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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4A_147/2012
Urteil vom 2. Juli 2012
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokatin Elisabeth Maier,
Beschwerdeführer,
gegen
Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Krankentaggeld; Rechtsverweigerung,
Beschwerde gegen die Ablehnung des Gesuchs um Ausfertigung eines Nichteintretensentscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 1. März 2012.
Sachverhalt:
A.
Die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) richtete X.________ (Beschwerdeführer), der bei ihr krankentaggeldversichert war, ab dem 24. Juni 2009 Krankentaggeld aus. Per 9. Mai 2009 stellte sie die Taggeldzahlungen ein, da der Beschwerdeführer spätestens ab diesem Zeitpunkt seine volle Arbeitsfähigkeit wieder erlangt habe.
B.
Am 18. April 2011 liess der Beschwerdeführer ein Schlichtungsbegehren gemäss Art. 202 ZPO stellen und verlangte im Wesentlichen im Rahmen einer Teilklage Fr. 27'925.-- nebst Zins. Der Instruktionsrichter des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau wies den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Juni 2011 darauf hin, das Versicherungsgericht habe in einem Grundsatzentscheid beschlossen, in verfahrensrechtlicher Hinsicht die eidgenössische Zivilprozessordnung nur sinngemäss zur Anwendung zu bringen ohne vorgängiges Schlichtungsverfahren. Er setzte ihm eine Frist an zur Einreichung einer vollständigen Klage. Mit Beschwerde vom 28. Juni 2011 beantragte der Beschwerdeführer dem Versicherungsgericht, es sei der Nichteintretensentscheid der Schlichtungsstelle des Versicherungsgerichts aufzuheben und diese anzuweisen, ein Schlichtungsverfahren gemäss Art. 197 ff. ZPO durchzuführen. Das Versicherungsgericht verwies mit Beschluss vom 24. Januar 2012 auf seinen bereits im Schreiben des Instruktionsrichters vom 8. Juni 2011 angesprochenen Grundsatzentscheid vom 1. März 2011, dessen Erwägungen es zitierte und an dem es festhielt. Es erkannte, beim Schreiben vom 8. Juni 2011 handle es sich nicht um einen Nichteintretensentscheid der Schlichtungsbehörde, sondern um eine rein instruktionsrichterliche Anordnung im Rahmen des vom Beschwerdeführer eingeleiteten Klageverfahrens. Gegen derartige prozessleitende Zwischenentscheide stehe kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung. Als Rechtsmittel wäre vielmehr eine Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zu ergreifen. Aus diesem Grund trat das Versicherungsgericht auf die Beschwerde nicht ein.
C.
Mit Eingabe vom 8. Februar 2012 verwies der Beschwerdeführer auf das Schlichtungsgesuch vom 18. April 2011 und verlangte einen Nichteintretensentscheid samt Rechtsmittelbelehrung. Mit Schreiben vom 1. März 2012 verwies die Präsidentin des Versicherungsgerichts erneut auf den ergangenen Grundsatzentscheid und erläuterte, da kein Schlichtungsversuch durchzuführen sei, bestehe kein Anlass, die vom kantonalen Gesetzgeber vorgesehene Schlichtungsbehörde (ein Mitglied des Versicherungsgerichts) zu installieren. Da keine Schlichtungsstelle existiere, könne auch kein Nichteintretensentscheid ergehen. Sodann wies die Präsidentin des Versicherungsgerichts darauf hin, gegen die Ablehnung der Ausfertigung eines Nichteintretensentscheides stehe kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung, eine allfällige Rechtsverweigerungsbeschwerde an das Bundesgericht bleibe aber vorbehalten.
D.
Mit "Rechtsverweigerungsbeschwerde in Zivilsachen" vom 13. März 2012 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, die Vorinstanz sei anzuweisen, sein Schlichtungsgesuch vom 18. April 2011 an die Hand zu nehmen. Mit Eingabe vom 23. März 2012 reicht der Beschwerdeführer eine Verfügung des Versicherungsgerichts vom 20. März 2012 ein, wonach das Klageverfahren bis zum Entscheid des Bundesgerichts sistiert wird. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, während das Versicherungsgericht auf Vernehmlassung verzichtet und statt dessen auf seinen Beschluss vom 1. März 2011 verweist, gemäss welchem sich das Verfahren in Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sinngemäss nach den Vorschriften der Eidgenössischen Zivilprozessordnung über das vereinfachte Verfahren (Art. 243 ff. ZPO) richtet, jedoch ohne vorgängigen Schlichtungsversuch. Obwohl kein weiterer Schriftenwechsel angeordnet wurde, hat der Beschwerdeführer Bemerkungen zur Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin eingereicht.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3, 329 E. 1 S. 331; je mit Hinweisen).
