habe sie in den Jahren 1983 bis 1988 nicht während des ganzen Jahres und nicht freiwillig, sondern aus Gründen der saisonalen Arbeitsverhältnisse, weil das Gasthaus ihres Arbeitgebers nur in den Sommermonaten geöffnet hatte, auf die Ausübung eines vollen Arbeitspensums verzichtet, andererseits habe sie nach der Geburt ihrer Kinder die Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht voll ausschöpfen können. Es treffe somit nicht zu, dass sie in den Jahren 1983 bis 1988 in einem Teilzeitpensum gearbeitet habe. Vielmehr habe sie vor der Geburt ihrer Kinder im Rahmen der Möglichkeiten als Saisonnier ihre Erwerbsfähigkeit voll ausgeschöpft und somit in einem 100 % Arbeitspensum gearbeitet, wenn auch für einen geringen Lohn. Es dürfe mithin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sie bei guter Gesundheit das Arbeitspensum spätestens Ende 2006, als ihre Tochter das 16. Altersjahr erreicht hatte, auf 100 % gesteigert hätte.
4.
Die Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit, die - wie vorliegend - auf einer konkreten Würdigung der Umstände basiert, ist eine Tatfrage und kann lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüft werden (vgl. E. 1).
4.1 Die Beschwerdeführerin brachte im August 1989 einen Sohn und im September 1990 eine Tochter zur Welt. Die Vorinstanz leitete aus der Geringfügigkeit der Einkommen, die sie in den Jahren 1983 bis 1988 erzielte, ab, dass sie schon vor der Geburt ihrer Kinder in einem Teilzeitpensum gearbeitet habe. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass es der Beschwerdeführerin auf Grund ihres damaligen Saisonnier-Status im Gastgewerbe von vornherein verwehrt war, während eines ganzen Jahres eine Tätigkeit in der Schweiz auszuüben. Sie ist erst seit Dezember 1988 im Besitz der Aufenthaltsbewilligung B. Ein Vergleich der Einkommen 1983 bis 1988 gemäss individuellem Konto (IK) mit den durchschnittlichen Monatsgehältern des gleichen Zeitraumes für ungelernte Arbeitnehmerinnen im Gastgewerbe zeigt, dass die Beschwerdeführerin in der fraglichen Zeit diese branchenüblichen Werte jeweils verdiente (vgl. zum Beispiel Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1984 S. 387: Fr. 1'702.-, 1987/88 S. 341: Fr. 1'830.- bzw. Fr. 1'916.-). Dieser Umstand spricht wohl für ein 100%iges Arbeitspensum in den 80er-Jahren. Indes vermag die Beschwerdeführerin daraus nichts für die streitige Zeit ab 2006 abzuleiten.
4.2 Die Versicherte hatte im September 2008 gegenüber der Abklärungsperson angegeben, sie hätte "bei Gesundheit im gleichen Ausmass weitergearbeitet". Sie akzeptierte die damalige Aufteilung in 55 % Erwerbstätigkeit und 45 % Haushalt, was zu einer Dreiviertelsrente führte. Eine derartige, im Verlauf des Abklärungsverfahrens gemachte Aussage ist praxisgemäss stärker zu gewichten als spätere anders lautende Erklärungen, die von Überlegungen sozialversicherungsrechtlicher Natur beeinflusst sein können (vgl. statt vieler Urteil 8C_50/2012 vom 1. März 2012 E. 5.1). Die Versicherte machte erstmals im Rahmen des Rentenrevisionsverfahrens geltend, sie hätte spätestens Ende 2006 - mithin bereits vor der Abklärung vom September 2008 -, als ihre Tochter das 16. Altersjahr erreicht hatte, ihr Arbeitspensum auf 100 % erhöht. Konkrete Bemühungen in diese Richtung ab Ende 2006 sind jedoch weder behauptet noch ausgewiesen. Die Krebsdiagnose erfolgte erst im Oktober 2007. Die in der Beschwerdeschrift geltend gemachten Leiden - Schwindel, körperliche Schwäche und Unterbauchschmerzen - führten erst ab April 2007 zu Arbeitsunfähigkeit. Ein früherer medizinischer Nachweis ist nicht aktenkundig. Schliesslich ist nicht die wirtschaftliche Notwendigkeit des Ausmasses der Erwerbstätigkeit entscheidend, sondern inwieweit eine Erwerbstätigkeit bei den gegebenen Verhältnissen als überwiegend wahrscheinlich erscheint (Urteil I 160/02 vom 19. August 2002 E. 2.2).
4.3 Nach dem Gesagten ist die vorinstanzliche Annahme einer Erwerbstätigkeit von 55 % und einer Haushaltstätigkeit von 45 % im Ergebnis nicht zu beanstanden.
5.
Was die Ermittlung des Invaliditätsgrades im Rahmen der gemischten Methode anbelangt, erhebt die Beschwerdeführerin keine Rügen, sodass der vorinstanzliche Entscheid auch diesbezüglich zu bestätigen ist.
6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 15. Mai 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Scartazzini