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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_847/2011
Urteil vom 21. August 2012
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys,
nebenamtlicher Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber C. Monn.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Jean-Yves Zufferey,
Beschwerdeführer,
gegen
Polizeigericht Oberems, 3948 Oberems,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verletzung von Verkehrsregeln,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung,
vom 21. November 2011.
Sachverhalt:
A.
In Oberems zweigt von der Turtmanntalstrasse eine Strasse ab, die zum Tunnel eines Kraftwerks führt. Sie verläuft anfangs auf dem Grundeigentum der Gemeinde Oberems, danach auf einer Parzelle der Kraftwerkbetreiberin, wo sie auf dem Wendeplatz vor dem Tunneleingang als Sackgasse endet.
Kurz nach der Abzweigung steht am rechten Strassenrand das Signal "Verbot für Motorwagen und Motorräder" (Signal Nr. 2.13 des Anhangs 2 zur Strassensignalisationsverordnung vom 5. September 1979, Art. 19 Abs. 2 SSV; SR 741.21). Dem Signal ist eine Zusatztafel beigefügt, wonach für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen am Automaten gebührenpflichtige Tagesbewilligungen gelöst werden können, während man für Jahresbewilligungen und Fahrzeuge über 3,5 Tonnen an das Gemeindebüro gelangen muss. Neben dem Signal befindet sich ein Automat, auf dem die Tarifordnung ersichtlich ist.
B.
X.________ löste am 12. September 2009 am Automaten für Fr. 5.-- eine Tagesbewilligung. Er fuhr bis zum Wendeplatz und parkierte dort sein Fahrzeug. In der Folge begab er sich für mehrere Tage auf die Jagd. Am 21. September 2009 sah ein Ordnungshüter der Gemeinde Oberems, dass das Fahrzeug auf dem Wendeplatz stand und hinter der Windschutzscheibe nur die Tagesbewilligung vom 12. September 2009 lag, weshalb er einen Bussenzettel über Fr. 100.-- ausstellte.
Das Polizeigericht Oberems bestätigte die Busse am 8. November 2010. Eine dagegen gerichtete Berufung wies der Richter der Bezirke Leuk und Westlich-Raron am 1. Juli 2011 ab. Dagegen reichte X.________ erneut Berufung ein. Das Kantonsgericht des Kantons Wallis hob das Urteil des Bezirksrichters am 21. November 2011 auf, weil dieser nicht zuständig gewesen sei, und bestätigte in Abweisung der Berufung die durch das Polizeigericht ausgefällte Busse.
C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen gegen das kantonsgerichtliche Urteil mit dem Antrag, er sei freizusprechen und die Busse sei zu annullieren.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil er sich nicht zur rechtlichen Interpretation seines Verhaltens durch die Vorinstanz habe äussern können (vgl. Beschwerde S. 4). Indessen stimmen die Begründungen der Urteile des Bezirksrichters von Leuk und Westlich-Raron und des Kantonsgerichts im Wesentlichen überein (vgl. Urteil vom 1. Juli 2011 und angefochtenen Entscheid, je S. 7/8). Es trifft deshalb nicht zu, dass der Beschwerdeführer durch die Argumentation der Vorinstanz überrascht worden wäre, so dass er sich in der zweiten Berufung dazu nicht hätte äussern können. Er hat dies denn auch getan (vgl. angefochtenen Entscheid S. 5). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer hält dafür, auf dem fraglichen Wendeplatz sei das Strassenverkehrsgesetz nicht anwendbar (Beschwerde S. 4).
2.2 Das Strassenverkehrsgesetz ordnet den Verkehr auf den öffentlichen Strassen (Art. 1 Abs. 1 SVG). Strassen sind die von Motorfahrzeugen, motorlosen Fahrzeugen oder Fussgängern benützten Verkehrsflächen, und öffentlich sind sie, wenn sie nicht ausschliesslich privatem Gebrauch dienen (Art. 1 Abs. 1 und 2 VRV). Massgeblich ist dabei nicht, ob die Strasse in privatem oder öffentlichem Eigentum steht, sondern ob sie dem allgemeinen Verkehr dient. Dies trifft zu, wenn sie einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung steht, selbst wenn die Benutzung nach Art oder Zweck eingeschränkt ist (BGE 104 IV 105 E. 3).
2.3 Die Vorinstanz führt aus, die fragliche Strasse stehe einem unbestimmbaren Personenkreis zur Verfügung. Sie sei eine Verkehrsfläche, die dem allgemeinen Verkehr diene und zu der auch der Wendeplatz gehöre, zumal es sich um eine Sackgasse handle und der Platz nicht durch eine Vorrichtung der öffentlichen Benützung entzogen sei (angefochtener Entscheid S. 7).
