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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6F_17/2012
Urteil vom 19. Dezember 2012
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald,
Gesuchsteller,
gegen
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, Gesuchsgegnerin 1,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Stefanie Zerfass,
Gesuchsgegnerin 2,
Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.
Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_48/2011 vom 7. April 2011.
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 11. November 2010 wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 11 Tagen. Es verpflichtete ihn überdies zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 15'000.-- an Y.________.
X.________ erhob gegen das obergerichtliche Urteil Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er machte geltend, auf der Grundlage eines willkürlich festgestellten Sachverhalts verurteilt worden zu sein. Das Bundesgericht wies die Beschwerde am 7. April 2011 ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 6B_48/2011).
B.
Mit Eingabe vom 15. November 2012 gelangt X.________ mit einem Revisionsbegehren an das Bundesgericht. Er beantragt, es seien das bundesgerichtliche Urteil vom 7. April 2011 und das obergerichtliche Urteil vom 11. November 2010 aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht des Kantons Aargau zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt.
2.
Der Gesuchsteller behauptet, er habe Kenntnis von entscheidenden, dem Bundesgericht im vorangehenden Verfahren nicht unterbreiteten Tatsachen und Beweismitteln erhalten, die gegen die Glaubwürdigkeit der Gesuchsgegnerin 2 und damit gegen seine Schuld sprächen. Er habe in Erfahrung bringen können, dass die Gesuchsgegnerin 2 an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leide und sich im Jahre 2007 zweimal stationär in einer psychiatrischen Klinik aufgehalten habe. Zudem habe ein in der Zwischenzeit ausfindig gemachter Angehöriger der Gesuchsgegnerin 2 seiner Ehefrau gegenüber erklärt, man könne jener kein Wort glauben, und sie als nicht glaubwürdig bezeichnet. Dass die zentrale Frage der Glaubwürdigkeit der Gesuchsgegnerin 2 im Strafverfahren nicht thematisiert worden sei, beruhe auf einer ungenügenden amtlichen Verteidigung im kantonalen Verfahren, die ihrerseits auf einen nicht offengelegten Interessenkonflikt zurückzuführen sei. Sein damaliger amtlicher Verteidiger sei als Mitglied des Gemeinderats A.________ gleichzeitig im Vorstand der Stiftung "B.________" tätig und damit faktisch Arbeitgeber der Gesuchsgegnerin 2 gewesen.
2.1 Mit seinen Vorbringen macht der Gesuchsteller sinngemäss den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG in Verbindung mit Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO geltend (in der Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007, in Kraft seit 1. Januar 2011 [AS 2010 1881; BBl 2006 1085]).
Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit b BGG kann die Revision in Strafsachen verlangt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 410 Absätze 1 Buchstaben a und b sowie 2 StPO erfüllt sind. Ein Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO liegt vor, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen.
2.2 Nach der Rechtsprechung der Strafrechtlichen Abteilung kommt die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts in Strafsachen wegen neuer Tatsachen und Beweismittel nur in Betracht, wenn das Bundesgericht im vorangegangenen Verfahren nicht nur das Urteil der Vorinstanz, sondern gestützt auf Art. 105 Abs. 2 BGG auch deren Sachverhaltsfeststellungen abgeändert bzw. eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat. Vorbehalten bleiben erhebliche Tatsachen betreffend die Zulässigkeit der Beschwerde, die von Amtes wegen abzuklären sind. In den übrigen Fällen müssen neue Tatsachen oder Beweismittel im Kanton mit einem Begehren um Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von Art. 385 StGB geltend gemacht werden (BGE 134 IV 48 E. 1 betreffend Art. 123 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 229 Ziff. 1 lit. a aBStP; Urteil 1F_15/2007 vom 21. Dezember 2007 E. 3.2; siehe auch Urteil 6B_389/2012 vom 6. November 2012 E. 4.3).
2.3 Das Bundesgericht wies die Willkürbeschwerde des Gesuchstellers gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. November 2010 am 7. April 2011 ab, soweit es darauf eintrat. Es hielt fest, die Verurteilung des Gesuchstellers beruhe nicht auf einer schlechterdings unhaltbaren Beweiswürdigung der letzten kantonalen Instanz. Eigene Sachverhaltsfeststellungen traf es nicht. Die vom Gesuchsteller neu geltend gemachten Beweismittel und Tatsachen betreffen nicht Eintretensfragen im vorangegangenen bundesgerichtlichen Urteil, sondern den Sachverhalt in der Strafsache selbst und beziehen sich alleine auf das obergerichtliche Urteil vom 11. November 2010. Demzufolge kann auf das Gesuch um Revision des bundesgerichtlichen Entscheids wegen angeblich neuer Tatsachen und Beweismittel gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG in Verbindung mit Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO nicht eingetreten werden. Dem Gesuchsteller bleibt es anheimgestellt, ob er ein Gesuch um Wiederaufnahme des Verfahrens im Kanton stellen will.
2.4 Soweit sich der Gesuchsteller auf Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO und damit sinngemäss auf Art. 123 Abs. 1 BGG beruft und einen Revisionsgrund aus der behaupteten ungenügenden amtlichen Verteidigung bzw. dem angeblichen Interessenkonflikt des damaligen Rechtsvertreters und einem deshalb allenfalls noch einzuleitenden Disziplinarverfahren ableiten will, kann auf das Revisionsbegehren ebenfalls nicht eingetreten werden. Denn Revisionsbegehren können nicht mit tatsächlichen Behauptungen begründet werden, die noch gar nicht erstellt sind. Zudem kann die Revision gestützt auf Art. 123 Abs. 1 BGG nur verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil einer Partei auf den bundesgerichtlichen Entscheid eingewirkt wurde. Solches ist weder dargetan noch ersichtlich.
3.
Auf das Revisionsgesuch ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- sind dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos geworden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. Dezember 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill