Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_382/2012
Urteil vom 25. Juni 2012
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Jau,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 19. April 2012.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 25. Januar 2010 verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen den Anspruch von A.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung.
B.
In Gutheissung der Beschwerde des A.________ hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 19. April 2012 die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zur Abklärung des Sachverhalts im Sinne der Erwägungen und zur anschliessenden neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück.
C.
Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 19. April 2012 sei aufzuheben.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid spricht dem Beschwerdegegner ungeachtet des Ergebnisses der von der Vorinstanz als notwendig erachteten Abklärungen im Zusammenhang mit der Hüftoperation vom 15. April 2009 ab 1. Februar 2005 bis mindestens Ende Oktober 2009 eine Invalidenrente zu. Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt dies als bundesrechtswidrig (Art. 95 lit. a BGG), wozu sie berechtigt ist (Art. 89 Abs. 1 BGG sowie Art. 91 lit. a und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. BGE 135 V 141).
2.
Die Vorinstanz hat bei der Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 2 IVG) bei dem auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (vgl. dazu BGE 124 V 321) ermittelten Invalideneinkommen einen Abzug vom Tabellenlohn im Sinne von BGE 126 V 75 von 10 % vorgenommen. Nach Auffassung der IV-Stelle rechtfertigt sich kein solcher Abzug.
3.
3.1 Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (Urteil 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 E. 4 in fine, nicht publiziert in BGE 135 V 297). Dagegen ist die Höhe des (im konkreten Fall grundsätzlich angezeigten) Abzuges eine Ermessensfrage und daher letztinstanzlich nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung korrigierbar (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 39; Urteil 9C_481/2011 vom 30.September 2011 E. 3.2).
3.2
3.2.1 Die IV-Stelle weist richtig auf die Rechtsprechung hin, wonach der Umstand, dass ein grundsätzlich vollzeitlich arbeitsfähiger Versicherter gesundheitlich bedingt lediglich reduziert leistungsfähig ist, keinen Abzug vom Tabellenlohn rechtfertigt (Urteile 8C_20/2012 vom 4. April 2012 E. 3.2 und 9C_481/2011 vom 30. September 2011 E. 3.1.2 mit zahlreichen Hinweisen). Ein solcher Sachverhalt ist hier indessen nicht gegeben: Die Vorinstanz ist zwar nur sinngemäss, aber doch im Sinne einer Feststellung nicht offensichtlich unrichtig und somit für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) davon ausgegangen, der Beschwerdegegner habe ab dem 1. Februar 2005 bis zu einem noch genau zu bestimmenden Zeitpunkt vor der Hüftoperation im April 2009 aus gesundheitlichen Gründen nur noch teilzeitlich bei einem Beschäftigungsgrad von 70 % eine leidensadaptierte Tätigkeit ausüben können. Dies rechtfertigt praxisgemäss einen Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei Männern statistisch gesehen Teilzeitarbeit vergleichsweise weniger gut entlöhnt wird als eine Vollzeittätigkeit (SVR 2010 IV Nr. 28 S. 87, 9C_708/2009 E. 2.1.1 mit Hinweisen; Urteil 9C_653/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 4.4).
3.2.2 In Bezug auf die Höhe des Abzugs bringt die IV-Stelle ebenfalls insoweit richtig vor, dass die weiteren von der Vorinstanz angeführten Umstände (fehlende Flexibilität quantitativer und qualitativer Art, Gefahr überproportionaler Krankheitsabsenzen) grundsätzlich nicht als abzugsrelevant anerkannt werden können (vgl. SVR 2010 IV Nr. 28 S. 87, 9C_708/2009 E. 2.3.3). Zu beachten ist indessen, dass gemäss den einschlägigen Tabellen der durchschnittliche Lohn bei einer vom Anforderungsprofil und den beruflichen Voraussetzungen in Betracht fallenden Teilzeittätigkeit von 70 % verglichen mit dem Verdienst bei einem Vollzeitpensum rund 9 % tiefer ist (SVR 2011 IV Nr. 37 S. 109, 9C_ 721/2010 E. 4.2.2.2; vgl. auch Urteil 9C_126/2011 vom 8. Juli 2011 E. 5.2). Im Weitern sind dem Beschwerdegegner zwar körperlich leichte, wechselbelastende, vorwiegend eher sitzende Tätigkeiten zu 70 % zumutbar. Er leidet jedoch an Schwerhörigkeit, wahrscheinlich bedingt durch langjährige Lärmbelastung am Arbeitsplatz, was gegenüber gesunden Arbeitnehmern doch eher ein Nachteil sein dürfte. Insgesamt kann die vorinstanzliche Kürzung des Tabellenlohnes um 10 % - jedenfalls im Ergebnis - nicht als rechtsfehlerhaft (ermessensmissbräuchlich; vorne E. 3.1) bezeichnet werden.
3.3 Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung ist weiter nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. Juni 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Fessler