Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_180/2013
Urteil vom 30. Mai 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic,
gegen
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg.
Gegenstand
Entlassung aus der Untersuchungshaft,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 14. Mai 2013 des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiterin.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt gegen X.________ ein Verfahren wegen Drohung im Sinn von Art. 180 StGB; er soll gedroht haben, seinen Geschäftspartner umzubringen. X.________ wurde am 18. März 2013 verhaftet und am 21. März 2013 von der Haftrichterin des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau in Untersuchungshaft versetzt.
Am 8. Mai 2013 hiess die Haftrichterin des Zwangsmassnahmengerichts das Haftentlassungsgesuch von X.________ vom 1. Mai 2013 teilweise gut und ordnete anstelle von Untersuchungshaft an, X.________ dürfe keinen Kontakt zu Y.________ aufnehmen, einen Umkreis von 200 m um die Geschäftsräumlichkeiten der Z.________ AG nicht betreten und müsse wöchentlich eine Therapiesitzung bei Dr. A.________ absolvieren. Die Staatsanwaltschaft wurde angewiesen, X.________ innert dreier Stunden aus der Haft zu entlassen, wenn sie nicht innert gleicher Frist Beschwerde erhebe. Dieses Verdikt wurde X.________ um 11:45 Uhr mündlich und der Staatsanwaltschaft um 12:30 Uhr telefonisch eröffnet.
Die Staatsanwaltschaft reichte um 15:22 Uhr per Fax Beschwerde ein mit dem Antrag, die Untersuchungshaft gegen X.________ bis spätestens 18. Juni 2013 bzw. bis zum Eingang des psychiatrischen Gutachtens zu verlängern. Ausserdem ersuchte sie, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Am 13. Mai 2013 trat die Verfahrensleiterin der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft um Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht ein. Sie erwog, die Beschwerde mit dem Antrag um aufschiebende Wirkung sei verspätet erhoben worden, womit auch das Gesuch um aufschiebende Wirkung verspätet sei.
Am 14. Mai 2013 erteilte die Verfahrensleiterin der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts der Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufschiebende Wirkung zu und ordnete an, dass X.________ bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens in Haft zu bleiben habe. Zur Begründung führte sie an, als Verfahrensleiterin der Rechtsmittelinstanz sei sie nach Art. 387 StPO zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung zuständig und könne diese auch von Amtes wegen erteilen. Nach eingehenderem Studium der Akten sei sie zum Schluss gekommen, dass der dringende Tatverdacht gegeben und Ausführungsgefahr nicht von der Hand zu weisen sei.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, den obergerichtlichen Entscheid vom 14. Mai 2013 aufzuheben. Ausserdem ersucht er das Bundesgericht, superprovisorisch seine Haftentlassung anzuordnen.
C.
Die Staatsanwaltschaft beantragt in ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde sowie das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
X.________ verzichtet auf eine Replik.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein in einem Beschwerdeverfahren vor der letzten kantonalen Instanz gegen einen Haftentscheid ergangener Entscheid, gegen den die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen steht. Der angefochtene Entscheid der Verfahrensleiterin erkennt der Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufschiebende Wirkung zu mit der Folge, dass der Beschwerdeführer bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens in Haft bleibt. Er schliesst damit das Verfahren nicht ab, es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG u. a. dann anfechtbar ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Das ist bei der Fortführung der Haft ohne Weiteres der Fall, der Beschwerde steht somit auch unter diesem Gesichtspunkt nichts entgegen.
2. Das Bundesgericht hat in BGE 138 IV 92 E. 2 indessen dargelegt, dass und weshalb in dieser Konstellation die Beschwerde ans Bundesgericht ausgeschlossen ist. Auch wenn im damals beurteilten Fall die Parteirollen vertauscht waren - die Staatsanwaltschaft wollte die Inhaftierung des aus der Haft entlassenen Beschuldigten für die Dauer des Verfahrens erreichen - können diese Ausführungen mutatis mutandis auch im vorliegenden Fall uneingeschränkt Geltung beanspruchen:
Ein Beschuldigter, der nach einem für ihn günstigen Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts in Haft behalten wird, weil die Verfahrensleiterin der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nach Art. 387 StPO aufschiebende Wirkung zuerkannte (oder nach Art. 388 lit. b StPO für die Dauer des Verfahrens Haft anordnete), kann diesen Entscheid nicht beim Bundesgericht anfechten. Denn vor Bundesgericht würde diesfalls die gleiche Rechtsfrage anhängig gemacht, die vor der Beschwerdeinstanz noch zum (definitiven) Entscheid ansteht, und dies nicht während eines nicht absehbaren, unbestimmten Zeitraums, sondern nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben sofort, d.h. innert weniger Tage. Bei dieser prozessualen Konstellation würde ein Weiterzug der Verfügung der Verfahrensleiterin an das Bundesgericht zu einer doppelten, konkurrierenden Zuständigkeit verschiedener Gerichtsinstanzen für die gleiche Streitfrage mit der Gefahr unkoordinierter und widersprüchlicher Entscheide und von Verfahrensverzögerungen führen. Dies verstiesse gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Einheit und Widerspruchsfreiheit des Verfahrens (Art. 9 BV; BGE 117 Ib 35 E. 3e S. 39) sowie gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO).
Überdies müsste die Beurteilung dieser verfahrensleitenden Verfügung durch das Bundesgericht auf der Grundlage bloss rudimentärer Informationen erfolgen, da die knappe Zeit für ihre Begründung und ihre Anfechtung eine vollständige Darlegung der massgebenden Umstände in der Regel nicht erlaubt. Ausserdem wären praktische Schwierigkeiten bei der Verfahrensinstruktion unausweichlich, zumal die Akten, insbesondere das Hauptdossier, gleichzeitig von der Beschwerdeinstanz benötigt werden und rasch bearbeitet werden müssen (Art. 31 Abs. 4 BV). Mit Blick auf diese prozessualen Besonderheiten muss es dem Beschuldigten verwehrt bleiben, seine von der Verfahrensleiterin der Beschwerdeinstanz für die Dauer des Verfahrens angeordnete Fortsetzung der Haft beim Bundesgericht anzufechten. Er muss den Sachentscheid der Beschwerdeinstanz abwarten und kann nur gegen diesen Beschwerde beim Bundesgericht einlegen, sofern er dannzumal noch über ein aktuelles praktisches Rechtsschutzinteresse verfügt (vgl. dazu BGE 137 IV 87).
3.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiterin, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Mai 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Störi