Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_437/2012
Urteil vom 31. Mai 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Feller.
Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Y.________, Rechtsanwalt,
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland, Hermann Götz-Strasse 24, 8400 Winterthur.
Gegenstand
Gebühren (Verwaltungsgebühren für Akteneinsicht),
Beschwerde gegen den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 22. September 2010.
Erwägungen:
1.
Die X.________ AG (nachfolgend: Versicherungsgesellschaft) ist Motorfahrzeughaftpflichtversichererin eines wegen eines SVG-Delikts Angeschuldigten. Am 24. Februar 2010 stellte sie ein Gesuch um Akteneinsichtnahme. Nachdem sie eine Vollmacht ihres Versicherten, des im Strafverfahren Angeschuldigten, vorgelegt hatte, gab die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland dem Begehren am 30. Juni 2010 statt. Sie verlangte hierfür einen Betrag von Fr. 600.-- (Akteneinsichtsgebühr, Fotokopien, Zustellungskosten). Die Versicherungsgesellschaft erklärte sich bloss zur Entrichtung einer Gebühr von Fr. 100.-- bereit und verlangte andernfalls den Erlass einer anfechtbaren Verfügung. Die Staatsanwaltschaft verpflichtete die Versicherungsgesellschaft mit formeller Verfügung vom 15. Juli 2010, im Zusammenhang mit der Akteneinsicht vom 30. Juni 2010 den Betrag von Fr. 600.-- zu leisten; von der bereits geleisteten Zahlung eines Betrags von Fr. 100.-- nahm sie Vormerk.
Gegen diese Verfügung gelangte die Versicherungsgesellschaft am 26. Juli 2010 an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, welche die Sache zunächst zur Behandlung als Rekurs an die Justizdirektion des Kantons Zürich überwies. Diese trat ihrerseits am 9. September 2010 auf den Rekurs nicht ein und übermittelte die Sache wieder an die Oberstaatsanwaltschaft, welche angewiesen wurde, sie als Beschwerde im Sinne von § 206 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG) zu behandeln. Mit Entscheid vom 22. September 2010 wies die Oberstaatsanwaltschaft die Beschwerde ab. Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung gelangte die Versicherungsgesellschaft dagegen am 6. Oktober 2010 mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses trat mit Beschluss vom 9. Dezember 2010 auf die Beschwerde nicht ein; es überwies die Sache an das Bundesgericht zwecks Behandlung des gegen den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft erhobenen Rechtsmittels als Beschwerde in Strafsachen. Die Überweisung unterblieb in der Folge versehentlich. Erst auf Nachfrage der Versicherungsgesellschaft vom 4. Mai 2012 hin wurde das Verwaltungsgericht auf dieses Versehen aufmerksam. Es überwies nun die Beschwerdeschrift vom 6. Oktober 2010 mitsamt dem Beschwerdeentscheid der Oberstaatsanwaltschaft vom 22. September 2010 und seinen Akten an das Bundesgericht.
2.
2.1 Das Bundesgericht behandelt Beschwerden in Strafsachen (Art. 78 ff. BGG); ebenso behandelt es Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts (Art. 82 ff. BGG).
Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, es liege ein Rechtsstreit in einer Strafsache vor. Dazu beruft es sich auf den Grundsatz der Einheit des Verfahrens, wonach der Rechtsmittelweg für die Anfechtung aller in einem Verfahren ergehender Entscheidungen sich nach der Zuständigkeit in der Hauptsache richte; vorliegend gehe es um den Entscheid über das Akteneinsichtsgesuch in einem laufenden Strafverfahren; über die Gewährung diesbezüglicher Akteneinsicht sei das Strafprozessrecht massgeblich (zum Zeitpunkt, als das Verwaltungsgericht entschied, noch die kantonalzürcherische StPO), was auch auf die diesbezügliche Gebührenerhebung durchschlage, weil es nicht darauf ankommen könne, ob über die Gebühren zusammen mit der Verfügung über die Gewährung der Akteneinsicht oder mit separater Verfügung entschieden worden sei; gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid über eine entsprechende Gebührenerhebung stehe als bundesrechtliches Rechtsmittel die Beschwerde in Strafsachen zur Verfügung; der nach kantonalem Recht letztinstanzliche Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft sei direkt beim Bundesgericht anfechtbar, da angesichts von Art. 130 Abs. 1 BGG die Auflage eines oberen kantonalen Gerichts gemäss Art. 80 Abs. 2 BGG noch nicht greife.
