BGer 9F_3/2013
 
BGer 9F_3/2013 vom 23.04.2013
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
9F_3/2013
Urteil vom 23. April 2013
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Gesuchsteller,
gegen
CSS Kranken-Versicherung AG,
Abteilung Recht & Compliance,
Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern,
Gesuchsgegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Leistungstarif),
Revisionsgesuch gegen das Urteil des
Schweizerischen Bundesgerichts 9C_252/2011
vom 14. Juli 2011.
Sachverhalt:
A.
Dr. med. A.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, führte am Zentrum X.________ mit einem FONAR Upright Gerät spezialisierte diagnostische MRI-Aufnahmen durch. Die CSS Kranken-Versicherung AG (CSS) stellte sich auf den Standpunkt, die Abrechnung dieser Untersuchungen erfolge nicht tarifkonform. Nach dem Scheitern eines Vergleichsverfahrens vor der Kantonalen Paritätischen Kommission (KPK) erhob die CSS beim Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich gegen Dr. med. A.________ Klage auf Rückzahlung. In teilweiser Gutheissung der Klage verpflichtete das Schiedsgericht Dr. med. A.________ mit Entscheid vom 4. Februar 2011 zur Rückerstattung von Fr. 5'818.10 nebst Zins zu 5 % seit 16. Juni 2008.
B.
Die von Dr. med. A.________ am 25. März 2011 gegen die Verpflichtung zur Rückerstattung erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wies das Bundesgericht mit Urteil 9C_252/2011 vom 14. Juli 2011 ab.
C.
Mit Eingabe vom 21. Februar 2013 ersucht Dr. med. A.________ um Revision des Urteils 9C_252/2011. Er beantragt, es sei eine Neubeurteilung der Beschwerde vom 25. März 2011 vorzunehmen. Nach der grundsätzlichen Gutheissung des Revisionsgesuches sei das Verfahren zu sistieren, bis die Vorinstanz über die bei ihr anhängigen Prozesse SR.2011.00003 und SR.2009.00009 entschieden habe.
Erwägungen:
1.
Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Ein solcher Revisionsgrund ist ausdrücklich geltend zu machen, wobei es nicht genügt, dessen Vorliegen zu behaupten. Der geltend gemachte Revisionsgrund ist im Revisionsgesuch unter Angabe der Beweismittel anzugeben und es ist aufzuzeigen, weshalb er gegeben und inwiefern deswegen das Dispositiv des früheren Urteils abzuändern sein soll (Urteil 8F_4/2009 vom 24. August 2009 E. 1.1).
Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid - mithin dem Urteil, um dessen Revision ersucht wird - entstanden sind. Nach der zum analogen Art. 137 lit. b OG ergangenen, gemäss BGE 134 III 45 E. 2.1 S. 47 weiterhin gültigen Rechtsprechung sind "neue" Tatsachen solche, die sich bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren; es handelt sich somit um unechte Noven. Die Geltendmachung echter Noven, also von Tatsachen, die sich erst nach Ausfällung des Urteils, das revidiert werden soll, zugetragen haben, ist ausgeschlossen. Die neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil des Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind. Erheblich ist ein Beweismittel, wenn anzunehmen ist, es hätte zu einem anderen Urteil geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren davon Kenntnis gehabt hätte. Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient (BGE 110 V 138 E. 2 S. 141; 108 V 170 E. 1 S. 171).
2.
Der Gesuchsteller stützt sein Revisionsbegehren auf Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG. Dazu bringt er zunächst sinngemäss vor, das Bundesgericht sei im Urteil 9C_252/2011 E. 6 massgebend auf eine Aussage in einem Bericht des "Tages-Anzeiger" eingegangen, die sich inzwischen als unrichtig erwiesen habe. Die im Revisionsgesuch verkürzte und aus dem Argumentationszusammenhang genommene Wiedergabe der betreffenden Passage gibt die entscheidwesentliche Aussage des Urteils nicht zutreffend wieder. Zunächst wurde in Urteil 9C_252/2011 E. 3-5 ausführlich dargelegt, dass (und weshalb) die vom Gesuchsteller praktizierte Verrechnung von TARMED-Tarifpositionen nicht den Charakter einer Tarifinterpretation hat, sondern auf eine Änderung der Tarifstruktur hinaus läuft, wofür indes die Paritätische Interpretationskommission TARMED (PIK), die Kantonale Paritätische Kommission (KPK), das Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten und das Bundesgericht nicht zuständig seien. Denn Änderungen der Tarifstruktur seien im Rahmen von Tarifverhandlungen zu bewerkstelligen. Etwas anderes wird auch im Revisionsgesuch zu Recht nicht geltend gemacht. Mit dieser Feststellung war für das Gericht aber die Frage nach der Rechtskonformität der vom Gesuchsteller praktizierten Tarifanwendung entschieden. Erst im Anschluss daran fügte es (in E. 6) hinzu, dass es sich "nach dem Gesagten" erübrige, auf weitere Rügen einzugehen. In diesem Zusammenhang - deutlich hervorgehoben als nicht entscheidwesentliche Frage - behandelte das Bundesgericht das von der Krankenkasse vorgetragene Argument, wonach das Gerät bei besserer Auslastung kostendeckend betrieben werden könne. Die Kasse hatte diese Behauptung mittels eines Zeitungsartikels aufgestellt.
3.
Der Gesuchsteller reicht nun bald zwei Jahre nach dem hier angefochtenen Urteil ein kollektiv unterzeichnetes Schreiben des CEO und des CFO des Röntgen-Instituts vom 18. Dezember 2012 nach. Demnach soll ein kostendeckender Betrieb der Geräte selbst bei maximaler Auslastung unter den geltenden Tarifbestimmungen nicht möglich sein. Dies stellt in zweifacher Hinsicht keine revisionsrechtlich erhebliche neue Tatsache im Sinne von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG dar: Zunächst war - wie vorne erwähnt (E. 2) - die Frage der Kostendeckung im Verhältnis zum Auslastungsgrad der Geräte für das Urteil vom 14. Juli 2011 nicht entscheidwesentlich. Sodann hätten Angaben zur (fehlenden) Wirtschaftlichkeit der Geräte unter der aktuellen Tarifstruktur - wenn schon - früher, spätestens im Rahmen des am 25. März 2011 eingeleiteten letztinstanzlichen Verfahrens beigebracht werden können bzw. müssen. Was die Verhältnisse nach dem Urteil vom 14. Juli 2011 betrifft, können sie als echte Noven (vorne E. 1) nicht im Rahmen eines Revisionsverfahrens vorgebracht werden. Demnach fällt eine Revision des Urteils vom 14. Juli 2011 nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG ausser Betracht.
4.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 23. April 2013
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kernen
Der Gerichtsschreiber: Schmutz