BGer 6B_628/2012
 
BGer 6B_628/2012 vom 18.07.2013
{T 0/2}
6B_628/2012
 
Urteil vom 18. Juli 2013
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Faga.
 
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
9. I.________,
10. J.________,
11. K.________,
12. L.________,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Regina Marti,
Beschwerdeführerinnen,
gegen
1.  Schweizerische Bundesanwaltschaft, 3003 Bern,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Liniger,
3. Z.________,
vertreten durch Fürsprecher Martin Schmutz,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Genugtuung; Willkür, rechtliches Gehör etc.,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 1. Dezember 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Die Privatklägerinnen (Beschwerdeführerinnen) machen unter Hinweis auf Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Mit Blick auf die Formulierung im vorinstanzlichen Urteilsdispositiv ("Genugtuung für deren unmittelbare Beeinträchtigung ihrer Persönlichkeit durch die Umstände der Prostitution") bleibe offen, ob die Vorinstanz die Genugtuung im Zusammenhang mit den Straftaten des Menschenhandels und der Förderung der Prostitution bemesse. Deshalb könne dem Urteil auch nicht entnommen werden, weshalb die Vorinstanz einen Teil der Genugtuungsansprüche lediglich dem Grundsatz nach entscheide. Welche Ansprüche beurteilt und welche lediglich dem Grundsatz nach entschieden worden seien, werde nicht erläutert (Beschwerde S. 7 f.). Die Beschwerdeführerinnen rügen zudem eine Verletzung des Verbots der (formellen) Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV. Sie hätten im vorinstanzlichen Verfahren beantragt, die Beschwerdegegner dem Grundsatz nach zur Zahlung des weiteren Schadens, insbesondere zur Zahlung der Kosten einer therapeutischen Behandlung, zu verpflichten. Die Vorinstanz habe dies in ihren Erwägungen weder thematisiert noch darüber befunden (Beschwerde S. 9).
1.2. Der in Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt, dass die Behörden die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hören, prüfen und in der Entscheidfindung berücksichtigen. Die Behörde darf sich in ihrem Entscheid auf die wesentlichen Gesichtspunkte und Leitlinien beschränken und braucht sich nicht mit jedem sachverhaltlichen oder rechtlichen Einwand auseinanderzusetzen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270; 136 I 229 E. 5.2 S. 236; je mit Hinweisen). Eine Gehörsverletzung im Sinne einer formellen Rechtsverweigerung liegt nach der Praxis des Bundesgerichts vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber entscheiden müsste (BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9 mit Hinweis).
1.3. Die Vorinstanz verpflichtete die Beschwerdegegner, den Privatklägerinnen "Genugtuung für deren unmittelbare Beeinträchtigung ihrer Persönlichkeit durch die Umstände der Prostitution" zu leisten (Dispositiv-Ziffern VII.1. und VII.2.). Zusätzlich wurden die Beschwerdegegner "dem Grundsatz nach verpflichtet, unter dem Titel der Genugtuung für weitere Beeinträchtigungen der Persönlichkeit der Privatklägerinnen, die aus den Umständen der Prostitution folgten, aufzukommen" (Dispositiv-Ziffer VII.3.). Soweit die Beschwerdeführerinnen vorbringen, die gewählte Formulierung "Umstände der Prostitution" lasse nicht erkennen, ob sich die Genugtuungssumme auf die Persönlichkeitsverletzung "aus den beiden schweren Delikten" beziehe, kann ihnen nicht gefolgt werden. Die Beschwerdegegner wurden der Förderung der Prostitution und des Menschenhandels zulasten der Beschwerdeführerinnen verurteilt. Die Genugtuung wurde für die Tathandlungen auferlegt, derentwegen die Beschwerdegegner schuldig gesprochen worden sind. Dies geht auch mit Blick auf die Entscheidmotivation hervor (S. 129 ff.). Die Begründung der Genugtuung (Dispositiv-Ziffern VII.1. und VII.2.) erscheint in diesem Sinne nicht als ungenügend. Ebenso unbegründet ist die im gleichen Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung von Art. 122 ff. StPO (Beschwerde S. 13 f.).