2.2 Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind namentlich Entscheide über Verfahrenskosten auf dem gleichen Weg anzufechten wie der in demselben Verfahren ergehende Sachentscheid (vgl. BGE 134 V 138 E. 3 S. 144; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). Dass vorliegend darum ersucht wurde, Einblick in die Akten eines Strafverfahrens zu nehmen, lässt für sich allein den Rechtsstreit über die Akteneinsichtsgebühr nicht zu einem solchen in Strafsachen werden. Zwar hat die Beschwerdeführerin ihr Gesuch um Konsultation der Akten noch während der Hängigkeit des Strafverfahrens gestellt. Sie war aber nicht Beteiligte daran und hatte dort keine Parteistellung; ihr Anliegen als ausserhalb des Strafverfahrens Stehende ist nicht strafrechtlicher Natur. Das Bundesgericht hat im Urteil 1C_444, 1C_445 und 1C_482/2010 vom 14. Januar 2009 die grundsätzlich öffentlich-rechtliche Natur solcher Streitigkeiten festgestellt, wobei es die Frage nicht zu prüfen hatte, wie es sich verhielte, wenn schon während der Hängigkeit des Strafverfahrens um Einsichtnahme ersucht worden wäre (E. 2.1). Vorliegend aber war ohnehin, wie im Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft (E. 14 S. 5 oben) richtig erkannt, nicht das Recht auf Informationszugang im Streit, sondern allein die Höhe der für die Akteneinsicht verlangten Gebühr. Dabei waren, anders als bei strafprozessualen Kostenentscheiden, von vornherein auch keinerlei durch die Materie Strafrecht geprägte Überlegungen zum Ausgang des Strafverfahrens bzw. zum Obsiegen oder Unterliegen einer Partei anzustellen. Es liegt allein ein Streit über gebührenrechtliche Grundsätze vor. Gegen derartige Entscheide steht als Rechtsmittel ans Bundesgericht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (s. Urteil 2C_729/2008 vom 3. März 2009). Die Beschwerde in Strafsachen fällt ausser Betracht.
Der Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft kann indessen (anders noch das den Kanton Appenzell A.Rh. betreffende Urteil 2C_729/2008, s. dort E. 1.1) nicht unmittelbar ans Bundesgericht weitergezogen werden. Die Übergangsfrist von zwei Jahren seit Inkrafttreten des BGG (Art. 130 Abs. 3 BGG) hinsichtlich des Erfordernisses eines oberen kantonalen Gerichts gemäss Art. 86 Abs. 2 BGG lief am 1. Januar 2009 ab. Damit aber ist der Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft zunächst bei dem im Kanton Zürich für Streitsachen in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zuständigen oberen Gericht anzufechten; es handelt sich dabei um das Verwaltungsgericht (s. E. 1.4.1 des Nichteintretens- und Überweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2010).
2.3 Die Beschwerde vom 6. Oktober 2010 erweist sich in Berücksichtigung von Art. 86 Abs. 2 BGG als offensichtlich unzulässig, und es ist darauf nicht einzutreten. Das dessen Zuständigkeit angesichts der öffentlich-rechtlichen Natur der Streitsache feststeht, ist die Sache wieder an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen.
2.4 Unter den gegebenen Umständen ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Anlass für die Zusprechung einer Parteientschädigung besteht nicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Sache wird zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich übermittelt.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Mai 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Feller