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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1B_392/2013
Urteil vom 22. November 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
X.________, zzt im vorzeitigen Strafvollzug, Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Christian Kummerer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
Gegenstand
Haftentlassung,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 1. Oktober 2013 des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin.
Sachverhalt:
A.
Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte X.________ (der sich seit 31. Oktober 2012 in strafprozessualer Haft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug befindet) am 28. Mai 2013 wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Angriffs zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe; gleichzeitig erklärte es zwei bedingte bzw. teilbedingte Geldstrafen (von Fr. 9'000.--, abzüglich Fr. 100.-- getilgt durch Haft, bzw. von Fr. 2'700.--) aus früheren Verurteilungen für vollziehbar. Am 13. September 2013 erklärte und begründete der Verurteilte gegen das Strafurteil Berufung; gleichzeitig stellte er ein Haftentlassungsgesuch. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2013 wies die Präsidentin des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt das Haftentlassungsgesuch ab.
B.
Gegen die Verfügung der Verfahrensleitung des Appellationsgerichts gelangte der Verurteilte mit Beschwerde vom 1. November 2013 an das Bundesgericht. Er beantragt seine unverzügliche Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug.
Die Appellationsgerichtspräsidentin liess sich am 7. November 2013 (im abschlägigen Sinne) vernehmen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt beantragt mit Stellungnahme vom 13. November 2013 die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer replizierte am 19. November 2013.
Erwägungen:
1.
1.1. Während eines Verfahrens vor dem Berufungsgericht entscheidet gemäss Art. 233 StPO dessen Verfahrensleitung (innert fünf Tagen) über Haftentlassungsgesuche. Der betreffende Entscheid ist (mit einem Rechtsmittel nach StPO) nicht anfechtbar. Art. 222 Satz 2 StPO enthält einen entsprechenden ausdrücklichen Ausnahmevorbehalt. Art. 80 Abs. 2 BGG (in der Fassung gemäss Anhang Ziff. II/5 StBOG [SR 173.71]) ermöglicht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht auch in Fällen, in denen nach der StPO ein Zwangsmassnahmengericht oder ein anderes Gericht als einzige Instanz entscheidet. Dies gilt insbesondere für Entscheide der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts über Haftentlassungsgesuche (vgl. BGE 139 IV 175 E. 1.4 S. 179; Marc Forster, in: Basler Kommentar StPO, 2011, Art. 222 N. 7).
1.2. Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind hier grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.
1.3. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 und Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 138 IV 186 E. 1.2 S. 189; 137 IV 122 E. 2 S. 125; 340 E. 2.4 S. 346; Urteil des Bundesgerichtes 1B_277/2011 vom 28. Juni 2011 E. 1.2). Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 135 I 71 E. 2.5 S. 73 f.).
2.
Ein Anspruch auf Prüfung von Haftentlassungsgesuchen (nach Art. 228 und Art. 233 StPO bzw. Art. 31 Abs. 4 BV) besteht auch im vorzeitigen Strafvollzug. Insbesondere kann der Inhaftierte das Fehlen von Haftgründen (Art. 212 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 221 und Art. 236 StPO) oder eine überlange Haftdauer (Art. 31 Abs. 3 BV; vgl. auch Art. 212 Abs. 3 StPO) vor dem Haftrichter beanstanden (BGE 139 IV 191 E. 4.1 S. 194; Urteil 1B_304/2013 vom 27. September 2013, E. 2.1).
3.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Im vorinstanzlichen Haftbeschwerdeverfahren habe er (in seiner Replik vom 29. September 2013) auf einen Entscheid des Appellationsgerichtes vom 11. März 2013 verwiesen. Darin habe dieses erwogen, der Haftgrund der Fortsetzungsgefahr dürfe nur zurückhaltend angewendet werden, und diesbezüglich würden Ersatzmassnahmen der Haft vorgehen. Die Vorinstanz sei auf dieses Argument zu Unrecht nicht eingegangen. Es dränge sich (aus zeitlichen Gründen) ausserdem der Verdacht auf, dass die Vorinstanz seine Replik gar nicht zur Kenntnis genommen habe, da diese frühestens am 1. Oktober 2013 bei ihr eingetroffen sei. Der an diesem Datum gefällte Entscheid sei ausserdem nicht von der Appellationsgerichtspräsidentin sondern von ihrem Stellvertreter ("i.V.") unterschrieben worden.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 107 Abs. 1 StPO) erweist sich als unbegründet. Wie sich aus den Erwägungen des angefochtenen Entscheides ergibt, handelte es sich bei dem vom Beschwerdeführer angerufenen Entscheid des Appellationsgerichtes vom 11. März 2013 nicht um den aktuellsten sachkonnexen Haftentscheid dieser Justizbehörde. Die Vorinstanz verweist zur ergänzenden Begründung der Fortsetzungsgefahr vielmehr auf den (in den Akten befindlichen) aktuelleren Haftbeschwerdeentscheid des Appellationsgerichtes vom 7. Mai 2013 (HB.2013.15). Konkludent geht aus den Erwägungen der Vorinstanz hervor, dass sie die Anordnung von allfälligen Ersatzmassnahmen als nicht ausreichend ansah (vgl. angefochtener Entscheid, S. 2 f.). Dies wird umso deutlicher, als sich das Appellationsgericht im zitierten Entscheid vom 7. Mai 2013 (S. 6) bereits ausdrücklich (und abschlägig) mit dem damaligen Gesuch des Beschwerdeführers um Haftentlassung gegen Ersatzmassnahmen befasst hatte. Mit weiteren (und länger zurückliegenden) Entscheiden musste sich die Vorinstanz in diesem Zusammenhang nicht mehr befassen (vgl. BGE 139 IV 181 E. 2.2 S. 183). Ebenso wenig lässt sich aus den vorliegenden Akten der Vorwurf ableiten, die Vorinstanz habe die Replik des Beschwerdeführers gar nicht zur Kenntnis genommen. Im Dispositiv (Absatz 1) des angefochtenen Entscheides (S. 1) wird die Replik vom 29. September 2013 sogar ausdrücklich erwähnt. Weder aus dem Vorbringen, dass der Entscheid noch am gleichen Tag gefällt worden sei, als die Replik eintraf, noch daraus, dass er vom Stellvertreter der Haftrichterin ("i.V.") unterschrieben wurde, lässt sich folgern, dass die Eingabe inhaltlich nicht beachtet worden wäre.
4.
In seiner Replik (vom 19. November 2013) beanstandet der Beschwerdeführer in prozessualer Hinsicht auch noch, die Vorinstanz habe (in Verletzung von Art. 228 StPO) keine mündliche Haftverhandlung durchgeführt.
Dabei handelt es sich um ein unzulässiges Novum, auf das nicht einzutreten ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen schriftlichen Haftprüfungsverfahren teilgenommen. Er macht nicht geltend, dass er rechtzeitig einen Anspruch auf eine mündliche Haftverhandlung geltend gemacht und damit den gesetzlichen Instanzenzug (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG) erschöpft hätte. Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO), wenn der Beschwerdeführer sich erst nachträglich, im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht, auf den rechtlichen Standpunkt stellt, Art. 228 Abs. 4 StPO wäre auf Haftprüfungsverfahren nach Art. 233 StPO (sinngemäss) anwendbar gewesen.
5.
In materieller Hinsicht bestreitet der Beschwerdeführer den dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens im Sinne von Art. 221 Abs. 1 (Ingress) StPO. Seine Täterschaft an versuchter schwerer Körperverletzung (bzw. an einem Angriff) sei nicht erwiesen. Seine Vorstrafen und sein Verhalten anlässlich der Gerichtsverhandlung dürften nicht zur Begründung einer Täterschaft herangezogen werden. Die Verfahrensleitung der Berufungsinstanz habe diesbezüglich wenigstens eine "prima vista-Überprüfung" vorzunehmen.
Zur Begründung des dringenden Tatverdachtes verweist die Appellationsgerichtspräsidentin auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils. Die Beweiswürdigung des Strafgerichtes sei aus Sicht der Haftrichterin nicht zum Vornherein unhaltbar und bilde im Übrigen Gegenstand des hängigen Berufungsverfahrens. Die Erwägungen der Vorinstanz halten vor dem Bundesrecht stand (vgl. Urteile des Bundesgerichtes 1B_129/2009 vom 9. Juni 2009 E. 4; 1P.72/2002 vom 27. Februar 2002 E. 2.3; Niklaus Schmid, Praxiskommentar StPO, 2. Aufl., 2013, Art. 221 N. 4). Die appellatorische Kritik des Beschwerdeführers an gewissen Elementen der Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichtes lässt den dringenden Tatverdacht nicht dahinfallen. Sie wird im hängigen Berufungsverfahren durch das Appellationsgericht zu prüfen sein.
6.
Weiter rügt der Beschwerdeführer, die Annahme von Wiederholungsgefahr durch die Vorinstanz sei willkürlich und gesetzwidrig. Vor seiner Verhaftung habe er bei seiner Lebenspartnerin zu 50% als Coiffeur gearbeitet. Seine Vorstrafen dürften zur Begründung des Haftgrundes nicht herangezogen werden. Die Straftaten seien in den Jahren 2005, 2008 und 2010 erfolgt. Beim ersten Delikt sei er erst knapp 18 Jahre alt gewesen. Gegen die zweite Verurteilung habe er ein Rechtsmittel eingereicht, welches die Berufungsinstanz "aus formellen Gründen erledigt" habe. Beim dritten Vorfall sei sein mitangeklagter Bruder von gewissen strafrechtlichen Vorwürfen freigesprochen worden. Die Annahme von Fortsetzungsgefahr beruhe offensichtlich auf "Vorurteilen" gegen ihn, den Beschwerdeführer.
6.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei mehrfach einschlägig vorbestraft, unter anderem wegen Angriffs, Raufhandels, einfacher (teilweise qualifizierter) Körperverletzung, Tätlichkeiten und Nötigung. Weder die früheren rechtskräftigen Verurteilungen, noch die deswegen erlittene Untersuchungshaft hätten ihn offenbar davon abgehalten, sich erneut an einer gewalttätigen Auseinandersetzung zu beteiligen. Es bestünden konkrete Anhaltspunkte für eine anhaltende massive Gewaltbereitschaft. Auch die persönlichen Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers liessen nicht auf Stabilität schliessen. Er habe vor seiner Inhaftierung über keine feste Arbeitsstelle verfügt und auch keine Berufsausbildung abgeschlossen. Eine Lehre als Koch habe er nach einem Jahr wieder abgebrochen. Bisher habe er nur kurzfristige, mehrheitlich temporäre Hilfsjobs verrichtet. Vor seiner Inhaftierung sei er von der Arbeitslosenversicherung unterstützt worden. Zwar wiesen die angeklagten Delikte keinen unmittelbaren Zusammenhang mit finanziellen Interessen auf. Die genannten Lebensumstände trügen jedoch nicht zu einer günstigen Legalprognose bei. Vielmehr sei derzeit im Falle einer Haftentlassung mit weiterer Delinquenz ernsthaft zu rechnen. Bei den zu befürchtenden Straftaten handle es sich um Verbrechen, die keineswegs harmlos erschienen, sondern in ihrer Gesamtheit auf eine erhebliche vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung schliessen liessen. Ergänzend verweist die Haftrichterin auf die Erwägungen eines früheren konnexen Haftbeschwerdeentscheides des Appellationsgerichtes vom 7. Mai 2013 (vgl. angefochtener Entscheid, S. 2 f.).
6.2. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, begründet keinen Willkürvorwurf (Art. 9 BV i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Insbesondere durfte die Haftrichterin die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers vor seiner Inhaftierung sowie seine rechtskräftigen Vorstrafen wegen Gewaltdelikten mitberücksichtigen. Unhaltbare Sachverhaltsfeststellungen sind in diesem Zusammenhang weder dargetan, noch ersichtlich. In der Beschwerdeschrift wird auch nicht dargelegt, inwiefern die genannten Erwägungen der Vorinstanz "gesetzwidrig" wären. Diesbezüglich werden keine substanziierten Rügen erhoben und keine angeblich verletzten Normen genannt (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Darüber hinaus wäre in den genannten Erwägungen der Vorinstanz auch keine Verletzung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ersichtlich (zur gesetzlichen Regelung und einschlägigen Praxis vgl. BGE 137 IV 13 E. 2.4-4 S. 17 ff.; 84 E. 3.2 S. 85 f.; 135 I 71 E. 2.2-2.3 S. 72 f.; je mit Hinweisen). Dass die Haftrichterin Ersatzmassnahmen für Haft (Art. 237-240 StPO) derzeit als nicht ausreichend erachtete, um der dargelegten Wiederholungsgefahr zu begegnen, verstösst weder gegen das Willkürverbot, noch gegen den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (vgl. dazu oben, E. 3).
7.
Zwar kritisiert der Beschwerdeführer auch noch die Erwägungen der Vorinstanz zur Verhältnismässigkeit der bisherigen Haftdauer (angefochtener Entscheid, S. 3) als "offensichtlich sachlich unhaltbar". Die beiläufig erhobene Willkürrüge genügt jedoch den gesetzlichen Substanzierungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Analoges gilt für weitere appellatorische Vorbringen in Beschwerdeschrift und Replik.
8.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Er befindet sich seit längerer Zeit in strafprozessualer Haft. Seine finanzielle Bedürftigkeit wird ausreichend glaubhaft gemacht. Da auch die übrigen Voraussetzungen von Art. 64 BGG grundsätzlich erfüllt erscheinen, kann dem Gesuch stattgegeben werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen:
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
2.2. Dem Rechtvertreter des Beschwerdeführers, Advokat Christian Kummerer, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWSt) entrichtet.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem Appellationsgericht, Präsidentin, des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. November 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Forster