 
2.
2.1. Die Vorinstanz hält dazu einleitend fest, Frauen, welche sich bereits in Brasilien prostituiert hätten, werde keine Genugtuung zugesprochen. Nur eine geringe Genugtuung sei auszurichten, wenn eine Frau in Brasilien nicht der Prostitution nachgegangen sei, jedoch vor der Einreise in die Schweiz in eine entsprechende Tätigkeit eingewilligt habe. Die grösste Entschädigung sei für jene Frauen festzusetzen, welche sich vor der Einreise nicht prostituiert hätten und unter falschen Versprechen in die Schweiz gelockt worden seien (Entscheid S. 130).
2.2. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 44 und Art. 49 OR. Sie bringen vor, Menschenhandel und Förderung der Prostitution führten notwendigerweise zur Verletzung der sexuellen und psychischen Integrität der Opfer. Die Beschwerdeführerinnen zitieren die vorinstanzlichen Erwägungen, wonach sie (die Beschwerdeführerinnen) in ihrer Handlungsfreiheit und (sexuellen) Selbstbestimmung eingeschränkt worden seien und eine Verneinung der Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit geradezu zynisch sei. Sie hätten nebst der erheblichen Einschränkung ihrer sexuellen Selbstbestimmung mannigfaltige psychische Beeinträchtigungen erlebt. Indem die Vorinstanz Frauen mit einer früheren Prostitutionstätigkeit in Brasilien keine Genugtuung ausrichte, verneine sie eine Persönlichkeitsverletzung, welche einen Genugtuungsanspruch gewähre. Das vorinstanzliche Urteil trage etwa der Zwangssituation, dem Verlust der Selbstbestimmung, der sexuellen Ausnutzung und der psychischen Bedrängnis der Opfer von Menschenhandel und Förderung der Prostitution nicht genügend Rechnung. Sie hätten sich alle unter dem Diktat des Schuldenabbausystems befunden und nicht freiwillig prostituiert. Einer allfälligen Berücksichtigung von Mit- oder Selbstverschulden stehe das erhebliche Verschulden der Täter und die vorsätzliche Tatbegehung entgegen. Auch könne nicht von einer konstitutionellen Prädisposition der Opfer ausgegangen werden, welche zu einer Verschlimmerung des Schadens geführt hätte. Insgesamt verletze die Vorinstanz das ihr bei der Bemessung der Genugtuung zustehende Ermessen (Beschwerde S. 14 ff.).
2.3. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht werden kann (Art. 49 Abs. 1 OR). Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene Unbill. Bemessungskriterien sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags. Die Höhe der Summe, die als Abgeltung erlittener Unbill in Frage kommt, lässt sich naturgemäss nicht errechnen, sondern nur schätzen (BGE 132 II 117 E. 2.2.2 S. 119 mit Hinweisen). Sie ist eine Entscheidung nach Billigkeit. Es gibt mithin nicht nur eine richtige Entscheidung, sondern in einer gewissen Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, dem Gebot der Billigkeit gehorchenden Lösungen (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120; 123 II 210 E. 2c S. 212 f.). Die Genugtuung darf nicht nach schematischen Massstäben oder nach festen Tarifen festgesetzt, sondern muss dem Einzelfall angepasst werden. Dies schliesst weder den Rückgriff auf Präjudizien im Sinne eines Richtwerts aus noch die Bewertung der immateriellen Beeinträchtigung in zwei Phasen, nämlich einer objektiven Berechnungsphase mit einem Basisbetrag als Orientierungspunkt und einer nachfolgenden Phase, in der die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt werden (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120 mit Hinweisen).
