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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
6B_572/2013
Urteil vom 20. November 2013
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Blöchlinger,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Verweigerung des bedingten Strafvollzugs (mehrfaches Fahren in fahrunfähigem Zustand usw.),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 2. Mai 2013.
Sachverhalt:
A.
Das Gerichtspräsidium Lenzburg verurteilte X.________ am 19. Juni 2012 wegen grober Verkehrsregelverletzung, diverser anderer Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz sowie wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer Busse von Fr. 200.--.
Am 2. Mai 2013 stellte das Obergericht des Kantons Aargau das Strafverfahren gegen X.________ wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten ein und wies seine Berufung im Übrigen ab.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. Mai 2013 sei hinsichtlich der Ziffern 2 (Abweisung der Berufung) und 3.1 (Kostenauferlegung) aufzuheben, und es sei ihm der bedingte Strafvollzug zu gewähren.
Das Obergericht des Kantons Aargau und die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau haben auf das Einreichen einer Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde richtet sich ausschliesslich gegen die Verweigerung des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz stütze ihre Legalprognose allein auf das Kriterium seiner strafrechtlichen Vorbelastung und lasse alle anderen prognoserelevanten Faktoren unberücksichtigt. Dieses Vorgehen verletze Art. 42 Abs. 1 StGB.
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum von zwei Jahren fünfmal verurteilt worden. Nach dem Schuldspruch mittels Strafbefehl im Juli 2010 wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz habe er innerhalb von nur fünf Tagen zwei weitere SVG-Delikte begangen. Ferner habe er sich eines Vermögensdelikts mit beträchtlichem Deliktsbetrag schuldig gemacht. Den bedingten Strafvollzug habe man ihm bereits in den letzten beiden Strafbefehlen vom 15. Juli 2010 und vom 1. Juni 2012 verweigert. Von seinen Verurteilungen habe sich der Beschwerdeführer nicht beeindrucken lassen. Unter diesen Umständen müsse ihm eine schlechte Prognose gestellt werden, womit der bedingte Strafvollzug ausgeschlossen sei.
1.3. Das Gericht schiebt den Vollzug einer Sanktion in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, hat das Gericht eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen usw. Es ist unzulässig, einzelnen Umständen eine vorrangige Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen oder überhaupt ausser Acht zu lassen. Wie bei der Strafzumessung (Art. 50 StGB) müssen die Gründe für die Gewährung oder Nichtgewährung des bedingten Vollzugs der Strafe im Urteil so wiedergegeben werden, dass sich die richtige Anwendung des Bundesrechts überprüfen lässt (BGE 134 IV 1 E. 4.2.1; Urteil 6B_140/2012 vom 14. September 2012 E. 3; je mit Hinweisen).
1.4. Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass ihm die Vorinstanz den bedingten Strafvollzug ausschliesslich gestützt auf seinen Vorstrafenkatalog verwehrt. Andere Kriterien bezieht sie nicht mit ein. Sie lässt unberücksichtigt, dass sich die Lebenssituation des Beschwerdeführers seit Begehung der Delikte im Jahr 2010 offenbar positiv verändert hat. Keinen Eingang in die vorinstanzlichen Erwägungen findet insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführer gemäss eigenen Angaben über eine feste Arbeitsstelle verfügt und in einer stabilen Beziehung lebt.
Einschlägige Vorstrafen sind bei der Prognosestellung zwar als erheblich ungünstiges Element zu gewichten, stellen aber nur einen Gesichtspunkt nebst vielen anderen dar, die zu berücksichtigen sind. Es darf ihnen keine vorrangige Bedeutung beigemessen werden (Urteil 6B_140/2012 vom 14. September 2012 E. 3 mit Hinweisen). Indem die Vorinstanz keine Gesamtwürdigung aller prognoserelevanten Tatsachen vornimmt, sondern den Vorstrafen des Beschwerdeführers eine vorrangige Bedeutung beimisst, verletzt sie Bundesrecht. Nicht gesagt ist damit, dass das Urteil der Vorinstanz im Ergebnis bundesrechtswidrig wäre.
2.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Die Ziffern 2 und 3.1 des Urteils vom 2. Mai 2013 sind aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Entscheidung betreffend die Gewährung des bedingten Strafvollzugs an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird unter Berücksichtigung sämtlicher relevanten Prognosekriterien im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens darüber zu befinden sowie vollständig und nachvollziehbar zu begründen haben, ob dem Beschwerdeführer der bedingte Strafvollzug gewährt werden kann oder nicht. Über die Auferlegung der Verfahrenskosten ist in Abhängigkeit des Verfahrensausgangs neu zu befinden (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. Mai 2013 wird hinsichtlich der Ziffern 2 und 3.1 aufgehoben und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. November 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Schneider
Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler