BGer 1C_550/2013 |
BGer 1C_550/2013 vom 19.11.2013 |
{T 0/2}
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1C_550/2013
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Urteil vom 19. November 2013 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
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Gerichtsschreiber Mattle.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Born,
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gegen
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Eidgenössisches Starkstrominspektorat, Luppmenstrasse 1, 8320 Fehraltorf.
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Gegenstand
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Gesuch um Zustellung von amtlichen Dokumenten nach BGÖ, Kostenverfügung,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 22. April 2013 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I.
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Sachverhalt: |
A. |
X.________ ist Redaktionsleiter der Zeitschrift "Y.________". Am 18. April 2012 und unter Hinweis auf seine berufliche Tätigkeit am 23. April 2012 stellte er beim Eidgenössischen Starkstrominspektorat (ESTI) zwei Gesuche um Zustellung einer Liste der vom ESTI im Jahr 2011 kontrollierten Elektrogeräte mit den entsprechenden Resultaten, einschliesslich der ausgesprochenen Verkaufsverbote. Das ESTI teilte ihm mit, es sei bereit, ihm eine Liste mit der Beschreibung aller 1'500 im Jahr 2011 geprüften elektrotechnischen Erzeugnisse, deren Handelsmarke, den festgestellten Mängeln sowie den gegebenenfalls getroffenen Massnahmen zukommen zu lassen. Die entsprechende Liste müsse jedoch zuerst erarbeitet werden, weshalb hierfür eine Gebühr zu erheben sei, die sich voraussichtlich zwischen Fr. 800.-- und Fr. 1'000.-- bewegen werde. X.________ bat das ESTI zu prüfen, ob von einer Gebührenerhebung abgesehen werden könne, weil ein überwiegendes Interesse an der begehrten Information bestehe. Falls es auf die Erhebung einer Gebühr nicht verzichte, bitte er um Zustellung einer anfechtbaren Verfügung über die Rechnung.
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B. |
In der Folge stellte das ESTI X.________ eine Liste mit dem Betreff "ESTI Marktüberwachung 2011" zu. Mit Verfügung vom 23. Mai 2012 auferlegte es ihm für die Erstellung der Liste sowie die Ausstellung der Verfügung eine Gebühr in der Höhe von Fr. 700.--, wobei es auf die separate Erhebung von Auslagen verzichtete. Das Bundesverwaltungsgericht hiess eine von X.________ gegen die Gebührenverfügung des ESTI erhobene Beschwerde am 22. April 2013 teilweise gut. Es hob die Verfügung auf und reduzierte die von X.________ zu bezahlende Gebühr auf Fr. 600.--. Das Bundesverwaltungsgericht kam zum Schluss, dass das ESTI den Arbeitsaufwand für die Redaktion der angefochtenen Verfügung nicht hätte in Rechnung stellen dürfen. Hingegen erachtete es die Erhebung einer Gebühr in der Höhe von Fr. 600.-- für den gewährten Zugang zur Liste betreffend die im Jahr 2011 kontrollierten Niederspannungserzeugnisse für rechtmässig.
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C. |
Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat X.________ am 27. Mai 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Er beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 2013 sei aufzuheben. Der Beschwerdebegründung ist sodann sinngemäss der Antrag zu entnehmen, er sei von der Bezahlung einer Gebühr an das ESTI zu befreien. Die Vorinstanz, das ESTI und das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 2013 über eine Gebührenverfügung des ESTI. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Der Ausschlussgrund gemäss Art. 83 lit. m BGG findet keine Anwendung, da es nicht um die Stundung oder den Erlass einer unstreitig geschuldeten Abgabe geht, sondern geltend gemacht wird, dass eine Gebühr gar nicht geschuldet sei (vgl. Urteil 1C_64/2013 vom 26. April 2013 E. 1, nicht publiziert in BGE 139 I 114). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Gebührenschuldner nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Der Beschwerde kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer vom ESTI nicht Zugang zu allen Informationen erhielt, welche er mit seinen Gesuchen vom 18. und 23. April 2012 zu bekommen wünschte. Ausserdem äussert sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass das ESTI ihn seiner Ansicht nach hätte darauf hinweisen müssen, dass er ein Gesuch um Zugang zu den existierenden Einzeldaten hätte verlangen können. Gegenstand des angefochtenen Urteils und damit zulässiger Streitgegenstand vor Bundesgericht (vgl. BGE 133 II 181 E. 3.3 S. 189) ist allerdings nur die Frage, ob das ESTI vom Beschwerdeführer für das Zugänglichmachen des ihm zugestellten Dokuments eine Gebühr von Fr. 600.-- erheben durfte. Sofern der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde darüber hinaus rügen wollte, das ESTI habe ihm ungerechtfertigterweise nicht Zugang zu allen verlangten amtlichen Dokumenten gewährt bzw. ihn zu Unrecht nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, ihm bestimmte Einzeldaten zugänglich zu machen, ist darauf nicht einzutreten.