2.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, es handle sich um eine Forststrasse, die nur theoretisch einer unbestimmten Zahl von Benützern zugänglich sei. In der Praxis sei die Strasse wenig frequentiert. Sie sei nicht durchgehend, weil sie zu einem Tunnel führe, welcher der Kraftwerkbetreiberin gehöre und sich nur mit einem Schlüssel öffnen lasse. Sie werde von einer bestimmten Personenzahl benutzt, namentlich von Jägern im Herbst, von Gemeindearbeitern zum Unterhalt, von anliegenden Grundeigentümern, von den Angestellten der Kraftwerkbetreiberin und von einigen Spaziergängern, die bereit seien, die Gebühr zu bezahlen. Die Strasse stelle keine unverzichtbare Verkehrsverbindung des regionalen Strassennetzes dar (Beschwerde S. 5).
2.5 Nur schon die vom Beschwerdeführer erwähnten Jäger, Gemeindearbeiter, Grundeigentümer, Angestellten und Spaziergänger bilden einen unbestimmten Personenkreis. Auch der Beschwerdeführer hat sein Fahrzeug während mehrerer Tage auf dem Wendeplatz abgestellt. Dadurch widerspricht er mit seinem Verhalten der eigenen Argumentation. Es bleibt unerfindlich, weshalb das Strassenverkehrsgesetz nicht gelten soll. Beim Wendeplatz handelt es sich auch nicht um eine Verkehrsfläche, die gemäss Art. 5 Abs. 2 SVG keiner besonderen Kennzeichnung bedarf, weil sie offensichtlich privater Benützung oder besonderen Zwecken vorbehalten ist. Der Sachverhalt von BGE 109 IV 131, auf den sich der Beschwerdeführer bezieht (Beschwerde S. 4 f.), ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.
3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Fahrzeug sei stillgestanden am Tag, als die Busse ausgestellt wurde. Für den Tag der Rückfahrt habe er sich von einem anderen Jäger eine Tagesbewilligung bringen lassen. Diese habe er weggeworfen, nachdem er die gebührenpflichtige Strasse verlassen habe (Beschwerde S. 4). Damit stellt sich der Beschwerdeführer sinngemäss auf den Standpunkt, man benötige nur eine Bewilligung, wenn das Fahrzeug auf der fraglichen Verkehrsfläche bewegt wird.
3.2
3.2.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verbietet ein Fahrverbotssignal ohne Zusatztafel nicht nur das Befahren der Strasse, sondern auch das freiwillige Halten und Parkieren. Die Zusatztafel erlaubt das Befahren der Strasse im Sinne einer Ausnahme vom signalisierten Fahrverbot unter den genannten Voraussetzungen. Überdies gestattet sie im Sinne einer Ausnahme von dem sich aus dem Fahrverbotssignal ergebenden Halte- und Parkverbot ein freiwilliges Halten oder allenfalls sogar Parkieren unter den genannten Voraussetzungen (etwa "Güterumschlag gestattet" oder "Ein- und Aussteigenlassen" oder "Anwohner gestattet"). Wer indessen seinen Wagen auf der Strasse stehenlässt, nachdem die in der Zusatztafel genannten Voraussetzungen, unter denen das durch das Signal verbotene Benützen der Strasse ausnahmsweise erlaubt war, nicht mehr erfüllt sind, macht sich wegen Missachtung des sich aus dem signalisierten Fahrverbot ergebenden Halte- oder Parkverbots strafbar (BGE 126 IV 184 E. 3; 114 IV 50).
3.2.2 Im vorliegenden Fall ist es gemäss dem Signal 2.13 grundsätzlich verboten, die in Frage stehende Strasse mit Motorwagen oder Motorrädern zu benützen. Davon wird eine Ausnahme für jene Lenker von Motorwagen und Motorrädern gemacht, die eine gebührenpflichtige Bewilligung lösen. Diese dürfen während der Zeit, für die die Bewilligung gilt, auf der Strasse fahren und den Wagen während dieser Zeit darauf auch abstellen. Nach Ablauf der bewilligten Zeit müssen sie die Strasse verlassen haben. Dies ist für jedermann aus der Signalisation ohne Weiteres erkennbar und einleuchtend. Indem der Beschwerdeführer, der eine Bewilligung zur Benutzung der Strasse für nur 24 Stunden gelöst hatte, seinen Wagen während mehrerer Tage auf dem Wendeplatz vor dem Tunneleingang stehenliess, missachtete er das sich aus dem signalisierten Fahrverbot implizit ergebende Halte- und Parkverbot. Die Verurteilung wegen Verletzung der Verkehrsregeln ist nicht zu beanstanden.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. August 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Monn