2.4. Die Machenschaften der Beschwerdegegner (lit. A hievor) führten zu deren Verurteilungen wegen Menschenhandels und Förderung der Prostitution zum Nachteil (unter anderem) der Beschwerdeführerinnen. Laut den vorinstanzlichen Feststellungen überwachte der Beschwerdegegner die in seinen Studios tätigen Frauen. Er diktierte die Bedingungen, unter denen sie sich prostituierten. Es ist nach der Einschätzung der Vorinstanz "offensichtlich, dass die Frauen bereits zu Beginn nicht mehr frei waren, sich auf die Prostitution unter den vorgegebenen Bedingungen einzulassen oder nicht". Die Beschwerdeführerinnen waren durch die Machtposition des Beschwerdegegners nicht mehr frei in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nachgehen wollten (Entscheid S. 61 f.). Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdegegner ein erniedrigendes Schuldenabbausystem kreiert hatte und die Notlage der Frauen schamlos ausnutzte. Diese lebten in den Studios unter "sklavenähnlichen" Bedingungen. Der Beschwerdegegner offenbarte eine erhebliche kriminelle Energie und handelte aus rein egoistischen, finanziellen Motiven (Entscheid S. 109). Ein Schuldspruch wegen Menschenhandels setzt voraus, dass die betroffene Person in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden ist (BGE 129 IV 81 E. 3.1 S. 91 f. mit Hinweis). Das Verbot der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 StGB schützt die Entscheidungsfreiheit einer Person, die sich prostituiert. Die Strafbarkeit bedingt, dass auf die betroffene Person ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem sie sich nicht ohne Weiteres entziehen kann, wodurch sie in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nachgehen will, nicht mehr vollständig frei ist. Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass die Überwachung oder die bestimmende Einflussnahme dem Willen oder den Bedürfnissen der betroffenen Person zuwiderläuft (BGE 129 IV 81 E. 1.2 S. 83 f. mit Hinweisen). Die Verurteilungen der Beschwerdegegner implizieren demnach, dass sie, indem sie die wirtschaftliche und soziale Zwangslage der Prostituierten ausnutzten und den Druck durch verschiedene Massnahmen zusätzlich verstärkten, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Beschwerdeführerinnen und ihre Entscheidungsfreiheit im obgenannten Sinne verletzten. Die Beschwerdeführerinnen argumentieren deshalb zu Recht, dem Delikt des Menschenhandels sei ein weitreichender Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung der Opfer immanent (Beschwerde S. 14 f.).
2.4.1. Indem die Vorinstanz den Beschwerdeführerinnen, welche sich bereits vor der Einreise in die Schweiz prostituierten, keine Genugtuung zuspricht (D.________, G.________, I.________ und J.________), trägt sie den wesentlichen Kriterien nicht Rechnung. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wurden sämtliche Beschwerdeführerinnen in ihrer Anwesenheit und Tätigkeit in den Salons streng kontrolliert. Sie waren im Ergebnis dem Diktat des Beschwerdegegners nahezu ausgeliefert. Durch dessen Regime und die konkreten Umstände waren die Frauen einem starken und anhaltenden Druck ausgesetzt, dem sie sich kaum entziehen konnten. Dadurch waren sie in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nachgehen wollten, nicht mehr frei. Das Bundesgericht hielt (im Rahmen der Strafzumessung) fest, die Schwere einer Vergewaltigung oder einer sexuellen Nötigung zum Nachteil einer Prostituierten respektive das Verschulden des Täters werde mit Blick auf die vom Opfer ausgeübte berufliche Tätigkeit in keiner Weise relativiert. Eine Prostituierte sei nicht weniger als andere Personen berechtigt, eine sexuelle Beziehung oder bestimmte sexuelle Praktiken zu verweigern (Urteil 6B_287/2009 vom 18. Mai 2010 E. 1.3). Entsprechendes muss auch betreffend die Art und Schwere der Persönlichkeitsverletzung gelten, welche den vier obengenannten Beschwerdeführerinnen widerfuhr. Der Umstand, dass diese Frauen bereits vor ihrer Einreise in die Schweiz Prostituierte waren, vermag an der Beschränkung ihrer Entscheidungsfreiheit und an der nicht leichten Verletzung ihres sexuellen Selbstbestimmungsrechts nichts zu ändern. Die Beschwerdeführerinnen bringen zu Recht vor, die Vorinstanz trage der erlittenen Zwangssituation, dem Verlust der Selbstbestimmung, der sexuellen Ausnutzung und der psychischen Bedrängnis nicht genügend Rechnung. Indem die Vorinstanz einen Genugtuungsanspruch verneint, verletzt sie ihr Ermessen. Es erübrigt sich, auf die weiteren in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Beschwerdeführerinnen (Beschwerde S. 6 f. und S. 11 f.) näher einzugehen. Soweit die Vorinstanz annimmt, die genannten Frauen hätten von der Prostitution gewusst, ist auf die nachfolgende Erwägung 2.4.2 zu verweisen.
