Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_233/2012
Urteil vom 5. Juni 2012
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiberin Polla.
Verfahrensbeteiligte
K.________,
vertreten durch CAP Rechtsschutz, Laupenstrasse 27, 3008 Bern,
Beschwerdeführer,
gegen
beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, Lagerhausweg 10, 3018 Bern,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. Februar 2012.
Sachverhalt:
A.
Der 1949 geborene K.________ war als Gesellschafter und einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Firma X.________ GmbH tätig, bis M.________ als neuer Firmeninhaber das Arbeitsverhältnis auf den 31. Dezember 2010 kündigte. Mit Verfügung vom 27. Januar 2011 verneinte das beco Berner Wirtschaft einen Anspruch von K.________ auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Januar 2011, da der versicherte Verdienst weder die erforderliche Mindestgrenze erreiche noch ein Grund zur Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit vorliege. Daran hielt es auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 2. März 2011).
B.
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 22. Februar 2012 ab.
C.
K.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzüglich eines Verzugszinses von 5 % ab wann rechtens zuzusprechen.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 24 zu Art. 97 BGG).
2.
Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung setzt unter anderem voraus, dass die versicherte Person ganz oder teilweise arbeitslos ist (Art. 8 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 10 AVIG) und einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (Art. 8 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 11 AVIG). Der Arbeitsausfall ist gemäss Art. 11 Abs. 1 AVIG anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall zur Folge hat und mindestens zwei aufeinanderfolgende volle Arbeitstage dauert. Er gilt so lange nicht als anrechenbar, als freiwillige Leistungen des Arbeitgebers den durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Verdienstausfall decken (Art. 11a Abs. 1 AVIG) und den Höchstbetrag gemäss Art. 3. Abs. 2 AVIG übersteigen (Art. 11a Abs. 2 AVIG). Als freiwillige Leistungen des Arbeitgebers bei der Auflösung des privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnisses gelten sämtliche Leistungen, die nicht Lohn- oder Entschädigungsansprüche nach Art. 11 Abs. 3 AVIG darstellen (Art. 10a AVIV).
Gestützt auf die Delegationsnorm von Art. 23 Abs. 1 letzter Satz AVIG hat der Bundesrat sodann in Art. 40 AVIV festgelegt, dass der Verdienst nicht versichert ist, wenn er während des Bemessungszeitraumes monatlich 500 Franken nicht erreicht.
3.
Letztinstanzlich ist einzig streitig, ob die erhaltene Abgangsentschädigung von Fr. 16'000.- zum versicherten Verdienst hinzuzurechnen ist, wovon der Beschwerdeführer ausgeht. Nicht streitig ist hingegen, dass der Verdienst des Beschwerdeführers ohne die Berücksichtigung des Betrages von Fr. 16'000.- mit einer von Vorinstanz und Verwaltung errechneten Summe von Fr. 333.- nicht versichert ist.
3.1 Die Berechnung des versicherten Verdienstes kann vorliegend nicht losgelöst von der Frage der Anrechenbarkeit eines Arbeitsausfalls bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Die diesbezügliche Rechtsprechung zu Art. 11 Abs. 3 AVIG, wonach freiwillige Abgangsentschädigungen ohne Vorsorgecharakter praxisgemäss unabhängig von ihrer AHV-rechtlichen Qualifizierung für die Arbeitslosenversicherung unberücksichtigt bleiben und somit keinen Einfluss auf Beginn und Höhe der Arbeitslosenentschädigung haben (BGE 126 V 390; Urteil C 245/05 vom 17. November 2005 E. 2.2), ist insofern überholt, als der seit 1. Juli 2003 in Kraft stehende Art. 11a AVIG einen gesetzlichen Grenzbetrag für die Berücksichtigung der freiwilligen Arbeitgeberleistung bei der Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalls festlegt und nur die darunter liegenden Leistungen unberücksichtigt bleiben (vgl. Boris Rubin, Assurance-chômage, 2. Aufl. 2006, S. 165). Der Gesetzgeber führte diese Regelung ein, weil es als stossend empfunden wurde, dass Versicherte, die ausserordentlich hohe Leistungen von ihrem ehemaligen Arbeitgeber beziehen, vom ersten Tag an Arbeitslosenentschädigung erhalten (Botschaft zu einem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 28. Februar 2001, BBl 2001 II 2245 ff.; Urteile 8C_568/2007 vom 19. Juni 2008 E. 3.4 und 4A_670/2010 vom 4. April 2011 E. 5.3), eine volle Anrechnung freiwilliger Leistungen an die Taggelder der Arbeitslosenversicherung aber dazu führen würde, dass in Sozialplänen keine Abgangsentschädigungen mehr vorgesehen würden (Amtl. Bull. 2001 S. 395). Der Arbeitsausfall gilt daher nicht als anrechenbar, wenn freiwillige, über den Höchstbetrag von Fr. 126'000.- (Art. 22 UVV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 AVIG) hinaus erbrachte Leistungen des Arbeitgebers den durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Verdienstausfall decken (Art. 11a AVIG). Die Berufung des Beschwerdeführers auf die Rechtsprechung gemäss BGE 126 V 390 geht somit fehl.
3.2 Bei der Arbeitgeberleistung in der Höhe von Fr. 16'000.- handelt es sich unbestrittenermassen um eine bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses freiwillig ausgerichtete Abfindung nach Art. 11a AVIG. Da sie den gesetzlich festgelegten Grenzwert von Fr. 126'000.- nicht überschreitet, bleibt sie hinsichtlich des anrechenbaren Arbeitsausfalls unberücksichtigt und bewirkt keinen Aufschub der Leistungsberechtigung. Ein Zusammenhang mit der hier streitigen Höhe des versicherten Verdienstes besteht nun darin, dass bei der Berechnung des versicherten Verdienstes nach Art. 37 AVIV einzig solche Leistungen miteinbezogen werden, die nach Art. 11a AVIG berücksichtigte freiwillige Leistungen des Arbeitgebers darstellen (Art. 10g AVIV; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2291 Rz. 375 und Boris Rubin, a. a. O. S. 166). Weil die Abfindungssumme von Fr. 16'000.- nach dem Gesagten die Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalls nicht im Sinne eines Leistungsaufschubs beeinflusst, wirkt sie sich - im Umkehrschluss - ebenso wenig auf die Höhe des versicherten Verdienstes aus. Damit unterschreitet der vorinstanzlich errechnete Verdienst des Beschwerdeführers in der Höhe von monatlich Fr. 333.33 die Mindestgrenze und ist nicht versichert, was die Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung zur Folge hat.
4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. Juni 2012
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Ursprung
Die Gerichtsschreiberin: Polla