Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_394/2012
Urteil vom 18. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
R._________, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Peter Stadler,
Beschwerdeführerin,
gegen
Pensionskasse des Bundes PUBLICA, Eigerstrasse 57, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge (Invalidenleistungen),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. April 2012.
Sachverhalt:
A.
R._________ arbeitete bis Ende November 2000 bei der Firma I.________ AG, seit ... in einem 30 %-Pensum. Ab 1. Januar 2001 war sie bei der Anstalt M.________ mit einem Pensum von 40 % bzw. 50 % ab 1. Oktober 2001 angestellt. In dieser Eigenschaft war sie bei der Pensionskasse des Bundes PKB (seit 1. Juni 2003: Pensionskasse des Bundes PUBLICA) berufsvorsorgeversichert. Mit Verfügungen vom 13. Oktober 2004 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Zürich ab 1. Januar bis 30. September 2002 eine halbe Rente, vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004 eine ganze und ab 1. April 2004 wiederum eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Ihr Gesuch um Ausrichtung von Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge lehnte die Pensionskasse des Bundes PUBLICA ab.
B.
Die Klage der R._________ mit dem Rechtsbegehren, die PUBLICA sei zu verpflichten, ihr ab 1. Mai 2005 aufgrund der massgeblichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der Rentenfestsetzungen durch die Invalidenversicherung eine Invalidenrente auszurichten, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 18. April 2012 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt R._________ die vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern; eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen und zur Neubeurteilung an das kantonale Sozialversicherungsgericht oder an die Pensionskasse des Bundes PUBLICA zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
1.2 Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art. 97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen. (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254 f.). Auf bloss appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung tritt es nicht ein (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356; Urteil 9C_294/2012 vom 7. Mai 2012 E. 3.1).
2.
Die Vorinstanz hat zum streitigen Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, die zur Invalidität geführt hat (aArt. 23 BVG [seit 1. Januar 2005: Art. 23 lit. a BVG]), festgestellt, aufgrund der eindeutigen und klaren Aktenlage sei die Multiple Sklerose bereits 1996/97 ausgebrochen. Die Arbeitsunfähigkeit sei arbeitsrechtlich deutlich zutage getreten durch die aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Pensenreduktionen (100 % auf 80 % zum ..., 80 % auf 30 % zum ...). Die Klägerin habe ihr Arbeitspensum reduziert, weil sie im Umfang der Reduktionen arbeitsunfähig gewesen sei. Die nach Art. 23 BVG relevante Arbeitsunfähigkeit (Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf von mindestens 20 %; Urteil 9C_876/2011 vom 7. Mai 2012 E. 2.1 mit Hinweisen) sei somit eingetreten, als sie noch nicht bei der beklagten Vorsorgeeinrichtung versichert gewesen sei.
3.
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, das Arbeitspensum an der früheren Stelle aus gesundheitlichen Gründen reduziert zu haben. Sie bestreitet jedoch, dass damit die gesundheitliche Beeinträchtigung auch arbeitsrechtlich in Erscheinung getreten war. Die Pensenreduktionen seien dem Arbeitgeber gegenüber nicht als gesundheitlich bedingt begründet und von diesem auch nicht als gesundheitlich bedingt erkannt worden. Ebenfalls fehle ein echtzeitlicher Beleg für eine gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit.