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2. |
Die Vorinstanz ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, das ESTI habe für die Bearbeitung des Gesuchs des Beschwerdeführers sowie für die Erstellung der dem Beschwerdeführer zugestellten Liste insgesamt sechs Stunden aufgewendet. Sie kam zum Schluss, dieser Arbeitsaufwand erscheine nicht unangemessen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass das ESTI die Liste einfacher und rascher hätte erstellen können, folgte sie nicht. Der Beschwerdeführer wendet zwar ein, es falle ihm schwer zu glauben, dass der Vorgang für die Erstellung einer Liste der geprüften Geräte tatsächlich so kompliziert und aufwändig ablaufe, wie ihn das ESTI beschrieben habe. Damit rügt und begründet er aber nicht in genügender Weise, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder sonst im Sinne von Art. 95 BGG rechtsverletzend festgestellt haben sollte. Es ist somit auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt abzustellen (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG).
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3. |
Der Beschwerdeführer rügt, die Erhebung der Gebühr verstosse einerseits gegen Art. 10 Abs. 4 lit. a des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Januar 2004 (BGÖ; SR 152.3) i.V.m. Art. 14 der Öffentlichkeitsverordnung vom 24. Mai 2006 (VBGÖ; SR 152.31) sowie Art. 3 Abs. 2 lit. a der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004 (AllgGebV; SR 172.041.1) und andererseits gegen die Informations- und Medienfreiheit (Art. 16 und 17 BV sowie Art. 10 EMRK).
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3.1. Für den Zugang zu amtlichen Dokumenten wird in der Regel eine Gebühr erhoben (Art. 17 Abs. 1 BGÖ). Keine Gebühren werden u.a. erhoben, wenn die Bearbeitung eines Gesuchs einen geringen Aufwand erfordert (Art. 17 Abs. 2 lit. a BGÖ). Weder die Informations- noch die Medienfreiheit vermitteln einen unmittelbaren, direkt durchsetzbaren Anspruch auf Gebührenbefreiung. Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, die Rechtsordnung so auszugestalten, dass die Grundrechte auch tatsächlich ausgeübt werden können (Art. 35 Abs. 1 und 2 BV). Diesem Auftrag trägt das Öffentlichkeitsgesetz dadurch Rechnung, dass es den Bundesrat in Art. 10 Abs. 4 lit. a BGÖ verpflichtet, bei der Regelung des Verfahrens für den Zugang zu amtlichen Dokumenten Rücksicht auf die besonderen Bedürfnisse der Medien zu nehmen. Dieser Auftrag bezieht sich nicht ausschliesslich auf die Gestaltung des Gesuchsverfahrens, sondern auch - und sogar insbesondere - auf die Gebührenregelung (ausführlich BGE 139 I 114 E. 4.1 S. 118 f.).
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Der Bundesrat hat die Gebührenpflicht nach Art. 17 BGÖ in den Art. 14 ff. VBGÖ sowie im Anhang 1 zur VBGÖ näher geregelt. Soweit die Verordnung keine besondere Regelung enthält, gelten die Bestimmungen der AllgGebV (Art. 14 VBGÖ). Der Stundenansatz für die Prüfung und Vorbereitung von amtlichen Dokumenten beträgt grundsätzlich Fr. 100.-- (Ziffer 2 von Anhang 1 der VBGÖ i.V.m. Art. 16 Abs. 1 VBGÖ). Gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. a AllgGebV kann aber auf eine Gebührenerhebung für eine Dienstleitung verzichtet werden, wenn an ihr ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
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Das Anliegen des Gesetzgebers, beim Zugang zu amtlichen Dokumenten und insbesondere bei der Gebührenerhebung sei den besonderen Bedürfnissen der Medien Rechnung zu tragen, ist bei der Auslegung und Handhabung von Art. 3 Abs. 2 lit. a AllgGebV zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass am Zugang der Medien zu amtlichen Dokumenten ein öffentliches Interesse besteht, das einen Gebührenverzicht rechtfertigen kann, ohne dass die Informationsbeschaffung von geradezu existentieller Bedeutung sein müsste. Immerhin besteht ein gewisser Ermessensspielraum der Behörden. Diese können generell auf Gebühren gegenüber Medienschaffenden verzichten oder unter Beachtung des Rechtsgleichheitsgebots im Einzelfall entscheiden, indem sie bei der Gebührenfestsetzung neben dem Wert der Leistung für den Leistungsempfänger und dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme das öffentliche Interesse am Zugang der Medien zu den amtlichen Dokumenten berücksichtigen. Dies kann je nach den konkreten Umständen zu einer Reduktion oder einem Verzicht auf eine Gebührenerhebung führen (zum Ganzen ausführlich BGE 139 I 114 E. 4.2 f. S. 119 ff.).
