BGer 9C_792/2012
 
BGer 9C_792/2012 vom 14.12.2012
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
9C_792/2012
Urteil vom 14. Dezember 2012
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber R. Widmer.
 
Verfahrensbeteiligte
S.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Markus Lischer,
Beschwerdeführerin,
gegen
Stiftung X.________,
Pensionskasse,
vertreten durch Advokatin Gertrud Baud,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 14. August 2012.
Sachverhalt:
A.
S.________, geboren 1969, war seit 1993 mit dem 1960 geborenen R.________ verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. R.________ war als Mitarbeiter der Q.________ AG für die berufliche Vorsorge bei der Stiftung X.________ versichert. R.________ verstarb am ... 2011. S.________ machte in der Folge gegenüber der Vorsorgeeinrichtung Hinterlassenenleistungen geltend. Die Stiftung verneinte einen Rentenanspruch, weil S.________ weder für den Unterhalt gemeinsamer Kinder aufkomme noch das 45. Altersjahr zurückgelegt und die Ehe mehr als fünf Jahre gedauert habe. Demgemäss werde eine Abfindung in der Höhe von drei Jahresrenten, somit ein Betrag von Fr. 84'240.-, ausgerichtet.
B.
Am 25. Januar 2012 liess S.________ beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt Klage einreichen mit dem Antrag, die Stiftung X.________ sei zu verpflichten, ihr ein Todesfallkapital in der Höhe des Altersguthabens ihres verstorbenen Ehemannes per 30. Juli 2011, abzüglich des Betrages von Fr. 84'240.-, nebst Zins zu 5 % seit 21. August 2011, zu bezahlen. Mit Entscheid vom 14. August 2012 wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt die Klage ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Vorsorgeeinrichtungen können sich im Überobligatoriumsbereich weitgehend frei einrichten (Art. 6 und 49 Abs. 1 BVG); sie haben dabei aber den verfassungsmässigen Minimalstandard (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit, Treu und Glauben; BGE 132 V 149 E. 5.2.4 S. 154 und 278 E. 4.2 S. 281) zu wahren.
1.2 Gewährt eine Vorsorgeeinrichtung mehr als die Mindestleistungen, so gelten für die weitergehende Vorsorge gemäss Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG u.a. die Vorschriften über die Begünstigten bei Hinterlassenenleistungen (Art. 20a BVG). Die Vorsorgeeinrichtung kann nach Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG in ihrem Reglement neben den Anspruchsberechtigten nach den Art. 19 (überlebender Ehegatte) und 20 (Waisen) als begünstigte Personen für die Hinterlassenenleistungen u.a. natürliche Personen, die vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind, oder die Person, die mit diesem in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat oder die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss, vorsehen. Die Vorsorgeeinrichtung ist nach Art. 20a BVG frei, die genannten Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufzunehmen; sie ist aber an die darin genannten Personenkategorien sowie an die Kaskadenfolge gebunden, wobei sie allerdings die Begünstigung auf einzelne der in Art. 20a Abs. 1 genannten Gruppen beschränken kann (BGE 136 V 49 E. 3.2 S. 51 mit Hinweisen).
1.3 Soweit den überlebenden Ehegatten betreffend, bestimmt Ziff. 3.3.3 Abs. 3 und 4 des Leistungsreglements der Beschwerdegegnerin in Übereinstimmung mit Art. 19 Abs. 1 und 2 BVG, dass die Partner- oder Partnerinnenrente im Todesfall ausbezahlt wird, wenn der überlebende Partner resp. die überlebende Partnerin für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss oder das 45. Altersjahr zurückgelegt hat und die Ehe resp. das Konkubinat mindestens fünf Jahre gedauert hat. Falls keines dieser beiden Kriterien zutrifft, wird eine Abfindung in der Höhe von drei Jahresrenten ausbezahlt. Nach Ziff. 3.3.3 Satz 2 des Reglements wird die Rente bei nicht verheirateten Paaren an die durch eine Begünstigungserklärung bezeichnete begünstigte Person ausgerichtet. Laut Ziff. 3.3.8 Abs. 1 lit. a des Reglements wird im Fall, dass die unverheiratete Person keine Begünstigungserklärung gemäss Ziff. 3.3.3 abgegeben hat, neben allfälligen Leistungen an die Waisen das ganze Todesfallkapital ausgerichtet an natürliche Personen, die vom versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind. Die Höhe des Todesfallkapitals entspricht, soweit im Vorsorgeplan nichts anderes geregelt ist, dem Altersguthaben am Ende des Sterbemonats (Ziff. 3.3.7 des Reglements).
2.
Zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin anstelle der Abfindung gemäss Ziff. 3.3.3 des Reglements in der Höhe von drei Jahresrenten, entsprechend einer Summe von Fr. 84'240.-, das Todesfallkapital ihres verstorbenen Ehemannes im Betrag von Fr. 204'006.90, abzüglich der Abfindung, beanspruchen kann.
2.1 Das kantonale Gericht gelangte zum Schluss, der Umstand, dass laut Ziff. 3.3.8 des Reglements natürliche Personen, die vom verstorbenen Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind, Anspruch auf das ganze Todesfallkapital haben, während das Reglement eine solche Leistung bei verheirateten Personen nicht vorsieht, die rechtsstaatlichen Minimalanforderungen nicht verletze.