3.1
3.1.1 Die Rechtsprechung verlangt nicht zwingend eine echtzeitlich ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit zum rechtsgenüglichen Nachweis einer berufsvorsorgerechtlich relevanten Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen (vgl. Urteile 9C_96/2008 vom 11. Juni 2008 E. 3.2.2 und B 152/06 vom 11. Februar 2008 E. 6.3). Die Beschwerdeführerin behauptet zu Recht nichts anderes. Immerhin reichen nachträgliche Annahmen und spekulative Überlegungen, wie etwa eine erst nach Jahren rückwirkend festgelegte medizinisch-theoretische Arbeitsunfähigkeit nicht aus (Urteil 9C_368/2008 vom 11. September 2008 E. 2 mit Hinweisen). Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss sich auf das Arbeitsverhältnis sinnfällig auswirken oder ausgewirkt haben; die Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen muss mit anderen Worten arbeitsrechtlich in Erscheinung getreten sein, etwa durch einen Abfall der Leistungen mit entsprechender Feststellung oder gar Ermahnung des Arbeitgebers oder durch gehäufte aus dem Rahmen fallende gesundheitlich bedingte Arbeitsausfälle (SVR 2008 BVG Nr. 34 S. 143, 9C_127/2008 E. 2.3; SVR 2008 IV Nr. 11 S. 32, I 687/06 E. 5.1; Urteil 9C_362/2012 vom 6. Juni 2012 E. 5.2.1 mit Hinweis). Nur bei Vorliegen besonderer Umstände darf die Möglichkeit einer von der arbeitsrechtlich zu Tage getretenen Situation abweichenden Lage in Betracht gezogen werden, etwa in dem Sinne, dass ein Arbeitnehmer zwar zur Erbringung einer vollen Arbeitsleistung verpflichtet war und auch entsprechend entlöhnt wurde, tatsächlich aber doch keine volle Arbeitsleistung erbringen konnte (SVR 2008 BVG Nr. 31 S. 126, 9C_182/2007 E. 4.1.3: Urteil 9C_81/2010 vom 16. Juni 2010 E. 2.1).
3.1.2 Eine Reduktion des Arbeitspensums aus gesundheitlichen Gründen ist ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 27/00 vom 10. Oktober 2001 E. 5), genügt allein in der Regel jedoch nicht für den Nachweis einer funktionellen Leistungseinbusse. Dies gilt insbesondere, wenn die Reduktion aus einem subjektiven Krankheitsgefühl heraus erfolgt oder wenn konkurrierende Gründe bestehen, wie mehr Zeit für bestimmte (Freizeit-)Aktivitäten zu haben oder eine berufsbegleitende Weiterausbildung zu absolvieren (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 34/05 vom 8. Juni 2006 E. 3.2). Es braucht grundsätzlich eine echtzeitliche ärztliche Bestätigung, dass die Pensenreduktion gesundheitlich bedingt notwendig ist (Urteil 9C_368/2008 vom 11. September 2008 E. 3.1 und 4.3; vgl. auch BGE 129 V 150 E. 1 und 3 S. 151 ff.), u.a. wenn die weitere Verrichtung der Berufsarbeit nur unter der Gefahr der Verschlimmerung des Gesundheitszustandes möglich ist (BGE 130 V 343 E. 3.1 S. 345; Urteil 9C_452/2010 vom 6. Oktober 2010 E. 4.1 f.). Davon kann nur abgesehen werden, wenn aufgrund anderer Umstände, etwa krankheitsbedingte Absenzen vor der Arbeitszeitreduktion, davon auszugehen ist, dass dieser Schritt auch objektiv betrachtet aus gesundheitlichen Gründen erfolgt und insoweit eine arbeitsrechtlich in Erscheinung getretene (sinnfällige) Leistungseinbusse zu bejahen ist (Urteil 9C_340/2010 vom 23. November 2010 E. 5.2.2).
Die dargelegten Grundsätze sind formuliert worden im Hinblick auf den Nachweis, dass bei der leistungsansprechenden Person während der Dauer eines bestimmten Vorsorgeverhältnisses eine im Sinne von Art. 23 lit. a BVG relevante Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Sie gelten auch, wenn eine Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungspflicht mit der Begründung verneinen will, die Arbeitsfähigkeit sei bereits während des vorherigen Arbeitsverhältnisses - und ohne wesentliche Unterbrechung (BGE 134 V 20 E. 3.2 S. 22) - bis zum Beginn der Versicherungsdeckung (vgl. dazu Urteil 9C_359/2008 vom 19. Dezember 2008 E. 3.2.1) gesundheitlich bedingt eingeschränkt gewesen (vgl. Urteil 9C_876/2011 vom 7. Mai 2012 E. 2.2). Eine diesbezügliche Beweislosigkeit geht indessen zu Lasten der Vorsorgeeinrichtung (Art. 8 ZGB; BGE 127 III 519 E. 2a S. 521; 117 V 261 E. 3b S. 264).