2.4.2. Die Vorinstanz stellt nicht eindeutig fest, was die von ihr im Rahmen der Bemessung der Genugtuung in Rechnung gestellte Einwilligung "in die Prostitution" umfasste (Entscheid S. 130). Unklar ist, ob die angeworbenen Frauen nebst ihrem Engagement als Prostituierte auch über die konkreten Arbeitsbedingungen und die konkreten Umstände ihres Aufenthalts in der Schweiz aufgeklärt wurden, und mithin darin einwilligten. Insbesondere geht aus dem vorinstanzlichen Entscheid nicht klar hervor, zu welchem Zeitpunkt den Beschwerdeführerinnen die Höhe ihrer massiven, vom Beschwerdegegner frei erfundenen Schulden und das Abrechnungssystem eröffnet wurden. Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, sie seien nicht in Kenntnis über die Schulden, das Schuldenabbau- und Betriebssystem des Beschwerdegegners in die Schweiz gereist (Beschwerde S. 10). Zum einen erwägt die Vorinstanz, die Beschwerdeführerinnen seien "in Brasilien korrekt über die Arbeit, die sie erwartete, und die Bedingungen, unter welchen sie arbeiten würden, informiert worden" (Entscheid S. 40). Dies kann so verstanden werden, dass sämtliche Frauen (mit Ausnahme jener, welche mit einem falschen Versprechen in die Schweiz gelockt wurden) vor der Einreise vollständig und korrekt über die wesentlichen Arbeitsmodalitäten orientiert worden waren und die Reise im Wissen darum antraten. Die Vorinstanz hält in der Folge etwa fest, E.________ habe bereits in Brasilien gewusst, dass sie Fr. 11'200.-- Schulden und die Hälfte der Einnahmen abzugeben habe. Zumindest diese beiden Umstände waren ihr nach den vorinstanzlichen Feststellungen bekannt. F.________ habe "von der Prostitution in der Schweiz und den Schulden gewusst". Wenn aber einleitend festgehalten wird, dass sämtliche Beschwerdeführerinnen korrekt über Arbeit und Bedingungen ins Bild gesetzt wurden (und mit "Bedingungen" die konkreten Arbeitsbedingungen, die Schulden, deren Höhe und die Abrechnungsmodalitäten gemeint sind), so wäre es im Grunde genommen obsolet, bei einzelnen Frauen deren Wissen über die Schulden respektive Bedingungen (I.________) zu unterstreichen. Gleichzeitig wird bei anderen Frauen teilweise lediglich angemerkt, dass sie von der "Prostitution" in der Schweiz wussten (beispielsweise H.________). Es bleibt unklar, ob hier etwa die Schulden und das Abrechnungssystem vor der Reise thematisiert wurden. C.________ scheint so weit erkennbar erst in der Schweiz von den Schulden und deren Höhe erfahren zu haben (vgl. Entscheid S. 127 ff.). Es ist insgesamt nicht eindeutig nachvollziehbar, welche Beschwerdeführerinnen wann und inwiefern orientiert wurden.