1.1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen. Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Davon ausgenommen sind unter anderem die Fälle, in denen ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht (Art. 75 BGG). Nach Art. 7 ZPO können die Kantone ein Gericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung zuständig ist. Gemäss § 14 des Einführungsgesetzes des Kantons Aargau zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EG ZPO/AG) vom 23. März 2010 (SAR 221.200) entscheidet das Versicherungsgericht als einzige kantonale Instanz über Streitigkeiten gemäss Art. 7 ZPO. Damit ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig (Art. 74 Abs. 2 lit b BGG).
1.2 Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist grundsätzlich innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG). Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren Entscheids kann nach Art. 94 i.V.m. Art. 100 Abs. 7 BGG jederzeit Beschwerde geführt werden. Art. 94 BGG hat die Untätigkeit einer Behörde zum Gegenstand (die Weigerung, einen Entscheid zu fällen oder die ungebührliche Verzögerung eines Entscheids im eigentlichen Sinn), weshalb ein eigentliches Beschwerdeobjekt gar nicht vorliegt. Vielmehr bleibt die Behörde stillschweigend untätig oder lehnt es ausdrücklich ab, innerhalb einer angemessenen Frist einen Entscheid zu fällen. Wenn sich Letzteres allerdings aus einem formellen Entscheid ergibt, liegt keine Rechtsverweigerung oder -verzögerung im Sinne dieser Bestimmung vor, sondern ein anfechtbarer Entscheid gemäss Art. 91 ff. BGG. Die Unterscheidung ist wichtig, weil davon die Einhaltung der Beschwerdefrist (vgl. Art. 100 BGG) abhängen kann (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4334 Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 89 E-BGG; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1C_433/2008 vom 16. März 2009 E. 1.4).
1.3 Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 8. Juni 2011 darauf hingewiesen, dass gemäss ihrem Grundsatzentscheid kein vorgängiges Schlichtungsverfahren stattfinde, und eine Frist zur Einreichung einer vollständigen Klage angesetzt. Ob der Beschwerdeführer bereits gegen dieses Schreiben beim Bundesgericht hätte Beschwerde führen können beziehungsweise müssen, kann offen bleiben, da das Schreiben keine Rechtsmittelbelehrung enthält (vgl. Art. 49 BGG). Der Beschwerdeführer hat indessen kantonale Beschwerde ergriffen, worauf die Vorinstanz im Beschluss vom 24. Januar 2012 nochmals ihre Auffassung darlegte, es sei keine Schlichtungsverhandlung durchzuführen. Dieser Beschluss enthält eine Rechtsmittelbelehrung für den Weiterzug an das Bundesgericht mit Hinweis auf die Rechtsmittelfrist. Die Vorinstanz ist mithin nicht einfach untätig geblieben, sondern sie bekundete in einem formellen, anfechtbaren Entscheid, dass es in Verfahren betreffend Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung keine Schlichtungsverhandlung gebe, weshalb dem klägerischen Begehren auf Durchführung einer solchen nicht entsprochen werden könne. Insoweit liegt keine Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 94 und Art. 100 Abs. 7 BGG vor.
1.4 Da sich die vom Beschwerdeführer beanstandete Rechtsverweigerung aus dem Beschluss vom 24. Januar 2012, einem formellen, anfechtbaren Entscheid, ergibt, kommt Art. 100 Abs. 7 BGG nicht zum Tragen und bilden weder Untätigkeit der Vorinstanz (Art. 94 BGG) noch deren Schreiben vom 1. März 2012 taugliche "Beschwerdeobjekte" für die gerügte Rechtsverweigerung. Statt mit Blick auf das Schlichtungsgesuch vom 18. April 2011 Rechtsverweigerungsbeschwerde (Art. 94 BGG) zu erheben, hätte der Beschwerdeführer den Beschluss vom 24. Januar 2012 anfechten müssen.
1.5 Der Beschluss vom 24. Januar 2012 wurde gemäss der in den Akten liegenden Empfangsbestätigung dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einen Tag nach seiner Eingabe vom 8. Februar 2012 am 9. Februar 2012 zugestellt. Die 30-tägige Frist zur Einreichung der Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) begann mithin am Freitag, den 10. Februar 2012, zu laufen (Art. 44 Abs. 1 BGG) und verlängerte sich infolge des Wochenendes vom 10./11. März 2012 bis Montag, den 12. März 2012, (Art. 45 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde datiert vom 13. März 2012 und wurde auch an diesem Tag der Post übergeben (Art. 48 Abs. 1 BGG). Damit ist die Frist von 30 Tagen zur Anfechtung des Beschlusses vom 24. Januar 2012 nicht eingehalten. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers annehmen wollte, seine Beschwerde richte sich sinngemäss gegen den Beschluss vom 24. Januar 2012, wäre zufolge Verspätung nicht darauf einzutreten.
2.
Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Da die Beschwerdegegnerin nicht anwaltlich vertreten ist und die Vernehmlassung nicht mit einem besonderen Aufwand verbunden war, steht ihr keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Prozesskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. Juli 2012
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Luczak