3.2
3.2.1 Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin an der alten Stelle ihr Arbeitspensum von 100 % reduziert hatte, und zwar auf 80 % ab ... bzw. 30 % ab ... . Nach ihren Angaben waren gesundheitliche Gründe dafür verantwortlich. Eine Bestätigung, dass es sich dabei um eine aus ärztlicher Sicht notwendige Massnahme handelte, liegt nicht vor, ebenso nicht eine (echtzeitlich) attestierte Arbeitsunfähigkeit im Ausmass der Pensenreduktionen. In seinem Bericht vom 17. Januar 2003 gab der Hausarzt der Beschwerdeführerin an, es bestünden seit 1996 belastungsbedingte Beinbeschwerden rechts und Knieschmerzen; seit 1998 ca. klage sie unspezifisch über vermehrte Ermüdbarkeit. Im Schreiben vom 16. Juni 2003 an die kantonale IV-Stelle erwähnte die Beschwerdeführerin Probleme mit dem Gleichgewicht und Kraftlosigkeit, die sie erst im Juni 1999 habe orthopädisch untersuchen lassen (vgl. zur Symptomatik und zum Verlauf einer Multiplen Sklerose Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 1348 ff.). Nach Auskunft des damaligen Arbeitgebers hatte es im Zeitraum von 1998 bis 2000 keine krankheitsbedingte Absenzen gegeben; von einem Gesundheitsschaden war nichts bekannt.
3.2.2 Aus diesen Verumständungen zu schliessen, die nach Art. 23 BVG relevante Arbeitsunfähigkeit sei bereits vor Beginn der Versicherung frühestens am 1. Januar 2001 bei der beklagten Vorsorgeeinrichtung eingetreten, wie es die Vorinstanz getan hat, stellt keine unhaltbare Beweiswürdigung dar. Besonderes Gewicht ist der Tatsache beizumessen, dass die in zwei Schritten erfolgte Reduktion des Arbeitspensums von 100 % auf 30 % massiv war, wobei keine anderen als gesundheitliche Gründe dafür namhaft gemacht werden. Es kommt dazu, dass die erstmals im August 2001 fachärztlich diagnostizierte Multiple Sklerose unbestrittenermassen schon 1996/97 ausgebrochen war, der Hausarzt damals gesundheitliche Beeinträchtigungen (Beinbeschwerden, Knieschmerzen, vermehrte Ermüdbarkeit) festgestellt und die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben Probleme mit dem Gleichgewicht hatte und Kraftlosigkeit verspürte. Demgegenüber ist es nicht willkürlich, dass die Vorinstanz das Fehlen einer echtzeitlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie krankheitsbedingter Absenzen und anderer arbeitsrechtlich in Erscheinung getretener Umstände oder vom Arbeitgeber bemerkter Vorkommnisse, die zumindest auf gesundheitliche Probleme hinweisen konnten, nicht entscheidende Bedeutung beigemessen hat.
3.3 Die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin kann auch nicht damit begründet werden, die Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers existiere nicht mehr und die Nachfolgefirma sei einer Sammelstiftung angeschlossen (vgl. BGE 123 V 262 E. 3c S. 268). Ob eine andere Vorsorgeeinrichtung Invalidenleistungen schuldet oder solche allenfalls vom Sicherheitsfonds zu erbringen sind, ist im Übrigen nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Beschwerde ist somit unbegründet.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 18. Juli 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Fessler