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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_5/2013
Urteil vom 18. Februar 2013
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber von Roten.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Betreibungsamt Y.________.
Gegenstand
Pfändung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung, vom 11. Dezember 2012.
Sachverhalt:
A.
Gegen X.________ ist ein Betreibungsverfahren hängig. Eine am 27. August 2012 vollzogene Einkommenspfändung ergab keine genügende Deckung. Ein Gläubiger beantragte die Pfändung des Grundstücks Nr. xxxx, Grundbuch Y.________. Es handelt sich dabei um Weideland, das an das ebenfalls im Eigentum von X.________ stehende Grundstück Nr. yyyy (Wohnhaus mit Pferdestallungen) grenzt. Das Betreibungsamt Y.________ verfügte am 17. September 2012 die Pfändung des Grundstücks Nr. xxxx für die Pfändungsgruppe Nr. zzzz und schätzte den Verwertungserlös auf ca. Fr. 12'000.--. Es wies darauf hin, dass auf die Pfändung nur verzichtet werden könne, wenn alle Gläubiger (A.________ Sarl und das Steueramt der Gemeinde Y.________) schriftlich auf die Pfändung verzichteten.
B.
X.________ focht die Pfändung an. Das Kreisgericht B.________ als untere Aufsichtsbehörde für das Betreibungswesen und das Kantonsgericht St. Gallen als obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung wiesen die Beschwerden ab (Entscheide vom 29. Oktober 2012 und vom 11. Dezember 2012).
C.
Mit Eingabe vom 28. Dezember 2012 (Datum der Postaufgabe) beantragt X.________ (Beschwerdeführer) dem Bundesgericht sinngemäss die Aufhebung der Pfändung. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Es sind die Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG), die unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze gegeben ist (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG; vgl. BGE 133 III 350 E. 1.2 S. 351). Die Beschwerde ist fristgemäss erhoben worden (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) und grundsätzlich zulässig. Auf formelle Einzelfragen wird im Sachzusammenhang zurückzukommen sein (vorab E. 3.3 hiernach).
2.
Anlass zur Beschwerde gibt die Pfändung des Grundstücks Nr. xxxx. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Pfändung seines Grundstücks stehe in keinem Verhältnis zum tatsächlich erzielbaren Erlös und trage seinen Interessen am Erhalt des Grundstücks keine oder ungenügend Rechnung. Es geht um die Anwendung von Art. 92 SchKG über die unpfändbaren Vermögenswerte und um Art. 95 SchKG mit dem Randtitel "Reihenfolge der Pfändung".
3.
Das Grundstück Nr. xxxx gehört nach den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde nicht zu den unpfändbaren Vermögenswerten im Sinne von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1-11 SchKG. Gegenteiliges macht der Beschwerdeführer auch nicht geltend. Er beruft sich auf die Unpfändbarkeit gemäss Art. 92 Abs. 2 SchKG, wonach Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, nicht gepfändet werden dürfen.
3.1 Die Vorschrift über die Unpfändbarkeit von Gegenständen mit geringem Wert ist mit der SchKG-Revision von 1994/97 eingeführt worden und verallgemeinert, was bis anhin bereits für die entbehrlichen Gegenstände gegolten hat, die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienen (Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG) und die für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind (Art. 92 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG; vgl. Botschaft über die Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG] vom 8. Mai 1991, BBl 1991 III 1, S. 81). Die Unpfändbarkeit gemäss Art. 92 Abs. 2 SchKG setzt voraus, dass der an sich pfändbare Gegenstand objektiv von geringem, die Kosten nur wenig übersteigendem Wert ist. Ob ein an sich entbehrlicher Gegenstand von der Pfändung auszunehmen ist, weil sich nach Auffassung des Betreibungsamtes dessen Verwertung nicht oder kaum lohnt, ist eine Frage der Angemessenheit. Ein Rechtsverstoss liegt vor, wenn das Betreibungsamt bzw. die Aufsichtsbehörde das Ermessen missbraucht oder überschritten hat (vgl. Urteil 5A_330/2011 vom 22. September 2011 E. 3.1, mit Hinweis auf BGE 134 III 323 E. 2 S. 324).
