BGer 8C_1009/2012
 
BGer 8C_1009/2012 vom 27.03.2013
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
8C_1009/2012 {T 0/2}
Urteil vom 27. März 2013
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
 
Verfahrensbeteiligte
C.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Irène Castell-Bachmann,
Beschwerdeführerin,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zug, Industriestrasse 24, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 25. Oktober 2012.
Sachverhalt:
A.
Die 1955 geborene C.________ war ab 1. September 2010 als Geschäftsführerin der X.________ GmbH tätig. Mit Schreiben vom 30. Januar 2012 löste sie das Arbeitsverhältnis fristlos auf Ende Januar 2012 auf, da bis zu diesem Zeitpunkt Lohn im Betrage von Fr. 76'894.- unbezahlt geblieben sei. Am 24. Februar 2012 beantragte C.________ die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung ab 1. Februar 2012. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug stellte sie mit Verfügung vom 11. April 2012 für die Dauer von 45 Tagen ab 1. Februar 2012 in der Anspruchsberechtigung ein. Zur Begründung führte sie an, die Versicherte habe das Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst, obwohl ihr keine andere Stelle zugesichert gewesen sei, womit sie die Arbeitslosigkeit ab 1. Februar 2012 selbst verschuldet habe. Es wäre ihr zumutbar gewesen, zumindest die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. An diesem Ergebnis hielt die Kasse auch auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 27. Juli 2012).
B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher C.________ die Aufhebung der Einstellung in der Anspruchsberechtigung beantragte, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 25. Oktober 2012 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt C.________ ihr vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Von der Durchführung des Schriftenwechsels wurde abgesehen.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Wie die Sachverhaltsfeststellung ist auch die vorinstanzliche Ermessensbetätigung im Verfahren vor Bundesgericht nur beschränkt überprüfbar. Eine Angemessenheitskontrolle (vgl. BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 zu Art. 132 lit. a OG) ist dem Gericht verwehrt; es hat nur zu prüfen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt, mithin überschritten, unterschritten oder missbraucht hat (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).
2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung zufolge selbst verschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG; Urteil 8C_958/2008 vom 30. April 2009 E. 2.2, in: ARV 2009 S. 264), namentlich wegen freiwilliger Stellenaufgabe nach Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV und der damit verbundenen Grenzen des Schadenminderungsprinzips bei der Zumutbarkeit (vgl. dazu BGE 124 V 234 E. 4b/aa S. 238) richtig wiedergegeben. Richtig sind ferner auch die Ausführungen zu Art. 20 lit. b des Übereinkommens Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 (SR 0.822.726.8; Urteile 8C_466/2007 vom 19. November 2007 E. 3.1, C 277/06 vom 3. April 2007 E. 2 und [des Eidg. Versicherungsgerichts] C 282/00 vom 11. Januar 2001 E. 1 mit Hinweisen) und zur Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV). Darauf wird verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzliche Beurteilung, wonach es für die unbestrittene fristlose Kündigung ohne Zusicherung einer anderen Stelle keinen Rechtfertigungsgrund in Form einer Unzumutbarkeit des weiteren Verbleibens am Arbeitsplatz gebe, und die Arbeitslosigkeit daher als selbst verschuldet - mit der Folge der Einstellung in der Anspruchsberechtigung - zu qualifizieren sei, Bundesrecht verletzt.
3.1 Im angefochtenen Entscheid wurde in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage mit nachvollziehbarer Begründung erkannt, dass aufgrund der teilweise massiv verspäteten Lohnzahlungen durchaus von einer Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin ausgegangen werden kann. Indessen sei es der Versicherten aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis beizubehalten, beziehungsweise dieses ordentlich zu kündigen, um eine Arbeitslosigkeit per 1. Februar 2012 zu vermeiden. Es hätten keine gesundheitliche Probleme oder persönliche Verhältnisse im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. c AVIG vorgelegen, welche das Arbeitsverhältnis an sich unzumutbar gemacht hätten. Wäre ein Verbleib an der Arbeitsstelle tatsächlich unzumutbar gewesen, hätte die Beschwerdeführerin eine Sicherstellung der Lohnzahlungen verlangen und die weitere Arbeitsleistung verweigern müssen. Das nach Erlass des Einspracheentscheides vorgelegte Schreiben des CEO der X.________ GmbH vom 31. August 2012, wonach die Versicherte mehrmals die Sicherstellung der Lohnzahlungen verlangt habe, qualifizierte das kantonale Gericht als reine Schutzbehauptung. Im weiteren stellte es fest, dass die ausstehenden Löhne gemäss Aktenlage immer noch nicht auf dem ordentlichen Rechtsweg eingefordert worden seien. Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbst verschuldeter Arbeitslosigkeit sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Ferner erscheine die auf 45 Tage bemessene, im mittleren Bereich des schweren Verschuldens angesiedelte Einstellungsdauer als vertretbar.