2.2 Die Beschwerdeführerin rügt die reglementarische Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren. Sie wendet ein, verheiratete Versicherte könnten anders als im Konkubinat lebende Personen keine Leistungen nach Ziff. 3.3.8 des Reglements auslösen, obwohl auch überlebende Ehegatten oft vom verstorbenen Versicherten in erheblichem Mass unterstützt worden seien. Gleichwohl seien diese im Gegensatz zu unverheirateten Paaren von der Möglichkeit ausgeschlossen, dem Überlebenden ein Todesfallkapital zukommen zu lassen. Dies verletze das verfassungsmässige Gebot der Gleichbehandlung von Personen, die in ehelicher oder eheähnlicher Gemeinschaft leben.
3.
3.1 In BGE 136 V 49 äusserte sich das Bundesgericht zum Verhältnis zwischen der Gesamtgruppe der in Art. 20a BVG genannten Personen (weitere Begünstigte) einerseits und den in den Art. 19 und 20 BVG genannten Personen (überlebender Ehegatte, Waisen). Dabei stellte es fest, aus Art. 20a BVG ergebe sich nicht, dass damit die grundsätzliche Autonomie der Vorsorgeeinrichtungen (Art. 49 Abs. 1 BVG) in dem Sinne eingeschränkt werden sollte, dass es im Bereich der weitergehenden Vorsorge unzulässig wäre, die nach Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG begünstigte Konkubine besserzustellen als die Waisen nach Art. 20 BVG (E. 4.7 S. 56). Ob diese das Verhältnis zwischen einem Anspruchsberechtigten nach Art. 20 BVG und einer Begünstigten gemäss Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG betreffende Aussage allgemein für das Verhältnis zwischen den Anspruchsberechtigten nach Art. 19 und 20 BVG und den Begünstigten gemäss Art. 20a BVG Geltung beanspruchen kann, ist hier nicht abschliessend zu prüfen (vgl. BGE 136 V 49 E. 4.6 S. 55 f.). Die Besserstellung einer nicht verheirateten Lebenspartnerin gestützt auf Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG im Vergleich zur Witwe lässt sich zumindest schon deshalb nicht von vornherein als unzulässig qualifizieren, weil mit der Schaffung von Art. 20a BVG nebst der Vereinheitlichung des Begünstigtenkreises für Hinterlassenenleistungen im überobligatorischen Bereich gerade das Ziel verfolgt wurde, die Lebenspartner besserzustellen (BGE 137 V 383 E. 3.2 S. 387 f., 136 V 127 E. 4.3 S. 129).
3.2 Im hier zu beurteilenden Fall entscheidend ins Gewicht fällt hingegen, dass die in Ziff. 3.3.8 lit. a des Reglements der Stiftung X.________ statuierte Ausrichtung des ganzen Todesfallkapitals an natürliche Personen, die vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt wurden, womit eine Bevorzugung u.a. auch eines zu Lebzeiten in grösserem Umfang finanziell unterstützten Partners analog zu Art. 20a BVG bezweckt wird, in der Regel keine rechtsungleiche Behandlung von Konkubinatspartnerin und überlebender Ehegattin bewirkt. Eine solche Ungleichbehandlung kann eintreten, wenn die Witwe die für die Ausrichtung einer Hinterlassenenrente erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und aus diesem Grund nur Anspruch auf eine einmalige Abfindung in Höhe von drei Jahresrenten hat, welche, wie im vorliegenden Fall, die Höhe des Alterskapitals nicht erreicht. Die Ungleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspartnerin ist in einem solchen Fall jedoch nicht im Umstand der früheren Ehe begründet, sondern darin, dass die Witwe, wie im vorliegenden Fall, die Anspruchsvoraussetzungen für eine Witwenrente (Art. 19 Abs. 1 BVG; Ziff. 3.3.3 Stiftungsreglement) nicht erfüllt. Denn wäre dies der Fall, hätte die Beschwerdeführerin mit dem Bezug der ihr zustehenden Rentenbetreffnisse unter den hier gegebenen Verhältnissen (Altersguthaben Fr. 204'000.-, Jahresrente Fr. 28'080.-) nach einigen Jahren von der Vorsorgeeinrichtung einen Betrag bezogen, der das Alterskapital ihres verstorbenen Ehemannes übersteigt mit der Folge, dass ihr höhere Hinterlassenenleistungen zustünden als einer unverheirateten Lebenspartnerin. Ist aber die Witwe nicht aufgrund ihres Zivilstandes, sondern zufolge Fehlens der Eigenschaften, die einen Witwenrentenanspruch begründen (Unterhaltsleistung für ein Kind; Alter und Ehedauer), im Vergleich zur Lebenspartnerin, die reglementarisch Anspruch auf das Alterskapital des verstorbenen Lebenspartners hat, sofern sie von diesem in erheblichem Masse unterstützt wurde (Ziff. 3.3.8 Abs. 1 lit. a Reglement), benachteiligt, entbehrt die Rüge rechtsungleicher reglementarischer Behandlung Hinterbliebener einzig aufgrund ihres Zivilstandes einer Grundlage.
3.3 Das Leistungsreglement der Stiftung ermöglicht es einer unverheirateten Person, im Todesfall der in erheblichem Masse unterstützten Lebenspartnerin das ganze Todesfallkapital ausrichten zu lassen, auch wenn die finanzielle Unterstützung einer unter 45-jährigen Partnerin zugekommen und während weniger als fünf Jahren ausgerichtet worden ist; das Reglement kennt weder eine (untere) Altersgrenze für den Bezug des Todesfallkapitals noch eine Mindestdauer der Unterstützung durch den verstorbenen Partner oder die Partnerin. Ob eine solche Bevorzugung der Konkubinatspartnerin gegenüber der Witwe, welche keinen Rentenanspruch hat, vor dem Rechtsgleichheitsgebot standhält, ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.
4.
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. Dezember 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Widmer