3.2 Zum Beleg des geringen Werts wendet der Beschwerdeführer ein, die betreibungsamtliche Schätzung des Grundstücks Nr. xxxx auf ca. Fr. 12'000.-- sei das Vierfache des offiziellen Schätzpreises. Aus den Akten des Kreisgerichts geht hervor, dass der Verkehrswert gemäss steueramtlicher Schätzung vom 24. Februar 2011 Fr. 2'600.-- beträgt (act. 1a). Auf diesen Wert durfte das Betreibungsamt indessen nicht einfach abstellen. Die Verordnung des Bundesgerichts über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG; SR 281.42) schreibt vor, dass die Schätzung den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen soll (Art. 9 Abs. 1 VZG). Das Abstellen auf eine Steuerschätzung ist unzulässig. Das Betreibungsamt hat das Grundstück vielmehr selber zu schätzen (BGE 73 III 52 S. 55; 133 III 537 E. 4.1 S. 538). Insoweit ist der Vorwurf des Beschwerdeführers unberechtigt.
3.3 In seiner Schätzung hat das Betreibungsamt berücksichtigt, dass das Grundstück Nr. xxxx zwar unüberbaut und landwirtschaftlich genutzt wird (Weideland), dass es mit einer Fläche von 2'437 m² aber nicht dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) unterstellt ist und deshalb nicht nur an Landwirte verkauft werden kann (act. 1c und act. 4 der kreisgerichtlichen Akten, Verfügung vom 12. September 2012 und Stellungnahme zur Beschwerde vom 5. Oktober 2012). Gemäss Art. 2 Abs. 3 BGBB untersteht das Grundstück Nr. xxxx, das eine Fläche von weniger als 25 Aren aufweist und unstreitig nicht zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehört, den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Verkehrs mit landwirtschaftlichen Grundstücken nicht (Art. 58 ff. BGBB). Ein Käufer braucht namentlich keine Erwerbsbewilligung (Art. 61 ff. BGBB). Es erscheint deshalb nicht als abwegig, dass sich ein Käufer (z.B. ein Pferdehalter) findet, der einen Betrag zu bezahlen bereit ist, der voraussichtlich die Kosten und zumindest einen Teil der Gläubigerforderungen deckt. Gegenteiliges vermag der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen gegen die Schätzung nicht zu begründen. Er legt nicht dar (Art. 42 Abs. 2 BGG), inwiefern die betreibungsamtliche Schätzung eine Bestimmung des Bundesrechts verletzt (Art. 95 BGG) oder auf offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG). In Anbetracht dessen durften die Aufsichtsbehörden davon ausgehen, die Voraussetzung der Unpfändbarkeit gemäss Art. 92 Abs. 2 SchKG sei nicht erfüllt.
3.4 Der Beschwerdeführer wendet zur Hauptsache ein, das Wohnhaus mit Pferdestallungen (Grundstück Nr. yyyy) sei ohne das Weideland (Grundstück Nr. xxxx) praktisch unverkäuflich. Ob später das Grundstück Nr. yyyy ohne das Grundstück Nr. xxxx effektiv schwerer verkäuflich sein werde, hat die kantonale Aufsichtsbehörde für irrelevant gehalten. Sie hat in einer Zusatzbegründung angefügt, bezeichnend sei aber, dass der Schuldner selbst das Grundstück Nr. xxxx offenbar erst später erworben habe, nachdem er bereits im Besitz des Grundstücks Nr. yyyy gewesen sei, bzw. dieses zuvor auch ohne das Grundstück Nr. xxxx erworben habe. Der Einwand des Beschwerdeführers mag zutreffen, die Zusatzbegründung überzeuge nicht, weil das Grundstück Nr. yyyy nach seinem Kauf zum Teil in die Landwirtschaftszone zurückgezont worden sei und deshalb nicht mehr frei verkauft werden könne. Indessen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob das Grundstück Nr. yyyy ohne das Grundstück Nr. xxxx dereinst schwerer verkäuflich sein wird. Denn ein allfälliges Missverhältnis zwischen dem zu erwartenden Erlös aus der Verwertung des Grundstücks Nr. xxxx und dessen Nützlichkeit für den Schuldner ist - anders als im früheren Recht - in der Beurteilung des Unpfändbarkeitsgrundes gemäss Art. 92 Abs. 2 SchKG nicht zu berücksichtigen (vgl. PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. 2, 2000, N. 210 zu Art. 92 SchKG, mit Hinweisen).