3.2 Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen diese Betrachtungsweise nicht in Zweifel zu ziehen. Das kantonale Gericht hat einlässlich begründet, weshalb die Beschwerdeführerin durch eigenes schweres Verschulden arbeitslos geworden ist. Der von der Versicherten auch letztinstanzlich geltend gemachte Einwand, die Leistungseinstellung sei unzulässig, da ihr das Verbleiben an der Arbeitsstelle über den 31. Januar 2012 hinaus wegen der grossen Lohnausstände und der fehlenden Reaktion auf ihre Aufforderung, für diese Sicherheit - namentlich eine Bankgarantie - zu leisten, nach Massgabe des Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV nicht zuzumuten und sie somit berechtigt gewesen sei, ohne Gewärtigung arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sanktionen zu kündigen, vermag nicht zu überzeugen. Angesichts der Stellung der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Firma, ihres hohen Lohnes von mindestens Fr. 20'000.- pro Monat, ihrer ökonomischen Ausbildung, der sich bereits seit Monaten hinziehenden verspäteten Zahlungen und der geltend gemachten Lohnausstände im hohen fünfstelligen Bereich, durfte die Vorinstanz davon ausgehen, eine Aufforderung zur Sicherstellung mit Fristansetzung hätte in schriftlicher Form erfolgen müssen. Damit ist die Würdigung des kantonalen Gerichts, die erst nach einem entsprechenden Vorwurf im Einspracheentscheid erstellte Bestätigung der ehemaligen Arbeitgeberin sei als reine Schutz-behauptung zu qualifizieren, nicht zu beanstanden. Das gleiche gilt hinsichtlich der erst letztinstanzlich vorgebrachten Argumentation, der Verbleib an der bisherigen Stelle sei ihr ab Ende Januar 2012 auch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar gewesen. Das letztinstanzlich erstmals eingereichte Zeugnis der Dr. med. V.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. Dezember 2012, worin diese eine depressive Symptomatik beschrieb, welche aus ärztlicher Sicht eine Distanzierung vom ehemaligen Arbeitgeber notwendig gemacht habe, ist als unzulässiges Novum (Art. 99 BGG) nicht zu berücksichtigen. Wäre die gesundheitliche Situation tatsächlich ein Grund gewesen, das Arbeitsverhältnis fristlos aufzulösen, hätte die Beschwerdeführerin dies bereits gegenüber der Arbeitslosenkasse oder spätestens vor dem kantonalen Gericht vorbringen müssen. Entscheidend ist schliesslich aber, dass die Versicherte auch letztinstanzlich nicht darlegt, warum sie das Arbeitsverhältnis fristlos auflöste. Es ist nicht ersichtlich, was es ihr geschadet hätte, bei bestehendem Vertragsverhältnis die Arbeit so lange niederzulegen, bis ihre Forderungen erfüllt gewesen wären oder allenfalls ordentlich zu kündigen. Während dieser Zeit hätte sie sich bei laufenden Lohnansprüchen eine neue Stelle suchen können. Das Argument, eine Durchsetzung der Lohnforderungen mittels Betreibung und eventuellem Konkursverfahren hätte nichts gebracht, bleibt unbewiesen. Indem sie auf ein konsequentes Vorgehen verzichtete, hat sie sich zudem allfällige Ansprüche auf Insolvenzentschädigung verbaut.
3.3 Wenn das kantonale Gericht auf dieser Grundlage das Verhalten der Beschwerdeführerin als Aufgabe einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund und ohne Zusicherung einer neuen Stelle qualifizierte, lässt sich diese Beweiswürdigung nicht beanstanden. Auch eine offensichtlich unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung lässt sich darin nicht erblicken. Die im Rahmen schweren Verschuldens im mittleren Bereich auf 45 Tage festgelegte Einstellungsdauer, welche vom Bundesgericht nur auf Ermessensmissbrauch oder aber Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung hin überprüft werden kann (vgl. E. 1 hievor), liegt in der Mitte des gesetzlichen Rahmens und erscheint daher angemessen.
4.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 27. März 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer