Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
1C_286/2013
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Urteil vom 4. Oktober 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
Helvetia Nostra,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Werner Rechsteiner,
Gemeinde Filisur, 7477 Filisur.
Gegenstand
Baueinsprache,
Beschwerde gegen das Urteil vom 19. Februar 2013 des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5. Kammer.
Sachverhalt:
A.
Mit Baugesuch vom 20. September 2012 beantragten X.________ und Y.________ die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau der Mehrfamilienhäuser A1-A4, B1-B3 und C1-C2 auf den Parzellen 533 und 535, Quartier Zinols, in Filisur. Dagegen erhob die Helvetia Nostra Einsprache. Am 27. Dezember 2012 trat die Baubewilligungsbehörde auf die Einsprache mangels Legitimation nicht ein und erteilte die Baubewilligung.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde der Helvetia Nostra wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 19. Februar 2013 ab. Es entschied, die Gemeinde sei zu Recht auf die Einsprache der Helvetia Nostra nicht eingetreten.
Im Übrigen ging es davon aus, dass Art. 75b BV erst auf Baubewilligungen anwendbar sei, die nach dem 1. Januar 2013 erteilt würden. Daraus ergebe sich, dass auch in Gemeinden wie Filisur, in denen die kritische Grenze von 20 % Zweitwohnungen überschritten sei, im Jahr 2012 noch Baubewilligungen für Zweitwohnungen nach bisherigem Recht erteilt werden durften.
C.
Dagegen erhob die Helvetia Nostra am 18. März 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Eventualiter sei die dem Projekt von X.________ und Y.________ in Filisur erteilte Baubewilligung aufzuheben.
D.
Das Verfahren wurde bis zum Vorliegen eines Grundsatzentscheids des Bundesgerichts zur Frage der Beschwerdebefugnis der Helvetia Nostra und der Anwendbarkeit von Art. 75b BV und Art. 197 Ziff. 9 BV zurückgestellt.
Am 22. Mai 2013 fällte das Bundesgericht die ersten Leitentscheide: Es bejahte die Beschwerdebefugnis der Helvetia Nostra (BGE 139 II 271) sowie die direkte Anwendbarkeit von Art. 75b BV und Art. 197 Ziff. 9 BV ab dem 11. März 2012 (BGE 139 II 243 und 263).
Im Anschluss an diese Urteile wurde das Verfahren fortgesetzt.
E.
X.________ und Y.________ (im Folgenden: die Beschwerdegegner) beantragen, die Beschwerde sei in Bezug auf die Einsprache- und Beschwerdelegitimation der Helvetia Nostra gutzuheissen und die Sache sei zur materiellen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Sie teilen mit, dass sie nicht beabsichtigen, auf die Realisierung des Bauvorhabens zu verzichten, sondern vorhätten, die Bauten als Erstwohnungen oder als bewirtschaftete Zweitwohnungen zu realisieren. Sie seien denn auch bereit, eine entsprechende Auflage in der Baubewilligung zu akzeptieren. Sie weisen darauf hin, dass vor Verwaltungsgericht noch zwei Beschwerden von Nachbarn gegen das Bauvorhaben hängig seien (Verfahren R 13 28 und R 13 108). Es biete sich deshalb an, die verschiedenen Verfahren auf Stufe Verwaltungsgericht nach erfolgter Rückweisung zu koordinieren.
Die Gemeinde und das Verwaltungsgericht haben sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
Die Plafonierung des Zweitwohnungsbaus gemäss Art. 75b BV stellt eine Bundesaufgabe dar, die der Schonung der Natur und des heimatlichen Landschaftsbildes dient. Die nach Art. 12 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) beschwerdebefugten Organisationen im Bereich des Natur- und Heimatschutzes - zu denen auch die Helvetia Nostra gehört - können daher Baubewilligungen wegen Verletzung von Art. 75b BV und seiner Übergangs- und Ausführungsbestimmungen anfechten (BGE 139 II 271 E. 11 S. 276 ff.). Das Verwaltungsgericht und die Gemeinde Filisur haben somit die Einsprachebefugnis der Beschwerdeführerin zu Unrecht verneint.
2.
Das Verwaltungsgericht ging überdies davon aus, dass die neuen Verfassungsbestimmungen nicht anwendbar seien auf Baubewilligungen, die zwischen dem 11. März 2012 und dem 31. Dezember 2012 erstinstanzlich erteilt wurden (Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV e contrario).
Das Bundesgericht hat in BGE 139 II 243 (E. 9-11 S. 249 ff.) entschieden, dass Art. 75b Abs. 1 BV seit seinem Inkrafttreten am 11. März 2012 anwendbar ist. Zwar bedarf diese Bestimmung in weiten Teilen der Ausführung durch ein Bundesgesetz. Unmittelbar anwendbar ist sie jedoch insoweit, als sie (in Verbindung mit Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV) ein Baubewilligungsverbot für Zweitwohnungen in allen Gemeinden anordnet, in denen der 20 %-Zweitwohnungsanteil bereits erreicht oder überschritten ist. Dies hat zur Folge, dass Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 11. März und dem 31. Dezember 2012 in den betroffenen Gemeinden erteilt wurden, auf Beschwerde aufzuheben sind.
3.
Die Beschwerde ist daher grundsätzlich gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Fraglich ist, ob die Sache an das Verwaltungsgericht oder (unter Mitaufhebung des Einsprache- und Baubewilligungsentscheids) an die Gemeinde zurückzuweisen ist (Art. 107 Abs. 2 BGG).
Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass noch zwei weitere Beschwerden gegen das Bauvorhaben vor Verwaltungsgericht hängig sind. Es erscheint sinnvoll, diese Verfahren mit dem Vorliegenden zu koordinieren. Dem Antrag auf Rückweisung an das Verwaltungsgericht ist daher zu entsprechen.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens obsiegt die Beschwerdeführerin; die privaten Beschwerdegegner werden daher kostenpflichtig (Art 66 BGG). Zwar haben sie weder vor Verwaltungsgericht (mangels Schriftenwechsels) noch vor Bundesgericht die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie haben jedoch durch die Einreichung des Baugesuchs das Verfahren veranlasst und sind deshalb im vorliegenden Verfahren notwendigerweise Gegenpartei bzw. Beschwerdegegner; als solche tragen sie grundsätzlich das Prozess- und Kostenrisiko (BGE 123 V 156 E. 3c S. 158).
Die Beschwerdeführerin war vor Bundesgericht nicht anwaltlich vertreten, weshalb sie praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5. Kammer, vom 19. Februar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdegegnern (X.________ und Y.________) auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Filisur und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Oktober 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Die Gerichtsschreiberin: Gerber