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3.2. Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer als Redaktionsleiter einer Zeitschrift eine Liste zugestellt mit einer Beschreibung der 1'500 im Jahr 2011 vom ESTI geprüften elektrotechnischen Erzeugnisse, deren Handelsmarke, dem Hinweis, ob die Sicherheitsnachweise zu den geprüften Produkten in Ordnung waren bzw. ob sicherheitstechnische Mängel festgestellt wurden, sowie den gegebenenfalls getroffenen Massnahmen. Wie die Vorinstanz überzeugend dargelegt hat, handelt es sich bei dieser Liste um ein amtliches Dokument im Sinne von Art. 5 BGÖ (E. 3.3 ff. des angefochtenen Entscheids).
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Die Vorinstanz geht zwar richtigerweise davon aus, dass bei der Bemessung der Gebühr für den Zugang zu amtlichen Dokumenten unter anderem auch der wirtschaftliche Wert des Zugänglichmachens für den Informationsempfänger ein zulässiges Kriterium sein kann (vgl. E. 3.1 hiervor). Dieses Kriterium tritt aber unter Vorbehalt besonderer - hier nicht ersichtlicher - Umstände in den Hintergrund, wenn es um den Zugang zu amtlichen Dokumenten für Medienschaffende geht. Dies zumal sich der wirtschaftliche Wert des Zugangs zu amtlichen Dokumenten für ein Medienunternehmen im Einzelfall kaum bestimmen lässt, die Medien zur seriösen Wahrnehmung ihrer Funktionen - namentlich ihrem Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und zur Kontrolle behördlicher Tätigkeiten - regelmässig auf den Zugang zu amtlichen Dokumenten angewiesen sind und die Kumulation von für sich allein bescheidenden Gebühren sich als tatsächliche Zugangsbeschränkung auswirken könnte (BGE 139 I 114 E. 4.3 S. 119).
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3.3. Gegen die Erhebung einer normalen Gebühr spricht vorliegend, dass der Beschwerdeführer für eine Zeitschrift arbeitet und seine Recherche ein Thema von öffentlichem Interesse betraf. Zu Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Medienmitteilung "Marktüberwachung 2011" des ESTI vom 16. April 2012 Fragen aufwarf und offen liess, an deren Beantwortung ein gewisses öffentliches Interesse bestand. Für die Auferlegung einer Gebühr bzw. gegen eine Gebührenbefreiung spricht hingegen der relativ grosse Zeitaufwand von sechs Stunden für die Bearbeitung des Gesuchs des Beschwerdeführers sowie die Erarbeitung der ihm zugestellten Liste (vgl. E. 2 hiervor). Eine Würdigung der massgeblichen Umstände ergibt, dass die Vorinstanz bzw. das ESTI dem Beschwerdeführer für die Bearbeitung des Gesuchs sowie die Erarbeitung der ihm zugestellten Liste nicht die volle Gebühr in Höhe von Fr. 600.-- (sechs Stunden Aufwand à je Fr. 100.--) hätte auferlegen dürfen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass dem Beschwerdeführer keine Auslagen separat verrechnet worden sind. Ob die dem Beschwerdeführer auferlegte Gebühr trotz des relativ grossen Zeitaufwands für das ESTI ganz zu erlassen oder nur in ihrer Höhe zu reduzieren sein wird, liegt im pflichtgemäss auszuübenden Ermessen des ESTI. Die Gebühr wird aber aufgrund der dargelegten Umstände um mindestens die Hälfte zu reduzieren sein.
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4. |
Nach dem Ausgeführten rügt der Beschwerdeführer zu Recht, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Art. 10 Abs. 4 lit. a BGÖ i.V.m. Art. 14 VBGÖ sowie Art. 3 Abs. 2 lit. a AllgGebV. Hingegen vermag er mit dem sich aus der Beschwerdebegründung ergebenden Antrag, er sei vom Bundesgericht von der Bezahlung einer Gebühr ganz zu befreien, nicht durchzudringen. Die Beschwerde ist demzufolge teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil sowie die erstinstanzliche Gebührenverfügung des ESTI sind aufzuheben und die Sache ist zu neuem Entscheid über die Gebühr an das ESTI zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (vgl. Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung für das Verfahren vor Bundesgericht und vor Bundesverwaltungsgericht (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG sowie Art. 64 VwVG [SR 172.021]).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 2013 sowie die Gebührenverfügung des ESTI vom 23. Mai 2012 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das ESTI zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Es werden keine Kosten erhoben.
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3. Das ESTI hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht und Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
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4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Eidgenössischen Starkstrominspektorat, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. November 2013
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Mattle
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