Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_671/2012
Urteil vom 11. April 2013
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys,
Gerichtsschreiber Borner.
Verfahrensbeteiligte
E._________,
vertreten durch Rechtsanwalt Luzi Stamm,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Kostenauflage (Verletzung der Verkehrsregeln); Willkür,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 18. September 2012.
Sachverhalt:
A.
Der Regionalpolizei Bremgarten fiel am 20. Dezember 2010 um 20:50 Uhr E._________s Personenwagen auf, der eingangs der A.________strasse in Bremgarten parkiert war. Als die Patrouille nach ca. 10-15 Minuten zurückkehrte, befand sich das Fahrzeug immer noch am selben Ort, und die Motorhaube fühlte sich kalt an.
Die Polizei stellte einen Bussenzettel über Fr. 140.-- aus (wegen Nichtbeachtens des Vorschriftssignals "Verbot für Motorwagen" und Parkierens in einer Begegnungszone an nicht dafür gekennzeichneten Stellen bis zu 2 Stunden) mit einer Bedenkfrist von 30 Tagen, die ungenutzt verstrich. Auch auf die polizeilichen Mahnungen vom 7. Februar und 24. Mai 2011 reagierte E._________ nicht. Im Juni 2011 erschien er auf dem Polizeiposten, um gegen die Busse einzusprechen. Er habe sein Fahrzeug höchstens 5 Minuten für den Warenumschlag abgestellt, was dort zulässig sei. Als der Polizist ihm erklärte, seine Zeitangabe könne nicht stimmen, gab er an, die Busse widerwillig zu bezahlen, und verliess wütend den Schalterbereich (kantonale Akten, act. 94 Ziff. 1.5 mit Hinweis auf act. 19 ff.).
B.
Mit Strafbefehl vom 7. Juli 2011 büsste die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten E._________ wegen der erwähnten Übertretungen mit Fr. 140.--.
Anlässlich der Einvernahme vor der Staatsanwaltschaft am 22. September 2011 beharrte E._________ darauf, keine Übertretung begangen zu haben, und verlangte das gerichtliche Verfahren (a.a.O., act. 29 f.).
C.
Das Bezirksgericht Bremgarten sprach E._________ am 13. Dezember 2011 vom Vorwurf des Nichtbeachtens des Vorschriftssignals "Verbot für Motorwagen" frei, büsste ihn jedoch wegen vorschriftswidrigen Parkierens mit Fr. 40.-- und auferlegte ihm die gesamten Verfahrenskosten von Fr. 522.--.
Die Berufung des E._________ betreffend die Verfahrenskosten wies das Obergericht des Kantons Aargau am 18. September 2012 ab.
D.
E._________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und ihm seien anstatt Fr. 522.-- nur Fr. 150.-- an Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 426 StPO.
1.1 Er sei im Hauptpunkt - Busse von Fr. 100.-- - freigesprochen worden. Wenn die Staatsanwaltschaft einen neuen Strafbefehl über lediglich Fr. 40.-- ausgestellt hätte, wäre das ordentliche Verfahren nicht notwendig gewesen. Den Grossteil der Verfahrenskosten habe somit nicht er verursacht.
Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. Dem verbindlichen Sachverhalt (E. A. und B. hievor) ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im polizeilichen Verfahren und auch vor der Staatsanwaltschaft weder die eine noch die andere Übertretung anerkannte und ausdrücklich das gerichtliche Verfahren verlangte.
1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 426 StPO sei analog der Kostenregelung im Rechtsmittelverfahren auszulegen, wonach die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens zu tragen haben (Art. 428 Abs. 1 StPO). Nur eine solche Gesetzesauslegung entspreche dem gesunden Rechtsempfinden und dränge sich deshalb gebieterisch auf.
Die Verlegung der Kosten (Art. 422 ff. StPO) richtet sich nach dem Grundsatz, wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht. So gründet die Kostentragungspflicht des Beschuldigten im Falle eines Schuldspruchs (Art. 426 Abs. 1 StPO) auf der Annahme, dass er Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens als Folge seiner Tat veranlasst und daher zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet sein soll. Erforderlich ist ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem zur Verurteilung führenden strafbaren Verhalten und den durch die Abklärung entstandenen Kosten (Urteil 6B_428/2012 vom 19. November 2012 E. 3.1 mit Hinweisen).
Wenn der Gesetzgeber bereits im erstinstanzlichen Verfahren dieselbe Kostenverteilung wie im Rechtsmittelverfahren gewollt hätte, ist nicht einzusehen, weshalb er dies - nur zwei Artikel zuvor - nicht kodifiziert hätte. Entscheidend ist jedoch, dass eine Kostenauflage auch möglich ist, wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird, sofern diese die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig und schuldhaft bewirkt hat (Art. 426 Abs. 2 StPO).
Die Polizei wurde auf den Beschwerdeführer aufmerksam, weil er sein Fahrzeug rechtswidrig parkiert hatte. Mit der Parkbusse ist seine Schuld erwiesen. Im selben Sachzusammenhang war zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer auch das Vorschriftssignal "Verbot für Motorwagen" verletzt hatte. Folglich waren die Untersuchungshandlungen adäquat kausal. Der vorinstanzliche Kostenentscheid ist nicht zu beanstanden.
2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Er stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und hat folgende Dokumente eingereicht: Einen Auszug aus der Steuererklärung, wonach er eine jährliche IV-Rente von Fr. 36'096.-- bezieht, eine Zusammenstellung der Krankenkassenprämien von jährlich Fr. 2'958.-- und ein Bankguthaben über Fr. 763.59 (act. 16, Beilagen 1-3). Zudem gibt er an, dies sei sein einziges Bankkonto, und die monatliche Miete belaufe sich auf Fr. 1'280.-- (act. 15).
Diese Angaben sind zu dürftig um zu belegen, dass er nicht über die erforderlichen Mittel für die Gerichtskosten verfügen soll (Art. 64 Abs. 1 BGG). Aus den kantonalen Akten ist ersichtlich, dass er mit alten Autos handelt und etwa zweimal monatlich Gäste vom Flughafen Basel in ein Hotel in Bremgarten chauffiert und sie anderntags mit dem Auto wieder abholt (kantonale Akten, act. 21, 29 und 47 f.). Dass diese Tätigkeiten nichts einbringen sollten, ist nicht anzunehmen. Eine Kopie der gesamten Steuerveranlagung hätte darüber Aufschluss gegeben wie auch über seine Vermögensverhältnisse. Die Höhe des Mietzinses hätte er mit einer Kopie des Mietvertrags oder mit Post- bzw. Bankbelegen nachweisen können.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. April 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Borner