Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_347/2012
Urteil vom 29. Oktober 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff,
gegen
Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau, Moosweg 7a, Postfach 971, 8501 Frauenfeld,
Rekurskommission für Strassenverkehrssachen
des Kantons Thurgau,
Löwenstrasse 12, 8280 Kreuzlingen.
Gegenstand
Entzug des Führerscheins; Zwischenentscheid betreffend aufschiebende Wirkung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 30. Mai 2012.
Sachverhalt:
A.
X.________, geb. 1925, fuhr am 2. August 2011, um ca. 15.30 Uhr, in Weinfelden mit einem Personenwagen auf der Schlossgasse in Richtung Schlosshaldenstrasse. Laut Rapport der Kantonspolizei vom 28. September 2011 kam sie dabei auf die Gegenfahrbahn, worauf es zur Frontalkollision mit einem korrekt entgegenkommenden Lieferwagen kam. X.________ wurde beim Unfall leicht verletzt.
Am 29. September 2011 verpflichtete das Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau X.________ zu einer vertrauensärztlichen Untersuchung ihrer Fahreignung. Dr. Q.________ führte diese am 4. Oktober 2011 durch und kam zum Schluss, die kognitiven Defizite von X.________ würden das Führen eines Personenwagens nicht mehr erlauben.
Am 7. Oktober 2011 entzog das Strassenverkehrsamt X.________ gestützt auf Art. 16d Abs. 1 lit. a SVG den Führerausweis aller Kategorien mit Wirkung ab Erhalt der Verfügung und verpflichtete sie, den Ausweis innert 5 Tagen abzugeben.
Am 10. Oktober 2011 rekurrierte X.________ gegen diese Verfügung mit dem Antrag, sie ersatzlos aufzuheben. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte sie, dem Rekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit Zwischenentscheid vom 18. November 2011 wies die Rekurskommission für Strassenverkehrssachen das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab.
X.________ erhob dagegen Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit den Anträgen, es sei festzustellen, dass der hängige Rekurs aufschiebende Wirkung habe. Eventuell sei ihm aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Am 30. Mai 2012 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________, dieses Urteil des Verwaltungsgerichts und die Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 7. Oktober 2011 aufzuheben. Eventuell sei festzustellen, dass diese Verfügung zu keinem Zeitpunkt vollstreckbar gewesen sei.
C.
Das Verwaltungsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde abzuweisen. Es weist die von X.________ gegen die beruflichen Fähigkeiten von Dr. Q.________ erhobenen Einwände zurück. Dieser sei als Vertrauensarzt des Bundesamts für Zivilluftfahrt für die Beurteilung der Flugtauglichkeit von Piloten auch bestens qualifiziert, die Fahrtauglichkeit von Autolenkern zu beurteilen.
X.________ teilt im Sinn eines Novums mit, die Rekurskommission habe eine ergänzende Untersuchung ihrer Fahreignung angeordnet. Solange Abklärungsbedarf bestehe, sei die vorinstanzliche Feststellung unzutreffend, es sei bei ihr eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit festgestellt worden.
Die Rekurskommission weist darauf hin, dass die in der Beschwerde gestellten Anträge den Rahmen des Streitgegenstands sprengen würden, und verzichtet im Übrigen auf Vernehmlassung.
In ihrer Replik hält X.________ an der Beschwerde fest.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid des Verwaltungsgerichts bestätigt, dass die Beschwerdeführerin für die Dauer des Rekursverfahrens nicht fahrberechtigt ist. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinn der Art. 82 ff. BGG zulässig. Der Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab, es handelt sich um einen Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig ist, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann. Ein solcher Nachteil ist vorliegend zu bejahen, da der Führerausweis der Beschwerdeführerin während der Dauer des Rekursverfahrens eingezogen bleibt (vgl. BGE 122 II 359 E. 1b S. 362; Urteil 1C_233/2007 vom 4. Februar 2008 E. 1.1). Fraglich erscheint allerdings, ob sie über ein aktuelles Rechtsschutzinteresse im Sinn von Art. 89 Abs. 1 BGG verfügt, sich gegen die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung zur Wehr zu setzen, nachdem sie den Führerausweis nach eigenen Angaben am 2. März 2012 "freiwillig" und aus "verfahrensfernen Gründen" abgegeben habe. Das kann indessen offen bleiben, da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist.
2.
2.1 Gegenstand des Verfahrens ist einzig, ob das Verwaltungsgericht den Zwischenentscheid der Rekurskommission, dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu entziehen, ohne Verletzung von Bundesrecht schützen konnte. Soweit sich die Beschwerde gegen den Sicherheitsentzug selber richtet, was über weite Strecken der Fall ist, geht sie an der Sache vorbei. Darauf ist nicht einzutreten. Im Hauptverfahren werden insbesondere auch die von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrens- und Formängel zu beurteilen sein.
2.2 Wird eine verkehrsmedizinische Abklärung angeordnet, so ist der Führerausweis nach Art. 30 VZV im Prinzip vorsorglich zu entziehen (BGE 125 II 396 E. 3 S. 401; Urteile 1C_356/2011 vom 17. Januar 2012 E. 2.2; 1C_420/2007 vom 18. März 2008 E. 3.2 und 6A.17/2006 vom 12. April 2006 E. 3.2; vgl. auch 1C_256/2011 vom 22. September 2011 E. 2.5). Diesfalls steht die Fahreignung der Betroffenen ernsthaft in Frage, weshalb es unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht zu verantworten ist, ihr den Führerausweis bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu belassen. Dies muss offenkundig umsomehr gelten, wenn bereits eine verkehrsmedizinische Untersuchung durchgeführt wurde mit dem Ergebnis, die Fahreignung sei nicht mehr gegeben. Ob diese Untersuchung einer näheren Prüfung - ein Zweitgutachten wurde offenbar bereits in Auftrag gegeben - standhält oder nicht, ist Gegenstand des Hauptverfahrens.
3.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie dem Strassenverkehrsamt, der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Oktober 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Störi