3.5 Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit der Beschwerdeführer eine Unpfändbarkeit im Sinne von Art. 92 Abs. 2 SchKG behauptet. Seinen Bedenken, dass in der Verwertung zur allgemeinen Unzufriedenheit gleichwohl nur ein ungenügender Erlös erzielt werden könnte, trägt die Praxis insoweit Rechnung, als das Betreibungsamt von der Verwertung des gepfändeten Grundstücks absehen soll, wenn ihr Ergebnis unzweifelhaft nicht einmal die Kosten decken würde (BGE 83 III 131 E. 2 S. 134; vgl. GEORGES VONDER MÜHLL, Basler Kommentar, 2010, N. 46 zu Art. 92 SchKG).
4.
Die kantonalen Aufsichtsbehörden haben die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen insbesondere unter dem Blickwinkel der Reihenfolge der Pfändung berücksichtigt.
4.1 In welcher Reihenfolge die Vermögenswerte gepfändet werden sollen, wird in Art. 95 Abs. 1-4 SchKG festgelegt. Es handelt sich dabei um eine Richtlinie. Das Betreibungsamt kann von dieser Reihenfolge abweichen, soweit es die Verhältnisse rechtfertigen oder wenn Gläubiger und Schuldner es gemeinsam verlangen (Art. 95 Abs. 4bis SchKG). Im übrigen soll das Betreibungsamt, soweit tunlich, die Interessen des Gläubigers sowohl als des Schuldners berücksichtigen (Art. 95 Abs. 5 SchKG). Der Entscheid über die Reihenfolge, in der Vermögenswerte des Schuldners gepfändet werden sollen, ist somit weitgehend Ermessenssache. An erster Stelle steht das bewegliche Vermögen des Schuldners, Sachen und Forderungen, sowie sein Einkommen; unbewegliches Vermögen wird nur gepfändet, wenn das bewegliche zur Deckung der Forderung nicht ausreicht (Art. 95 Abs. 1 und Abs. 2 SchKG; vgl. Urteil 7B.43/2001 vom 22. März 2001 E. 3c/aa, mit Hinweis auf BGE 117 III 61 E. 2 S. 62; vgl. für Art. 95 Abs. 3 SchKG: BGE 134 III 122 E. 4.1 S. 125).
4.2 Gemäss den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde war eine Einkommenspfändung beim Schuldner ungenügend und als pfändbarer Vermögensgegenstand nur mehr das Grundstück Nr. xxxx vorhanden, zumal das weitere Grundstück Nr. yyyy (Wohnhaus mit Pferdestallungen) nach Angaben des Schuldners mit Hypotheken "überbelastet" ist. Der Beschwerdeführer wendet gegen die Tatsachenfeststellungen nichts ein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Auffassung der kantonalen Aufsichtsbehörde, das Betreibungsamt habe die gesetzlich vorgesehene Reihenfolge eingehalten, kann deshalb nicht beanstandet werden.
4.3 Das Betreibungsamt kann nach Art. 95 Abs. 5 SchKG unter Berücksichtigung der Interessen der Betreibungsparteien zwar entscheiden, wie gepfändet wird, aber nicht im ausschliesslichen Interesse des Schuldners auf die Pfändung des einzigen vorhandenen Vermögenswertes ganz verzichten, wenn dessen Pfändbarkeit gesetzlich nichts entgegensteht. Der sinngemäss auf Art. 95 Abs. 5 SchKG gestützte Einwand des Beschwerdeführers, in seinem Interesse (vgl. E. 3.4 hiervor) sei von der Pfändung des Grundstücks Nr. xxxx überhaupt abzusehen, erweist sich als unbegründet. Dahingestellt bleiben kann die offenbar nicht abschliessend geklärte Frage, wie im Einzelnen die Interessen von Gläubiger und Schuldner zu gewichten sind (vgl. FOËX, Basler Kommentar, 2010, N. 66-68 zu Art. 95 SchKG, mit Hinweisen).
5.
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kosten-, hingegen nicht entschädigungspflichtig, zumal keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann entsprochen werden. Die Voraussetzungen gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG sind erfüllt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, einstweilen indessen auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Y.________ und dem Kantonsgericht St. Gallen, obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Februar 2013
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: von Roten