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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_432/2012
Urteil vom 18. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Egli.
Verfahrensbeteiligte
X.a.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Magda Zihlmann,
Beschwerdeführerin,
gegen
Amt für Migration des Kantons Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.
Gegenstand
Ausländerrecht,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 21. März 2012.
Erwägungen:
1.
Die turkmenische Staatsangehörige X.a.________ (damals: X.b.________; geb. 1. Dezember 1974) heiratete am 12. Januar 2009 in A.________/ZH einen in der Schweiz niederlassungsberechtigten deutschen Staatsangehörigen. Daraufhin erhielt sie eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Die eheliche Gemeinschaft wurde am 1. Mai 2009 aufgelöst. Am 4. April 2011 erfolgte die Scheidung. Mit Verfügung vom 14. Januar 2011 widerrief das Amt für Migration des Kantons Luzern die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA von X.a.________ und wies sie weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos.
Mit Eingabe vom 9. Mai 2012 beantragte X.a.________ vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 21. März 2012 aufzuheben und ihr die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zu belassen, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen und subeventualiter eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Im Kostenpunkt beantragte die Beschwerdeführerin eventualiter die unentgeltliche Rechtspflege für das vorinstanzliche und das bundesgerichtliche Verfahren.
Am 7. Juni 2012 hat die Beschwerdeführerin in der Schweiz erneut einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet und in der Folge im Kanton Bern ein Gesuch um Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligung eingereicht. Mit Eingabe vom 18. Juni 2012 ersuchte die Beschwerdeführerin um Sistierung des vorliegenden Verfahrens, da die erneute Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens zur Folge hätte. Diese Eingabe wurde den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern zur Stellungnahme zugestellt. Am 5. November 2012 hat der Instruktionsrichter das Verfahren antragsgemäss sistiert. Der Kanton Bern hat die beantragte Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zum Verbleib beim Ehegatten am 14. November 2012 erteilt.
2.
2.1 Gegen den angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, da gegen den Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung praxisgemäss losgelöst von einem Rechtsanspruch an das Bundesgericht gelangt werden kann, soweit die Bewilligung - wie hier (befristete Aufenthaltsbewilligung bis 11. Januar 2014) - weiterhin Rechtswirkungen entfalten würde (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; BGE 136 II 497 E. 3.3 S. 501 f.; Urteile 2C_21/2007 vom 16. April 2007 E. 1.2; 2C_886/2011 vom 28. Februar 2012 E. 1.1). Im Übrigen macht die Beschwerdeführerin einen nachehelichen Härtefall geltend (Art. 50 AuG [SR 142.20]).
2.2 Mit der erneuten Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ist das aktuelle Rechtsschutzinteresse an der Behandlung der Beschwerde grundsätzlich dahingefallen: Der Gegenstand des Verfahrens, d.h. der allfällige Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, hat sich vor dessen Erledigung erübrigt (vgl. z.B. Urteil 2C_481/2011 vom 29. Februar 2012 E. 2). Allerdings hat die Beschwerdeführerin die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im vorinstanzlichen Verfahren eigenständig angefochten, weshalb der vorinstanzliche Kostenpunkt trotz der Gegenstandslosigkeit in der Hauptsache zu prüfen ist (Urteile 2C_237/2009 vom 28. September 2009 E. 2.3; 5A_657/2010 vom 17. März 2011 E. 3.5). Dabei kann aufgrund der nachfolgenden Erwägung offenbleiben, ob die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe vom 18. Juni 2012 und dem dortigen Hinweis auf die "Gegenstandslosigkeit des vorliegenden Verfahrens" bei Erteilung einer erneuten Aufenthaltsbewilligung nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass sie auf eine eigenständige Anfechtung des Kostenpunkts verzichte. Soweit die Beschwerde nicht gegenstandslos geworden ist, kann sie im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
3.
Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführerin von der Vorinstanz zu Recht die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit verweigert worden ist, und wie es sich damit für das bundesgerichtliche Verfahren verhält:
3.1 Die Beschwerdeführerin macht hauptsächlich einen Verstoss gegen Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG und Art. 5 Abs. 2 BV geltend. Sie sei in der Ehe wiederholt Opfer psychischer Gewalt geworden. Besonders habe ihr damaliger Ehemann ihre Abhängigkeit gezielt ausgenutzt, indem er den Verlust des Aufenthaltsrechts angedroht habe. Infolge der psychischen Belastung durch die Ehe und die spätere Trennung sei die Beschwerdeführerin psychisch erkrankt, leide an Schlafstörungen und sei stark untergewichtig. Solche Symptome könnten auch erst Jahre nach der Gewalteinwirkung auftreten. Schliesslich erscheine die Wiedereingliederung der in der Schweiz gut integrierten Beschwerdeführerin im Herkunftsland aufgrund der dortigen wirtschaftlichen und kulturellen Situation als gefährdet.
3.2 Wie die Vorinstanz nachvollziehbar ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen eines nachehelichen Härtefalls im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG nicht vor (vgl. BGE 138 II 229 E. 3.2 S. 232 ff.). Das eheliche Zusammenleben hat nur gerade dreieinhalb Monate gedauert und wurde bereits im Mai 2009 beendet. Den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Arztzeugnissen aus dem Herbst 2011 ist zu entnehmen, dass sich ihre psychische Gesundheit vorwiegend nach der Trennung bzw. der Scheidung verschlechtert hat. Entgegen der Beschwerdeführerin kann der Vorinstanz weder eine willkürliche Beweiswürdigung noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vorgeworfen werden. In zulässiger antizipierter Beweiswürdigung erübrigte sich die Abnahme weiterer Beweise, namentlich der beantragten Parteibefragung. Schliesslich ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass die Beschwerdeführerin keine Umstände vorbringt, die ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsstaat stark gefährdet erscheinen lassen (BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Die Beschwerdeführerin lebte während 35 Jahren in ihrem Heimatland, wo noch heute ihre Mutter und ihr 17-jähriger Sohn leben. Auch spricht nichts gegen die Verhältnismässigkeit des Widerrufs, zumal die Beschwerdeführerin erst 2009 in die Schweiz kam.
3.3 Aufgrund dieser Umstände ist der Schluss der Vorinstanz, die Beschwerde sei aussichtslos, nicht zu beanstanden.
Aus den nämlichen Gründen ist auch das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit sie nicht infolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (66 Abs. 1 BGG), da dem vor Bundesgericht gestellten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden kann. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Verfahren wird wieder aufgenommen.
2.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben wird.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
4.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Dezember 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Egli