2.4.3. Für die Bemessung der Genugtuung durfte mit den Beschwerdeführerinnen (Beschwerde S. 19) keine Rolle spielen, dass A.________ in Brasilien vom Freund ihrer Mutter sowie vom Ehemann geschlagen und B.________ vom Ehemann bedroht worden waren (Entscheid S. 130 f.). Die Vorinstanz greift damit das Kriterium der konstitutionellen Prädisposition respektive des "krankhaften Vorzustands" eines Opfers auf. Die konstitutionelle Prädisposition der geschädigten Person kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als mitwirkender Zufall zu einer Kürzung des Ersatzanspruchs führen und insofern die Schadensberechnung (Art. 42 OR) oder die Bemessung des Schadenersatzes (Art. 43/44 OR) beeinflussen. Eine vorbestehende Gesundheitsschädigung, die sich auch ohne das schädigende Ereignis ausgewirkt hätte, ist bei der Schadensberechnung gemäss Art. 42 OR zu berücksichtigen. Dem Haftpflichtigen ist nur der tatsächlich auf das Ereignis zurückzuführende Schaden zurechenbar, für das er haftet. Die vermögensrechtlichen Folgen vorbestehender Schwächen, die sich mit Sicherheit oder doch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne das schädigende Ereignis (z.B. in einer verkürzten Lebens- oder Aktivitätsdauer) ausgewirkt hätten, sind von der Schadensberechnung anteilsmässig auszuscheiden. Wäre der Schaden dagegen ohne den Vorfall voraussichtlich überhaupt nicht eingetreten, so bleibt der Haftpflichtige dafür voll verantwortlich, wenn der krankhafte Vorzustand den Eintritt des Schadens begünstigt oder dessen Ausmass vergrössert hat. Dem Anteil der Prädisposition kann in diesem Fall im Rahmen von Art. 44 OR Rechnung getragen werden (BGE 131 III 12 E. 4 S. 13 f. mit Hinweisen). Art. 44 Abs. 1 OR gibt dem Gericht somit die Möglichkeit, dem Anteil der Prädisposition an der Kausalität Rechnung zu tragen, wenn es unbillig erschiene, den Schädiger zum Ersatz des gesamten Schadens zu verpflichten. Die Grösse des Verschuldens des Haftpflichtigen ist in Beziehung zum Anteil der Prädisposition an der Kausalität zu setzen. Wiegt das Verschulden des Schädigers schwer, während sich die Vorbelastung des Geschädigten nur in geringem Masse ausgewirkt hat, so erscheint eine Reduktion des Ersatzanspruchs in aller Regel nicht angemessen (Urteil 4C.416/1999 vom 22. Februar 2000 E. 2c/aa; vgl. auch Beatrice Gurzeler, Beitrag zur Bemessung der Genugtuung, 2005, S. 282 f., wonach eine Herabsetzung der Genugtuung wegen konstitutioneller Prädisposition bei vorsätzlich begangenen schweren Straftaten gegen Leib, Leben und sexuelle Integrität in der Regel ausgeschlossen ist).
2.4.4. Vier Beschwerdeführerinnen, welche mit falschen Versprechen in die Schweiz gelockt wurden, spricht die Vorinstanz schliesslich eine Genugtuung von Fr. 5'000.-- (B.________, Aufenthaltsdauer im Massagesalon von 6 Tagen), Fr. 12'000.-- (L.________, Aufenthaltsdauer von rund 3½ Monaten), Fr. 10'000.-- (A.________, Aufenthaltsdauer von 2 - 3 Monaten) und Fr. 10'000.-- (K.________, Aufenthaltsdauer von 4 Monaten) zu. Die Vorinstanz berücksichtigt nebst der Aufenthaltsdauer weitere Umstände wie etwa schwere Angstzustände, Schlaflosigkeit, Notwendigkeit psychologischer und medikamentöser Behandlung und damit die Auswirkungen der Straftaten der Beschwerdegegner auf die Persönlichkeiten der Beschwerdeführerinnen. Ob die Höhe der Genugtuungen von Fr. 5'000.-- an B.________ und Fr. 10'000.-- an A.________ angemessen ist, kann hier offengelassen werden. Die Vorinstanz wird diese neu festzusetzen haben (E. 3.4.3 hievor). Im Übrigen (betreffend L.________ und K.________) wird in der Beschwerde nicht rechtsgenügend dargetan, dass und inwiefern die Genugtuungsleistungen von Fr. 12'000.-- respektive Fr. 10'000.-- ausserhalb des vorinstanzlichen Ermessensspielraums liegen sollten und die Vorinstanz Bundesrecht (Art. 49 OR) verletzt. Darauf ist nicht näher einzugehen (Art. 42 Abs. 2 BGG).
 
3.
3.1. Die Beschwerdeführerinnen sehen Art. 73 StGB verletzt. Sie bringen vor, die beim Beschwerdegegner eingezogenen Vermögenswerte seien ihnen bereits im Strafurteil und nicht erst nach Vollstreckung der Ersatzforderung zuzusprechen (Beschwerde S. 20 f.).
3.2. Nach Art. 73 StGB ("Verwendung zu Gunsten des Geschädigten") spricht das Gericht dem Geschädigten, der durch ein Verbrechen oder ein Vergehen einen Schaden erleidet, der nicht durch eine Versicherung gedeckt ist, auf dessen Verlangen bis zur Höhe des Schadenersatzes bzw. der Genugtuung, die gerichtlich oder durch Vergleich festgesetzt worden sind, unter anderem die vom Verurteilten bezahlte Geldstrafe oder Busse (Abs. 1 lit. a), die eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös unter Abzug der Verwertungskosten (Abs. 1 lit. b) oder die Ersatzforderungen (Abs. 1 lit. c) zu, wenn anzunehmen ist, dass der Täter den Schaden nicht ersetzen oder eine Genugtuung nicht leisten wird. Die Kantone sehen für den Fall, dass die Zusprechung nicht schon im Strafurteil möglich ist, ein einfaches und rasches Verfahren vor (Abs. 3).
3.3. Die Vorinstanz hat auf eine Ersatzforderung des Staates gegenüber dem Beschwerdegegner von Fr. 600'000.-- erkannt, den beim Beschwerdegegner beschlagnahmten Betrag von Fr. 25'735.10 eingezogen und die nachträgliche Zuweisung im Sinne von Art. 73 Abs. 3 StGB nach Vollstreckung der Ersatzforderungen verfügt (Dispositiv-Ziffern I.5., VI.1. und VII.7.). Die Beschwerdeführerinnen verlangen einen akzessorischen Zuweisungsentscheid betreffend die beim Beschwerdegegner eingezogenen Vermögenswerte und einen nachträglichen Zuweisungsentscheid nach Eingang der Ersatzforderung. Zum einen sind ihre Ausführungen wenig substanziiert. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das angeführte Konkursverfahren aufgrund der in der Beschwerdeschrift erwähnten Ansprüche des Konkursamts langwierig sein sollte, was mit Letzteren gemeint ist und inwiefern die Beschwerdeführerinnen beschwert sind. Beispielsweise ist unklar, ob die Beschwerdeführerinnen behaupten, ihre Ansprüche respektive jene des einziehenden Staates würden durch Forderungen übriger Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren konkurrenziert. Darauf muss nicht näher eingegangen werden (vgl. dazu etwa Urteil 7B.106/2005 vom 30. September 2005 E. 3.3 und 3.5; Domenico Acocella, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 3 und 6 zu Art. 44 SchKG). Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügt. Das Vorgehen der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Mit Blick auf die Schadenersatzansprüche der Beschwerdeführerinnen im Totalbetrag von rund Fr. 127'000.-- nebst 5 % Zins seit (mehrheitlich) März 2006, die zusätzlich zuzusprechenden Genugtuungssummen und den verhältnismässig geringen beim Beschwerdegegner beschlagnahmten Betrag sprechen verfahrensökonomische Gründe dafür, die Verwendung zu Gunsten der Geschädigten nach erfolgter Zwangsvollstreckung der staatlichen Ersatzforderung vorzunehmen. Die Vorinstanz führt zutreffend Gründe der Praktikabilität an (Vernehmlassung S. 1). Ihre Anordnung verletzt kein Bundesrecht.
 
4.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Bundesstrafgerichts vom 1. Dezember 2011 wird in den Ziffern VII.1., VII.2. und VII.3. aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
3. Es werden keine Kosten erhoben.
4. Die Bundesanwaltschaft hat die Vertreterin der Beschwerdeführerinnen, Rechtsanwältin Regina Marti, mit Fr. 2'400.-- zu entschädigen.
5. Der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen, Rechtsanwältin Regina Marti, wird eine Entschädigung von Fr. 600.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
6. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Juli 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Faga